piwik no script img

Cannabis-LegalisierungNur noch ein Katzensprung

Kommentar von Björn Hartmann

Die neuen Eckpunkte zur Legalisierung von Cannabis sind nicht perfekt, aber EU-konform und deshalb machbar. Die Ampel-Regierung hält ihr Versprechen.

Das Gesetz zu Cannabis-Clubs und Entkriminalisierung soll noch im April in den Bundestag Foto: Imago

E s wäre so einfach gewesen: Deutschland legalisiert Cannabis für den Privatgebrauch, hochwertige Produkte werden kontrolliert verkauft, ein neues Geschäft entsteht, der Schwarzmarkt verschwindet, Justiz und Polizei werden durch die Entkriminalisierung einer gesellschaftlichen Realität entlastet. Das sah der erste Plan der Ampelkoalition vor, den EU-Vorgaben leider in wichtigen Teilen verhinderten. Der zweite ist jetzt eine typisch deutsche Vereinslösung.

Sie hat Haken, aber auch Vorteile. Vor allem aber ist sie machbar. Endlich gibt die Bundesregierung zu, dass die Verbotspolitik der vergangenen Jahre gescheitert ist. Die Zahl der Konsumenten ist gestiegen, ebenso die Zahl der Fälle, mit denen sich Polizei und Justiz beschäftigen mussten. Cannabiskonsum ist ähnlich wie Alkoholkonsum längst in allen Gesellschaftsschichten verbreitet.

Das neue Konzept hat indes Tücken: Da ist erstens die Größe der Cannabis-Clubs, die den Stoff für bis zu 500 Mitglieder anbauen können, allerdings in begrenzter und kaum ausreichender Menge. Um den Schwarzmarkt zu ersetzen, wäre ein kontrollierter Markt nötig, mit großen Anbietern und geprüften Verkaufsstellen, wie ursprünglich vorgesehen.

Zum Zweiten müssen die Anbauvereine Standards für Sicherheit und Qualität einhalten. Offiziell würden sie unter der Kontrolle der Länder stehen, doch bei der zu erwartenden Menge an Hinterhofgewächshäusern dürfte es einen gewissen Wildwuchs geben, was jedoch wiederum dem Schwarzmarkt vorzuziehen ist. Die Vereinslösung, eine Art Markt light, ist nicht optimal.

Absurde Kopfgeburt

Auch der Plan, Modellregionen festzulegen, in denen kontrollierter Markt – wissenschaftlich begleitet – geübt wird, klingt wie eine absurde Kopfgeburt. Trotzdem: Die Bundesregierung meint es ernst und lässt sich nicht von der EU abhalten, ihr Koali­tionsversprechen einzuhalten und damit ein über die Jahrzehnte herrschendes Problem zu lösen. Die Modellregionen sind zudem ein Mittel, um später die EU-Regeln zu ändern. Das könnte Jahre dauern. Und Deutschland will zu Recht nicht mehr warten.

Tatsächlich geht es bei der Ampel einmal schnell voran. Das Gesetz zu Cannabis-Clubs und Entkriminalisierung soll noch im April in den Bundestag. Beim Tempo hilft auch, dass der Bundesrat nicht zustimmen muss. Der Weg zum legalen Cannabiskonsum ist nicht mehr weit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Erntezeit?



    Also, rein hypothetisch, die Blüten einer Pflanze sind Erntereif. Gerüchteweise kann es bei artgerechter Haltung eine Masse von mehr als 500g erzielen.



    Der Besitz (und vermutlich das Eigentum) soll aber quantitativ auf ein Bruchteil beschränkt sein. Sollte der Besitzer der Pflanze nun, nach Trocknung, den Überschuss vernichten?



    Eine Verbrennung auf der Terrasse scheint nicht geeignet da die Nachbarn durch den Rauch beeinträchtigt würden.



    Was gibt dem Bürger Rechtssicherheit?

  • Bis zum faktischen Verbot von Hanfsamen wurden sie damals in Headshops verkauft. Wäre ja schön, wenn Samen, und meinetwegen auch Stecklinge, in die Headshops zurückkehren könnten und in Zukunft nicht nur über Vereine abgegeben werden. Der Zugang zu Sorten aus aller Welt sollte allen Interessenten wieder offenstehen. Aber wenn man in Zukunft drei Pflanzen besitzen darf, die draußen bis zu 4m hoch werden können, sollte die Mindestmenge von 50g pro Monat eindeutig erhöht werden.

  • Hört sich 1 zu 1 wie die anscheinend auch EU-kompatible spanische Vorgehensweise an. Ob das den Schwarzmarkt austrocknet, sei mal dahingestellt. Trotzdem alles besser als der Status Quo.

  • Wann tritt es in Kraft? Ich würde mich gerne recreational entspannen. Meine 'Aurora Cannabis Inc' sind vor Schreck bei 0,6012€ erstarrt.



    Vereinslösung und Gewinnabsicht geht ja nicht so gut zusammen. Immerhin scheint es dann auch eine Steuerfreie Lösung zu sein.



    Damit komme ich zurecht.

  • Kiffen Dank FDP?



    Das hätte vor Jahren noch keiner für möglich gehalten.

    • @Rudi Hamm:

      "Kiffen Dank FDP?"



      Was hat das mit der FDP zu tun? Die ist zu Beschäftig, Freihatten von Porsche Fahrer zu schützen. Wichtige andere liberale Rechte sind der FDP komplett egal.



      Haben Sie Marco Buschmann auf dem Bild mit Lauterbach und Özdemir gesehen? Ich nicht.

      • @CallmeIshmael:

        "FDP-PARTEITAG: "Wir wollen Cannabis legalisieren - aber nicht alle Drogen!" Lindner 5.2021, also vor der Wahl.

  • Wer will meine drei Pflanzen?

  • do as you like ...

    doch wer in einer mietswohnung mit seinem konsum die hausgemeinschaft stört, sollte mit einer kündigung rechnen.

    nur eine frage der zeit, bis der bgh für mietsachen darüber entscheiden wird.

    • @adagiobarber:

      Ist ihnen vielleicht entgangen, aber es wird schon ewig in Wohnungen gekifft.

    • @adagiobarber:

      Entsprechende Urteile gibt es ja im Zusammenhang mit Tabak längst. Die Zahl der Kiffenden die ihre Joints ketterauchen dürfte aber vermutlich überschaubar sein.

  • Eine kleine Verbesserung, die die Polizei und Justiz entlasten wird .Der große Wurf wird es nicht. Dafür müssten alle Drogen freigegeben werden,um wirklich eine Verbesserung in der Drogenpolitik zu erreichen.



    Das werde ich aber wohl nicht mehr erleben.