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Coronamaßnahmen in FrankreichMacrons selbstherrlicher Kurs

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Der Lockdown in Frankreich ist überfällig. Mehr Opfer und längere Einschränkungen sind die Folge eines zaudernden Präsidenten.

Frankreichs Präsident Macron verkündet einen erneuten scharfen Lockdown für drei Wochen Foto: Jean-Francois Badias/ap

S eit Wochen rieten die wissenschaftlichen Ex­per­t:in­nen dem französischen Staatschef zum Handeln. Fast alle renommierten Epi­de­mio­lo­g:in­nen forderten wegen der Ausbreitung der neuen Varianten des Coronavirus einen dritten Lockdown, um zu verhindern, dass die Pandemie außer Kontrolle geraten und vor allem das bereits übermäßig belastete Krankenhauspersonal überfordert sein würde. Doch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wollte Zeit gewinnen.

Er glaubte weiterhin, dass seine optimistische Einschätzung richtig und die Kassandrarufe der ergrauten Häupter seines Wissenschaftlichen Rats übertrieben seien. Die Zeitungen kritisierten, Macron habe gepokert und geblufft, jetzt aber seine „Wette“ verloren. Nun blieb ihm keine andere Wahl, als genau zu jenen Restriktionen zu greifen, die er mit Rechthaberei und Sturheit so lange abgelehnt hatte.

Er war zu stolz darauf, dass Frankreich anders als Deutschland und die Nachbarländer die Schulen nicht schließen musste. Doch allein in der Hauptstadt sind bereits 850 Schulen mit rund 20.000 Schulkindern wegen Covid-19-Fällen geschlossen. Resigniert kündigte Macron in einer feierlichen Ansprache am Mittwochabend an, die Krippen, Kindergärten und die Schulen auf allen Altersstufen ab Samstag zu schließen.

Die bisher nur in einem Teil des Landes verhängten Restriktionen – das nächtliche Ausgehverbot ab 19 Uhr, eine auf einen Umkreis von zehn Kilometern vom Wohnort limitierte Bewegungsfreiheit, Versammlungsverbot für mehr als sechs Personen – gelten ab dem Osterwochenende in ganz Frankreich. Macron wurde vom Virus desavouiert. Und dieses Mal kann er sich nicht mehr darauf berufen, er habe den Rat der besten Wissenschaftler befolgt.

Die Unterlassungen wegen seiner Rechthaberei haben einen hohen Preis: Sie erhöhen die Zahl der Opfer und verzögern die Aussicht auf eine Rückkehr zu einem „normalen“ Leben. Der Staatschef will nicht explizit von einem dritten Lockdown reden, auch wenn er genau das nun seinen Landsleuten verkünden musste.

Selbst wenn Macron zum ersten Mal fast selbstkritisch anmerkt, vielleicht seien Fehler gemacht worden, und manches hätte wohl anders angepackt werden können, bleibt es bei einer selbstherrlichen Kursbestimmung im Präsidentenpalast. Die neue Politik wird rückwirkend vom Premierminister am Donnerstag dem Parlament vorgestellt, das gnädigerweise darüber debattieren und abstimmen darf. Ganz unverbindlich, versteht sich.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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10 Kommentare

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  • Ich hätte zur Pandemie in Frankreich in diesem Artikel schon mehr Hintergrundinformationen erwartet, Macron alles in die Schuhe zu schieben, wie es bei uns auch zum Teil mit Merkel geschieht, ist mir zu billig.

  • @willi Müller: 16 sonnenkönige ist allemals demokratischer als der mit vielen "gegen Marine Le Pen" - Stimmen gewählte Macron.

    • @Felix Agd:

      Irren ist auch männlich!

  • ersetze frankreich mit deutschland, praesident mit ministerpraesident, und zack haste n neuen artikel

    • @the real günni:

      DANKE. Kein Wort zur Stimmung in der französischen Bevöklerung. Darstellung von politischen Abläufen und Entscheidungsprozessen als Gedankenprozess eines Mannes...ja das Amt der Präsidentin in Fr ist umfassender mit Macht ausgestattet als hierzulande, aber eine differenzierter Analyse der Maßnahmen als "Macrons Kurs..er wollte..er dachte..er pokerte..er war zu stolz", also ein bisschen weniger Personenkult, würde dem Kommentar gut tun.

      • @Sygne:

        Kein Widerspruch!

      • @Sygne:

        Kein Widerspruch!

  • Macron eben.



    Sonnenkönig war nix dagegen...

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Dafür haben wir 16 Sonnenkönig*innen. In jedem Bundesland. Wirklich besser als Macron?

      • @Jens Berlin 1965:

        Habe ich ja nichts von besser gesagt, aber die MP's sind doch weniger königlich und auch weniger sonnig.



        aber gleichfalls auf dem Holzweg.



        Gilt auch @ Felix AGD