China-Berichterstattung in Pandemie: Wir und die

Die Berichterstattung über China sei von einer eurozentristischen Perspektive geprägt, besagt eine Studie im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Eine Frau, gesehen durch die Scheibe eines Autos

Einschränkungen der Pressefreiheit und Drohungen: Journalistisches Arbeiten ist anders in China Foto: Tyrone Siu/Reuters

Rassistische Vorurteile würden zwar überwiegend zurückgewiesen, andere China-Klischees dafür „tradiert, teils neu belebt.“ So lautet das Fazit einer Studie, die im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung die China-Berichterstattung von sieben deutschen Zeitungen in den ersten acht Monaten der Coronapandemie untersucht hat. Laut Studie fehlte die kritische Hinterfragung deutsch- und eurozentrischer Perspektiven. Unterschiedliche chinesische Positionen seien vernachlässigt, das Themenspektrum verengt worden: „Viele ‚heiße‘ Themen, die Einblicke in die komplexe Entwicklung des Landes geben, spiegeln sich in den deutschen Medien kaum wider.“

Für die der Linkspartei nahestehende Stiftung hat die Berliner Sinologin Mechthild Leutner zusammen mit den Dok­to­ran­d*in­nen Jia Changbao und Xiao Minxing für die Studie 747 Artikel aus der Süddeutschen Zeitung, Welt, dem Tagesspiegel, Handelsblatt und der taz sowie Spiegel und Zeit ausgewertet. Diese Auswahl erfolgte anhand einer Datenbank, in der etwa die FAZ nicht vertreten war.

Die untersuchten Texte seien jene mit starkem China-Bezug von insgesamt 5.304 dieses Zeitraums, bei denen die Stichwortsuche „China“ Treffer ergeben hatte. In vielen Artikeln stellt die Studie eine Gegenüberstellung fest von „wir“ und „China als das andere“. Damit einher gehe eine „Dominanz nichtchinesischer Quellen“ sowie ein sprachlicher Duktus, der westlichen Repräsentantinnen größere Glaubwürdigkeit zuspreche. Die erfolgreiche Eindämmung des Virus in China werde „eher widerwillig konstatiert und zugleich durch die Verknüpfung mit Vertuschung, Zensur und nicht verlässlichen Zahlen abgewertet“. Die China-Berichterstattung der taz, die der Autor dieses Artikels als Asienredakteur hauptsächlich verantwortet, schneidet halbwegs gut ab. So sei es der taz gelungen, „in der Hongkong-Frage eine gewisse Pluralität der Positionen abzubilden“.

Nur über anstatt mit

Fragwürdig an der Studie ist, dass sie die Arbeitsbedingungen der Kor­re­spon­den­t*in­nen in China nicht thematisiert, dabei haben sich diese verschlechtert. So wird etwa dem Korrespondenten der Welt schon seit Langem ein Visum verweigert. Die Studie stellt fest: „Statt nur über China und Chi­ne­s*in­nen sollte mehr mit Chi­ne­s*in­nen gesprochen werden.“ Allerdings macht es die chinesische Regierung Jour­na­lis­t*in­nen schwer, den Alltag Chinas zu zeigen. Auch harmlose Reportagen sind oft nur noch unter Aufsicht von Parteikadern möglich. Laut Leutner war eine Untersuchung der Arbeitsbedingungen nicht vorgesehen. Ihrer Meinung nach sei es trotzdem möglich, realistischer zu berichten.

Insbesondere der Welt wird vorgeworfen, sich zum Sprachrohr von Befürwortern einer „robusteren“ deutschen China-Politik gemacht zu haben. Die Welt hatte ihrerseits Leutner, die auch Direktorin des von Peking kofinanzierten Konfuzius-Instituts an der FU Berlin ist, vorgeworfen, in einer Bundestagsanhörung die Umerziehungslager für Uiguren in Xinjiang verharmlost und dabei Pekings „Propagandavokabular“ übernommen zu haben.

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