CDU und AfD bei Kommunalwahl am 26. Mai: Bodyguard durchbricht Brandmauer
In Thüringen kandidiert der Geschäftsführer einer Security-Firma doppelt bei der Kommunalwahl – für CDU und AfD. Linke und Grüne fordern Konsequenzen.
Seit Monaten befürchten sowohl Politikwissenschaftler*innen verschiedenster Couleur als auch Politiker*innen demokratischer Parteien, dass die CDU in Thüringen die ohnehin brüchige Brandmauer gegen die AfD weiter einreißen könnte. Nachdem der AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke unlängst in erster Instanz wegen der Verwendung einer SA-Parole verurteilt worden war, erklärte Voigt zwar, dass Höcke im Freistaat keine politische Verantwortung bekommen dürfe. „Wenn Voigt aber nun nicht handelt, dann sind seine jüngsten Äußerungen nur heiße Luft“, so Grosse-Röthig, die bei der Landtagswahl im September für die Linke kandidiert.
Diese Bedenken hegt auch Madeleine Henfling. Die Spitzenkandidatin der Grünen sagt: „Auf kommunaler Ebene ist wirklich zu fragen, wo die CDU hier eine Brandmauer zur AfD zieht.“ Sie kritisiert die Union auch für einen ähnlichen Fall: Die CDU hat Robby Schlund, einen Ex-AfD-Bundestagsabgeordneten mit einschlägigen Verbindungen, für die Kreistagswahl in Greiz aufgestellt.
Die Sorgen und Mahnungen kommen – auch wegen Abstimmungen im Erfurter Landtag – nicht von ungefähr. In Thüringen war 2020 der FDP-Landtagsabgeordnete Thomas Kemmerich mit Stimmen der CDU, AfD und seiner Partei für wenige Tage Ministerpräsident des Freistaates. 2023 setzten diese drei Parteien im Landtag zusammen die Senkung der Grunderwerbsteuer durch. Dazu kamen gemeinsame Abstimmungen zu den Themen Gender und Windkraft.
Der Kommunalpolitiker Frank Böwe ist in Thüringen kein Nobody. Auf ihrer Website führt seine Security-Firma mit Hauptsitz in Schmalkalden als Referenzen große und kleine Firmen, verschiedene Medien und die örtliche CDU an.
Auch seine politische Positionierung ist schon länger bekannt. Für Klarheit hätte die CDU bereits 2021 sorgen müssen, sagt die Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linke). Ihr war vor fast drei Jahren aufgefallen, dass Böwe schon da für die CDU im Stadtrat und für die AfD im Kreistag saß. Auf der Internetseite der Stadt Ruhla wird der Geschäftsmann als Mitglied der CDU-Fraktion geführt, auf der des Landkreises wird seine Zugehörigkeit zur AfD-Fraktion angegeben. Die Frage der taz, warum die Landes-CDU das doppelte Spiel duldet, beantwortet die Partei nicht. Ein Sprecher sagte nur: „Der Vorgang ist uns bekannt und wird derzeit zunächst intern geprüft.“
Union und AfD scheinen bisher auch über die rechtsextremen Verstrickungen ihres Mandatsträgers hinwegzusehen. Böwes Name tauchte laut König-Preuss im Landtagsuntersuchungsausschuss zum Nationalsozialistischen Untergrund auf – im Kontext von Verbindungen zwischen Rechtsextremen und der organisierten Kriminalität rund um die Hells Angels.
Außerdem soll laut Belegen, die der taz vorliegen, in Böwes Firma, die seit 1995 besteht, ein Rechtsextremer beschäftigt gewesen sein. Wie König-Preuss in einer Mitteilung erklärt, habe die Firma selbst rechtsextreme Aktivitäten begleitet, etwa ein Konzert der einschlägigen Band Kategorie C, zudem sei Böwe für einen rechten Szeneladen mitverantwortlich.
Weder der geschäftlichen Karriere noch dem kommunalpolitischen Engagement scheint diese Vita zu schaden. Eine taz-Anfrage an Böwe von Freitag blieb unbeantwortet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs