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Der Supermarkt des HorrorsVon Rewelation keine Spur

In Köln steht an jeder Ecke ein Rewe und dazwischen noch drei weitere. Dabei ist Rewe nur ein schlechterer Aldi mit höheren Preisen. Eine Abrechnung.

Rewe verspricht „Beste Wahl“? Selbst in Nordkorea ist sie fairer! Foto: Oliver Bergdpa/

A uf den Schildern sollte Stadt der Rewes stehen, wenn man in Köln ankommt – es gibt einfach so unfassbar viele. Aber da fängt es ja schon an: ein Rewe, mehrere … Re-wes? Re-wesen? Re-wessis? Und wenn es sich bei den rotgebrandeten Supersupermärkten immer schon um Re-wes handelt, um Re-produktionen also, gab es je ein Original?

Wenn, dann wahrscheinlich in Köln. Längst jedoch wurde dieser eine pittoresk-ursprüngliche Einst-Rewe von den fünf anderen Rewes in seiner Straße in den wirtschaftlichen und moralischen Ruin getrieben und dient nun – in gesunden Zeiten – als Feldlazarett für gestrandete Junggesellinnenabschiede. It’s the circle of life / and it moves us all.

Die im exponentiellen Wachstum befindliche Rewe-Maschine treibt seltsame Blüten. Natürlich sage auch ich ja! zum Leben; ob das wirklich die Beste Wahl ist, sei dahingestellt. Bedenkt man, dass eines jeden Rewe-Marktes Wirken auf Erden begrenzt ist, eine jede Filiale endlich und daher im Grunde immer schon am Sterben ist, erkennt man auch in den vitalsten Regalen die Spuren des Verfalls.

Der Rewe, aus dem ich mich sättige, ist diesen Weg schon weit geschritten; aber ich bezweifle, ob man dort jemals jenes agreable Einkaufserlebnis genoss, für das Rewe doch schließlich mit seinem unmenschlichen Namen steht. Er ist im Grunde ein schlechterer Aldi zu höheren Preisen. Reizvolle Lebensmittel erblicke ich dort selten, von einer Rewelation keine Spur. Beispiel Gemüseregal: fünf Sorten Kopfsalat, „Snackmöhren“, ein schimmliges Bündel Radieschen – das war’s. Dreißig Euro bitte, ja, die Gemüsetüten kosten jetzt drei Euro pro Stück, weil vegan, ach, und haben Sie schon unsere brennbaren Sammelsticker? Nein?

taz am wochenende

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Neulich wollte ich Ricotta kaufen, weil solche Sachen jetzt verlangt werden in den Brigitte-Rezepten, die ich beim Friseur erspähe. Auch Ri-cotta wurde ja schon mal gekocht – wann eigentlich? –, ist also eigentlich nichts Neues, kalter Kaffee, ein verödetes Taufbecken, ein Abklatsch wie Re-we. Akribisch durchforste ich das gesamte, von einem vertiginösen Taugenichts arrangierte Milchprodukteregal, bis ich auf ein verwaistes Schild mit der Aufschrift Ricotta stoße – hinter dem sich nicht das klitzekleinste Klümpchen Quark verbirgt. Ausverkauft? Können die den Markt komplett zerhauenden Massen an Ricotta-Freunden ihre überbordende Nachfrage denn nicht in den anderen fünf Rewe-Läden der Nachbarschaft stillen?

„Das ist nicht mein Fachgebiet“, sagt eine Angestellte, die gerade die Zahnpasten einräumt. „Und die anderen sind gerade in einer Besprechung.“

Einen Schnaps auf die Braut hätte ich gern.

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Adrian Schulz
Freier Autor
Seit 2015 bei der taz, zunächst als Praktikant, dann als freier Autor und Kolumnist (zurzeit: "Ungenießbar"). Nebenbei Masterstudium der Ästhetik in Frankfurt am Main. Schreibt über Alltag, Medien und Wirklichkeit.
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19 Kommentare

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  • In Köln gab es früher eher Stüssgen und Kontra als Rewe - jetzt alles eine Seuche. Der Kontra in der Beethovenstrasse war eher so kernig - hatte aber eine interessante Rolltreppe für Einkaufswagen und - nicht zu unterschätzen - leere Bananenkartons in Hülle und Fülle für die allfälligen Umzuüge.



    Bei Ricotta weiss ich auch keine gute Lösung, aber wer ernsthaft gutes Gemüse will, der muss ich einen Gemüsehändler suchen. Alles andere ist einige Tage älter und hat mindestens ein Lager mehr gesehen.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Vor allem die Brotabteilung sind der Horror bei Rewe. Dabei müssten die nur ihren Zulieferer wechseln.



