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Die erste christlich-islamische KitaHier feiern alle alles

In Gifhorn begehen Kinder Weihnachten und Opferfest. Aber weil es nicht immer Bratwurst gibt, sehen Kritiker das Abendland in Gefahr.

Baran (links) und Hira spielen gemeinsam in der Kita „Abrahams Kinder“ in Gifhorn Foto: dpa

Gifhorn taz | Hätte es auch anders ausgehen können, in diesem Sommer 2018, in dem sich alles so erhitzt hat, auch die Stimmung im Land, in dem alles so hart, so schrill und manchmal auch so gewaltsam wurde? Hätte am Ende ein Polizeiwagen vor dem weißen, leicht zurückgesetzten Wohnhaus im Sonnenweg 12 im Gifhorner Süden stehen müssen? Zwei Beamte, die Thermoskanne auf dem Armaturenbrett, den Hof im Blick, auf dem jetzt jeden Morgen 17 Eltern ihre Kleinen an der Tür der Kita „Abrahams Kinder“ abgeben?

Irgendwann in den letzten Monaten werden Martin Wrasmann solche Gedanken gekommen sein. Wrasmann, ein friedensbewegter Theologe Mitte 50, ist Pastoralreferent der St.-Altfrid-Gemeinde in Gifhorn, und man darf sagen, dass „Abrahams Kinder“ so etwas wie sein Baby ist. Es ist die bislang einzige christlich-islamische Kita in Deutschland. Das ist vielleicht das Erstaunlichste daran: dass sie in diesem Sommer 2018 eröffnete, in einem Land mit 4,5 Millionen Muslimen, von denen viele seit Jahrzehnten hier leben – und dabei immer noch die erste war. Das sagt einiges über das Verhältnis zwischen Muslimen und Christen hierzulande, und das ist es wohl, woran Wrasmann etwas zu ändern hofft.

An einem Sommerabend sitzt Wrasmann im Café Aller: Eine-Welt-Laden, Beratungsstelle, Flüchtlingscafé. Beste Lage in der Gifhorner Fußgängerzone, mitten in der Altstadt, wenige Schritte vom Schloss entfernt. Wrasmann hat das Café mit aufgebaut, Dutzende Flüchtlinge und Helfer treffen sich hier. Leute wie Wrasmann, der auch dem lokalen Anti-Nazi-Bündnis „Bunt statt Braun“ vorsteht. Aber dabei soll es nicht bleiben. Wrasmann will nun auch auf anderem Wege die „gesellschaftliche Spaltung überwinden“, wie er sagt: mit der christlich-muslimischen Kita, die getragen ist von seiner katholischen Gemeinde, der evangelischen Diakoniestiftung und dem lokalen Gifhorner Moscheeverein.

Eine Vertrauensfrage sei das, sagt Wrasmann. „Die lokale Ebene ist entscheidend.“ Auf dieser müsse man zusammenarbeiten. Und da gebe es seit mehr als zehn Jahren ein „sehr gutes Verhältnis“.

Mit wem?

„Mit Ditib.“

Die fünfte Kolonne Erdogans im Kindergarten?

Wrasmann wusste, worauf er sich einlässt. Auf kein Thema setzen die Rechtspopulisten so konsequent wie auf das Feindbild Islam. Jeden Akt multikultureller Öffnung deuten sie heute um in einen Schritt zur Islamisierung Europas, zur Unterwerfung. Gleichzeitig wurde in den letzten Jahren das Verhältnis zur Türkei immer schlechter. Der Islamverband Ditib wird vom türkischen Staat kontrolliert, er gilt vielen als fünfte Kolonne Erdoğans. Die Rechten hassen ihn – und auch viele Linke halten von Ditib nichts.

Jetzt sind wir ein einmaliges Projekt. Aber wir wollen, dass das nachgeahmt wird

Lisa Minkus, Erzieherin

„Ich bin auch katholisch, und mich fragt keiner nach Seehofer“, sagt Wrasmann dazu. Das klingt lapidar, aber er ist keiner, der Erdoğans Politik verharmlosen würde. In Gifhorn seien die Dinge anders, sagt er: Die christlichen und die islamische Ditib-Gemeinde in Gifhorn hätten viel gemeinsam veranstaltet: Friedensgebete und „Religionsgipfel“ etwa. Mit der interreligiösen Kita wollen sie nun „einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass Vielfalt als Normalität akzeptiert“ wird; so steht es im Statut. Eine jüdische Gemeinde hätten sie gern noch dazu genommen. Aber es gibt in Gifhorn keine.

Vier Jahre dauerten die Planungen, vier Wochen sind es jetzt noch bis zur Eröffnung. Wrasmann muss sich nun mit der Polizei beraten. Er hat Drohungen bekommen, in der Stadt haben Islamgegner Plakate gegen die Kita aufgehängt. NDR, RTL, Sat1, alle wollen Interviews. „Wir haben das jetzt abgelehnt,“ sagt Wrasmann. Er will die Kita erst mal in Ruhe eröffnen.

Kein Schweinefleisch – da drohen Gefahren

Vier Wochen später lädt Wrasmann die Presse doch ein. Ein Soft Opening gewissermaßen, einige Tage bevor der eigentliche Betrieb losgeht. Er hat Eltern angefragt, ob sie sich vorstellen können, mit ihren Kinder zu kommen und diese auch fotografieren zu lassen. „So haben die Journalisten ihre Bilder gekriegt“, sagt Wrasmann.

Die meisten Berichte sind freundlich. Doch auch der Bayrische Rundfunk etwa vermeldet die Eröffnung der Kita im fernen Gifhorn – und weist darauf hin, dass Ditib im Verfassungsschutzbericht genannt wird. „Wachsamkeit“ sei geboten, zitiert der Sender einen Islamwissenschaftler.

Die erzkatholische Tagespost nennt die Kita schon vor dem Start „gescheitert“. Denn sie sei gar nicht interreligiös, sondern trage „bei näherem Hinschauen eine deutlich muslimische Handschrift“. Schließlich sei das Fleisch „halal“ – nicht vom Schwein, sondern von geschächteten Tieren. Das Blatt zitiert den AfD-Bundestagsabgeordneten Gottfried Curio, der, so die Tagespost, der Kirche vorwirft, sich in vorauseilendem Gehorsam dem Islam anzubiedern und ihre eigene Kultur zu verwässern.

Auch die NPD-Zeitung Deutsche Stimme vermeldet die Kita-Eröffnung. Sie zeigt dazu ein Bild kleiner Jungs in grauen Pullundern, die mit dem Koran in der Hand auf einem Teppich knien.

Kita ohne Kreuze

An einem Nachmittag Mitte August ist von solchen Bildern in der Kita nichts zu sehen. Seit drei Wochen läuft der Betrieb nun, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Besucher dürfen kommen, wenn die Kinder weg sind. Helles Holz, Spielzeug, Stifte, Wandbilder: Nichts unterscheidet die Räume von gewöhnlichen Kitas. Von Moschee-Atmosphäre keine Spur. Religiöse Bezüge gibt es nicht, es hängen keine Kreuze an den Wänden.

17 Kinder besuchen sie nun, muslimisch, christlich, nicht religiös etwa zu gleichen Teilen. So war es auch geplant. Vier Erzieherinnen sollen es werden, drei arbeiten jetzt schon hier: die Leiterin Lisa Minkus und zwei muslimische Kolleginnen. Verschleiert ist keine von ihnen.

„17 Kids, ein Haus, ein Garten, vier Erzieherinnen; die Leitung hat eine halbe Stelle statt wie sonst nur 5 Stunden. Idealzustand“, sagt Minkus.

Ihre Kollegin Nahila Merve Günes trägt Kopftuch. Die in Ulm geborene und aufgewachsene Kurdin ist für ihr Studium 2014 in die Türkei gezogen. Vier Jahre hat dort sie dort Kindheitspädagogik studiert. Dann kam sie nach Gifhorn. Ihren türkischen Abschluss hat sie bei der Bezirksregierung zur Anerkennung vorgelegt. Ihr Glück: Im vergangenen Jahr hat Niedersachsen eine staatliche Anerkennung Kindheitspädagogin eingeführt. Günes ist gläubige Muslimin. „Wir wollen den Kindern zeigen, dass die Liebe zum einen Gott für alle Menschen gleich ist“, sagt sie. „Wir sprechen vor den Kindern von ‚Gott‘, ‚Allah‘ heißt auf Deutsch ja nichts anderes. Kinder sollen verstehen, dass es zwei Religionen gibt. Aber wir glauben alle an den einen Gott.“

Warum kommt der Weihnachtsmann nicht zu mir?

