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Debatte um Kindergeld für EU-AusländerBigotterie der Mittelschicht

Billige Arbeit immer gerne, Sozialleistungen aber nicht: Im Streit um das Kindergeld wird eine bigotte Osteuropa-Aversion befeuert. Eklig.

Viele osteuropäische Eltern arbeiten in Deutschland, ihnen steht das Kindergeld zu Foto: dpa

Berlin taz | Wer wissen will, wie sich eine Hetzdebatte im Internet entwickeln kann, sollte sich den Streit um das Kindergeld für EU-Ausländer anschauen. Duisburgs SPD-Oberbürgermeister Sören Link warnte vor kriminellen Schleppern, die gezielt Sinti und Roma dazu anstiften würden, mit gefälschten Dokumenten Kindergeld zu ergattern. Nun fordern mehrere Politiker – darunter Ralph Brinkhaus, der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag – Kürzungen beim Kindergeld für EU-Ausländer, wenn der Nachwuchs nicht in Deutschland lebt. Von „Betrugsmaschen“, „Armutsflüchtlingen“ ist in den Medien die Rede.

Die Bigotterie der deutschen Mittelschicht ist auffällig: Wenn es um billige Pflegerinnen, um günstige Handwerker geht, dann kommen osteuropäische Arbeitskräfte gerade recht. Aber bei Sozialleistungen wird schnell Betrug unterstellt.

Die Debatte fing mit einem Fall überschaubaren Fall von Sozialmissbrauch an: In Nordrhein-Westfalen taten sich die Familienkassen mit den Meldeämtern zusammen und überprüften Kindergeldanträge in sogenannten Verdachtsfällen. In Düsseldorf und Wuppertal überprüfte man unter anderem die Anträge von EU-Ausländern, die sich in auffällig großer Zahl in bestimmten Wohneinheiten angemeldet hatten, die als „Schrottimmobilien“ bekannt waren, erklärte ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit der taz.

In 40 dieser 100 Verdachtsfälle stellten die Ermittler tatsächlich Betrugsversuche und Fälschungen von Geburtsurkunden fest- nicht ungewöhnlich für Sozialfahnder, die sich auf randständige Milieus konzentrieren. Das bedeutet aber nicht etwa eine Betrugsquote von 40 Prozent, schließlich waren die Verdachtsfälle zuvor schon keine Stichprobe gewesen, sondern gezielt ausgewählt worden, betont der Sprecher. In diesen Betrugsfällen wurde auch nicht Kindergeld für im Ausland lebenden Nachwuchs beantragt, sondern die Familien gaben an, komplett hier zu leben, nur legten sie eben teilweise gefälschte Geburtsurkunden vor, erläutert der Sprecher.

Soweit handelt es sich um möglicherweise organisierten Sozialmissbrauch, aber im kleineren Rahmen. Die bundesweite Medienhatz gegen „Kindergeld für EU-Ausländer“, die darauf folgte, hat allerdings mit der festgestellten Kriminalität aus Nordrhein-Westfalen sachlich nichts mehr zu tun.

Die bundesweite Medienhatz gegen Kindergeld für EU-Ausländer, die darauf folgte, hat allerdings mit der festgestellten Kriminalität aus Nordrhein-Westfalen sachlich nichts mehr zu tun.

Gleichzeitig nämlich veröffentlichte das Bundesfinanzministerium Zahlen über Kinder von EU-Ausländern, für die ein in Deutschland lebender Elternteil Kindergeld bezieht, obwohl der Nachwuchs im Heimatland lebt. Diese Zahl ist innerhalb eines halben Jahres um zehn Prozent auf 268.336 Kinder gestiegen, eine „Rekordzahl“ meldeten die Agenturen, so als handele es sich um ein besonderes Phänomen.