    Aldi macht das besser. Da ist noch viel Luft nach oben.



    Rewe ist auch für sein Plastikgeschirr bekannt, dass immer noch in den Regalen liegt.



    Nachdem sie die Warenregale umgestellt haben, finde ich auch nach 1 Jahr nur schwerlich, wass ich suche. War vorher viel besser.

    Was die Fleischtheke angeht, so muss man genau hinsehen, ob da nicht schon das Steak etwas gammelig aussieht.

    Edeka ist da unschlagbar - aber auch teurer. Bezahl ich gerne!

  • Alles klar! - „Erstmal zu Penny“

    • @Rainer B.:

      Penny gehört auch zur REWE Gruppe, als die gleiche Sch...



      de.wikipedia.org/wiki/Rewe_Group

      • @Günter Witte:

        Krass! Wie man's auch macht, macht man's verkehrt.



        Was „der Markt“ hier nicht so alles regelt.

  • Kann ich alles so bestätigen. Wirkt wie eine Dystopie der städtischen Lebensmittelversorgung, die Realität wird.

    Ich wohne in der Kölner Innenstadt. In der Nähe gab's ein EDEKA mit Obst und Gemüse von guter Qualität bei guten Preisen. Ca 150 m von EDEKA entfernt ein REWE. Qualität von Obst und Gemüse eher bescheiden.

    REWE und EDEKA ko-existierten. Dann eröffneten vor zwei jahren zwei weiterer REWE nur 100 m von EDEKA entfernt. Zunächst habe ich das für unternehmenerischen Schwachsinn gehalten. Ein Jahr später hat der EDEKA aufgegeben. Und wenige Monate später wurde einer der beiden neuen REWEs wieder geschlossen. Ergebnis: Aus einem REWE und einem EDEKA wurden zwei REWE. Also doch kein wirtschaftlicher Schwachsinn, hatte mich wohl getäuscht.

    Es gibt mittlerweile kaum noch EDEKAs in Köln. Jetzt fahren wir 15 min um frisches Obst und Gemüse zu kaufen.

    • @Esel:

      soweit ich weiß, wurde der eine Edeka geschlossen, weil das Haus aufgestockt werden soll, mit Wohnungen. Dagegen spricht, dass da jetzt glaube ich ein Lidl rein kommt, aber vielleicht nur für kurz? Der andere REWE war leider ein Laden, wie ihn der Autor hier beschreibt, um den es nicht schade ist. Dagegen sind die beiden verbleibenden Geschäfte gut sortiert, mein ich. Den Edeka hätte ich aber auch gern behalten.



      Es kann eigentlich nur um die Läden gehen, die ich hier beschreibe....an einem Platz, zu dem es einen lokalen Hit gibt.

  • Sach mal so.

    “ Er ist im Grunde ein schlechterer Aldi zu höheren Preisen. Reizvolle Lebensmittel erblicke ich dort selten,“



    Die blonde Reizvolle - solche Posituren - die den Schinken mir melatenblonden immer in Wiglaf Droste Bielefeldscher Dünne schnitt:“Nö klar - kauf bei Aldi oder Netto - REWE - kann ich mir nicht leisten!“



    Allein das mit dem hauchdünnen ist mir geblieben. Die Wuchtbrumme jedoch - ist leider ausgeschieden.

    • @Lowandorder:

      Sorry - I forgot für Connaisseure -



      “ hauchdünn in bielefeld von WIGLAF DROSTE: Bei meinem jährlichen Besuch in Bielefeld schlürte ich durch die Innenstadt und landete bei „Feinkost Klötzer“, wo es jede Menge Köstlichkeiten in fester und flüssiger Form, aber auch eine irritierende Kundschaft gibt: Menschen, die ihr Leben dem Irrtum widmen, eine gut gefüllte Brieftasche verleihe ihnen den Status des Bessermenschen, der ein Anrecht auf Rundumvollbedienung habe.



      Ich betrat den Laden. In der Luft war zu viel Parfüm und noch mehr Gemeinheit. Eine ältere Schnepfe im Pelzmantel malträtierte einen jungen Mann hinter der Verkaufstheke, begehrte in schneidendem Ton dies und das, probierte mäkelig, vollführte abschätzige Handbewegungen und hielt den ganzen Laden auf. Sie gehörte ganz offenkundig zu den unglücklichen Menschen, die ihr Leben in Dünkelhaft verbringen, anderen lästig fallen, damit aber kein Mitgefühl erzeugen, weil sie sich dazu einfach zu mies benehmen.