Sie müssen dafür nichts neu erfinden, natürlich nicht. Es gibt Lehrstühle für interreligiöse Pädagogik in Deutschland, es gibt heute Bücher wie „Betül und Nele erleben den Ramadan“, die sie benutzen können. Doch die zielen vor allem auf die Schulzeit, wenn Kinder vieles schon für sich sortiert haben. In der Kita aber stellen sie manche Fragen zum ersten Mal. Sie werden wissen wollen, warum Jesus nichts mit ihnen zu tun haben soll, mit den anderen Kindern aber schon; sie werden fragen, warum der Weihnachtsmann nicht zu ihnen kommt und warum die einen Bratwurst essen dürfen und die anderen nicht.

Zwei Jahre hat ein Komitee über diese Fragen beraten: Wrasmann, der örtliche Ditib-Vorsitzende Yurtseven Rayman und eine Referentin für interreligiösen Dialog der Landeskirche. Sie überlegten, ob es nur vegetarisches Essen geben könnte. Dann entschieden sie, dass die Küche ein Halal-Zertfikat bekommt. „Halal Essen! So sieht also die Zukunft schon für unsere kleinsten Kinder aus. Klar, dass wir dagegen sind“, twitterte die lokale AfD prompt.

„Alle Kritiker kommen immer mit der Halal-­Sache“, sagt Minkus dazu. „Wir ‚unterwerfen uns als Christen den anderen Speisevorschriften‘ heißt es dann. Dabei wollen wir uns gar nicht einschränken.“ Soll heißen: Manchmal gibt es vielleicht doch Schwein, und dann kriegen die muslimischen Kinder eben etwas anderes.

Für solche Fragen gibt es Handreichungen für die Erzieherinnen. Und trotzdem ist es Neuland.

Vier große Feste kennen die beiden Religionen: Opferfest und Ramadan, Weihnachten und Ostern. Wie gehen sie zusammen?

„Alle feiern alles“, sagt Minkus.

Fasten auch alle vor Ostern und im Ramadan?

„Machen wir beides nicht.“

Für den Morgenkreis suchen die Erzieherinnen und Wrasmann Gebete, die allgemein kompatibel sind. Vor dem Mittagessen sagen sie: „Segne, Vater, diese Gaben.“

Islam und Christentum hätten teils dieselbe biblische Geschichte. „Die Wurzeln sind gemeinsame, also ist auch die Zukunft gemeinsam“, sagt Wrasmann. Die Kita sei „kulturelle Vielfalt von Anfang an. Wir leben in unseren Werten und Normen was identisch ist.“

Und was nicht identisch ist?

„Den Kindern ist der Unterschied gar nicht so wichtig“, sagt Minkus, „die sehen das nicht so kompliziert wie Erwachsene.“

Für das Opferfest haben die Kinder gemeinsam Schafe aus Teig gebacken und mit weißem Zucker bestäubt. Die Erzieherinnen haben mit ihnen darüber gesprochen, „was es heißt, Gutes zu tun“. Dazu gab es ein Puppenspiel, die Eltern kamen in die Kita, alle haben gemeinsam gegessen. So ist es islamischer Brauch. Es gab ein Büffet, ohne Schweinefleisch, versteht sich. „Aber das war gar kein Thema“, sagt Wrasmann.

Es gibt nur einen Gott

Auch für das nun bald anstehenden christliche Erntedankfest sieht er keine Probleme. „Der Dank für die Schöpfung ist ein wesentliches Element beider Religionen.“ Sie haben dafür Texte herausgesucht, „deren Wortwahl alle unterschreiben können“, sagt Wrasmann. Das sechste Kapitel aus dem Matthäus-Evangelium zum Beispiel: „Sorgt euch nicht um euer tägliches Leben – darum, ob ihr genug zu essen, zu trinken und anzuziehen habt“, heißt es da. Und Al-Fātiha, die erste Sure des Korans: „Lob sei Gott, dem Herrn der Welten, dem Barmherzigen und Gnädigen.“

Nicht alles lässt sich auflösen, ohne dass es besonders auffällt. Weihnachten und Ostern etwa sind im Christentum untrennbar mit Bildern von Jesus verbunden. Im Islam aber sind Bildnisse von Gott streng verboten. Wie wollen sie damit umgehen? „So weit sind wir noch nicht“, sagt Wrasmann. „Erst mal müssen wir eine Sprache finden für den Namen Gottes.“

In christlichen Kindergärten singen die Kinder religiöse Lieder. Im Islam sind religiöse Kinderlieder zwar nicht verboten, aber unbekannt. „Wir wollen aber singen“, sagt Wrasmann. Also suchen sie Lieder, die für alle akzeptabel sind. „Gottes Liebe ist so wunderbar“ zum Beispiel. Das kommt ohne strittige Passagen aus.

