Braunkohle-Entscheidung in NRW: Laschet bremst beim Klimaschutz
In NRW setzt der CDU-Chef und mögliche Kanzlerkandidat Armin Laschet weiter auf Braunkohle – und erntet heftige Kritik von Umweltschützer:innen.
„Zynisch“ und „nicht zukunftsfähig“: Mit scharfer Kritik reagierten Umwelt- und Klimaschützer:innen auf die neue Braunkohle-Leitentscheidung der nordrhein-westfälischen Landesregierung von Ministerpräsident Armin Laschet. Mit seiner Bereitschaft, den Klimakiller Nummer 1 noch bis 2038 zu verstromen, setze der CDU-Bundeschef „auf eine Energieform aus dem 19. Jahrhundert“, so die Kohle-Expertin der Klima-Allianz Deutschland, Jasmin Ziemacki, am Mittwoch bei einer Online-Pressekonferenz. „Laschet hat keine hinreichende Antwort auf die Klimakrise und blockiert eine kohlefreie Zukunft“, erklärte Dirk Jansen vom Umweltverband BUND in NRW.
Wohl um den potentiellen Kanzlerkandidaten aus der Haupt-Kritiklinie zu nehmen, war die Grundsatzentscheidung am späten Dienstagnachmittag von FDP-Landeswirtschaftsminister Andreas Pinkwart präsentiert worden – Laschet selbst blieb unsichtbar. Danach sind die westlich des Braunkohle-Tagebaus Garzweiler liegenden Dörfer Keyenberg, Berverath, Kuckum und Ober- und Unterwestrich weiter von vollständiger Zerstörung bedroht. Die „Devastierung“ Keyenbergs als erster zu opfernder Ort ist allerdings nicht mehr für 2024, sondern 2026 geplant.
Da 2026 eine Überprüfung der Geschwindigkeit des Kohleausstiegs gesetzlich vorgesehen ist, gewährt Laschets Regierung den Dörfern damit einen Hoffnungsschimmer: Sollte immer kostengünstiger produzierte erneuerbare Energie verstärkt Kohlestrom aus dem Netz verdrängen, könnten die Ortschaften vielleicht überleben. Pinkwart sprach von einer „gewissen Perspektive“, betonte aber, die sei „keine Garantie“.
Anwohner:innen kündigten deshalb neue Proteste gegen die Zerstörung ihrer Heimat an. Schon heute schrieben „Braunkohle-Kraftwerke rote Zahlen“, werde der Klimakiller für eine sichere Stromversorgung nicht gebraucht, erklärte David Dresen von der Initiative „Alle Dörfer bleiben“.
Nicht tragfähig sei dagegen das Argument der Regierung Laschet, nur der Weiterbetrieb von Garzweiler ermögliche eine schnellere Schließung des Tagebaus Hambach und damit den Erhalt des Hambacher Walds. Das bis zu 410 Meter tiefe riesige Loch sorge für ein „Mikroklima mit höheren Temperaturen, höherer Verdunstung, höheren Windgeschwindigkeiten“, sagte BUND-Sprecher Jansen. Schon heute müssen dort Autobahnen wegen Staubstürmen gesperrt werden – und den Bäumen droht die Vertrocknung.
Trotzdem sehe die Leitentscheidung vor, dass die Kohlebagger bis auf 50 Meter an den Hambacher Wald heranrücken dürften, so Jansen. Außerdem drohe dem Wald eine „Insellage“: Um RWE finanziell zu entlasten und kostengünstig Material zur Stabilisierung der Tagebauränder zu gewinnen, sollen die Oberböden auf einer Fläche von 600 Hektar bis zu 60 Meter tief abgebaggert werden – der Kohlegewinnung dient das nicht.
„Klimapolitisch untragbar“ sei die Leitentscheidung, erklärte auch der Greenpeace-Energieexperte Bastian Neuwirth. Schließlich sollen danach im rheinischen Revier bis 2028 noch mindestens 900 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert werden und damit auch 900 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre geblasen werden – das ist mehr als ein Jahresausstoß der gesamten Bundesrepublik, der 2020 bei 739 Millionen Tonnen lag.
Allerdings: „Typisch für die Regierung Laschet“ sei die kohlefreundliche Leitentscheidung, sagt Jansen – das zeige auch das NRW-Klimaschutzgesetz, das am Donnerstag zur ersten Lesung im Landtag ansteht.
„Klimapolitischer Stillstand“
Laut Energieexpertin der Landtagsgrünen, Wibke Brems, bedeutet der schwarz-gelbe Entwurf „klimapolitischen Stillstand“ und ignoriere die verschärften EU-Klimaziele. Auch dem Pariser Klimaschutzabkommen werde das Gesetz nicht gerecht, kritisiert zudem die Deutsche Umwelthilfe (DUH): „Die NRW-Landesregierung rudert beim Klimaschutz zurück“, drücke etwa bei der Windkraft „auf die Bremse“, so DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.
Außerdem versuche das Kabinett Laschet, Einspruchsmöglichkeiten von Bürger:innen und Umweltverbänden über ein neues Landesplanungsgesetz auszuhebeln, klagt Jansen vom BUND. „Laschet kann nicht Kanzler“, warnt er deshalb. „Ob beim Klimaschutz, beim Umweltschutz, in der Landwirtschaft: In NRW betreibt er nur rückwärtsgewandte Klientelpolitik zugunsten der Industrie.“
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