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Designierter FDP-ParteichefChristian Dürr muss die FDP als Zukunftsprojekt verkaufen

Noch-Fraktionschef Dürr soll die Nachfolge von Christian Lindner an der Spitze der Liberalen antreten. Kann er die FDP zurück ins Parlament führen?

Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender der FDP, will Nachfolger von Christian Lindner werden Foto: Michael Kappeler/dpa

Gefragt, was ihn vom amtierenden FDP-Chef Christian Lindner unterscheidet, muss sein möglicher Nachfolger kurz überlegen. „Der Nachname macht den rein alphabetischen Unterschied“, sagt Christian Dürr dann. Doch reicht das aus, um die Liberalen in der außerparlamentarischen Opposition neu aufzustellen? Inhaltlich war aus Dürr am Montag zumindest nicht mehr rauszubekommen, als er in Berlin seine Kandidatur für den FDP-Vorsitz erklärte und dabei deutlich machte, die Landesvorstände der Liberalen bereits hinter sich versammelt zu haben.

„Ich bin als Fraktionsvorsitzender auch Teamleader“, stellte Dürr fest. Es gehe darum, für die Aufstellung der FDP in der Ära nach Lindner eine Gruppe zusammenzustellen, die aus „neuen Köpfen und bekannten Gesichtern“ bestehe. Dabei zählt Dürr zu der zweiten Kategorie.

Der heute 47-jährige Politiker führt die FDP-Fraktion im Bundestag seit mehr als drei Jahren. Dürr gilt als Vertrauter Lindners und musste dafür Sorge tragen, dass die FDP im Parlament den Kurs zur Ampel-Politik hält. Dabei kam auch Dürr nicht gegen die Absetzbewegungen der Liberalen an, die gerade im Bundestag immer offener mit der eigenen Regierungspolitik haderten und geeinte Gesetzesvorhaben wie das Rentenpaket blockierten.

Damit trägt auch Dürr einen Anteil an dem zerstrittenen Bild, das die FDP im Wahlkampf von sich gab und auch deshalb mit 4,3 Prozent den Einzug in den Bundestag deutlich verfehlte. Für die Liberalen ist dieser Makel wohl zu verschmerzen, und ohnehin will die FDP-Führung die Dauerkritik am eigenen Regierungshandeln nicht als Grund für den Misserfolg bei den Wahlen verstanden wissen. Von Dürr gab es nun nur einige nachdenkliche Worte: Der FDP seien im Wahlkampf viele Dinge zugeschrieben worden. „Wahrscheinlich hätten wir deutlich machen müssen, dass die verengten Zuschreibungen nicht stimmen.“

Auf dem Marsch durch die Talsohle

Für den Marsch durch die Talsohle, bei dem nicht klar ist, ob der Aufstieg so schnell wieder gelingt, ist die FDP dem Vernehmen nach zumindest finanziell gut aufgestellt. So könnte es auch Spielraum dafür geben, dass der Parteivorsitzende künftig Geld für seine Tätigkeiten bekommt. Bisher ist das bei der FDP ein Ehrenamt. Für Politiker in der Generation von Dürr dürfte das durchaus eine entscheidende Frage sein, angesichts des Risikos, das sie mit so einer Karriereentscheidung eingehen.

Bei seinen Reden wirkt Dürr mitunter hektisch und aufgekratzt, kann dabei im Bundestag aber durchaus auch unterhaltsam sein. Dabei wird er sich künftig aber auch an Noch-Parteichef Lindner messen lassen müssen, der zumindest rhetorisch die Messlatte bei der FDP hoch gehängt hat.

Doch genauso wichtig dürfte werden, wie gut es Dürr schafft, eine Truppe aufzustellen, die dem Projekt FDP Glauben schenkt und sie motiviert, am Ball zu bleiben. Zumindest die Außenpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Parteivize Wolfgang Kubicki, die selber auch als mögliche An­wär­te­r*in­nen für den Chefposten gehandelt wurden, scheint er auf seiner Seite zu haben. Auch die Landes- und Fraktionschefs der FDP stehen hinter ihm.

Den Job, den mühsamen Aufstieg der FDP irgendwie in die Wege zu leiten, scheint Christian Dürr niemand streitig machen zu wollen. Das Restvermögen und die Restmacht der FDP zu verwalten, ist nun seine Aufgabe. Im Mai soll ein Parteitag über seine Kandidatur entscheiden.

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26 Kommentare

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  • Die FDP ist verdientermaßen raus, weilsie ihre Stammwähletschaft durch das Mittragen rot-grüner Politik verraten hat.

    In der linken Blase sieht man es gerne andersherum. Da wird die FDP als schlimmer Bremser der rot-grünen Politik gesehen. Die Sichtweise ist falsch und für die FDP irrelevant, weil Grünwähler eh nicht gelb wählen.



    In ihrer Stammwählerschaft wird der FDP angekreidet, rot-grün ermöglicht zu haben- und das viel zu lange. Es gab genug Zeitpunkte in der Vergangenheit, die günstiger für das Ende der Koalition gewesen wären, wie zB das Abschalten der AKW in der größten Energiekrise... außerdem glaube ich, dass Strak-Zimmermann schadet. Die FDP-Wähler wollen ihre Positionen nicht.

    • @Otto Mohl:

      Ich gebe zu bedenken, dass es auch sozialliberale Stimmen in der FDP gibt. Gegen die inhaltliche Leere und soziale Kälte von Lindner&Co haben sie sich leider nicht durchsetzen können. Mal sehen wie es sich künftig entwickelt. Ich denke, es gibt viele Wähler, die diese Stimmen hören und entsprechende Taten sehen wollen.