Dabei ist dank des Wirtschaftsbooms auch die Beschäftigung von EU-Ausländern in Deutschland gestiegen, die Zunahme der Kindergeld-Empfänger für den Nachwuchs im Heimatland kommt daher nicht unerwartet. Im übrigen beträgt das für diese Kinder gewährte Kindergeld nur etwa ein Prozent des gesamten Kindergeldes, das in Deutschland gezahlt wird. Und diese Zahl betrifft eben Kinder, die im Heimatland leben – darum aber ging es in den aufgedeckten Betrugsfällen in Düsseldorf und Wuppertal wiederum gar nicht.

Indexierung ist nicht EU-Recht-konform

Die aufkeimende Debatte um den angeblich massenhaften Sozialmissbrauch des deutschen Kindergelds durch Osteuropäer wurde in den Medienberichten mit einem anderen, älteren Streit vermischt: Es geht um die Frage, ob das in Deutschland gezahlte Kindergeld nicht niedriger ausfallen könnte, wenn der Nachwuchs nicht in Deutschland, sondern im Heimatland aufwächst, wo der Lebensstandard in der Regel niedriger ist. 194 Euro Kindergeld bekommt man in Deutschland für das erste Kind. Das ist viel mehr als etwa die 18 bis 43 Euro, die es in Rumänien an Kindergeld gibt.

Im Steuerrecht gibt es diese „Indexierung“ an die Lebenshaltungskosten bereits, in sogenannten Ländergruppeneinteilungen. Das heisst, wer hier lebt, aber für einen Angehörigen in Polen Unterhalt zahlen muss, kann nur etwa die Hälfte der Summe an Unterhaltskosten von der Steuer abziehen als wenn sein Ex-Partner auch in Deutschland leben würde.

Die Bundesregierung hatte schon in der vergangenen Legislaturperiode versucht, auch die Kindergeldzahlungen an die Lebensverhältnisse in den jeweiligen Ländern anzupassen. Brinkhaus erklärte am Freitag, man werde weiter daran arbeiten, die erforderliche Unterstützung für eine Indexierung zu bekommen. Es sei aber schwierig, dafür eine Mehrheit in Brüssel zu gewinnen. Die EU-Kommission ist gegen eine solche Indexierung und hält sie nicht mit EU-Recht vereinbar. Auch die Grünen sprachen sich am Freitag gegen eine Anpassung des Kindergeldes aus. Der Vorschlag sei „falsch und nach deutschem Recht kaum umsetzbar“, sagte Parteichefin Annalena Baerbock.

Eine Indexierung bedeutete letztlich eine Lohnkürzung für viele EU-Ausländer in Deutschland. „Wir haben in Europa längst einen Wettbewerb um Arbeitskräfte“, sagt Tomasz Major, Präsident der polnischen Arbeitgeberkammer, „Deutschland spielt da nicht mehr die erste Rolle. Aber das Kindergeld macht Deutschland attraktiv“. Die fast 200 Euro pro Kind wirkten wie ein Lohnzuschlag, erklärt Major. Würde man diese Summe halbieren, wäre das eine Lohnkürzung um 100 Euro. „Die deutsche Wirtschaft profitiert letztlich vom Kindergeld“, so Major, „das sollte man sich sorgfältig überlegen, ob das gut wäre, wenn man da kürzte“.

Deutsche Mittelschicht profitiert

Die deutsche Mittelschicht lebt ansonsten sehr gut vom Wohlstandsgefälle zwischen den Ländern. Pflegerinnen aus Polen versorgen Hochbetagte in Deutschland, während der eigene Nachwuchs zuhause bei der Großmutter aufwächst. In Pflegeheimen oder in der Bauwirtschaft würde der Betrieb ohne die Fachkräfte aus dem EU-Ausland zusammenbrechen. Nur in der Frage der Sozialleistungen wird das Wohlstandsgefälle zu einem Problem hochstilisiert.

