Brauerei-Chef steht SS-Verein vor: Gebraut mit zuviel Tradition

Das Bündnis gegen Rechts protestiert gegen eine Brauerei in Prenzlauer Berg. Ihr Chef steht einem SS-Veteranenverein vor.

Viele Flyer in Briefkästen

„Kein Bier von, für und mit Nazi-Fans“ steht auf den Flyern des Bündnisses gegen Rechts Foto: Berliner Bündnis gegen Rechts

Weil der Chef einer finnischen Brauerei mit Filiale in Prenzlauer Berg zugleich Vorsitzender eines SS-Veteranenvereins in Finnland ist, hat das Berliner Bündnis gegen Rechts die Nachbarschaft in der Göhrener Straße mit 3.000 Flyern darüber informiert.

„Kein Bier von, für und mit Nazi-Fans“ steht in altdeutschen Lettern auf dem Flugblatt, mit dem das Bündnis zum Boykott der Brauerei aufruft und das Anwohner*innen vergangenes Wochenende in Briefkästen, hinter Scheibenwischern und auch an der Tafel der Brauerei finden konnten, die das hauseigene Craft-Bier anpreist.

Der Chef der Brauerei und Vorstand des SS-Vereins, Pekka Kääriäinen, kündigte in der Morgenpost umgehend eine Anzeige an, weil er sich verleumdet fühle. Der taz gegenüber wiegelte er jedoch ab: Es sei doch alles ein Missverständnis, vor einer Anzeige würde er lieber erst mal über alles reden.

Sein Veteranenverein sei politisch neutral. Weder er noch sein Vater, der für die Waffen-SS an der Ostfront gekämpft hatte, seien Nazis. Vielmehr seien die SS-Männer finnische „Patrioten“. Der Verein sei nach dem Krieg lediglich zur finanziellen Unterstützung der Veteranen und ihrer Familien gegründet worden, so Kääriäinen.

Stolze Himmler-Zitate

Nach der jüngsten Flyer-Aktion sah sich die Brauerei allerdings gezwungen, sich auf Face­book zu äußern. Man wolle klarstellen, dass „unser Unternehmen auf keiner Ebene und in irgendwelcher Art mit den in den Flyern erwähnten finnischen Veteranenverbänden in Verbindung steht“.

Unbestritten bleibt allerdings Kääriäinen, auch Geschäftsführer der Berliner Filiale, weiterhin Vorsitzender des SS-Veteranenvereins und Chefredakteur der zugehörigen Zeitschrift namens Achtung, die das Andenken von die 1.408 finnischen Freiwilligen ehrt, die in der SS-Division Wiking in Osteuropa kämpften.

Genau das kritisiert auch das Bündnis gegen Rechts. Voller stolz werde etwa Heinrich Himmler zitiert, wie er die Einsatzbereitschaft der finnischen SS-Männer lobte. Bündnis-Sprecher David Kiefer sah einer etwaigen Klage gelassen entgegen: „Wir können alle unsere Aussagen belegen und finden es super, wenn er Anzeige erstattet. Das schafft noch mehr Öffentlichkeit.“

Erst jüngere historische Untersuchungen, etwa die des finnischen Historikers Andre Swanström, plädieren für ein kritisch-differenzierteres Bild der finnischen SS-Freiwilligen. Zuletzt gab es in Finnland eine gesellschaftliche Debatte darüber, ob und inwiefern auch Finnen an Kriegsverbrechen und Grausamkeiten beteiligt waren. Kääriäinen nannte das „ungerechte Anschuldigungen und Verdächtigungen“, während er mit Papas Stahlhelm für ein Magazin posierte.

Finnische SS-Männer an Kriegsverbrechen beteiligt

Blöd nur, dass eine erst Anfang Februar veröffentlichte Untersuchung des finnischen Nationalarchivs zum gegenteiligen Schluss kommt: Finnische Soldaten seien sehr wohl an Grausamkeiten beteiligt gewesen, wie Historiker*innen aus zahlreichen Tagebüchern der Freiwilligen herausarbeiteten. Und das, obwohl davon auszugehen ist, dass diese selbst noch ihre Taten in ihren Aufzeichnungen beschönigten.

Auf der Website des Traditionsvereins „Veljesapu-Perinneyhdistys ry“ (Brüder Hilfe e. V.) prangten bis vor Kurzem noch Hakenkreuze und SS-Runen in Wehrmachtsästhetik.

Nachdem die taz über die Brauerei und das fragwürdige Geschichtsbild des Inhabers im Zusammenhang mit der Grünen Woche berichtete, wurden zumindest SS-Runen und Hakenkreuze vom Kopf der Webseite entfernt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.