    • @Otto Mohl:

      Kann es nicht auch ein bisschen daran gelegen haben, dass einige FDP Wähler eine funktionierende Regierung statt ständigem Chaos wollten?

  • Die FDP hat sich selbst mit Lindner so dermaßen ins Aus geschossen, dass es schon echt viel Alkohol braucht, um sich den Laden nochmal schön zu reden. Im Aus darf sie gerne die nächsten Jahre bleiben.

  • Die sind ja auch daran gescheitert, daß ein Teil der Parteispitze ganz begeistert davon war, rotgrün als Mehrheitsbeschaffer dienen zu dürfen.



    Und der Rest hat die sich daraus ergebende Politik sabotiert.



    Jetzt müssen sie erst mal ihren Kurs finden.



    Kleiner Tipp: Viele bisherigen CDU-Wähler sind gerade fassungslos, daß ihre Partei mittlerweile nur noch Mehrheitsbeschaffer für rotgrün ist. Da sind weitaus mehr Stimmen zu holen als mit linksliberalem Gedöns.

  • Wie der Titel schon verrät, es geht um Verkaufstalente statt um Inhalte. Es wird sich also nichts weiter ändern.

  • Nein, kann er nicht. Soll er nicht. Wollen wir nicht.



    Warum hat dieses rechte UBoot eigentlich so viel Aufmerksamkeit verdient?



    Bitte keine FDP-Berichterstattung mehr bis es irgendwas Relevantes zu berichten gibt. Zum Beispiel wenn die nächste Landtagsfraktion aufgelöst wird.



    Je mehr Kommentare und Artikel zum dieser Scheisspartei, desto mehr Stimmen bei der nächsten Wahl.



    Also bitte:



    Keine FDP-Berichterstattung über internes Klein-Klein. Nur wenn die FDP irgendwie mit dem Außen interagiert.

  • Dürr ist doch einer der Hauptakteure der "Opposition in der Regierung" und damit einer der Hauptarchitekten des Niedergangs.

    Aber bei Lindner war es ja ähnlich. In einer Welt ohne Gedächtnis könnte es also klappen.

  • Ich hoffe das diese Partei voll mit Saboteure sehr lange nicht mehr im Bundestag zu sehen sein wird! Willfährige Idioten die sich von der Union haben instrumentalisieren und manipulieren lassen, um die eigene Regierung denen sie angehört haben wie eine Krankheit aus dem inneren heraus zu zerstören! Jetzt greifen die billigen Mitläufer nach den Parteivorsitz, diese ganzen amoralisch handelnden, geistig verwesende Lakaiin sind alle nicht besser als Lindner!

  • Die reine Lehre des Neoliberalismus- Die FDP wird sich mit Dürr nicht ändern. Die FDP st überflüssig.

  • Wer war das nochmal der am lautesten mitgelindnert hat?

  • Die taz liebt einfach die FDP ;-)

  • Die CDU muss einfach wieder einen Kandidaten vom Kaliber eines Herrn Laschet als Kanzlerkandidaten präsentieren und schon ist die FDP wieder im Parlament. Easy.

  • Die FDP: Irgendwie unterhaltsames Personal, aber seit Jahrzehnte schon keine Partei, die ich ernstnehme.

    • @Stavros:

      Schade ums Steuergeld für diese Parteienfinanzierung. Dürr könte sich doch auch einmal um einen - für die Gesellschaft wertbringenden Job bemühen, anstatt sich von uns Bürgern über Jahre subventionieren zu lassen.

      • @Alex_der_Wunderer:

        Sie haben so Recht. Irgendwie kriegen es immer nur die Neoliberalen mit dem "anstrengungslosen Wohlstand" bzw. "passiven Einkommen" hin.

  • "Kann er die FDP zurück ins Parlament führen? "

    Natürlich.



    Jede(r) kann das.

    Man muss nur vor den Wahlen genug Drogen ins Trinkwasser mischen.

    • @Bolzkopf:

      Hoffentlich lässt man diese Woche vor den Abstimmungen, die Parlamentarier noch kurz ins Röhrchen pusten....

      • @Alex_der_Wunderer:

        Wieso ? Gibt es im Parlemant etwa eine Promillegrenze ?

  • "Besser nicht regieren als falsch regieren"



    Die FDP hat einen hohen Preis dafür gezahlt, dass sie in die Ampel eingetreten ist. Als die Ampel zerbrach, hat man fast nur der FDP die Schuld gegeben. Die Wähler haben aber auch ganz klar der SPD die Schuld gegeben. Nur dass die SPD trotz desaströsen Ergebnis trotzdem wieder am Zepter der Macht mithält - warum eigentlich?

    • @Hans Dampf:

      ...und auch wenn jetzt der gelbe Verein nicht mehr auf der Regierungsbank sitzt, zahlen wir mit unseren Steuern weiterhin, durch die Parteienfinanzierung, deren Existenz mit.

    • @Hans Dampf:

      "...warum eigentlich?"

      Weil die Wähler es so entschieden haben. Sie können durchaus differenzieren.

  • „Wahrscheinlich hätten wir deutlich machen müssen, dass die verengten Zuschreibungen nicht stimmen.“

    Iss klar, das Wahlvolk ist ein bisschen begriffsstutzig, aber wenn man alles gut genug erklärt...

    Die haben echt den Schuss nicht gehört.

  • Der Titel des Artikels ist schon für sich amüsant.

    • @aujau:

      Ja. Wort für Wort.

    • @aujau:

      ...der Titel schon - aber diese Chaotentruppe auch noch für 4 Jahre weiterhin von unseren Steuergeldern zu Subventionieren - ist schon recht schade ums Geld. Könnten sich von mir aus auch gerne mit einer Terrier Züchtung verlustieren...🐕🐕‍🦺🦮🐕