Das Christentum personifiziert Gott in Gestalt von Jesus. Dem Islam ist die Vorstellung, dass Gott einen Sohn haben könnte, völlig fremd. Was werden sie sagen, wenn die muslimischen Kinder fragen, warum Jesus nicht für sie ist? „Das entscheiden wir dann.“ Spätestens bis Weihnachten werden sich die Erzieherinnen überlegen müssen, wie sie das den Kindern erklären wollen.

Im Garten stehen Obstbäume. Pflaumen, Quitten, Esskastanien. „Das Klettergerüst kommt noch“, sagt Minkus. Rundum: Wohnblöcke, graue Fassaden, bunte Sonnenschirme auf den Balkonen. „Dem Umfeld hier ist das politische Thema egal“, sagt Minkus. „Für die ist das eine ganz normale Kita.“ Das ist Minkus auch am liebsten so. „Jetzt sind wir ein einmaliges Projekt. Aber wir wollen, dass das nachgeahmt wird.“

Das wollen nicht alle.

Flugblätter gegen die Kita-Gefahr

Die ersten Flugblätter tauchten im Mai auf. An Fronleichnam und Christi Himmelfahrt wurden sie verteilt. Dann hingen sie als Plakate in Gifhorn. „Schauen Sie, wem Sie Ihr Kind anvertrauen“, stand darauf. „Googeln Sie“, darunter alarmierende Begriffe wie „Märtyrertod“, „antisemitische Hetze“ oder „Radikalisierung“, dazu Zitate vom Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir und der Linken-Abgeordneten Sevin Dagdelen. Özdemir und Dagdelen zählen zu den bekanntesten Ditib-Kritikern in Deutschland.

Zu Recht, wie die Gifhorner Linke-Kreis­chefin Marion Köllner findet. Trotzdem unterstützt sie die Kita. „Wir halten es für ein gelungenes, in Deutschland einmaliges Projekt“, sagt sie. Wrasmann kennt sie aus dem „Bunt statt Braun“-Bündnis, er hatte ihr von Anfang an von den Plänen für „Abrahams Kinder“ erzählt, und Köllner sagte ihm Unterstützung zu. Als die Sache konkreter wurde, stellte sie sich gegen die Parteilinie. „Aber mit dem, was Ditib auf der Bundesebene macht, hat das hier nichts zu tun“, sagt sie.

Den Gegenwind in der Stadt hat sie wahrgenommen. „Es erschienen Leserbriefe in der Lokalzeitung, die sich um die angeblich einseitige Ernährung der Kinder sorgten, weil es ja kein Schwein geben soll.“ Als die Flugblätter schließlich auch in Kirchen ausgelegt wurden, erstattete Marion Köllner wegen der Plakate Anzeige gegen unbekannt. Die Polizei ermittelte bis heute keine Verantwortlichen. Ende August allerdings meldete sich Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) zu Wort. „Es kann nicht sein, dass nunmehr auch schon Kinder instrumentalisiert werden, um perfides und widerliches Gedankengut in die Welt zu tragen“, sagte er. Auch Gifhorns CDU-Bürgermeister Matthias Nerlich stellte sich hinter die Kita. „Danach war Ruhe“, sagt Köllner.

Politik mit einer Wasserflasche

Mache in Gifhorn verdächtigten die AfD, hinter den Plakaten zu stecken. Die streitet das ab. Sie sei als „Heimat- und Bürgerpartei fest in Gifhorn etabliert“, da „bedarf es nicht solcher Aktionen“, sagte der AfD-Ratsfraktionsvorsitzende Stefan Marzischewski. Allerdings hatte er keine Gelegenheit ausgelassen, seine Ablehnung des Projekts kundzutun. Schon im April hatte Marzischewski gefordert, dass die Kita in einen überkonfessionellen Kindergarten umgewandelt wird, in dem „deutsche Werte“ vermittelt werden. Marzischewski warf der Diakonie vor, sich Erdoğan zu beugen. Kinder würden „islamischen Speiseregeln und der dem Erdoğan-Regime nahestehenden Ditib“ unterworfen. Im Stadtrat sprach er deshalb von „Multikultiwahn“, die SPD-Fraktion verließ da­raufhin geschlossen den Saal, Marzischewski attestierte ihr „Realitätsverlust“. So ging es weiter, bis zum letzten Wochenende, als Erdoğan nach Deutschland kam: Stets zog die AfD eine direkte Linie von der AKP in Ankara zu den 17 Kindern im Sonnenweg 12.

Das kommt nicht von ungefähr. Die von der AfD und Islamisten aufgerissene Kluft zwischen dem Islam und der deutschen Mehrheitsgesellschaft so zu überdecken, wie Wrasmann es tut – für den Erfolg der Rechtspopulisten ist das Gift.

Zur Eröffnung Ende Juli war Marzischewski dennoch eingeladen. Er postete ein Foto von den Wasserflaschen, die den Besuchern gereicht wurden. Es war Wasser der Marke „Istanbul“. „Ob das vom Präsidenten gespendet wurde?“, schrieb Marzischewski darunter.

Islamische Gemeinde setzt Deutsch als Sprache durch

Tatsächlich kam das Wasser von Yurtseven Rayman. Der Vereinsvorsitzende des Ditib Gifhorn e. V. betreibt einen Supermarkt namens Pasha im Gifhorner Süden. 1.500 Mitglieder hat der Ditib-Verein in Gifhorn, wohl noch einmal so viele weitere Muslime gibt es in der Stadt. „Lange gab es für uns gar keinen Kindergarten.“ 2014 wollte der Verein das ändern. Islamische Kindergärten sind nicht außergewöhnlich, etwa 30 gibt es bundesweit. „Aber wir hatten keine Erfahrung mit so etwas.“ Rayman sprach Wrasmann an, den er vom „Bunt statt Braun“-Bündnis her kannte. Eigentlich wollte er von ihm nur erfahren, wie man eine Kita aufzieht. Wrasmann schlug vor, das gemeinsam zu tun. Und Ditib gefiel die Idee.

Die Katholiken regten an, die Kita zweisprachig einzurichten. Rayman lehnte dies ab. „Wir brauchen nur Deutsch“, sagt er. „Die Muttersprache lernen die Kinder zu Hause.“ Ohnehin wäre unklar gewesen, welches die zweite Sprache hätte sein sollen: Neben Kindern aus türkischsprachigen Elternhäusern besuchen auch solche aus arabischen Ländern, aus Bosnien und Afghanistan die Kita.

Doch nicht alle Kinder können Deutsch. „Das ist heute das Problem und der Alltag jeder Kita“, sagt Leiterin Minkus. Bis August haben Schulen in Niedersachsen „vorschulische Sprachförderung“ angeboten. „Drei bis vier unserer Kinder könnten das brauchen, teils sind es Kinder mit Fluchthintergrund. Wir selbst haben keine Ressourcen und kein Fachwissen.“ Dann änderte die Landesregierung das entsprechende Gesetz. Jetzt sollen die Kitas das „alltagsintegriert“ übernehmen, Niedersachsen hat dafür Geld bereitgestellt.

Rayman ist optimistisch. Anfangs hätten einige Gemeindemitglieder ihre Kinder nicht anmelden wollen. Jetzt gebe es eine Warteliste. Die AfD sei noch immer gegen das Projekt, doch das mache sich im Alltag nicht bemerkbar, sagt Rayman. „Von den Plakataufhängern haben wir nichts mehr gehört.“ Der Alltag ist: Bald beginnt die Adventszeit, das erste Weihnachtsfest, das auch die feiern sollen, zu deren Religion es nicht gehört. „Dafür werden wir uns jetzt was überlegen“, sagt Rayman.

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33 Kommentare

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  • Ich sehe nicht was daran so positiv sein soll. Aus zwei Tälern wird keine Anhöhe entstehen.

  • Schön diese allgemeine religionsbegeisterung zu sehen. Früher war mal Religion Opium für das Volk.



    Soweit ich weiss sind diese beiden Religionen gegen das Recht der Frauen auf Abtreibung.

    • @Demokrat:

      und welchen zusammenhang sehen sie nun zwischen abtreibung und kindergärten?

  • In der Zeit, wo bestimmte politische Kräfte zurück wollen in die Zeit der Voraufklärung, wird Religion wieder wichtig als Instrument der Machterhaltung und Indoktrination. Und das ist natürlich die Schnittmenge von Islam und Christentum. Und die Kinder sind dem hilflos ausgesetzt mit dem zynischen Argument, dass denen in dem Alter sowieso egal ist, was man ihnen an Glaubensgrundsätzen vorsetzt.



    Wer Kinder freiwillig dem Einfluss der Ditib aussetzt, sollte eigentlich begleitende Hilfe vom Jugendamt bekommen. Im Sinnde des Kindes.

  • Also Ernährung ohne Schweinefleisch ist für mich keine Mangelernährung. Hatten diese Kritiker ihren Hauswirtschaftsunterricht bei den Wildecker Herzbuben?

    Hm: Vielleicht ist ja was dran! Ich esse Heute vor dem Schlafengehen besser mal ne Haxe und zwei Schnitzel. Gute Nacht.

    • @Sven Svarson:

      Guten Hunger wünsche ich

  • Ziel sollte sein: Weltanschauungsfrieden!

    Ich möchte darauf hinweisen, dass der äußerst wichtige gesellschaftliche Frieden nur über einen Frieden im Weltanschauungsbereich möglich ist.

    Hierfür halte ich folgende Maßnahmen für notwendig:



    1. Aus allen religiösen oder nichtreligiösen Weltanschauungsbüchern (insbesondere Bibel, Koran) sollten sämtliche menschenrechtswidrige Stellen entfernt werden.



    2. Aus dem Grundgesetz und weiteren Gesetzen sollten alle Stellen entfernt werden, welche religiöse Menschen menschenrechtswidrig in ihrer Weltanschauung bevorzugen bzw. ungleich behandeln (z.B. „Gott“, „Religionsunterricht“ an öffentlichen Schulen, „Kirchensteuer“, gesetzliche christliche Feiertage für die gesamte Bevölkerung).



    Im Grundgesetz sollte jedoch hinzugefügt werden: „Religiöse und nichtreligiöse Menschen sind gleichberechtigt“. Diese Gleichberechtigung halte ich für noch wichtiger als „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“.

  • Die erste? Das gibts es doch schon längst. Mir ist in Bremen mindestens ein Kindergarten bekannt, mit dem wir zu tun hatten. Jedenfalls was das gemeinsame Feiern der Kinder von Weihnachten und Opferfest betrifft.



    Und es wird viele weitere geben, in denen die Kindergärtnerinnen dieses selbstorganisiert durchführen, ohne Probleme und medialem Trara.

    Die Besonderheit beim Gifhorner Kindergarten liegt wohl bei der gemeinsamen Trägerschaft christlicher und muslimischer Gruppen. Why not?

  • pervers und amoralisch ist es schon Kinder religiös zu indoktrinieren... Nein Monster im Schrank gibt es nicht, aber einen Gott. Bullshit!

    • @danny schneider:

      Ja, lasst uns alle religiösen Feste aus öffentlichen Orten verbieten! Kriegen Sie eigentlich Weihnachtsgeld?

    • @danny schneider:

      Wie stellen Sie sich denn eine Weihnachtsfeier / Zuckerfest im Kindergarten vor? Zuviel Exorzismusfilme geschaut?

  • 9G
    91655 (Profil gelöscht)

    Dieses Projekt der Verständigung ist ausschließlich als Zwischenschritt zu denken - und geniesst meinen Respekt, weil es von widerwärtigen Rassisten angegriffen wird.

    Die Lösung gerade für religionsunmündige Kinder muss aber lauten:

    Abschaffung aller religionsgebundenen Kindergärten und Schulen. Abschaffung von Parallelwelten in z. B. Pius-Bruderschaftsprivatschulen usw. usf.

    Wir brauchen weder DITIB-Schulen noch evangelikale Privatschulen oder fundamentalistischen Unterricht zu Hause ...

    Als Gesellschaft benötigen wir einen Staat, der weltanschaulich neutral absichert, dass junge Menschen neben der Vermittlung durch die Eltern das ganze Bild sehen können und ihre eigenen Werte entwickeln.

    Gegen jede staatlich unterstütze Indoktrination von Kindern.

    • @91655 (Profil gelöscht):

      so siehts aus

  • Dieser Kommentar wurde entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    • @Don Geraldo:

      Ts, da arbeitet eine muslimische Gemeinde konstruktiv an einem multikulturellen Projekt mit und beweist damit, dass Sie falsch liegen... Es gibt nun mal sehr viele Auslegungen des Islam. Der Iran ist weit weg...

    • @Don Geraldo:

      Ts, da arbeitet eine muslimische Gemeinde konstruktiv an einem multikulturellen Projekt mit und beweist damit, dass Sie falsch liegen... Es gibt nun mal sehr viele Auslegungen des Islam. Der Iran ist weit weg...

      • @LesMankov:

        "Der Iran ist weit weg..."

        Also von München sind es etwa 3700 km.

        Was die Zukunft von Deutschland angeht, da ist der Iran, Saudi-Arabien und Pakistan uns sehr viel näher als viele denken wollen.

  • "Die einzigen Dinge, die dem Juden wichtig sind, ist den Sabbat zu heiligen, Gebete und die umfangreichen Speisengebote."



