piwik no script img

Coronamaßnahmen in den LändernBleib doch zu Hause!

Reisen, Partys feiern oder Oma auf Sylt besuchen – die schönen Dinge des Lebens werden im Coronaherbst immer komplizierter. Die taz klärt auf.

Ein Strandbesuch auf Sylt? Könnte kompliziert werden. Das Bundesland hat Quarantäne angeordnet Foto: Dorothea Schmid/laif

1. Alles reden darüber: aber was ist überhaupt ein Risikogebiet?

Als Grundlage für die Einstufung zum Risikogebiet dient die 7-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen. Überschreitet ein Landkreis den Wert von 50, verzeichnet er also mehr als 50 Coronafälle pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche, gilt er laut Robert-Koch-Institut (RKI) als Risikogebiet. Auf Grundlage dieser Schwelle stuft die Bundesregierung auch Risikogebiete im Ausland ein. In Deutschland haben Bund und Länder vereinbart, dass ab dieser Marke in „besonders betroffenen Gebieten“ örtliche Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Der Schwellenwert 50 ist dabei relativ willkürlich gewählt, weshalb sich mittlerweile die Stimmen mehren, angesichts steigender Testkapazitäten einen neuen Corona-Bezugswert zu bestimmen.

2. Welche Regionen in Deutschland zählen aktuell zu den Risikogebieten?

Am Mittwoch zählte das RKI bundesweit 2.828 neue Covid-19-Infektionen gegenüber dem Vortag – das ist die höchste Zahl erfasster Neuinfektionen seit der zweiten Aprilhälfte. Derzeit liege die Zahl der Neuinfektionen binnen sieben Tagen je 100.000 Einwohner in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Hessen deutlich über, in Berlin und Bremen sehr deutlich über dem bundesweiten Durchschnittswert, so das RKI.

Acht Kommunen lagen am Mittwoch deutlich über dem Schwellenwert von 50 Infizierten und gelten damit als Risikogebiete: Neben den vier Berliner Bezirken Neukölln (hier ist der Wert mit 87 am höchsten), Mitte, Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg gehören Bremen, der niedersächsische Landkreis Vechta sowie die Städte Hamm und Remscheid dazu.

3. Mal angenommen, ich wohne in Berlin-Neukölln: Kann ich deutschlandweit weiterhin überall hinreisen?

Im Prinzip schon, wenn ich allerdings ein Ferienhaus auf Sylt oder in der Eifel habe, wird es schwieriger. Denn angesichts steigender Infektionszahlen haben die Länder Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz Quarantänebeschränkungen für Einreisende aus Risikogebieten verhängt. Am Mittwochnachmittag wurde zwar bekannt, dass Schleswig-Holstein die Einreiseregeln wieder lockern wird. Wie genau, blieb jedoch zunächst offen. Andere Länder weisen bislang gar keine inländischen Gebiete mit höherem Risiko für Ansteckungen aus.

4. Was sind die genauen Quarantänebestimmungen in den beiden Ländern?

Dort gilt bis Redaktionsschluss das, was auch sonst für Einreisen aus ausländischen Risikogebieten gilt: „Unverzüglich nach der Einreise“ muss ich mich in eine zweiwöchige Quarantäne begeben und das örtliche Gesundheitsamt informieren, wie es etwa auf der Seite der Landesregierung von Schleswig-Holstein heißt. Durch ein negatives Testergebnis kann die Quarantäne verkürzt werden. Das Ganze gilt übrigens auch, wenn ich als Kieler oder Mainzer von einem Wochenendtrip aus Berlin zurückkomme. Nach letzten Informationen wollen etliche Bundesländer künftig negative Corona-Tests von Urlaubern aus innerdeutschen Risikogebieten verlangen.

