piwik no script img

Bruch in der ZivilgesellschaftDie Krah-Sekte

Der letzte Auftritt des AfD-Politikers Maximilian Krah war der eines politischen Horrorclowns. Seine Tricks sind durchschaubar.

Der Krah kräht leider weiter Foto: Matthias Rietschel/reuters

D a stehen wir also im Regen und warten auf ihn. Maximilian Krah von der AfD, der in unserem Städtchen seinen letzten Wahlkampf-Auftritt haben wird, was aber zu der Zeit noch nicht klar ist. Maximilian Krah, zu dem mir sehr viele unerfreuliche Dinge einfallen und an dem ich leicht exemplifizieren könnte, dass man nicht nur Aussagen, Meinungen und Ideologien, sondern auch Personen einfach zum Kotzen finden kann. Aber wir, die wir hier im Regen stehen, ermahnen uns gegenseitig: Nicht so sein wie die, weder verbal noch körperlich auf die Provokationen eingehen. Wir, wir sind die Zivilisierten. Wir sind die Guten.

Wir, das sind die Omas gegen rechts, die Leutchen vom Stadtjugendring, von den Parteien ein paar, sogar der Bürgermeister ist da, einige Nonnen aus dem Kloster nebenan, ein paar Punks und Post-Hippies, die Kulturszene, hauptsächlich aber Leute wie du und ich. Wir wollen klar machen, dass wir keine Faschisten in unserer Stadt haben wollen. Dass es kein Recht auf Nazi-Propaganda gibt. Dass nie wieder heute ist. Das ist schon eine bunte Gesellschaft, und genau darum geht es auch in den Reden und auf den Schildern in unseren Reihen. Um das Recht auf eine Gemeinschaft der Verschiedenen. Eine von vielen Definitionen von „Demokratie“ möglicherweise.

Ich möchte schon ein bisschen stolz auf meine Mitbürgerinnen und Mitbürger sein. Doch wie man sich Krahs Auftrittsplatz nähert, wird deutlich: Genau so viele, wie sich gegen einen Auftritt von ihm wehren, wollen genau das. Einen Anti-Demokraten anti-demokratisch und anti-menschlich reden hören. Und sich selber beim völkischen Jubeln.

Man kann keinen gemeinsamen Alltag mehr bewohnen

Eine Stadt wie die unsere ist überschaubar; man kennt sich. Und dies sind die Geschichten, die man bei solchen Gelegenheiten immer wieder erlebt: Da ist der Handwerker, der einem gerade eine gepfefferte Rechnung geschickt hat. Da ist der Kellner, dem man vor ein paar Tagen ein anständiges Trinkgeld gegeben hat.

Den Omas gegen rechts stehen hier rechte Omas entgegen, die ihre Enkel zum Fähnchenschwenken mitbringen. Ist das nicht die Frau, der wir und der Nachbar mit dem schwer aussprechbaren türkischen Namen wochenlang die Einkäufe erledigt haben, krankheitshalber, und die jetzt begeistert klatscht, wenn von den kriminellen Ausländern die Rede ist, die man heimschicken werde?

Und jeder schaut den anderen an, durch die Regenschirme, durch die Versuche, sich gegenseitig zu übertönen, durch Absperrgitter, durch Blicke, die sagen, dass man nicht mehr gemeinsam wird Alltag, Arbeit und Freizeit bewohnen können, und man ist ratlos: Was ist mit euch geschehen? Wie könnt ihr da stehen und einem Faschisten zujubeln, der gar nicht verbergen will, dass er einer ist?

