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Das Ende des FrauenministeriumsFrauen nicht mehr mitgedacht

Patricia Hecht
Kommentar von Patricia Hecht

Merz legt das Bildungsministerium mit dem Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zusammen. Für die Frauenrechte verheißt das nichts Gutes.

Zukünftiger Kanzler mit zukünftiger Ministerin: Friedrich Merz und Karin Prien bei einer Sitzung der CDU Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

S tillschweigend und wie nebenbei schuf die neue schwarz-rote Koalition Fakten. Ganz hinten im Koalitionsvertrag unter der Überschrift „Ressortverteilung“ wurden vor wenigen Wochen das Ministerium für Bildung und das für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nicht mehr getrennt aufgelistet, sondern in einem Atemzug genannt – fusioniert, auf Drängen des künftigen Kanzlers Friedrich Merz.

Öffentlich debattiert wurde das nicht – im Gegensatz etwa zur Frage, ob das Entwicklungsministerium abgeschafft werden sollte. Konsequenzen hat die Fusion aber in jedem Fall. Dabei mag sie mit Blick auf Kitas und Schulen, die künftig in einem Haus stattfinden, sinnvoll erscheinen.

Besorgniserregend hingegen ist die Zusammenlegung der Häuser in Bezug auf den Stellenwert von Frauen. Seit 1986 sind Frauen überhaupt erst namentlich im Ministerium vertreten – zuvor ging es schlicht um Familie, weil Frauen ohne Familie wohl undenkbar waren. Nun zeichnet sich ab, dass beide künftig höchstens noch mitgemeint sind: Im „Bildungsministerium“, wie zur Vorstellung der Uni­ons­mi­nis­terIn­nen Medien von Tagesschau bis Bild schrieben, müssen Frauen schauen, wo sie bleiben.

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Wenig ist bisher bekannt über das Verhältnis der designierten Ministerin Karin Prien zur Geschlechterpolitik. Die Unionsquote hat sie mitverhandelt, Gendern an Schulen verboten. Was sie mitbringt, ist Bildungsexpertise – und wenn sie vorstellt, was sie sonst vorhat im neuen großen Haus, klingt das so: Es solle ein „Gesellschaftsministerium“ sein, „in dem alle Themen rund um gesellschaftlichen Zusammenhalt, Generationengerechtigkeit und Demokratiebildung angesiedelt sind.“ Ambitionen in Bezug auf Frauen lassen sich daraus nicht herauslesen – ebenso wenig im Koalitionsvertrag, den Prien für Bildung mitverhandelte.

Zeitgemäß wäre ohnehin, wenn Geschlechterpolitik Querschnittsaufgabe aller Ressorts wäre. Darauf zu hoffen, ist derzeit aber noch utopischer, als zu erwarten, dass Prien die Frauen berücksichtigt.

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Patricia Hecht
Redakteurin Inland
war Chefin vom Dienst in der Berlinredaktion, hat die Seite Eins gemacht und arbeitet jetzt als Redakteurin für Geschlechterpolitik im Inland. 2019 erschien von ihr (mit M. Gürgen, S. am Orde, C. Jakob und N. Horaczek) "Angriff auf Europa - die Internationale des Rechtspopulismus" im Ch. Links Verlag. Im März 2022 erschien mit Gesine Agena und Dinah Riese "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.
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22 Kommentare

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  • Frau Prien hat als Bildungsministerin in Schleswig-Holstein nur eines Vorzuweisen - sie ist aufgrund ihrer erfolglosen Bildungspolitik dauerhaft im Gespräch geblieben. Zu große Schulklassen, übermäßig viel Unterrichtsausfall, zu wenig Lehrkräfte,



    zuviele Schulabgänger ohne Schulabschluss, zuviel " Raucher Ton " an den Schulen. So Bildungspolitiker Martin Habersaat, im NDR Interview vom 25.04.2025



    Somit auf zu neuen Ufern, Frau Prien hat also alle Voraussetzungen, die Politiker bei der CDU mitbringen müssen um für ein Ministerium als für geeignet und qualifiziert zu gelten... 🤑

    • @Alex_der_Wunderer:

      Schonn - aber Nordlicht schlägt immer noch



      Grablampe🏮• aber locker! Wollnichwoll 🙀😜

  • Es kann alles nur besser als unter Frau Paus werden, die mit ihrem "Gesellschaftsministerium" völlig überfordert war und auch Anne Spiegel machte keine gute Figur in diesem Amt !

  • Nach der Leistung der derzeitigen Amtsinhaberin ist eine Ressortzusammelegung nicht die schlechteste Entscheidung. In dem Zusammenhang hätte man den Titel "Frauen" gleich in "Gleichberechtigung" umbenennen sollen.

    Insgesamt geht das alles eher weg vom Aktivismus, hin zur Sachlichkeit.

  • Noch nicht mal in Amt und Würden, aber jetzt geht schon alles den Bach runter.. mist

  • Ich würde sagen, das bedeutet nicht nur für Frauenrechte nichts Gutes.

  • Es ist doch nur der Gerhard-Schrödersche Weg zuendegegangen und -gedacht worden:

    Was Schröder schon damals in der Logik des alten, weißen Mannes sagte:



    "na, hier, Ministerium für Frauen und Gedöns"



    ist endlich unter Merz schön zusammengefasst worden.



    Man hätte im Grunde noch den Osten und LBGTQ (also "Schwule und Gedöns") dazu packen können.

    Der Rest ist dann in den "richtigen" Ministerien untergebracht.

  • Der Punkt ist wohl, Gleichberechtigung auch durchzusetzen, sei es nach Geschlecht, sexueller Orientierung, Hintergrund welcher Art auch immer.



    Es wird auch für 'weiße' beeinträchtigungsarme Oberschichtskinder wohl ein letztlich besseres Gefühl sein, wenn es vielleicht auch ein wenig eigene Leistung war, was sie auf den Posten brachte, nicht nur der Geburtskanal.



    Sich dabei nicht vom Kapital gegeneinander ausspielen lassen, dass am Ende alle immer länger und mehr arbeiten für einen immer kleineren Teil vom Kuchen; das ist ein verwandter und wichtiger Punkt.



    Wie das Ministerium dann heißt, ist nicht so zentral: Gleiche Rechte in der Realität ist eine Aufgabe für alle Stellen.

  • "Seit 1986 sind Frauen überhaupt erst namentlich im Ministerium vertreten – zuvor ging es schlicht um Familie, weil Frauen ohne Familie wohl undenkbar waren."



    Mich würde interessieren seit wann Männer namentlich im Ministerium vertreten sind?



    Gar nicht?



    Weder 1986 noch heute?



    Potzblitz, ein Skandal 😠



    Ich finde es ein Skandal das es überhaupt ein Familienministerium gab. Menschen universell, egal welchen Alters oder Geschlecht und unabhängig von ihrer persönlichen Konstellation sollten im Fokus stehen.



    Das bewusste Hervorheben von Frauen ist ebenso falsch wie die mittlerweile zum Glück überholte Auffassung, dass Familien aus Mutter-Vater-Kind bestehen müssen und Gleichgeschlechtliche, co parents oder Patchwork keine Modelle wären.

  • Nerv lass nach. Das links-grüne Milieu übt sich in Vorverurteilung und Symbolinterpretation. Sehen wir doch erst einmal was dann wirklich gemacht wird. Ursula von der Leyen hat in Ihrer Amtszeit ganz gegen die Erwartungen viel für die Frauen erreicht...



    Das Milieu aus der Berliner Politikblase sieht sich massiv bedroht in seiner gewachsenen kulturellen Dominanz und schreit Feuer und Mordrio anstatt sich inhaltlich mit dem jetzt konservativeren noch nicht Mainstream auseinanderzusetzen.

    • @Eckhard Hanseat52:

      Hat vdL das?



      Ernst gemeinte Frage.

      • @Genosse Luzifer:

        Klar vdL hat sich die Haare abschneiden lassen 😉

  • Schade, dass die einzige kompetente Person im CDU-Tableau hier versucht wird zu verreissen. Über die Bedeutsamkeit des bisherigen BMFSFJ über Symbolpolitik hinaus, kann man ohnehin streiten. Wenn es nun gelingen sollte, dem Haus über die Bildung mehr Bedeutung zu geben UND zugleich die Themen Frauen, Familie, Jugend, Senioren (!) nicht aus den Augen zu verlieren, dann hätte Deutschland etwas gewonnen. Bei Merz ist Skepsis mehr als angebracht. Dass er gerade Frau Prien dort zur Ministerin macht, stimmt hoffnungsvoll.



    Nach langer Zeit wieder eine kompetente Hausleitung.

  • Warum eigentlich so negativ? Wie wird den in 4 Jahren die Einschätzung ausfallen, wenn die AFD bei 35% steht?

    • @Dr. Idiotas:

      Ho idios der Handwerker oder der Privatmann



      Der mühelos 🍎 🍏🍎 mit schwarz◾️🍐🍐🍐 verbinden & vergleichen kann - 🙀🥳😜 -

  • Herrlich. Danke fürs Fotto

    Nordlicht trifft - 🫵Sauerländisch🏮licht - 🙀🥳

    Na Mahlzeit - nehme Wetten an!

  • Familien ohne Frauen sind also undenkbar. Was sind das für verkrustete Ansichten. Auch zwei Männer mit Kindern sind eine Famile. Nennt man Regebogenfamilie.

    • @Martin Sauer:

      ...dann strebt einer der Männer bestimmt auch fix ein Ministeramt an...

  • In Anlehnung an das Zitat von Altkanzler Gerhard Schröder ist Frau Prien zuständig für Bildung "und das ganze andere Gedöns".



    Alles außer Männer halt.

  • Ich finde ja, dieses Foto sagt alles über Merzens Einstellung zu Frauenrechten aus.

    • @Minelle:

      Ich finde, es sagt viel über Sie aus, wenn Sie anhand eine Fotos auf Einstellungen von Menschen schließen.



      Sorry, aber kann man die neu Regierung nicht mal 100 Tage ihre Arbeit machen lassen und dann ein erstes Urteil fällen? Man hat das Gefühl dass für manche gerade die Welt untergeht....

      • @Bommel:

        Weder Merz noch die CDU sind diesbezüglich ein unbeschriebenes Blatt. Und was miese Charaktere in 100 Tagen so anrichten können, sehen wie in den USA. Jahrgang 64 kenne ich die CDU nicht anders als fortschrittsfeindlich, frauenfeindlich, fremdenfeindlich und zutiefst korrupt. Diese Regierung wird Deutschland rückwärts führen und die wahren Probleme in bewährter Manier einfach aussitzen.