Bundestag beschließt Sicherheitspaket: Polit-Show statt echter Sicherheit
Das Sicherheitspaket drangsaliert Geflüchtete und simuliert Tatkraft. Maßnahmen, die wirklich Schutz versprechen, werden abgeschwächt.
E s ist kein Wunder, dass die Ampelfraktionen lange um Änderungen am Sicherheitspaket gerungen haben. Schließlich geht es bei den vorgesehenen Maßnahmen um sensible Themen wie Überwachung, Menschenrechte, Asylrecht und Schutz vor Terroranschlägen. Sehr wohl erstaunlich ist indes, was bei den Verhandlungen herauskam und nun vom Bundestag beschlossen wurde.
An den Stellen, an denen das Sicherheitspaket nicht mehr ist als der Versuch, Tatkraft vorzugaukeln, blieb alles wie ursprünglich geplant. Vor allem betrifft das die Regelungen für Geflüchtete, die nach dem Dublin-System ihren Asylantrag woanders stellen müssen. Dass sie mit Entzug aller Sozialleistungen in andere EU-Länder zurück gezwungen werden sollen, wird an der Sicherheitssituation in Deutschland kaum etwas ändern.
Das liegt daran, dass es mehr als fraglich ist, ob die Abschiebung eines gefährlichen Flüchtlings in ein anderes EU-Land tatsächlich etwas bringt, wo doch die Ländergrenzen innerhalb der EU aus gutem Grund sehr durchlässig sind. Islamistischen Terroristen ist es außerdem wohl eher egal, ob sie einen Anschlag in Deutschland begehen oder eben einem anderen EU-Staat.
Dazu kommt, dass der allergrößte Teil der Dublin-Überstellungen ja eben nicht an den Geflüchteten scheitert, auf die jetzt noch mehr Druck gemacht wird. Stattdessen verweigern sich die Länder an den EU-Außengrenzen systematisch fast jeder Aufnahme. Und Dublin-Abschiebungen nach Griechenland untersagen deutsche Gerichte ohnehin fast immer, weil die humanitäre Lage für Geflüchtete dort so desolat ist.
Ausgerechnet Biometrie eingeschränkt
Verwässert wurde das Sicherheitspaket indes da, wo es tatsächlich um die Verhinderung und Aufklärung von Anschlägen geht. Der Abgleich biometrischer Daten im Internet soll der Polizei – anders als zunächst geplant – nun doch nur in absoluten Ausnahmefällen ermöglicht werden. Der BKA-Präsident muss dafür in jedem Fall einzeln die Erlaubnis bei einem Gericht beantragen. Dazu kommen jede Menge weiterer Auflagen und Einschränkungen.
Es mag gute datenschutzrechtliche Gründe geben, sich gegen weitere Überwachungstechniken für die Behörden zu stellen. Und es gibt sicherlich alternative Möglichkeiten, Gefahren für die Bürger*innen abzuwehren, etwa indem Präventionsprogramm für Islamismus ausgebaut werden. Aber immerhin würde der verstärkte biometrische Abgleich die Sicherheitslage in Deutschland wirklich verbessern. Das ist deutlich mehr als man über die Maßnahmen im Sicherheitspaket sagen kann, die Geflüchtete betreffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück