DGB kritisiert Boni-Verbot: Kotau vor den Konzernen
Die DGB-Chefin kritisiert das staatliche Boni-Verbot für subventionierte Unternehmen – ein verblüffendes Rollenverständnis einer Gewerkschaftschefin.
D er Staat tut viel für die deutsche Industrie. Der Energiepreisdeckel der Ampel wird Firmen und Konzerne vor explodierenden Preisen für Gas und Strom schützen. Dieser Doppel-Wumms wird für Staat und SteuerzahlerInnen ziemlich teuer. Die Ampel plant für nächstes Jahr 49 Milliarden Euro ein, damit der Wirtschaft weiter billige Energie zur Verfügung steht. Das sieht man in der EU genauso skeptisch wie den ewigen bundesdeutschen Exportüberschuss, der mit dieser Subvention für Chemie- und Metallindustrie wohl auch gerettet wird.
Die Ampel fördert die Industrie mit der Gießkanne. Dafür hat sie sich immerhin zu zwei Auflagen durchgerungen. Firmen, die mindestens 25 Millionen Euro Staatsgeld bekommen, dürfen an Manager nur bereits vereinbarte Boni ausschütten – und wer 50 Millionen Euro und mehr bekommt, darf keine Dividenden an Aktionäre zahlen. Beides sei Ausfluss einer „kapitalismuskritischen Grundsatzdebatte“, die „effektives Handeln in der Realität“ verhindere. Vom Staat subventionierte Unternehmen müssten ihren Aktionären weiter Dividenden zahlen können. Die Ampel habe „die normalen Mechanismen der Marktwirtschaft“ nicht begriffen. Jetzt drohe die Deindustrialisierung Deuschlands.
Diese Einsicht in die eiserne Logik des Kapitalismus verdanken wir nicht dem BDI oder Arbeitergeberfunktionären. Sie stammt von DGB-Chefin Yasmin Fahimi, die früher mal SPD-Generalsekretärin war. Verblüffend ist auch die Vorstellung von Marktwirtschaft, die offenbar in der neuen DGB-Führungsetage herrscht. Marktwirtschaft ist demzufolge, wenn die SteuerzahlerInnen dafür sorgen, dass die Aktionäre von BASF, Merck oder VW weiter Dividenden bekommen. Und die Manager ihre Boni. Also eine Umverteilung von unten nach oben.
Nötig sind selbstbewusste Gewerkschaften
Dass die oberste deutsche Gewerkschafterin die Regierung auffordert, bitte die Fehler, die bei der überstürzten Bankenrettung gemacht wurden, zu wiederholen, ist erstaunlich. Chemie- und Metallindustrie werden nicht bankrottgehen oder abwandern, weil sie (für ein Jahr) keine Dividenden ausschütten dürfen.
Der bundesdeutsche Korporatismus ist besser als sein Ruf. Die Zusammenarbeit von Gewerkschaften, Arbeitgebern und Staat wird nötig sein, um den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft zu managen – ein gigantisches Projekt, das viele Gewinner und viele Verlierer produzieren wird. Dafür braucht man selbstbewusste, konfliktfähige Gewerkschaften – als kooperativen Gegenpart der Unternehmen. Eine DGB-Chefin, die sich blindlings den Interessen von Konzernen unterordnet, braucht man nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“