      Die bepelzte Schnatze verlangte Schinken und teufelte auf den Verkäufer ein, er solle ihn aber so was von „hauchdünn“ schneiden. Das Wort „hauchdünn“ sprach sie affektiert aus, „haaauchdünn“, und wiederholte es immerzu: „also haaauchdünn, ja, haaauchdünn.“ Der junge Mann versicherte ihr, er schneide den Schinken so dünn es nur gehe und hielt ihr zum visuellen Beweise eine Scheibe hin. Man konnte fast hindurch gucken, aber die Schreckensgestalt kannte weder Einsehen noch Gnade und litanierte weiter: „Der Schinken ist für meinen Mann, und er will ihn haaauchdünn, also wirklich haaauchdünn.“



      Der Laden und die Ohren der Anwesenden waren mit „haaauchdünn“ bis zum Platzen gefüllt, doch sie gab keine Ruhe und haaauchdünnte weiter auf den geplagten Verkäufer ein. Als sie zum neunten oder zwölften Male ihren „Haaauchdünn“-Gesang anstimmte, konnte ich nicht mehr, trat näher und sprach sie leise, aber vernehmlich an: „Den Schinken braucht Ihr Mann sicher als Kondom, oder?“ … 😂 -

      • @Lowandorder:

        Herrlich, olle Droste.

        In solchen Läden juckt es mich immer mächtig in den Fingern etwas einzustecken.

        Und dem Rewe-Hasser sei ein Gang in einen Lidl in der Karl-Marx-Straße empfohlen.

      • @Lowandorder:

        "Ich betrat den Laden. In der Luft war zu viel Parfüm und noch mehr Gemeinheit."

        Erlauben Sie, den in die Sammlung *Denkwürdige Sätze* zu übernehmen? Mit Quellenangabe und bei abspeichern des Kontext versteht sich. Zitation ebenfals nur unter Angabe der Quelle. Was für ein Satz!

  • Möönsch... Ist ihm jemand auf den Schlips getreten? Kein Ricotta für's Brigitte-Rezept mehr im Regal? Ja, da gehen Welten unter. Habe ich ein Glück, kein Kolumnist und Berufs-Ästhet zu sein, daher plagen mich solch tiefschürfende Probleme nicht. Trauriges Geschreibsel...

  • Vielleicht sollte der Autor mal eine andere Filiale aufsuchen.

    Ich erlebe Rewe-Filialen durchweg als saubere, ordentliche Läden mit einer großen Auswahl.

    Schimmliges oder vertrocknetes Gemüse kenne ich hauptsächlich von Aldi-Geschäften. Dabei muss es dort nicht mal billiger sein.

    Der höhere Preis stimmt meistens, aber manchmal eben auch nicht.

  • Ich kaufe gern bei Rewe ein, wie auch bei Edeka. Beide haben ein gutes Bio-Sortiment und bei "meinem" Rewe gibt es alles, auch Ricotta oder Haloumi (bekanntlich ziemlich angesagt) immer in ausreichenden Mengen. Einziger Nachteil, bei Corona bilden sich oft längere Schlangen, aber das geht ja gerade zu Ende.

  • Komische Perspektive. Unser REWE hier ist ein normaler Supermarkt mit guter Auswahl, regionalen Waren und zum größten Teil sehr freundlichem Personal.



    Ich gehe da gerne einkaufen.

  • Da bin ich ganz bei Dir, Adrian. Ich möchte Kaisers wiederhaben! Im Kapitalismus sterben die besten und die schlechten überleben.

    • @Rosmarin:

      Interessant ist doch: Ausgerechnet im Neoliberalismus, der Freiheiten proklamiert und Wettbewerbe erlaubt, können Big Player ihre Konkurrenz so weit aufkaufen oder niedermachen, dass am Ende kaum Konkurrenz mehr verfügbar ist. Oligopole scheinen in Ordnung zu sein, offenbar.

      Wir haben drei große Telekommunikationsunternehmen: Vodafone, O2 und Telekom.



      Wir haben vier große Einzelhandelskonzerne: Aldi, Lidl-Schwarz, Edeka und Rewe



      Wir haben vier große Energiekonzerne: eon, ENBW, Vattenfall und RWE.



      usw.

      Immer knapp an der Schmerzgrenze, bevor das Kartellamt einschreiten muss.

    • @Rosmarin:

      "...Ich möchte Kaisers wiederhaben!..!



      Warum? War Kaisers eine biodynamische Kolchose, was war da bitte besser als bei REWE?