Die USA und deutsche Satire: Lästern gegen den gottgleichen Trump
Der deutsche Satiriker „El Hotzo“ wurde wegen Trump-Kritik vom RBB geschasst. Helfen können den Demokraten aber ohnehin nur drei Wunder.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Nukleare Mittelstreckenraketen in Deutschland.
Und was wird besser in dieser?
Egal, was die AfD sonst noch fordert: Das ist doch schon ganz schön amish.
Donald Trump hat die Republikaner in eine exklusive Trump-Party verwandelt. Die Demokraten hingegen versuchen mit allen Mitteln, ihren eigenen Oldie loszuwerden. Was brauchen die Demokraten, um Trump zu überholen?
Ein Wunder. Nein, zwei. Die Familie und der engste Kreis, so raunt die sonst nicht allzu fantasiereiche New York Times, diskutiere vertraulich Wege zum achtbaren Abgang für Präsident Biden. Dies getan, bräuchte es eine KandidatIn, die es mit Trumps neuem Nimbus aufnehmen könnte. Taylor Swifts Tourdaten gehen bis Dezember, keine Chance. Mal unter uns Machiavellisten: Ein plausibler Machtmensch würde „am Zaun des Kanzleramtes rütteln“ wie dunnemals Schröder; und nicht höflich abwarten, bis der Greis ihn segnet. Wunder Nummer drei wäre also ein überzeugender Putsch bei den Demokraten.
Einst Kritiker, nun größter Unterstützer: Vance setzt sich in seiner ersten Rede als Vizepräsident für Arbeiter*innen ein. Ist er das fehlende Puzzleteil für den Republikaner-Erfolg?
Viele Amis lieben diese Evangelisations-Geschichten, die beim trüben Wandel im finsteren Tal beginnen, die Wende zum Guten schildern und in um so glühendere Verehrung münden. In dem Bild ist Trump Gott, auch wenn er sich darin unterschätzt sehen mag. Praise the lord. Das Kidnapping traditionell linker Wählerschaften von rechts grassiert weltweit; es hat mit der Abwesenheit von Zukunft zu tun. Die Rechten versprechen eine, die im Wesentlichen aus Vergangenheit besteht; die Linken arbeiten sich daran ab, statt sich ein besseres Morgen auszudenken. Schmutziges Wort: Utopie.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) lässt das rechtsextreme Magazin Compact verbieten. Manche kritisieren das Verbot und warnen vor möglichen Klagen. Warum kann sich die Linke nie freuen?
Mit dem gleichen Kniff übers Vereinsrecht verbot Horst Seehofer 2017 linksunten.indymedia, und man tut beiden Plattformen kein Unrecht, wenn man an ihrer weltenstürzenden Bedeutung zweifelt. Und damit am Sinn der Verbote. Natürlich war bei linksunten vieles fragwürdig und bei Compact alles bescheuert, und ebenso natürlich wird mir der wöchentliche Lacher über Elsässers Hirndurchfall fehlen. Es mag eine hoffärtige Einzelmeinung sein: Ich finde bei diesen Verboten, dass mir die Obrigkeit zu wenig zutraut.
Für den RBB und die ARD darf Satire wohl nicht alles. Ein Tweet gegen Trump kostete El Hotzo seinen Job als Radiomoderator. Gibt es bald einen Satire-Führerschein für Internet-Clowns?
„Jürgen Elsässer ist Antisemit, Kubitschek hat Glück, dass ich nicht Bogen schieß’ … Faschisten hören niemals auf, Faschisten zu sein … und wenn Du friedlich gegen die Gewalt nicht ankommen kannst, ist das letzte Mittel, das uns allen bleibt, Militanz.“ Das ist der „Song des Jahres 2021“ vom RBB-RadioEins, Ergebnis einer Hörerwahl. Danger Dan machte sich den frivolen Spaß, mal sämtliche Leitplanken zu demolieren, um auszutesten, was denn so gerade noch „von der Kunstfreiheit gedeckt“ sei. „El Hotzo“ möchte den „Faschisten Trump“ tot sehen, ja gut, zum Ausloten der Grauzone gehört auch, drüberzudengeln. Das Paradoxon ist: Mal schmückt man sich mit der Traute, Satire „dürfe alles“; dann wieder – wenn’s was kostet – demonstriert man moralisch rigide Haltung, die „nicht alles durchgehen lässt“. Und doppelt: Satiriker wollen wehtun, und wenn jemand „aua“ sagt, sind sie empört. Das Schlimmste wäre – die klare Linie. Im Ausverhandeln liegt die Freiheit.
Die Grünen präsentierten online acht Lehren aus der Europawahl. Sie wollen den Bürger*innen wieder zuhören. Doch passt bei Zoom-Meetings überhaupt noch jemand auf?
Die Grünen sind das amazon unter den Parteien. Zur Wahl orderten viele Klima- und Umweltschutz, doch als das Paket kam: Zumutungen, Kosten, Schrottgesetze, als Goodie haben die Packer ein bisschen Ideologielametta dazugestreut. Alles schnell wieder in den Karton und return to sender. Die politischen Ziele der Grünen sind umsonst nicht zu haben. Sie dafür aufzugeben und stattdessen echt gern mal ganz offen mit allen zu reden, ist hilflos. Und überhaupt sind „Punkte-Pläne“ voll FDP.
Und was macht der RWE?
Umstricken. Nach Unmut, etwa per Online-Petition, wird das just in uni präsentierte Saisontrikot nun doch ums Vereinslogo rot und weiss. Ja, doch. Der Club ist mit Rechtschreibfehler eingetragen. Weiss.
Fragen von: Anastasia Zejneli
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag