Dreikönigstreffen der FDP: Zerrissen in die Zukunft
Die Liberalen wollen mit Zukunftsthemen punkten. Doch die Unzufriedenheit innerhalb der Partei und der Koalition lässt sich nur schwer übertünchen.
Doch das Parteipublikum reagiert gelassen. Der gewiefte Rhetoriker Lindner lässt den Protest abperlen: „Ankleben war gestern, anpacken ist heute“ ruft er den Aktivisten zu. Denn es brauche nicht nur Leute, die für Klimaschutz demonstrieren, sondern auch welche, die ihn in Form von Wind, Solar und Wärmepumpen montieren. Dafür gibt es den meisten Applaus im Auditorium. Das gemeinsame Feindbild hilft, die eigenen Reihen zu schließen, und man kann die eigenen Koalitionspartner, die sonst für solche Attacken herhalten müssen, schonen.
Nach etwas mehr als einem Jahr nach dem Start der Ampelkoalition und schlechten Ergebnissen bei Umfragen und Landtagswahlen fühlt sich die FDP-Führung gegenüber den Mitgliedern unter Rechtfertigungsdruck. Während die einen finden, die FDP müsste sich mehr an die Koaltion anpassen, trauern andere der Oppositionszeit oder gar der traumatisierenden letzten schwarz-gelben Koalition mit der CDU hinterher. Lindner erteilt beiden Haltungen eine Absage: „Mit der Union zu regieren, wäre nicht einfacher, nur anders.“ Und er betont staatstragend, mit der Regierungsbeteiligung habe die FDP Schaden vom Land abgewandt, das zähle „vor dem Auge der Geschichte“.
Dass man diese Zerrissenheit vielleicht auch in eine Strategie umwandeln kann, um die streitenden Positionen in der FDP im Zaum zu halten, zeigt die baden-württembergische FDP. Die hat, wie der Landesvorsitzende Michael Theurer betont, mit ihrem 15-Prozent-Wahlergebnis wesentlich zur Regierungsbeteiligung im Bund beigetragen. Während der baden-württembergische Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke im Vorfeld des Dreikönigstreffens trocken analysierte: „Ich stelle anhand der Umfragen und Wahlergebnisse fest: Die FDP leidet an der Ampel“, hält Theurer dagegen.
Als Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium ist er direkt an dem Regierungsbündnis beteiligt und sagt, man müsse die Regierungsarbeit vor allem besser erklären. Auf dem Landesparteitag am Tag vor dem Dreikönigstreffen forderte er sogar den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) auf, seine Koalition mit der CDU zu kündigen und auf eine Ampel umzustellen, sozusagen als Fortschrittskoalition, wie in Berlin.
Kein Werben um die Grünen
Dass das kein ernst gemeinter Vorschlag sein kann, zeigt sich schon daran, dass die Landespartei im vorgeschalteten Parteitag, wie auch die Redner beim Dreikönigstreffen, nicht gerade um die Grünen werben. Zuverlässig werden alle Themen, mit denen man die Grünen in Bund und Land auf die Palme bringen kann, unerwähnt gelassen: Von Gasförderung in Deutschland mittels Fracking-Technologie bis zum Weiterbetrieb von Kernkraftwerken.
Lindner und die Partei binden die eigenen Widersprüche in einem Schlagwort zusammen: Zukunft. Die Partei will den Fortschritt verkörpern und dafür Tabus in der Gentechnik und der Kernfusion schleifen. Als Finanzminister verspricht Lindner seiner Parteifreundin, der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, eine jährliche Bildungsmilliarde als Investition in die nächste Generation.
Und er prophezeit, dass die Koalitionspartner der FDP für ihre Forderungen nach Steuersenkungen und Maßhalten noch dankbar sein werden. Denn angesichts des schleichenden Wohlstandsverlusts durch gebremstes Wachstum und Inflation habe diese Regierung nur eine Chance auf Wiederwahl, „wenn wir dieses Land wieder auf die Erfolgsspur führen“.
Aber: Die Koalitionspartner hätten das nur noch nicht gemerkt, sagt Lindner. Glaubt man den Umfragen, viele FDP-Anhänger auch nicht.
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