Einzelfälle wie die Betrügereien in den NRW-Metropolen, die „schaden uns“, sagt eine Sprecherin des Polnischen Sozialrates, der ArbeitnehmerInnen aus Polen in Deutschland berät. „Da werden wieder alle in einen Topf geworfen, das ist ungerecht“. Die Sprecherin ist dafür, die Anträge auf Kindergeld genau zu überprüfen, um Betrüger herauszufiltern. In allen 14 regionalen Familienkassen in Deutschland sollen jetzt mehr Mitarbeiter damit beschäftigt werden, in der Zusammenarbeit mit Ordnungsämtern Betrugsfälle aufzudecken, berichtet der Sprecher der Bundesarbeitsagentur.

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58 Kommentare

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  • Aus dieser Sicht richtig. Aber die Rechtsprechung musste, mE weil Kräfte in der “EU“ dumm und faul sind, das - einfach gesagt - fin. Mindestmaß dessen ausurteilen, wovon ein Arbeitsplatz gekennzeichnet ist.



    Aus der Differenz zum, etwa, Durschnittslohn ergibt sich das Missbrauchspotenzial, denn zu dem Mindestmaß gibt es die volle Freizügigkeit. Steuereinnahmen nicht garantiert.

  • Hallo Frau Dribbusch, natürlich müssen Sie Stilmittel nutzen, aber wenigstens mich stören Ungenauigkeiten = verzerrte Sprachbilder.



    Mir sind nämlich als womöglichen Mittelschichtler, was ist schon Mitte, billige Pflegekraft-EU-Ausländer nicht willkommen, sondern anständige Menschen, von mir aus vom Mars oder der Venus, die anständig bezahlt werden.



    Ihr Mittelschichtgekloppe macht Sie, jedenfalls für mich, unglaubwürdig. Sprechen Sie mit Ihrer Kollegin Ulrike Herrmann, der Neoliberalismus und zB die unverschämten Vermögenskonzentrationen bzw die ökonomische Verfasstheit der Welt sind letztlich schuldig an dieser Debatte.



    Aus meiner Sicht beteiligen Sie sich ungewollt an der gegenseitigen Aufheizung der fin. unteren Schichten.

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Es geht nicht um den rumänischen Bauarbeiter. Lesen Sie doch mal bitte genau!



    Es geht um Rumänen, die durch. Schlepper nach D kommen, einen Minijob haben bei einer Firma, die es nur pro forma gibt, und damit Aufstockung und Kindergeld erhalten und zudem hohe Prämien an die Schlepper zahlen müssen.



    Natürlich soll jeder ausländische Arbeitnehmer, der hier regulär arbeitet, für seine Kinder Kindergeld beziehen.

  • Da ist sie wieder – die Missgunst!

    Der deutsche Mittelstand hat keinerlei Hemmungen, Menschen für sich arbeiten zu lassen – für wenig Geld, "die brauchen nicht so viel wie wir" – aber wenn diese Menschen das in Anspruch nehmen, was ihnen zusteht, wird "Betrug" gebrüllt.

    Um wie viel Geld geht es denn? Rechnen sich dafür Mehreinstellungen in den Ämtern?



    Bald haben wir mehr Kontrolleure als Einwohner, die arbeiten.

    Das ist für mich eindeutig von Missgunst getrieben, "die sollen für mich arbeiten", aber am besten kostenlos. Widerlich.

    Das "kapitalistische Gefälle" mitten in der sog. Mitte von Deutschland. Auch widerlich.

    • @Frau Kirschgrün:

      Sie reden von Mittelstand. Der Artikel spricht aber von der Mittelschicht.



      Ein entscheidender Unterschied.

      Ihr Fehler ist nicht zufällig. Er gibt vielmehr Anlass, den Artikel kritisch zu durchdenken.

      • @rero:

        @Rero und @ Gerhard Krause

        Wo ist denn bitte in punkto Missgunst aus Gründen der "Ausbeutung" von anderen Menschen da der Unterschied?

        Bitte um Info.

        • @Frau Kirschgrün:

          Hallo Frau Kirschgrün, schon weil ich, ob Oberschicht oder Mittelschicht, keinen EU-Bürger beschäftige, damit ich ihn ausbeuten kann, oder (deshalb) Freizügigkeit besteht.

          • @Gerhard Krause:

            Na, das ändert am grundsätzlichen Problem natürlich alles. Jetzt bin aber ich beruhigt…

            • @Frau Kirschgrün:

              Freut mich, dass ich helfen und der "Mittelschicht" ein anständiges Antlitz verleihen konnte.

    • @Frau Kirschgrün:

      Sie stoßen da ins falsche Horn.

  • Wer hier arbeitet und Steuern und Sozialabgaben zahlt, hat auch gleichen Anspruch auf die Leistungen, die davon hier ausgezahlt werden, punkt. Ist zumindest für die EU-Bürger so geregelt. Die Kommission hat sich da ja schon deutlich positioniert, Österreich, die schon gekürzt haben, droht ein Verfahren. Diesmal zumindest bewährt sich die EU als Hüter sozialer Standards.

  • wie immer



    alles hat zwei seiten.



    aber betrug muss man nachgehen,schon wegen der überwiegen ehrlichen.



    allerdings wäre kein kindergeld besser alles frei für kinder und jugendliche vom buch über den ausflug bis zum vereinsbeitrag

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @edmund weghofer:

      Einkommes ab h ä n g i g e Unterstützung - einerlei ob Kindergeld oder Übernahme sämtlicher notwendiger Kosten - wäre für mich die ultima ratio. Für was brauchen Millionäre Kindergeld? Zum Scheffeln??? Zum Noch-Mehr-Geld-Verschwenden???

  • Bigotterie meets double standards....

    www.bz-berlin.de/d...doppelt-kindergeld

  • Liebe Frau Dribbusch niemand will osteuropäischen Pflegerinnen das Kindergeld kürzen, aber wenn wie von Herrn Link angesprochen ganze kinderreiche Grossfamilien wegen dem Kindergeld nach Deutschland geschleust werden, darf man dies diskutieren, ohne dass Sie dies gleich als "Hetzdebatte abqualifizieren müssen.

    • @Lutz Maximilian:

      Es geht um die Relation und das beschreibt Frau Dribbusch auch sehr gut.

      Es ist eine Hetzdebatte.

    • 9G
      98589 (Profil gelöscht)
      @Lutz Maximilian:

      Das sehe ich auch so.



      Es ist an der Tagesordnung, leider bei der TAZ, nicht so genau hinzusehen sondern erst einmal die Moralkeule zu schwingen.



      Es gibt Betrug in großem Stil, auch in unserem Ländle. Deshalb müssen Lösungen her und nein, es geht nicht um die polnische Pflegekraft.

  • Kindergeld sollte nur noch ausgezahlt werden, wenn die Kinder auch am Arbeitsort wohnen. Warum sollten die Münchner Kinder in Hintertupfingen oder auf Helgoland finanzieren?

    • @Rudolf Fissner:

      Komisch, sonst sind Sie immer für weltumspannende Gerechtigkeit und Ausgleich...

      • @agerwiese:

        Sie sollten den Beitrag nicht so verbissen sehen. Doofe satirische Fragen sollte man nicht ernsthaft beantworten wollen.

    • @Rudolf Fissner:

      Und wenn die Tochter der Münchner Familie in Hamburg studiert oder der Sohn eine Ausbildung in Hintertupfingen macht, dann gibt es kein Kindergeld? Was soll das?

      • @vulkansturm:

        Fragen Sie die taz oder die Mittelschicht ;-) ich hab keinen Plan wies solcherlei Konstruktionen debatiert werden.

  • Und? Wollen Sie hier im Wettrennen gruppenspezifischer Vorurteile noch einen oben drauf setzen?

    „83 Prozent der Deutschen gegen Kindergeld-Zahlungen ins EU-Ausland“ steht dort als Titel des Links. Da sehn wer mal wie gutt fett die „Mittelschicht“ in Deutschland vertreten ist. Zählen wir noch mal die 10 Suppreiche hinzu dann kommen wir auf sensationelle niedrige 7% Unterschichtengedöns.

    • @Rudolf Fissner:

      Nee, dass soll bloß Ihrem Rumgemeckere an einer bestimmten Partei und einer bestimmten Frau einen Kontrapunkt setzen, der beweist, dass (fast) jeder sich "xenophob" stimulieren lässt - man muss nur entsprechende Knöpfe finden.

      • @agerwiese:

        Dann setzen Sie doch bitte sinnvolle Kontrapunkte. Der Begriff Mittelschicht hat nüscht mit einer betimmten Partei zu tun.

  • Hoffentlich ist das Sommerloch bald vorbei, es ist widerlich.



    Wer hier arbeitet hat einen Anspruch auf Kindergeld, punkt. Und was man damit macht, ist ja wohl privatsache. Oder wie ist das? Finden wir den Rumänen, der das Kindergeld in eine ordentliche deutsche spielhölle bringt oder an einer ordentlichen deutschen Bude versäuft, geiler?

    Und an das Land anpassen in dem die Kinder leben? Also ich habe kein Interesse daran, Aufenthalte in ausländischen internaten mit höherem Kindergeld zu subventionieren.....

    Und es werden ständig Sachverhalte vermischt. Betrug gibt es kaum bei den Kindergeld für Kinder im Ausland, sondern es werden Kinder erfunden, die angeblich in Deutschland leben. Da hilft es kaum, das Geld für Kinder im Ausland zu kürzen.

    • @siri nihil:

      Wahrscheinlich ist es den ganzen Gegnern des Kindergeldes für Kinder im Ausland lieber, dass die Kinder auch nach D kommen ;-) Hier in den Kindergarten, die Schule gehen und um Arbeitsplätze "konkurrieren" - mit ihren eigenen, "guten", deutschen Kindern...

  • Eklig, wie wahr. Der Neid auf die Schwächeren, das ist wirklich so erbärmlich. Und leider so deutsch. Dass es ganz einfach geltendes Recht ist wenn hier Steuern zahlende Arbeitnehmer auch für ihre im Ausland lebenden Kinder Kindergeld bekommen wird völlig ignoriert. Der Kern ist leider mal wieder ein rassistischer. Wo sonst ist der Unterschied zu einem deutschen Steuerzahler der für sein im Ausland studierendes Kind auch weiterhin Kindergeld bezieht? Beim rumänischen Bauarbeiter nennt man es Missbrauch, sich selbst wähnt man in Notwehr und in tapferem Kampf um das was einem zusteht. Was wäre eigentlich wenn der Rumäne Frau und Kinder zu sich nach Deutschland nachholt? Besser?

    • @Benedikt Bräutigam:

      "Der Neid auf die Schwächeren, das ist wirklich so erbärmlich. Und leider so deutsch."

      Wieso "Neid auf die Schwächeren"? Kindergeld bekommt jeder - ob arbeitender Millionär oder Niedriglohnempfänger. Ich weiß nicht, ob Kritik an der Ausnutzung Sozialstaats "so deutsch" ist. Fakt ist doch, dass das Kindergeld in Deutschland für viele Eu-Bürger höher als der Lohn ist, den sie für Arbeit in ihrem Land bekämen. Insofern muss es schon erlaubt sein zu hinterfragen, ob es der Sinn des deutschen Kindergeldsystems ist, EU-Bürger, deren Kinder DAUERHAFT nicht dort leben, wo ihre Eltern arbeiten, zu finanzieren. Warum leben die Kinder nicht in Deutschland?

      • @Nicky Arnstein:

        Weil die meisten EU-Bürger_innen aus Osteuropa eigentlich auch lieber in ihrer Heimat leben und arbeiten würden. Sie kommen aus Armut hierher bzw. wegen des Geldverdienens, was in Osteuropa nur noch sehr schwer möglich ist.

        Wenn meine Kinder dauerhaft in Spanien oder den Niederlanden studieren, bekomme ich auch Kindergeld.

        Deutschland ist übrigens nicht mehr Nummer eins für osteuropäische Saisonarbeiter. Die reisen jetzt auch gerne weiter nach Belgien oder Holland - da ist der Mindestlohn höher.

        • @Hanne:

          ... und auch das Kindergeld! Und was im Ausland studierende Kinder von in Deutschland lebende Eltern (sind übrigens auch Ausländer dabei) mit dem Thema zu tun haben, ist nur den Verneblern bewusst: nämlich nichts. Ob und wo ein Kind studiert oder im Kindergarten ist, betrifft nicht die Indexierung. Und noch was zum Artikel. Der besagt, erstens Probleme werden relativiert und schon sind 340 000 000 Euro in Relation zu den 39 Milliarden nur noch Peanuts. Zweitens Kindergeld um billige Löhne für die Wirtschaft (ja, auch die Schattenwirtschaft) zu erhalten und damit fairer bezahlte Jobs für in Deutschland Arbeitslose zu vermeiden, denen das relativ geringere Kindergeld noch abgezogen wird. Wer so wie die Autorin argumentiert kippt Öl in jede Hetzdebatte. Ist die TAZ jetzt tatsächlich bei den kapitalistischen Establishment-Medien angekommen aus lauter Übermoral und „am deutschen Wesen soll die Welt genesen“-Übermut?

        • @Hanne:

          Sie kriegen Ihr Kindergeld aber vom deutschen Staat für Ihre Kinder, die in Spanien studieren, nicht vom Spanischen....

  • Ob da wirklich viel von diesem "Lohnzuschuss" übrig bleibt, wenn man nicht nur für den Lebensunterhalt der Kinder sorgen muss, sondern die Großeltern, die die Kinder versorgen auch noch finanziell unterstützt werden müssen? Um den Kontakt zu den Kindern nicht zu verlieren hat man dazu noch jede Menge Reisekosten. Diese Neiddebatte um vermeintliche Vorteile ist an Widerlichkeit kaum zu übertreffen. Das Wohlstandsgefälle wird gerne ausgenutzt, wenn es darum geht, eine billige Pflegekraft zu finden, die den dementen Opa für wenig Geld rund um die Uhr betreut, aber man gönnt ihr diesen vermeintlichen finanziellen Vorteil nicht, der durch die Trennung von den Kindern eh teuer erkauft ist.

  • Ich möchte den Ausdruck "festgestellte Kriminalität aus Nordrhein-Westfalen" viel öfter angewendet sehen, bitte.

    Davon abgesehen ist es völlig richtig, diese Entwicklung - auf Basis der Ergebnisse anlass- bzw. verdachtsbezogener Stichproben Rückschlüsse auf eine gesamte Population zu ziehen und Maßnahmen zu Ungunsten dieser Gesamtproduktion zu fordern - deutlich anzuprangern.

  • Das AfD-Thema "Kindergeld für EU-Ausländer" hat zwar wahrscheinlich erst 1/5 der "Mittelschicht" irgendwie wahrgenommen und die allermeisten nicht mal interessiert aber Frau Dribbusch kann schon gruppenspezifische Aussagen treffen.

    Wen das mal kein Klassiker ist.

    Habe den Eindruck dass aktuell "lustige" Strategien gefahren werden Vorurteile mit Vorurteilen zu bekämpfen. Ein "Do it like Seehofer" auf tazisch? Die Gewinner kennt man ja.

    • @Rudolf Fissner:

      "Das AfD-Thema "Kindergeld für EU-Ausländer""

      Mann! Ist es in Deutschland nicht mehr möglich, auf irgendwelche Schieflagen und Tatsachen in Deutschland hinzuweisen, ohne dass ein Bezug zur AfD hergestellt wird? Jeden als AfD-Wähler, Nazi oder Rechten hinzustellen, der diese Praktiken kritisiert, ist billig und kontraproduktiv. Man muss nicht alles abnicken.

      • @Nicky Arnstein:

        Nein, ist es nicht, spätestens seit die Presse meint, durch Demagogie einer möglichen Demagogie entgegenwirken zu müssen. Da scheut man sich auch nicht mal in der Linkspresse sinngemäß von Peanuts wie einst Breuer von der Deutschen Bank und von Subventionen für den Erhalt von unfair bezahlten Arbeitsplätzen wie einst die Neoliberalen in der Standortdebatte der Schröder-Ära zu schreiben. Sachlichkeit ist dem Zeitgeist auf allen Seiten nicht zuträglich.

      • @Nicky Arnstein:

        Müssen Sie schon wieder die AfD in den Vordergrund drängeln. von ihr war doch gar nicht die Rede. Nivht mal deren Lieblingsthema habe ich aufgegriffen.

    • @Rudolf Fissner:

      www.welt.de/politi...im-EU-Ausland.html

      auch 2/3 der Grünen...

      • @agerwiese:

        ... der niedrigste von allen im Bundestag vertretenden Parteien. Aber was wollen Sie damit aussagen? Dass bei den Grünen-Wählern der geringste Anteil von Menschen aus der Mittelschicht ist?

  • "Die fast 200 Euro pro Kind wirkten wie ein Lohnzuschlag, erklärt Major. Würde man diese Summe halbieren, wäre das eine Lohnkürzung um 100 Euro. 'Die deutsche Wirtschaft profitiert letztlich vom Kindergeld', so Major, 'das sollte man sich sorgfältig überlegen, ob das gut wäre, wenn man da kürzte'“.

    Kurzum ist das Kindergeld nix anderes als eine weitere Möglichkeit des Staates, Steuergelder aus allen Schichten ausschließlich den Arbeitgebern zukommen zu lassen, damit diese den Lohn drücken können.



    Abschaffen, den Mist. Es ist ein legitimes Recht einer Gemeinschaft, sofern erwünscht, Kinder zu subventionieren. Imo ist es nicht notwendig, dass Kinder, egal, wie sie erzogen werden, durch die Eltern zu subventionieren. Der Staat verzichtet auf jedwede Kontrollmöglichkeit (auch bei hier lebenden Kindern autochthoner Menschen) das Kindeswohl auch zu untersuchen.

    Kindergeld und -freibeträge in der Form, wie sie heute bereitgestellt werden, sind imo nicht zielführend.

  • Ich denke, die Kommentare sprechen für sich: Abwertung bis Diskriminierung, ersetzt den Dialog.

    Dass sie oder er dabei auch noch behinderte Kinder mit diskriminiert, stösst mir als behinderte Frau besonders übel auf!

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Wer ist "die Mittelschicht", Frau Dribbusch? Gehören Sie nicht auch dazu?

    Billige Arbeitskräfte sind seit jeher nur im Interesse der Arbeitgeber, weswegen die sich auch für eine möglichst ungehinderte Migration stark machen.

    Für Arbeitnehmer verschärft dies die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt und schwächt ihre Position in den Arbeitskämpfen um angemessen Löhne und Gehälter.

    Wenn, dann handelt es sich allenfalls um Bigotterie des kapitalistischen Systems.

    Naja, und der Terminus "Einzelfälle" wird heute ja immer gezückt, sobald es sich um Fehlverhalten Nichtdeutscher in Deutschland handelt.

  • 9G
    99337 (Profil gelöscht)

    "Bigotterie der Mittelschicht"

    Huch..., hat die taz den guten alten Klassenkampf wiederendeckt?

    Klassenverständigung wäre mir persönlich zwar lieber, aber wenn schon knackig formulierter Journalismus, dann für mich als armen, alten weißen Mann doch lieber so wie hier, als wie in Weiße-Alte-Männer-Artikeln, in denen mir noch Privilegierte vorwerfen, dass ich ja immerhin privilegierter bin als Menschen, die aus verschiedenen Gründen noch beschissener dran sind.

    Auch dieser kurze Satz hier, macht gruppenübergreifend viel her: "Aber bei Sozialleistungen wird schnell Betrug unterstellt."

    Da lasse zumindest ich persönlich mich auch gleich viel besser auf die eigentliche Grundthematik des Artikels ein.

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @99337 (Profil gelöscht):

      "Klassenverständigung"? Wenn es das gäbe, gäbe es keine Klassen mehr.

  • Kommentar entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Moderation

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Karavanserai:

      Der persönliche Literatur-Tipp des Tages:

      Arthur Schopenhauer, Die Kunst zu beleidigen oder ein kleines Brevier sprachlicher Grobheiten. Verlag C.H. Beck.

      Hieraus ganz exklusiv: "Keine Rose ohne Dornen.- Aber manche Dornen ohne Rosen."

      Immer wieder gerne.

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Offtopic, aber informativ: Rosen haben Stacheln, keine Dornen. Dornen sind ein Fortsatz des Triebes und fest verwachsen, Stacheln sind eine evolutionäre Entwicklung des Blattes und lassen sich vom Trieb ablösen.



        Danke übrigens für den Hinweis auf Schopenhauers Werk.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Hampelstielz:

          Danke für den Hinweis aus der Biologie. Ich habe Schopenhauer ungeprüft zitiert. Für Schöngeister wie Querdenker ist er - trotz offenbar kleinerer Ungenauigkeiten - ein Quell steter Erkenntnis.

  • Kann man die Leute nicht einfach vernünftig für ihre doch recht harte Arbeit entlohnen?



    Die meisten, wie im Artikel erwähnten Osteuropäer, arbeiten unter Mindestlohn und werden ausgebeutet.



    Dass aber offensichtlicher Sozialbetrug schöngeredet wird, ist vollkommen unverständlich. Vernünftige Entlohnung für jeden, der diese Jobs macht. Und diese Praxis, für Kinder, die nicht hier sind, Kindergeld abzuzocken, unterbinden.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Kritik?

  • "Sozialmissbrauch des deutschen Kindergelds durch Osteuropäer"

    Von Estland bis Bulgarien sind es etwa 2.500 km, von der rumänischen Schwarzmeerküste bis Prag etwa 1.500 km. Nur dass man zufälligerweise für paar Dekaden, bedingt durch den diesmal wirklich deutschen Krieg, auf der "schlechteren" Seite der neuen imperialen Grenze gelandet ist, entschuldigt nicht den Mangel an Differenzierung.

  • Wie wäre es denn, einfach die Arbeit in diesen Branchen vernünftig zu entlohnen. Offensichtlichen Sozialbetrug (Kindergeld für Kinder die garnicht hier leben) schönzureden - und dabei auszublenden, dass die im Artikel erwähnten Osteuropäer nur so gerne gesehen sind, weil sie oftmals unter Mindestlohn arbeiten und ausgebeutet werden - ist mMn vollkommen daneben. Vernünftige Entlohnung für diese Arbeiten, für jeden der in diesen Branchen arbeitet. Und solcherlei Betrügereien unterbinden.

    • @MichaGo:

      Ein Betrug ist, wenn es die Kinder gar nicht gibt.



      Ansonsten ist das genauso gewollt und wird auch genauso gemacht wie gewollt.

  • Es ist nicht schwer, meine Kritik zu verstehen. Dazu braucht es keine mittlere Reife.

    • @Karavanserai:

      Ah, Abwerten des Gegenübers als Masche, verstehe.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Haben Sie überhaupt den Artikel gelesen - oder nur reflexartig wie der Pavlov'sche Hund reagiert?

    Wie wäre es mal zur Abwechslung mit inhaltsbezogenen Argumenten statt populistischer Journalistenschelte?

  • Die Medien werfen, wie so oft, ein nicht recherchiertes Thema wie einen Brocken dem Volk vor die Füße. Wenn dann dumme Fragen kommen, dann wird es verunglimpft. Warum nicht als Journalist erst mal seinen Job machen und Themen recherchieren, bevor man veröffentlicht?