5. Gibt es Ausnahmen?

Durchquere ich eines der beiden Länder nur mit dem Auto oder dem Zug, gilt die Quarantänepflicht natürlich nicht. Auch eine Pinkelpause auf dem Rastplatz ist kein Problem. Überhaupt gilt die Regelung in Rheinland-Pfalz nur für jene aus innerdeutschen Risikogebieten, die sich länger als 24 Stunden in dem Land aufhalten. In Schleswig-Holstein kann man sogar 48 Stunden ohne Quarantäne verweilen. Auch für Personen, die Güter transportieren oder für Abgeordnete gelten Ausnahmen.

6. In den anderen Bundesländern ist ein Urlaub also problemlos möglich?

Auch wenn es keine Quarantänepflicht gibt, heißt das nicht, dass ein Urlaub in den übrigen Ländern ohne Weiteres möglich ist. So wurde in einer Videokonferenz der Staatskanzleichefs mit Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) am Mittwochnachmittag ein generelles Beherbergungsverbot für Reisende aus innerdeutschen Risikogebieten beschlossen. Als Neuköllner in Hamburg ein Hotelzimmer zu nehmen, wäre demnach nicht mehr erlaubt.

7. Welche Strafen können drohen?

Begibt man sich nach Ein- oder Rückreise aus einem Risikogebiet nicht auf direktem Weg nach Hause oder in eine andere geeignete Unterkunft, drohen in Schleswig-Holstein bis zu 3.000 Euro Bußgeld. Bis zu 5.000 Euro könnten sogar fällig werden, wenn ich trotz der Quarantänebestimmungen nach der Ein- oder Rückreise aus einem Risikogebiet Besuch empfange.

8. Und was bedeutet das für Feiern? Ich habe eine Geburtstagsparty geplant, wie viele Gäste darf ich einladen?

Vor einer Woche erst haben sich Bund und Länder auf ein Zwei-Stufen-Modell bei Privatfeiern geeinigt. Wenn in einem Landkreis binnen sieben Tagen mehr als 35 Infektionen pro 100.000 Einwohner auftreten, soll die Teilnehmerzahl auf 50 Personen bei Feiern in öffentlichen oder angemieteten Räumen begrenzt werden. In privaten Räumlichkeiten gilt eine Obergrenze von 25 Personen – dies gilt aber nur als Empfehlung.

Als Neuköllner kann ich in öffentlichen oder angemieteten Räumen mit maximal 25 Menschen feiern, in Privaträumen sogar nur zu zehnt. Liegt die 7-Tage-Inzidenz unter 35 Infektionen, gelten in den Ländern unterschiedliche Regelungen – in Bayern dürfen etwa bis zu 100 Menschen in geschlossenen Räumen zusammenkommen, in Nordrhein-Westfalen sind es 150.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Zitat: „... soll die Teilnehmerzahl auf 50 Personen bei Feiern in öffentlichen oder angemieteten Räumen begrenzt werden. In privaten Räumlichkeiten gilt eine Obergrenze von 25 Personen...“

    Ja da schau her! Darf ich nun also davon ausgehen, dass das Infektionsrisiko nach Ansicht der Zuständigen in angemieteten Räumen nur halb so hoch ist, wie in den eigenen vier Wänden? Wenn ja, hätte ich das bei Gelegenheit gerne mal erklärt. Am liebsten in der taz. Und einiges andere natürlich auch.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Normalerweise sind diese Räume größer als die privaten. Es sei denn, sie wohnen in einem Schloss.



      Vermutlich ist die Zahl 50 an die Größe der Räume gekoppelt. Das heißt in einer Wohnzimmer großen Kneipe wird das nicht erlaubt sein. Punkt.

  • Wenn wir nicht alle dauernd irgendwohin müssten, um irgendwas für den Fortbestand des Kapitalismus(ses?) zu tun, also arbeiten, konsumieren, kurz erholen, ersatzbefriedigen, arbeiten, konsu..., dann könnten wir das Karussell eventuell etwas langsamer laufen lassen.