    Wo haben Sie das denn Herr?

    Ein Jude muss 613 Ge- und Verbote einhalten. Das ist definitiv mehr als Koscherregeln, Sabbat und Gebete.

    Eine Frage hätte ich noch: was hilft es gegen die Massentierhaltung, wenn ich statt Schweinefleisch Hühnerfleisch einkaufe?

    • @rero:

      Kennen Sie die 613 Mizwot? Was wird dort genau gefordert?

      Das mit dem Hühner- bzw Putenfleisch ist problematisch. Es gibt eben noch nicht auf alles eine Antwort.

      • @mdarge:

        Auf die Schnelle:



        religionwiederverb...-gebote-noahs.html

        Da ist schon etwas mehr drin als die drei Bereiche, die Sie nannten. Auch aus religiöser Sicht Wichtiges.

        • @rero:

          Ja, Tempeldienst und Allgemeingut. So wird Mord, Diebstahl und Betrug verurteilt. Mir geht es um die praktische Bedeutung im Alltag. Genauer um die Überleitung von den jüdischen Geboten zu den christlichen. Den Christen wird gesagt, hört auf alle 613 Mizwot zu halten, denn es ist vergeblich, ihr werdet es nicht schaffen, ihr werdet damit scheitern.

          Es gibt daher keine eigenen christlichen Gebote. Vielmehr werden einzelne jüdische Geboten besonders hervorgehoben. Das sind die Nächstenliebe und die Feindesliebe. Daraus ergibt sich, dass man den Islamisten, der eine reale Bedrohung darstellt, auch lieben soll. Defaitistisch den moslemischen Geboten zu folgen, entspricht dieser Feindesliebe. "Und wenn dich jemand eine Meile nötigt, so geh mit ihm zwei." Darin besteht der Kern des Christentums. Es ist eine Lebenseinstellung. Diese steht absolut in Widerspruch zum Nationalismus.

          • @mdarge:

            "Es gibt daher keine eigenen christlichen Gebote": Sagt Ihnen der Name Moses etwas?

            Ich denke nicht, dass es Ihnen wie Sie schreiben um "die praktische Bedeutung im Alltag" geht, denn dann würden Sie hier keine fragwürdige Deutung von Korintherbriefen vornehmen. Praktische Bedeutung christlicher Gebote im Alltag bedeuten zum Beispiel, Nächstenliebe zu leben, indem man Unterschiede akzeptiert und nicht fürchtet - im Gegenteil: Gemeinsamkeiten sucht und lebt. Genau das ist das Prinzip der hier genannten Kita, welche somit wesentlich dazu beiträgt, ein friedvolles Miteinander zu ermöglichen. Ich bekunde meine volle Unterstützung!

            • @Mio TM:

              Was soll mir der Name Moses denn sagen? Etwa, dass er mutig für seinen Glauben eintrat? Der Aufreger heißt doch Schweinefleisch. Wem soll nun mutig entgegengetreten werden? Der Ditib-Gemeinde? Tatsächlich essen viele Türken Schwein oder Produkte die Schwein enthalten. Viel stärker sind doch Bauernverband und Agrar-Lobby. Die waren es auch, die interveniert haben. Sollte Paulus im Korintherbrief etwa gemeint haben:"Ätsch, Bätsch, wir dürfen etwas, was ihr nicht dürft." Dazu müsste es andere Stellen geben, die das nahelegen. Welche Aussagen werden in den Heiligen Schriften zum Thema Schwein gemacht?

          • @mdarge:

            Danke, jetzt habe ich Sie verstanden.

            Das war mir vorher wirklich nicht deutlich geworden. :-)

  • Wenn man das ließt, dann kommt schon Ärger auf. Denn ich glaube, wir sollten uns schon an die Gebote der jeweiligen Religionen halten.

    Doch was fordern sie? Erst einmal der Quran. Es ist Kindern, die ja noch wachsen müssen strengsten verboten zu fasten. In streng religiösen Familien hält man das auch ein. Wenn die einen den ganzen Tag darben, werden extra Speien für die Kinder bereitet. Da Kindergärten nach außen abgeschlossen sind, kann es keine Probleme geben.

    Das Christentum kommt aus dem Judentum. Die einzigen Dinge, die dem Juden wichtig sind, ist den Sabbat zu heiligen, Gebete und die umfangreichen Speisengebote.