Man muss vieles in sich abgetötet haben, um Krah zu folgen

„Spaltung“, denke ich, ist ein zu harmloses Wort für das, was da geschieht. Die Menschen, die einem Maximilian Krah zujubeln, trotz des Regens, trotz der Gegendemonstration, trotz der Nachrichten über diesen Mann, müssen einen fundamentalen Bruch vollzogen haben. Nicht bloß einen äußeren Bruch mit den „Eliten“ der „Altparteien“, den „grünlinksversifften Intellektuellen“ oder den „genderwahnsinnigen Frühsexualisierern“, sondern auch einen inneren Bruch mit den Tugenden und Codes einer bürgerlichen Biografie in einer bürgerlichen Gesellschaft. Vernunft, Respekt, Anstand, ordentliche Sprache, Ehrlichkeit, Würde …

Von Sekten wissen wir, wie schnell man in ihren Bann gelangt, und wie schwer es ist, sich wieder zu befreien

Man muss das alles in sich abgetötet haben, wenn man diesem Mann und seiner Entourage zu folgen bereit ist, und wenn eine Deutschland-Fahne die niederträchtige AfD-Plakatparole unterstreicht: „Unser Geld für unsere Leute“. Zwischen den Gegnern und den Anhängern von Krah gibt es Absperrungen, die Polizei wird später verlautbaren, dass Veranstaltung und Gegenveranstaltung „friedlich“ verlaufen seien. Mir bleibt ein Bild im Gedächtnis; eine Polizistin, die einen Hund an der Leine führt, der sich etwas undiszipliniert um die Duftmarken der Hunde in unserer Stadt kümmert.

100 Polizisten und Polizistinnen sind dazu im Einsatz. Am Ende seines Auftritts lässt man bei Krah weiße Tauben in den Himmel fliegen. Frieden? Für wen? Mit wem? Oder einfach nur noch ein billiger Tingeltangel-Trick? Eins wird auch hier klar: Diesem Mann geht es noch nicht mal um furchtbare Ideologie und Politik, es geht ihm nur um sich selbst. Wir haben hier die vorläufige Abschieds­vorstellung eines politischen Horrorclowns gesehen, eines Erweckungs-Scharlatans, dessen schmutzige Tricks man leicht durchschauen könnte. Wenn nicht vorher etwas in einem gestorben wäre.

Ähnlichkeit mit einer Sekten-Versammlung

Das Ziel solcher Veranstaltungen, so scheint es, besteht nicht in einer politischen Überzeugungsarbeit, nicht einmal allein in der rauschhaften Vereinigung der Anhängerinnen und Anhänger (die Ähnlichkeit des rechten Spektakels mit einer Sekten-Versammlung ist freilich unübersehbar); das eigentliche Ziel ist eine Feier des Bruchs mit „den anderen“, des Bruchs mit bürgerlicher Nachbarschaft, mit bürgerlichen Vorstellungen von Moral und Würde. Hier geht es nicht um eine Argumentation, hier geht es um rituelle Bekenntnisse, um eine finstere Abart von „Glauben“ und „Erlösung“.

Peter Berghoff hat die Sprache und Riten der Rechtsextremen auch als „profane Transzendenz“ bezeichnet. Manchmal wird man, während man noch glaubt, es ginge um „Ideologie“, Zeuge, wie die profane Transzendenz des Faschismus Menschen wie dich und mich erfasst. Und wie nur noch Hass und Häme sind, wo gestern noch Nachbarschaft und Lebenlassen waren. Wäre der Rechtsextremismus eine „Meinung“, so könnte man Hoffnung auf eine Änderung im Namen von Vernunft und Moral haben. Doch als fundamentaler „Glaube“ sieht die Sache anders aus. Von Sekten wissen wir, wie schnell man in ihren Bann gelangen kann, und wie schwer es ist, sich wieder von ihnen zu befreien. Krah ist weg, aber die Risse in unserer kleinen Stadt bleiben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

31 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Es gibt in diesem Kontext ja auch noch die Theorie vom „rabbit hole“-Syndrom (Sutton/Douglas).



    www.spektrum.de/ne...au-syndrom/2073651



    Das habe ich in der Corona-Zeit ganz konkret im Bekanntenkreis erlebt und zwar bei ganz vernünftigen Leuten, na ja, jedenfalls bei solchen, die sonst nicht viel unvernünftiger sind als ich es auch bin.



    Es fängt mit Impfskepsis an - geht ja noch in Ordnung, weshalb das Menetekel an der Wand jedoch oft genug nicht rechtzeitig erkannt wird - und endet in einem geschlossen rechtsextremistischen Weltbild - und das binnen nur drei Jahren.



    Erschreckend, wie schnell das gehen kann!

