Bundesverfassungsgericht zum Wahlrecht: Teilweise verfassungswidrig
Am Montag war das Urteil zur Wahlrechtsreform laut Medienberichten kurz abrufbar. Demnach erklärt Karlsruhe die Reform teils für verfassungswidrig.
Die ebenfalls geplante Streichung der Regelung zu Überhang- und Ausgleichsmandaten, die den aktuellen Bundestag auf 733 Sitze aufgebläht haben, beanstandete das Gericht nicht. Offiziell soll das Urteil um 10.00 Uhr verkündet werden. Beim Bundesverfassungsgericht war niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Mit dem Urteil waren die Klagen von CDU/CSU, der Linken sowie der bayerischen Staatsregierung teilweise erfolgreich.
Die Ampel-Koalition hatte 2023 eine Wahlrechtsreform beschlossen, die eine Verkleinerung des Parlaments auf 630 Abgeordnete vorsah. Die sogenannte Grundmandatsklausel, wonach mindestens drei Direktmandate einer Partei den Weg in den Bundestag ebnen, fiel im neuen Gesetz weg.
Die Fünf-Prozent-Hürde, wonach nur Parteien, die bundesweit diese Schwelle erreichen, in den Bundestag einziehen, wurde dagegen beibehalten. Schon in der Verhandlung war die Abschaffung der Grundmandatsklausel bei gleichzeitiger Beibehaltung der Fünf-Prozent-Hürde von den Richtern kritisch hinterfragt worden.
Grundmandatsklausel bleibt vorerst
Die Fünf-Prozent-Sperrklausel sei „in ihrer geltenden Form mit dem Grundgesetz nicht vereinbar“, hieß es nun in dem Urteil. Sie beeinträchtige den Grundsatz der Wahlgleichheit. Bis zu einer Neuregelung gelte die Grundmandatsklausel fort, ordnete das Gericht an. Das ist vor allem für die im September 2025 geplante Bundestagswahl relevant: Wenn es dem Gesetzgeber nicht gelingt, bis dahin die Sperrklausel etwa auf drei Prozent zu senken und die Fünf-Prozent-Hürde weiter besteht, gilt für diese Wahl immer noch die Grundmandatsklausel.
Zuletzt hatte die Partei Die Linke von der Grundmandatsklausel profitiert. Aber auch die CSU sah sich gefährdet. Da die Partei nur in Bayern kandidiert, liegt sie bundesweit gerechnet nur knapp über fünf Prozent der Stimmen. Sie gewinnt zwar regelmäßig nahezu alle Direktmandate in Bayern, aber das wäre bei einem Wegfall der Grundmandatsklausel unerheblich gewesen. Bliebe sie unter der Fünf-Prozent-Hürde, wäre sie trotz aller Direktmandate nicht mehr im Bundestag vertreten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind