Deutsche Konjunkturschwäche: Es ist die Nachfrage

Die deutsche Wirtschaft schwächelt. Das liegt nicht nur an hohen Energiekosten für die Unternehmen. Das größte Problem sind die Löhne.

Euro-Geldscheine.

Die lohnabhängig Beschäftigten brauchen mehr Geld, um die Nachfrage anzukurbeln Foto: Patrick Pleul/dpa

Viel ist derzeit von „Klumpenrisiken“ die Rede. Die Energiepreise drückten auf die gebeutelte Industrie, angeblich zu hohe Unternehmenssteuern und der Fachkräftemangel infolge des demografischen Wandels würden der Wirtschaft den Rest geben. Der Chef des Industrieverbandes VCI forderte deshalb schon mal in Anlehnung an Schröders Agenda 2010 eine „Offensive 2030“, damit die Lichter nicht ausgehen. Doch letztlich verdecken die Wehklagen der Industrie­lobby die eigentlichen Gründe für die gegenwärtige Konjunkturflaute.

Auch wenn zu hohe Energiekosten vielleicht dem einen oder anderen Unternehmen derzeit zusetzen, ist eine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit nicht das Problem. Auch wird kein Unternehmen sofort abwandern, weil ein paar Monate mal die Strompreise zu hoch sind. Letztlich sind das trotz aller Warnungen und Drohungen milliardenschwere Investitionsentscheidungen, die niemand übers Knie bricht.

Stattdessen bleibt die Inflation hartnäckig hoch. Mit laut vorläufigen Schätzungen 6,2 Prozent war die Teuerungsrate im Juli noch weit vom Ziel der Europäischen Zentralbank von rund 2 Prozent entfernt. Das heißt, die steigenden Preise drücken weiterhin auf die Kaufkraft der Menschen im Land. Denn die bisherigen Tarifeinigungen – so hoch sie nominal auch waren – bedeuteten für die meisten Beschäftigten keinen vollständigen Ausgleich für die Reallohnverluste der letzten Jahre. Dass die Umsätze im Einzelhandel nach Abzug der Inflation in der ersten Jahreshälfte um 4,5 Prozent gesunken sind, beweist dies deutlich.

Wenn nicht die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, sondern die fehlende Nachfrage das Problem ist, dann bedeutet dies letztlich auch, dass es andere Lösungsansätze braucht. Ein gedeckelter Industriestrompreis mag mittel- bis langfristig vielleicht sinnvoll sein, um die Transformation der Industrie zu begleiten. Doch vor allem braucht es höhere Löhne, damit die Menschen wieder mehr Geld zum Ausgeben haben. Eine weitere Anhebung des Mindestlohns auf 14 oder 15 Euro brutto die Stunde wäre da zum Beispiel ein Schritt in die richtige Richtung.

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ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.

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