    Die ersten Christen waren Juden. Petrus, Johannes, Paulus und Jakobus der Bruder Jesu. So ergeben sich die Gebote im Neuen Testament. Als erstes kommt die Apostelgeschichte. Dort heißt es im 10. Kapitel:"Steh auf, Petrus, schlachte und iss!" Von den "In dem Tuch befindlichen Tieren aller Art – Vierfüßer, Reptilien und Vögel" es wir heute kaum etwas. Es sind die Chinesen, die den Storch braten, Warane und Eidechsen oder Hunde und Katzen essen. Das alles hätten wir vergessen, gäbe es nicht Paulus. Den Römern sagt er:"ner glaubt, alles essen zu dürfen; wer aber schwach ist, der isst Gemüse." und im Koritherbrief meint er:"Nun bringt uns aber eine Speise nicht näher zu Gott; denn wir sind nicht besser, wenn wir essen, und sind nicht geringer, wenn wir nicht essen. Habt aber acht, dass diese eure Freiheit den Schwachen nicht zum Anstoß wird!" Darin drückt sich das einzige Speisegebot aus, das für Christen verbindlich hist. Wer gläubig ist, wird nie irgenetwas essen, was dem Tischnachbar anstößig sein könnte. Wenn sich also ein Moslem unwohl fühlt, weil es Schweinefleisch gibt, darf auch der Christ kein Schwein essen. Jahrhunderte lang gab es hier keine Moslems, daher konnte man auch nicht gemeinsam essen. Heute ist es kein Problem, im Supermarkt ein wenig die Einkaufsliste anzupassen. Das hilft auch gegen Massentierhaltung und Gülleverseuchung.

    • @mdarge:

      "So ergeben sich die Gebote im Neuen Testament."?



      Ich bin kein Christ, gebe dies auch nicht vor, und erst recht habe ich keine Muße für solch lange Texte wie Sie. Aber eins weiß ich doch, die 10 Gebote stehen im alten Testament, vermutlich in einem der Bücher Moses.

  • Und wieder kommt eines der zwei Argumente, die als ein Schreckgespenst des Islam gelten: Kein Schweinefleisch! Da kriegt der BILD-Leser direkt Muffensausen, weil er schon vor Augen hat, wie er nicht mehr sein 2€ Nackensteak auf den Grill legen kann. Und das geht nun mal in Deutschland gar nicht- dem Deutschen sagen, welches Fleisch er zu essen hat. Das ist für ihn ein viel größeres Thema als Frauenrechte.

    • @Michi W...:

      Da werden Sie aber dem Thema nicht gerecht. Es geht doch nicht ums Geld.

      Für Muslime hat das Schweinefleischverbot etwas mit Identität zu tun.

      Ich kenne persönlich eine Reihe von Leuten, die trotz muslimischer Sozialisation nie ein Problem mit Schweinefleisch hatten.



      Ihre Kinder gucken dagegen genau hin. Teils von den Eltern gewollt, teils nicht.

      Und wenn die eine Gruppe ihre Partikularindetität auslebt, entwickeln die "Anderen" eine Gegenidentität.

      Erst recht, wenn es den "Einen" um kultische Reinheit geht. Das impliziert ja immer, dass die "anderen" unrein wären.

      In klassistischer Weise BILD-Leser zu stigmatisieren, ist deshalb aus meiner Sicht unangebracht.

      Warten Sie ab, Partikularidentitäten sind allgemein gerade schwer im Kommen, da ist die Pro-Schweinefleisch-Identität gerade erst in den Anfängen.

      Da die Betonung von Partikularidentitäten aus meiner Sicht allgemein für eine Gemeinschaft wenig hilfreich ist, finde ich es gut, dass der Kindergarten religiöse Unterschiede als Thema offenbar tiefhängen will.

  • " Wachsamkeit“ sei geboten,", bei einer interkulturellen Kita. Ja, dass sehe ich genau so!



    Besonders beim Wandern auf Waldwegen. Einmal nicht aufgepasst, und schon stolpert man über einen Stein oder ne' Wurzel. Und, wird deshalb der gesamte Wald asphaltiert?

  • Wenn es denn schon Religiös sein soll

    ----

    Mehr davon !!!

  • Schönes Projekt. Es ist traurig, dass es welche gibt, die denken Zusammenhalt, Gastfreundschaft und vielfältige Gemeinschaft gleichen einer Unterwerfung.

    • @Clara Watz:

      Man könnte im Jahre 2018 "Zusammenhalt, Gastfreundschaft und vielfältige Gemeinschaft" auch praktizieren, ohne kleinen Kindern ständig irgendeinen (oder wie hier: mehrere) uralten Aberglauben einzuhämmern. Das wäre mal ein "schönes Projekt".