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Deutschlandtag der Jungen UnionParteinachwuchs auf Zukunftssuche

Die Junge Union will in Münster ein Aufbruchssignal senden. Zudem steht ein Schaulaufen möglicher Kandidaten für den CDU-Vorsitz an.

JU-Chef Tilman Kuban hofft auf eine bessere Zukunft Foto: Bernd Thissen/dpa

Münster taz | Um zu erfahren, welches Signal vom diesjährigen Deutschlandtag der Jungen Union ausgehen soll, muss man nur versuchen, sich ins WLAN einloggen. Das Passwort für Pressevertreter:innen: „DLT21-Neuanfang“. Und ebenso wenig subtil trägt es JU-Chef Tilman Kuban vor Beginn des dreitägigen Treffens in Münster vor.

„Von diesem Deutschlandtag soll ein Aufbruch ausgehen“, sagte Kuban am Freitagnachmittag auf einer Pressekonferenz, die mit einer halben Stunde Verspätung begann. „Unsere Wahlanalyse wurde im Bundesvorstand der Jungen Union sehr heiß diskutiert“, so der JU-Chef zur Erklärung.

Von Freitagabend bis Sonntag kommt die Nachwuchsorganisation von CDU und CSU in der Münsterlandhalle zu ihrem Jahrestreffen zusammen – und dass sie ein Aufbruchssignal senden will, ist nach dem Debakel von CDU und CSU bei der Bundestagswahl wenig überraschend. Ursprünglich sollte das Thema Mobilität im Zentrum des Treffens stehen, ein entsprechender Leitantrag wird auch beraten und abgestimmt.

Doch die Debatte bestimmen dürften die Wahlanalyse und vor allem die künftige Aufstellung der Union, inhaltlich aber auch personell. Denn zahlreiche Christdemokraten, die als Kandidaten für den künftigen Parteivorsitz gehandelt werden, sind als Redner in Münster geladen. Es könnte ein erstes Schaulaufen werden.

Schaulaufen der Möchtegern-CDU-Retter

Den Anfang macht am Freitagabend Friedrich Merz, am Samstag folgen Gesundheitsminister Jens Spahn und Carsten Linnemann, der Chef der Mittelstandsvereinigung, am Sonntag wird Fraktionschef Ralph Brinkhaus ein Grußwort halten. Nur ein Auftritt vom eher liberalen Norbert Röttgen ist nicht vorgesehen. Aber er will immerhin vorbeischauen.

Merz und Spahn haben traditionell viele An­hän­ge­r:in­nen in der JU. Bei der Wahl zum Parteivorsitz im vergangenen Januar hatte sich in einer Online-Befragung eine Mehrheit des christdemokratischen Nachwuchses für Merz ausgesprochen.

Bislang ist das Verfahren unklar, nach dem der neue Parteichef gekürt werden soll, vielerorts in der CDU wird inzwischen eine Mitgliederbefragung diskutiert. In seiner Wahlanalyse, die der Deutschlandtag verabschieden soll, fordert der Bundesvorstand der JU eine solche Befragung der Basis. Dies könne, so heißt es, in Form einer schnellen Online-Abstimmung oder einer Urnenwahl in den Kreisgeschäftsstellen durchgeführt werden.

Das Ergebnis einer Mitgliederbefragung wäre nicht bindend. Es ist aber schwer vorstellbar, dass sowohl Kandidaten als auch die Parteitagsdelegierten, die letztlich entscheiden, einfach darüber hinweggehen würden.

Laschet kommt auch

Auch Armin Laschet, der gescheiterte Kanzlerkandidat, den die Mehrheit der Jungen Union in dieser Position nie wollte, wird nach Münster kommen. Er wird am Samstag Vormittag eine Rede halten und danach – anders als ursprünglich in der Tagesordnung vorgesehen – „für Fragen der Jungen Union zur Verfügung stehen“, wie Kuban es nannte.

Abgesagt hat zur Überraschung vieler CSU-Chef Markus Söder. Offiziell hat er besseres zu tun, er besucht eine Basiskonferenz der CSU in Oberfranken. Doch so mancher in der JU hält das für vorgeschoben. Denn auch wenn die Mehrheit der JU den CSU-Chef als Kanzlerkandidaten favorisiert hatte, an seiner Performance im Wahlkampf gibt es Kritik.

Zuletzt hatte die JU in Bayern ihren Missmut recht deutlich formuliert und das „starke Zugpferd Markus Söder“ einfach aus einem Antrag gestrichen. „Wir hätten es für nötig erachtet, mit beiden Parteichefs zu sprechen“, kritisierte auch Kuban. Und fügte hinzu, dass Laschet sich der Diskussion stelle, zeige „starken Charakter“. Was man wohl auch als Kritik an Söder verstehen kann.

Junge Union kritisiert „Kultur der Illoyalität“

Vorgesehen ist am späten Samstagnachmittag auch eine Diskussion über die Wahlanalyse der JU mit den Generalsekretären von CDU und CSU, Paul Ziemiak und Markus Blume. Zahm wird es dabei vermutlich nicht zugehen. „Wir werden mit der Partei hart ins Gericht gehen“, kündigte die Erfurter JU-Vorsitzende Lilli Fischer im Vorfeld gegenüber der taz an. „Aber genau das braucht es.“

In dem Papier des JU-Bundesvorstands werden Kandidat, Kampagne und Kommunikation kritisiert, aber auch eine „Kultur der Illoyalität“ und das „Durchstechen vertraulicher Informationen an die Medien“. Die Kanzlerkandidatenfrage sei zu spät geklärt worden, der Wahlkampf habe zu spät Fahrt aufgenommen, viele kreativen Ideen habe man im Keim erstickt.

Unterdessen gibt es immer wieder Stimmen, die die Einführung einer Doppelspitze für den CDU-Vorsitz anregen – oder sich zumindest mehr Frauen in den Führungsgremien wünschen. Kuban hofft, dass sich auch eine Frau um den CDU-Vorsitz bewirbt. „Wenn die Frauen sagen, sie wollen mehr Einfluss, dann sollten auch Frauen kandidieren“, sagte er. „Ich persönlich würde das sehr gut finden.“ Einer Doppelspitze aber erteilte er aktuell eine Absage.

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13 Kommentare

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  • @VANESSAH:

    Allein wegen des Gelächters? Es scheint, Sie haben in letzter Zeit nicht sehr aufgepasst :-/

  • Armin Laschet leistet als CDU-Vorsitzender bisher recht gute Arbeit. Es wäre unfair, ihn allein wegen des Gelächters im Flutgebiet abzusägen.

    Falls Laschet gehen muss, dann sollten auch gleich noch diejenigen in der Versenkung verschwinden, die ihn gegen den Willen der Partei an die Spitze geputscht haben: Schäuble und Bouffier

  • Vorwärts in die Vergangenheit.

    Es hat schon was dialektisches, wenn die Konservativen von "Neuanfang" und "Aufbruch" sprechen.

    Die Köpfe, die sie aus der Mottenkiste holen, um selbige zu symbolisieren schliessen den Kreis und machen die Kirsche drauf.

    Chapeau!

  • Zukunftssuche? Jetzt? Das hätte man vor der Wahl tun sollen! Die Union hat jahrzehntelangen Tiefschlaf hinter sich. Merkel hat die Wähler besorgt. Politikthemen brachten die Koalitionspartner ein. Fähige Kanditaten die aufmuckten wurden rausgebissen. Da kann man die Linie nicht von heute auf morgen umstellen. Dabei bräuchte Deutschland eine konservative nationale Partei. Die sich primär um Deutschland kümmert. Alle anderen Parteien wollen ja mit deutschem Geld die Welt retten!

  • Die Kritik der JU ist berechtigt. Wobei ich gut finde dass die Union so ist wie sie ist. Ein bisschen Opposition tut mal gut. Gerne auch länger. Und wenn wieder mal regierend, nicht mehr als zwei Perioden am Stück. Puh.



    Kuban: ich finde ihn sehr unangenehm von seiner Ausstrahlung. Wundere mich dass er der Vorsitzende ist.

    • @sachmah:

      „Kuban: ich finde ihn sehr unangenehm von seiner Ausstrahlung. Wundere mich dass er der Vorsitzende ist.“



      Vielleicht ist genau dieses das Geheimnis seines Erfolgs! Vielleicht gelingt es ihm auf diese Weise besser, den Laden zusammenzuhalten. Besser, als ein netter Mensch, der versucht, alle Wünsche von allen zu erfüllen.

      • @Pfanni:

        Merkel war nicht unangenehm und hat den Laden 16 Jahre lang zusammengehalten. Warum werden miese Charaktereigenschaften oft als Führungsqualität vetwechselt?

  • Warum Dr. Carsten Linnemann zu den 'möchtegern Rettern' gezählt wird erschliesst sich mir nicht ganz. Zwar scheint er ein gutes Auftreten im TV hinlegen zu können aber als Bundesvorsitzender der Unterorganisation Mittelstandsvereinigung steht er nur für einen Teil der (sich so definierenden) Volkspartei CDU.

    Wichtiger dürfte aber die Unterstützung durch den eigenen Landesverband sein. Diese scheint mir etwas unklar, immerhin hatte er keinen Listenplatz in der Landesliste NRW: www.cdu-nrw.de/sit...u_nrw_btw_2021.pdf

    Das verbindet ihn mit Dr. Norbert Röttgen und Friedrich Merz, der hatte sich aber zuvor gegen Laschet um den CDU-Bundesvorsitz beworben und der Spitzenkandidat L. hätte auch auf ihn verzichten können.

    Nebenbei sollte auch erwähnt sein das alle hier genannten möchtegern Retter aus NRW kommen.



    Die anderen Landesverbände scheinen derzeit kein guter Quell für geeignete Kandidaten zu sein. Vielleicht bleibt es bei Laschet, um eine Interimslösung zu vermeiden. Schade für AKK, die dann doch die CDU-Vorsitzende mit der kürzesten Amtszeit bliebe.

    • @Mr.Henry:

      Merz. Mannmann. Wie der wieder auftauchen konnte. Machtmenschen gibt es viele, aber so kalt berechnend auftreten, dazu gehört schon ein Mangel an Menschenkenntnis. Nicht mehrheitsfähig.

    • @Mr.Henry:

      Eigentlich sollte mir die Zukunft der Unionsparteien am Allerwertesten vorbeigehen, aber … da es nun relativ sicher scheint, dass CDU/CSU auf unabsehbare Zeit die harten Oppositionsbänke drücken müssen, kann es mir nicht gleichgültig sein, ob eine desolate, sich weiter in interne Grabenkämpfe verstrickende Union die Opposition anführt oder ob sie sich in dieser Rolle wieder stabilisieren kann. Dies umso mehr, als wir es sonst nur noch mit einer schwachen, vom Wähler abgestraften Linken und einer immer noch zu starken protofaschistischen AfD in der Opposition zu tun haben … und somit Scholz mit seiner Ampelkoalition ohne nennenswerten Gegenwind durchmarschieren könnte. Denn anders als weiland Franz Müntefering bin ich nicht der Meinung, dass Opposition Mist sei … vielmehr Ist sie das Salz in der Suppe der parlamentarischen Demokratie, ob ich nun nennenswerte Sympathien für eine der Oppositionsfraktionen hege oder nicht.



      Solange Laschet Interimsvorsitzender der CDU bleibt, ist auch kein Ende der Hängepartie in Sicht … die Frage muss also tatsächlich schnell geklärt werden, ob mit oder ohne Mitgliedervotum.



      Ich persönlich halte alle vier in JU-Kreisen gehandelte Nordrhein-Westfalen (Merz, Röttgen, Linnemann, Brinkhaus) nicht für besonders innovativ, denn entweder stehen sie für ein Weiter So oder sie polarisieren mehr als es der CDU in ihrer gegenwärtigen Verfassung gut täte … in Ostdeutschland kann die CDU mit diesem Personaltableau womöglich gleich einpacken. Aber auch die Ost-CDU selbst glänzt nicht gerade mit überzeugendem Personal, das in die vordere Reihe geschoben werden könnte.



      Wenn die JU so modern ist, wie sie es von sich selbst behauptet, wundert mich, dass sie nicht die Namen der beiden westdeutschen MP‘s in den Vorsergrund spielt, denen auch außerhalb der Union der Aufbruch in die Modernität zugetraut wird … Daniel Günther aus SH und Tobias Hans aus dem Saarland.

  • RS
    Ria Sauter

    Das ist Realsatire. Das Bild des Vorsitzenden und die Bezeichnung "Junge Union".

    • @Ria Sauter:

      Wieso? Als der vor einiger Zeit schon mal den Merz in seinem Verein zu Gast hatte, gackerte er vor Freude wie ein vierzehnjähiger, dem jemand ans Pinselchen gefaßt hat.



      Das Zitat eines Wolfgang Neuss aus 1964 mag für ihn passen:



      "Ich hatte damals noch jede Menge Partisanen im Gebälk, die arbeiteten teilweise noch gegeneinander..."



      Bei Kuban, so hat man den Eindruck, wirds dabei bleiben, jedenfalls wenn ich so seine letzten Talk-Show Auftritte so bedenke.



      Pubertät for ever!