    • @Abdurchdiemitte:

      Beides:



      In einem Fall blieb das kritische Denken intakt und ich habe mich auch ganz offen unterhalten, habe differenziert, gefragt - die Person ist von dem Reitschuster- und-schlimmer-Trip wieder runter.

      Wieder zum Artikel: An etwas glauben dürfte auch menschlich sein. Die Kirchen ließen da eine große Lücke. Aber an Krahs, Höckes und das Teutschtum zu glauben muss es echt nicht sein, dann lieber noch der lokale Fußballverein oder das Spagettimonster.

      In einem anderen Fall, ebenso intelligent, aber viel stärker unter Stress, werden inzwischen auf LinkedIn ausländerfeindliche und grob falsche Sachen geliked.

      Hierzu: Jede(r) hat sich da irgendwo mal geirrt, ich weiß auch, wo ich Dinge vertrat, die sich im Nachhinein als anders darstellten. Auch wenn es etwas mehr Energie kostet: offen wie kritisch bleiben, lernen, bei soliden universalen Werten.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Auch Horrorclowns können Starkult. Religiös. SektenHaft. Eine gute Erklärung.



    Und in solchen Organisationen sind die AnhängerInnen der Verantwortung enthoben. Das macht das Leben einfach. Sie sollen nur Volksam sein. Man übt die Liturgie und füllt den Opferstock. Dann bleiben sie verschont. Dann werden sie belohnt.

  • Ja, die Welt ist nicht so, wie sie sein sollte. Was machen wir nun daraus?

    Zur Wahl ermuntern, mal eine Demonstration machen, selbst wählen, auch mal mit Schwankenden reden, jede und jeder nach den Kräften.

  • "Kein Weg, seine Absichten geheimzuhalten, ist sicherer als der, sie in programmatischen Propagandaschriften millionenfach zu verbreiten. Als Hitler unermüdlich versprach, die Juden umzubringen, hat niemand das geglaubt. Was herauszufinden keine Mühe gekostet hat, wird auch nichts wert sein, denken die Leute und haben meistens recht. Es muss nur fett genug gedruckt in der Zeitung stehen, dass mit einem Schlag die Welt in die Luft gesprengt werden kann, und alle werden diese Tatsachenmeldung für die gewohnte Sensationsmache oder Propagandalüge halten." wolfgang pohrt: jonestown/guayana. in: ausverkauf, 1980. darin viele aufschlüsse über den zusammenhang von autoritärem charakter, sekte als grundform der volksgemeinschaft & unbedingter faschismusbereitschaft.

  • seeßlens hier ungenannt bleibende provinzstadt liegt im allgäu & heißt kaufbeuren. vor einigen tagen hat sogar der guardian über die bayerische braune brut berichtet. als dort aufgewachsener & rechtzeitig entkommener irritiert mich jedoch: warum überrascht es einen opa gegen rechts, dass dort so viele rechte opas, omas, söhne & töchter ein so ungeheures faschismus-potential bilden? erinnert sei an die letzten landtagswahlen: wählen in KF knapp 2/3 der ureinwohner*innen seit jeher pechschwarz mit braunen untertönen, so verteilten sie es letztes jahr halt etwas fairer auf die mittlerweile wählbaren 3 teile der alten csu: so kommt die nsafd in KF auf knappe 20 %! ihr spitzenkandidat ist beruflich folgerichtig ein "Anlagenführer". zugleich machten um die 20 % ihr hakerl unter aiwangers FW-kreuzle. die gute alte csu, mit den fw quasi die afd am bayerischen kabinettstisch, bekam 35%... ca. 75% aller kaufbeurer wählten eine partei mit in nuancen unterschiedlichen schwarz-braunen schattierungen: FUCKING FÜNFUNDSIEBZIG PROZENT!!! da sind die omas & opas gegen rechts eine sehr kleine gesellschaftliche minderheit!!! somit ist der gemeine bayerische bazi nichts anderes als ein...

  • Figuren wie Krah oder Trump sind Projektionsfläche für das "wird man doch noch sagen dürfen" zu Themen, die Putins Trolle in den sozialen Medien als "linksgrünversifft" markieren. Selbstkritisch kann man bei vielen Themen wie "Klima" und "Gender" auch tatsächlich eine Alternativlosigkeit in der Argumentation der "Gegenseite" feststellen (beim Klimathema aber immerhin mit den handfesten Modellen der Wissenschaft im Rücken). Je mehr Bereiche aber als "Alternativlos" definiert werden, desto höher kocht der Impuls der Gegenseite "es denen zu zeigen" und das geht aktuell mit Stimmen für die rechtsradikale Pseudo-Alternative ganz gut, weil man dann immerhin bei Maischberger, Lanz und der Tagesschau zum Thema wird und sich die Gegenseite gruselt.

    Mir ist das alles sehr zuwider, aber ich finde Wagenknecht als "Alternative", die immerhin nicht offen faschistisch ist und einige der Kontrapositionen abdeckt, tatsächlich als eine Art "Entlastungsbruch" im Meinungsstreit wichtig.

    Ich sehe auch nicht, dass wir in ruhigere Zeiten zurückkehren werden. Aber die Trolle einzudämmen wäre wichtig, hier schlafen die Behörden und zuständigen Dienste.

  • Hoffen wir, daß Krah gleich die "Führungsriege" der Alternative für Doofe mit in den Abgrund zieht!

  • Sekte ja, aber nicht Krah-Sekte.



    Krah ist nur einer ihrer Hohepriester, so wie Höcke, Sellner, Kubitschek, Orban, Zemmour/Le Pen/Maréchal, Meloni, Wilders usw.



    Die Sekte (oder ihr Haupt-Kern) heißt Neo-Eurasismus, ihr Vordenker Aleksandr Dugin. Und sie ist eine krude Mischung aus völkisch-esoterischen Rassenlehren, der Heartland-Theorie und orthodoxem, nationalistisch-autoritärem Christentum.

    • @B. Iotox:

      Es gab in Europa schon einen florierenden Rechtsextremismus, als Russland noch eher die traditionellen Verbindungen zu postkommunistischen Parteien gepflegt hat und Dugin (der sich selbst auf westliche Rechte bezieht!) noch eine Randfigur war - die Karrieren von Wilders und Le Pen haben schon begonnen, bevor sich Russland der europäischen Rechten zugewandt hat; Wilders Ideologie ist eher vom amerikanischen Neokonservatismus geprägt; insbesondere seine manische Islamophobie ist Dugin fremd, dessen Feindbild eher liberale Westler als fromme Muslime sind. Man könnte hier weiter ins Detail gehen, aber der Punkt sollte klar geworden sein: der Rechtsextremismus in Europa ist zu einem guten Teil hausgemacht; reflexhaft auf Moskau zu zeigen, ist auch eine Flucht vor der eigenen Verantwortung.

      • @O.F.:

        Sie haben gut dargelegt, wobei es in der Debatte wirklich geht. Betrachtet man es aus medizinischer Perspektive: eine Schwächung des Immunsystems wird erst zum Einfallstor für alle möglichen Infekte.



        Den schlechten Gesundheitszustand des westlichen Demokratiemodells hat Putin jedenfalls genau studiert - und genau da setzt er an.

    • @B. Iotox:

      Ja, es führen viele Strippen nach Russland.

      • @drusus:

        Ist Russland denn überhaupt die Zentrale dieses neuen eurasisch-braunen Sumpfes? Oder doch nur eine “Filiale” dessen, was jetzt europaweit sein Haupt erhebt? Putin selbst meint ja, gegen den ukrainischen Faschismus und seine westlichen Unterstützer kämpfen zu müssen - oder er gaukelt es seiner Bevölkerung vor. Ernst nehmen muss man das jedenfalls nicht.



        Ich tue mich schwer mit der Kalten-Kriegs-Neuauflage dieser “Alle-Wege-führen-nach-Moskau”-Rhetorik. Warum? Sie ist mir zu undifferenziert, um das Phänomen Faschismus wirklich zu erklären - und sie ist zu wenig selbstkritisch und selbstreflexiv: weil sie die Entwicklung des Faschismus aus den Widersprüchen und der Krise sowohl der kapitalistischen Ökonomie als auch des liberal-parlamentarischen politischen Systems nicht erklären kann, ja, dazu nicht einmal ansatzweise bereit ist.



        Den Aufstieg des europäischen Neo-Faschismus lediglich als “äußere” Bedrohung aufzufassen, wäre jedenfalls bei weitem zu kurz gegriffen.

        • @Abdurchdiemitte:

          > jetzt

          Da liefern Sie das Schlüsselwort für die Antwort auf Ihre Fragen ja gleich mit: Sie sehen den Faschismus sich "jetzt" erheben. Da greift Ihre Argumentation zu kurz.

          Menschen die sich mit dem Thema schon länger beschäftigen wissen, dass Putins Hybrider Krieg gegen die liberale Demokratie(n) schon seit mindestens 2014 läuft. Ihr "jetzt" ist das Ergebnis von 10 Jahren Desinformation, Hetze und Zersetzung - nicht nur, aber auch durch Putins Trollfabriken und Fünfte Kolonnen. Von großzügigen "Krediten" an rechte Parteien. Von Einladungen rechter Politiker nach Moskau mit schönen PR-Fotos (erinnern Sie sich an Le Pens Wahlflyer von Anfang 2022?).

          Niemand sagt, dass der Rechtsruck in Europa nur an Putin hängt - in jedem Land gibt es genügend rechte Mitspieler, Profiteure, Medienmacher. Aber sein Hybrider Krieg ist der zentrale, überall wirkende Einflussfaktor. Und das z.B. von Medwedew offen proklamierte russisch dominierte Eurasien von Lissabon bis Wladiwostok (natürlich illiberal bis autoritär regiert und ethnopluralistisch gereinigt) anstelle von EU und NATO das mehr oder weniger offen proklamierte Ziel der Rechten.

          • @B. Iotox:

            Einige Fragen: wäre es aus Ihrer Sicht etwas GRUNDSÄTZLICH anderes, wenn Krah seine Direktiven direkt aus der Parteizentrale der US-Rspublikaner entgegennehmen würde und Bystron sein Geld direkt aus den Händen des Trump-Wahlkampfteams? Änderte DAS etwas an dem faschistischen Charakter der von diesen Politikern vertretenen Ideologie?



            Lässt es aus Ihrer Sicht den italienischen Neo-Faschismus einer Giorgia Meloni - manche sprechen bereits lieber von Post-Faschismus, als ob es sich um eine überwundene Geisteshaltung handelte - in einem sanfteren Licht erscheinen, weil sie an der Seite der EU - anders als Orban und Fico - entschieden dem russischen Hegemonialismus in der Ukraine entgegentritt? Oder die restriktive Asylpolitik der italienischen Regierung inzwischen längst offizielle EU-Linie ist? Dito Le Pen und Wilders?



            Mal etwas provokativ: wer ist Medwedew, wer Dugin - wenn es Russland nicht einmal ansatzweise gelingt, seine ursprünglichen Kriegsziele in der Ukraine zu erreichen?



            Sie haben sich ein wenig an meinem „jetzt“ festgebissen. Wenn ich von „selbstkritisch“ und „selbstreflexiv“ spreche, meine ich jedoch, sich genau die oben angeführten Fragen zu stellen.

            • @Abdurchdiemitte:

              Ihre Republikaner-Meloni-Strohmänner sind völlig irrelevant.



              Und Ihre müde "Provokation" zeigt, dass Sie im konventionellen Denken des kalten Krieges verhaftet sind und nicht erfassen, was gerade auf Putins Hybriden Schlachtfeldern geschieht. Putins Krieg in der Ukraine hat bereits wesentliche Ziele erreicht: Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern liefern seinen Trollen & Fünften Kolonnen täglich Material zur Destabilisierung der aufnehmenden Gesellschaften. Viele ukrainische Frauen werden auch nach dem Krieg in den Nachbarländern bleiben und dort Kinder bekommen statt in der Ukraine. Und die Demografie der restlichen ukrainischen Bevökerung lässt es fraglich erscheinen, ob/wann/wie sie sich von diesem Krieg erholen wird. Dass die Geländegewinne im konventionellen Teil seines Krieges bisher deutlich schlechter gelaufen sind als geplant ist offensichtlich, aber die Zeit - in Gestalt der langsam ausblutenden Manpower der Ukrainer - arbeitet für Putin. Und wie wird wohl die Unterstützung füt die Ukraine aussehen, wenn der US-Präsident Trump heißt, die frz. Präsidentin Le Pen und der dt. Außenmimister Chrupalla? An diesen Fronten gewinnt Putin, und darauf kommt's wirklich an.

        • @Abdurchdiemitte:

          Das Wirken der russischen Trolle ist hinreichend aufgedeckt, die Finanzierung der europäischen Rechtsextremen durch Russland steht auch ausser Frage. Ich sehe in Russland kein ideologisches Zentrum der durchaus heterogenen EU Neo-Faschisten, aber die Rechtsextremen sind ein wichtiges Vehikel in Putins Destabilisierung Programm - und es ist erschreckend erfolgreich.

          • @drusus:

            Zu den Geneinsamkeiten der neuen europäischen Faschisten und die Überschneidungen mit den Neo-Eurasianern empfehle ich das Kapitel über Dugin in Claus Leggewies "Anti-Europäer". Bei Suhrkamp oder der BpB.

            Erinnern Sie sich an Höckes TV-Interview auf dem EU-Parteitag seiner Partei? "Die EU muss sterben damit das wahre Europa leben kann"

          • @drusus:

            Dem widerspreche ich auch überhaupt nicht. Aber fragen Sie die Leute auf der Straße mal - gerade die AfD-affinen -, was denn so „ihre“ Themen sind (ein Tipp: vermeintliche Belastungen der Sozialsysteme durch die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge sind es nur am Rande, Islamfeindlichkeit und Grünen-Hass beispielsweise spielen da eine weitaus größere Rolle).



            Ein weiterer Grund wird aktuell von der CDU ja groß plakatiert: die Ampel - bringt für die Europawahl (!) wenigstens 30% ein!



            Kein Wort dabei von etwaigen Putin-Trollen.

  • "Diesem Mann geht es noch nicht mal um furchtbare Ideologie und Politik, es geht ihm nur um sich selbst. Wir haben hier die vorläufige Abschieds­vorstellung eines politischen Horrorclowns gesehen, eines Erweckungs-Scharlatans, dessen schmutzige Tricks man leicht durchschauen könnte."



    Die Copy-and-Paste Vorlage für Kommentare zu Trump, Putin, Orban und weitere. Nur das mit dem Abschied könnte sich als unzutreffend erweisen. Horrorclowns wählen Horrorclowns.

  • Danke für diesen tollen, einfühlsamen, Artikel!



    Darum geht es nämlich, beim Bruch in der Gesellschaft:



    wie kann es sein, dass X und Y, die man/frau doch zu kennen glaubte, so abdriftet?



    Ich habe mich von diversen QuerdenkerInnen, während Corona abgewand, und die Zeit seitdem hat Nichts daran geändert.



    Zum Glück musste ich bisher nicht die Erkenntnis erleben, dass einE BekanntEr sich als "afd" WählerIn outet .



    Da wäre dann auch kein Diskussionsbedarf meinerseits, sondern einfach Ende Aller Diskussion.

  • Persönlich kenne ich keinen Spitzenpolitiker, vermute aber, dass man, um in die Sphären hoher Bekanntheit zu gelangen, zwangsläufig aus einem besonders zähen Garn gehäkelt sein muss. Führungspersonen egal welcher Parteien geht es in überwiegender Zahl, mein Verdacht, genau wie Krah auch hauptsächlich um sich selbst.

    Manches rechte Wahlvolk verdächtige ich, angestachelt durch die Verheißung großer Reichweite, mit der Absonderung wahllos kruden Zeugs aus der Anonymität/Bedeutungslosigkeit heraustreten zu wollen.



    Und dabei wird die Latte für das spontane Ausleben persönlicher Affekte ständig niedriger gelegt. Die "Codes der bürgerlichen Gesellschaft: Vernunft, Respekt, Anstand, ordentliche Sprache, Ehrlichkeit, Würde" existieren nicht (mehr) oder werden im Sinne einer menschenverachtenden Weltanschauung umgedeutet.

    • @Schießbudenfigur :

      Ja, neee - falsch. In Wirklichkeit ist es erschreckend einfach, diese Politiker sind keine Raketenwissenschaftler.

      Ich verrat Ihnen mal wie's geht:



      1) Erzählen Sie den Leuten, dass sie toll sind, richtig wertvoll und bedeuten; dann haben Sie deren Aufmerksamkeit.



      2) Fragen oder implizieren Sie, dass diese tollen Leute nicht die Wertschätzung und Anerkennung kriegen, die sie verdient haben.



      3) Der Grund dafür kann nur sein, dass sie von anderen nicht so tollen Leuten um ihre Verdienste betrogen werden.

      Das war's auch schon und funktioniert fast immer. Beobachten Sie mal den Wahlkampf der AFD. Oder eine Rede von A.Hitler. Oder wie der Dorfcasanova seinem Nachbarn die Frau ausspannt.

      (Bei SpiegelTV gibt's grad was über Krah, da kann man sehen wie er einem Jungen erzählt, er sei was ganz besonderes, weil er hetero-bio-deutsch ist, aber deswegen würde er ja, von wem auch immer, heutzutage verachtet werden)

      Das ist kein wahllos krudes Zeug, was die AFD da brabbelt. Das ist alles wohl durchdacht.

      Aus diesem Blickwinkel macht die AFD einen erstklassigen Wahlkampf. Und wenn man dagegen die Wahlplakate und -auftritte der anderen Parteien betrachtet, kann man sich nur weinend abwenden.

      • @Sauerkotze:

        Top Analyse. Die Politiker der AfD glauben daran in den meisten Fällen aber auch selber.

        • @FancyBeard:

          Eigentlich ist es egal, ob die Protagonisten diese „Lehren“ wirklich selbst das glauben, was sie da verkünden. Es zählt, dass sie die Instrumente der Manipulation, der Desinformation und der Massensuggestion nahezu perfekt beherrschen.



          Höcke ist ganz gewiss ein Überzeugungstäter, so wie es Hitler auch war, der glaubte, das Judentum habe sich gegen ihn persönlich und das deutsche Volk verschworen. Andere sind schiere Opportunisten oder Machttaktiker - wie Meuthen (vor ihm Lucke, Petry etc.), bevor er die Reißleine zog, oder die derzeitige Parteiführung um Chrupalla und Weidel. So schätze ich es jedenfalls ein.



          Dass das Ganze so oder so in einer furchtbaren Katastrophe enden kann, steht allerdings fest - und deshalb muss die AfD gestoppt werden.

  • Lieber Georg Sesselen.

    Von mir ein paar Anmerkungen zu dem Artikel.

    Das eine:



    Offensichtlich sind Menschen in der Lage einen Teil ihrer Person (Persönlichkeit kommt mir da kaum noch über die Lippen oder in die Tasten) abzuspalten und neben ihrem "alt"bürgerlichem Teil (auf-)leben zu lassen.



    Sie selbst fühlen sich immer noch komplett und unbeschädigt.

    Das andere: "Sekten" sind per Defintion Minderheiten.



    Dieses Stadium haben die hier angesprochenen lange hinter sich gelassen.



    Wir habe es verschlafen :-(( und/oder es kleingeredet und für ungefährlich gehalten.



    Dass es eine Art Religion zu sein scheint, mag ich auch so sehen.



    Jedes religiös überhöhte "Bekenntnis" ist mir zuwider und ich halte sie alle für gefährlich.

    Das einzige was mich hoffen lässt, ist, dass es im Moment so viele verschiedene nebeneinander gibt.

    In jeder Hinsicht.



    Unsere schnelllebige Zeit bringt gerne wieder was "neues" hervor - und wenns eins der alten Themen ist.



    Ich glaube nicht daran, dass die Menschheit insgesamt mal besser und mal schlechter ist.



    Es ist immer nur eine Frage der Machtverhältnisse.



    Mal überwiegen die "Guten", mal die "Schlechten".



    Wer zu welchen gehört bestimmt wieder die Mehrheit.

