piwik no script img

Corona-Neuinfektionen in Deutschland2.000er Marke überschritten

Die Zahl der täglich neu festgestellten Infektionen steigt weiter. Grund seien Reisen und Partys, so das Robert-Koch-Institut. Durch mehr Tests werden mehr Fälle erkannt.

Testpflicht für Reisende: Am Flughafen Berlin-Schönefeld machen die Ankommenden den Coronatest Foto: Annette Riedl/dpa

Berlin/GENF dpa | Der Anstieg der täglich neu registrierten Corona-Fälle setzt sich fort. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Samstagmorgen 2.034 neue Infektionen innerhalb eines Tages. Damit wurde erstmals seit dem 25. April wieder die Schwelle von 2.000 überschritten. Der Höhepunkt bei den täglich gemeldeten Neuansteckungen hatte Ende März/Anfang April bei mehr als 6.000 gelegen, danach waren die Werte deutlich gesunken.

Die Bundesregierung hatte in den vergangenen Tagen mit Blick auf die Entwicklung immer wieder auf private Feiern verwiesen, bei denen Corona-Regeln nicht eingehalten würden. Viele der derzeitigen Ausbrüche gingen genau auf solche Feiern und Partys zurück, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag gesagt.

Im RKI-Lagebericht vom Freitag (21.August) heißt es, bundesweit gebe es eine große Anzahl kleinerer Ausbruchsgeschehen, die beispielsweise mit größeren Feiern im Familien- und Freundeskreis in Verbindung stehen. Hinzu komme, dass Corona-Fälle zu einem großen Anteil unter Reiserückkehrern, insbesondere in den jüngeren Altersgruppen, identifiziert würden.

Zudem wird deutlich mehr getestet, wodurch mehr Infektionen entdeckt werden. Während Ende April nach RKI-Daten in einer Woche rund 364.000 Tests durchgeführt wurden, waren es Ende Juli rund 560.000 und Mitte August mehr als 875.000 in einer Woche. Reiserückkehrer können sich seit Ende Juli kostenlos testen lassen. Für Rückkehrer aus Risikogebieten gilt seit 8. August sogar eine Testpflicht. Verschiedene Bundesländer haben außerdem die Möglichkeit für Beschäftigte in Schulen und Kitas geschaffen, sich mehrfach kostenlos testen zu lassen.

Rein ortsbezogen passieren die meisten Corona-Übertragungen laut einer RKI-Untersuchung in Privathaushalten und Altenheimen. Allerdings gab es bei einem Ausbruch zu Hause im Schnitt nur jeweils 3,2 Infizierte – die Übertragung fand also wohl nur auf weitere Familienmitglieder statt. Die zweitmeisten Corona-Ausbrüche gehen auf Alten- und Pflegeheime zurück. In diesen Einrichtungen steckten sich bei einem Ausbruch aber im Schnitt fast 19 Personen an. Besonders hoch ist die Ansteckungsgefahr demnach beim Ausbruch in einem Flüchtlingsheim – im Schnitt wurden 21 Fälle pro Ausbruch erfasst, so viele wie nirgends sonst.

Schulen spielen der RKI-Studie zufolge – bislang zumindest – keine Rolle bei den Infektionen. Das RKI ordnet ihnen nur 31 Ausbrüche und 150 Infektionen zu. Auch Restaurants, Hotels oder Büros sind bislang Nebenschauplätze. Ausbrüche in der Bahn lassen sich laut RKI nur schwer ermitteln, da die Identität eines Kontaktes kaum nachvollziehbar sei. Das RKI weist allerdings darauf hin, dass nicht bei allen erfassten Fällen die Quellensuche der Infektion ganz sicher verlaufen ist.

Kanzlerin und Minister*innen werden über Vorgehen beraten

Seit Beginn der Corona-Krise haben sich mindestens 232.082 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert, wie das RKI meldete. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion liegt nach RKI-Angaben bei 9.267. Seit dem Vortag wurden sieben Todesfälle mehr gemeldet. Bis Samstagmorgen hatten etwa 206.600 Menschen die Infektion nach RKI-Schätzungen überstanden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsident*innen der Länder wollen am kommenden Donnerstag in einer Videokonferenz über das weitere Vorgehen in der Pandemie beraten. Es dürfte um einheitlichere Corona-Regeln gehen. In den Ländern sind die Vorgaben für Veranstaltungen, Feiern und Bußgelder bei Maskenverstößen im Moment ganz unterschiedlich. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich für bundeseinheitliche Regelungen zur Maskenpflicht und bei Bußgeldern aus. Für ihn stehe eher die Frage im Raum, dass die Maskenpflicht verstärkt werden müsse, sagte er im Deutschlandfunk.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen, der sich auch um den CDU-Vorsitz beworben hat, schrieb am Samstag bei Twitter zu den gestiegenen Corona-Zahlen: „Wir müssen endlich beginnen, Corona als Teil unseres Lebens zu begreifen und uns an das Virus anpassen. In allen Lebensbereichen, denn das Virus unterscheidet nicht zwischen privatem und öffentlichen Raum.“

12-jährige sollen Masken tragen wie Erwachsene

Unterdessen gab die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Freitagabend die Vorgabe heraus, dass für Kinder ab zwölf Jahren beim Tragen von Masken die gleichen Regeln gelten sollten, wie für Erwachsene. So steht es in einem gemeinsam mit dem UN-Kinderhilfswerk Unicef erarbeiteten Leitfaden für Entscheidungsträger. Dieser befasst sich mit der Frage, ob und wann Kinder und Jugendliche Masken tragen sollen.

Für jüngere Kinder im Alter zwischen sechs und elf Jahren wurde demnach das Tragen von Masken nicht generell empfohlen. In bestimmten Situationen, etwa wenn Abstandsregeln nicht eingehalten werden könnten, sollte es aber in Betracht gezogen werden, so zum Beispiel in Schulen. Masken könnten Kindern das Lernen allerdings auch erheblich erschweren, gestanden die internationalen Experten ein.

Jüngeren Kindern sollte nicht vorgeschrieben werden, Masken zu tragen, vor allem, weil sie sie alleine nicht richtig an- und ablegen könnten. Falls sie doch Masken tragen, sollten Kinder unter sechs Jahren unter ständiger Aufsicht stehen.

„Kinder sollten auch angehört werden bezüglich ihrer Wahrnehmungen und ihren Bedenken beim Tragen von Masken“, hieß es weiter. Transparente Visiere böten weniger Schutz als Stoffabdeckungen für Mund und Nase.

Es sei bislang nicht vollständig geklärt, in welchem Umfang Kinder zur Übertragung des Coronavirus beitragen, hieß es weiter. Nach Angaben der WHO gehen weltweit etwa ein bis sieben Prozent der registrierten Covid-19-Fälle auf Kinder zurück. Verglichen mit anderen Altersgruppen habe es bei ihnen weniger Todesfälle gegeben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Äpfel mit Birnen vergleichen. Die 2000 positiv getesteten kamen im April von 364.000 Tests, die Werte von Mitte August kommen aus mehr als 875.000 Tests. Und da beklagt man sich über die "Unvernunft" und die "Urlauber".

    Das ergibt eine Rate von 1,6%. Wahrhaft erschrecklich.

    • @Martin_25:

      Wir liegen heute, 6.9. bei +775.



      Schreck lässt nach.



      Davon 4 Sterbefälle.



      Die abnehmende Zahl wird gerne verschwiegen, ist aber nicht Null!

    • @Martin_25:

      Dazu der Deutschlandfunk:



      "Jeden Mittwoch veröffentlicht das RKI im Lagebericht Daten zu Testkapazitäten und Testungen in Deutschland. In der aktuellen Auswertungen, die die Kalenderwoche 33 umfasst, fiel demnach knapp ein Prozent der Tests positiv aus. In der Woche zuvor war es ebenfalls ein Prozent. Die Positivrate hatte in den Kalenderwochen 27 bis 29 (Ende Juni bis Mitte Juli) mit 0,6 ihren niedrigsten Stand erreicht und steigt seither." [1]

      Die Rate der positiven Testungen hat sich demnach also etwa verdoppelt (bzw. wenn man von ihren 1,6% ausgeht sogar fast verdreifacht).



      Zudem liegt der R-Wert seit gut einem Monat über 1. [2] Statt mit über den groben Daumen gepeilten Rechnung den schlechten Nachrichten ihre Relevanz abzusprechen sollte man sich lieber langsam mal Gedanken machen mit welchen Maßnahmen sich der aktuelle, noch nicht dramatische aber doch besorgniserregende Trend wieder umkehren lässt.

      [1] www.deutschlandfun...rn:news_id=1164684



      [2] www.deutschlandfun...:article_id=472799

    • @Martin_25:

      "Äpfel mit Birnen" vergleichen......



      Natürlich geht das, sind beides Obstsorten.

  • Wir haben eine Positivquote von ca. 1% und das stetig seit einigen Wochen. D.h. die Verbreitung verbelibt etwa auf einem Niveau, wir leuchten aber nesser in den Raum hinein, was ja gut ist.

    Bei der hohen Anzahl Tests und dem Niveau von ca. 1% Positiven, wird jedoch auch die Quote von etwa 0,5% False Positives relevant. D.h., dass im Grunde die Positiven nochmal mit einem anderen Test, der andere Charakteristika des Virus betrachtet getestet werden müsst, um die möglicherweise 50% False Positives zu identifizieren. Kostet halt, aber dann hätten wir mal echte Zahlen.

  • Spaßig

    Immer schön weiterfeiern!



    Wir leben nämlich in einer Spaßgesellschaft.



    ....

  • Das dürfte es wohl gewesen sein, mit der glücklichen Ausgangslage Deutschland - verspielt.

    "Südkorea führt wieder drastische Beschränkungen ein."

    www.sueddeutsche.d...rus-tote-1.5001082

    • @Weber:

      Die Wochen verlängerte Quarantäne im Frühling waren tatsächlich umsonst.



      Man ging damals davon aus, dass man das Virus mit Contact Tracing komplett zurückdrängen kann. Eine sinnvolle Annahme, denn man ging davon aus, dass mind. 50% der Infizierten auch Symptome zeigen.



      Da offensichtlich aber mittlerweile ca.90% der Infizierten eben keine Symptome zeigen, ist das nicht möglich.

      Von daher hatten wir nie wirklich eine "glückliche Ausgangslage", da wir von im Nachhinein falschen Annahmen ausgegangen sind. Das Virus war nie auch nur annähernd weg.