    • @Friderike Graebert:

      Es scheint inzwischen ja so etwas wie ein "professionelles" psychologisches Knowhow zu geben, wie man so eine sektenartige Gefolgschaft herstellt. Trump, Farage, Krah, Höcke und einige mehr, vermitteln nicht den Eindruck, aufgrund von persönlichem Charisma oder Intelligenz alle auf ähnliche Verfahren gekommen zu sein, wie sie ihre Glaubensgemeinschaft schaffen und gegen äußere Einflüsse abschotten können. Wo haben diese Leute das Knowhow dafür her?



      Oder sollen das alles zufällige Ähnlichkeiten sein?

  • Schöner Artikel und danke für den unermüdlichen Einsatz an der Demofront!

    Allerdings brauchen wir noch etwas anderes. Eine Art bildungstechnisches Upgrade. Wir Menschen müssen in großen Mengen lernen zu verstehen, dass wir programmiert sind wie die Süchtigen uns ständig in Gruppen von "Die" gegen "Uns" zu definieren und aufzustellen. Die Forschung dahinter kommt aus der Verhaltensbiologie und der Neurobiologie und das Thema das wir angehen müssen - um uns davon zu emanzipieren, wenigstens aber weiter zu entwickeln - lautet "Tribalismus". Diesen müssen wir endlich beginnen hinter uns zu lassen. Er ist zutiefst archaisch und in heutigen Zivilisationen bedenklich geworden. Es gibt aktuell kein wichtigeres Problem. Gesehen wird es leider nur von einer kleinen Anzahl Menschen.

    Leider habe ich gerade nur einen englischen Link parat, der allerdings extrem gut und in erträglicher Kürze das Thema erläutert:

    youtu.be/14XSzWT4v...i=O1wjhrF3p1nj5jD1

  • 8G
    81283 (Profil gelöscht)

    Der Sachverhalt, dass sich einige Prozent der Gesellschaft mithilfe der AfD öffentlich als egoistische Gesellschaftsverweigerer outen und radikalisieren, ist perfekt auf den Punkt gebracht.

    Aber das kann nur darin resultieren, dass wir diesen Menschen nicht die gewünschte Aufmerksamkeit zukommen lassen, sondern aktiv die wirklichen Probleme der Gesellschaft lösen: Klima, Integration, Verkehrswende, Energiewende, Eintreten für Demokratie.

    Wir verhalten uns seit 2016 wie eine Schulklasse mit einigen, wenigen Bullys, die mit Absicht provozieren und keinen regulären Unterricht möglich machen. Ich habe kein Interesse, mich weiterhin um Herrn Krah zu kümmern, sondern um die Zukunft, die ist wichtiger.

    • @81283 (Profil gelöscht):

      "Aber das kann nur darin resultieren, dass wir diesen Menschen nicht die gewünschte Aufmerksamkeit zukommen lassen, sondern aktiv die wirklichen Probleme der Gesellschaft lösen: Klima, Integration, Verkehrswende, Energiewende, Eintreten für Demokratie."

      Wer ist "wir"? Zieht dieses wir bei diesen Themen nicht nur am gleichen Strang, sondern auch in die gleiche Richtung? Insbesondere dann, wenn man auch noch Schlagworte ergänzt, die irgendwas mit "Sozialem" zu tun haben - so etwas fehlt nämlich in der Aufzählung vollständig...

    • @81283 (Profil gelöscht):

      Als es noch "einige Prozent" waren und nicht ca. 1/5 der Wahlberechtigten (mit BSW und "anderen") hätte man es nicht medial hochkochen dürfen und hätte es vlt. ignorieren können. Aber Lanz, Maischberger und vor allem die sogenannten "Sozialen Medien" nähren sich aus den polarisierenden Emotionen und verstärken die Gruppenränder. Ich sehe die ganze Entwicklung gerade maximal pessimistisch und leider dabei auch den deutlichen Einfluss der EU-feindlichen staatlichen Akteure mit denen man jahrelang gute Gasdeals ausgekungelt hat. Hier fehlt mir auch nach wie vor die politische Selbstkritik der daran beteiligten Parteien.