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Brandanschlag auf Tesla-FabrikSchräg und unverantwortlich

Nanja Boenisch
Kommentar von Nanja Boenisch

Der Brandanschlag auf einen Hochspannungsmast sorgt für einen Aufschrei. Die Kritik ist berechtigt, sollte aber nicht vom Konflikt ablenken.

Die Tesla-Gigafactory in Grünheide Foto: Jochen Eckel/imago

B ei Tesla in Grünheide stehen die Bänder still. Vermutlich noch eine ganze Woche lang. Darüber können sich allerdings Geg­ne­r:in­nen des US-amerikanischen E-Autobauers kaum freuen. Ein Brandanschlag auf einen Hochspannungsmast, zu dem sich die sogenannte Vulkangruppe bekannte, hat nämlich nicht nur Tesla lahmgelegt.

Den Anschlag zu verurteilen, ist vernünftig. Der Vulkangruppe, deren Bekennerschreiben die Polizei inzwischen als echt einstuft, muss klar gewesen sein, dass sie nicht nur Tesla trifft. Das Feuer ließ den Strom in sechs Gemeinden ausfallen, zehntausende Menschen sollen betroffen gewesen sein. Auch Menschen in Krankenhäusern und Altenheimen, sagt Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD).

Diese Leute in Gefahr zu bringen, um deutlich zu machen, dass der Me­ga­konzern Tesla in seinen Fabriken Leute in Gefahr bringt, ist nicht nur schräg, sondern unverantwortlich. Mehrere Po­li­ti­ke­r:in­nen kritisieren das zu Recht. Ihre Reaktionen gehen jedoch in vielen Fällen weit darüber hinaus – und damit ebenso in eine schräge Richtung.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnte am Mittwoch in der Rheinischen Post vor dem „vom Linksextremismus ausgehenden Gefährdungspotenzial“. „Der Rechtsstaat wird auf einen solchen Sabotageakt mit aller Härte reagieren“, kündigte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) schon am Dienstag an, noch bevor sich die Vulkangruppe zur Tat bekannt hatte. Die Tat als Beweis vermeintlicher linksradikaler Gewaltbereitschaft zu brandmarken und lautstark Repressionen anzudrohen, hilft doch auch nicht – und lenkt von den eigentlichen Konflikten rund um Tesla in Grünheide ab.

Landesregierung unterstützt Elon Musk

Denn auch die Landespolitik hat sich bisher nicht gerade vorbildlich im rechtsstaatlichen Rahmen bewegt. Dank Brandenburgs Regierung konnte Tesla in Grünheide vor rund vier Jahren ohne Genehmigung mit dem Bau des Werks beginnen. Naturschutzverbände reichten auf ordentlichem Wege Einwände ein, um unter anderem vor dem massiven Wasserverbrauch der Fabrik im extrem wasserarmen Land Brandenburg zu warnen. Die Regierung pfiff drauf und peitschte den Bau in Rekordzeit durch. Erst im März 2023 hat Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) Tesla-Chef Elon Musk weitere Unterstützung zugesichert.

Und Tesla selbst gibt sowieso nicht viel auf rechtliche Vorgaben. Seit Jahren hat der Konzern in Grünheide viel mehr Stickstoff und Phosphor ins Abwasser geleitet als erlaubt. Abmahnungen des zuständigen Wasserverbands Strausberg-Erkner hat der E-Autobauer entweder ignoriert. Oder er versprach sich zu bessern – was mit jeder neuen Überschreitung der Abwassergrenzwerte hinfällig wurde.

Überhaupt: Dass sich ein Unternehmen selbst allzu gern als Treiber der Antriebswende im Verkehr und damit irgendeiner Art grüner Transformation geriert, dann aber kein Problem mit der Bebauung von Trinkwasserschutzgebieten hat, spricht Bände.

Vor gut zwei Wochen hat eine stabile Mehrheit der Bür­ge­r:in­nen in Grünheide dagegen gestimmt, dass Tesla seine Gigafactory ausbaut – und dafür noch mehr Wald und Wasserschutzgebiet zerstört. Über 70 Prozent der rund 9.200 Ein­woh­ne­r:in­nen beteiligten sich an der Abstimmung, 65 Prozent sprachen sich gegen die Erweiterungspläne aus. Die endgültige Entscheidung über den Ausbau und den dafür nötigen, aktuellen Bebauungsplan liegt beim Gemeinderat, der trifft sich am 14. März zu seiner nächsten Sitzung.

Das Ergebnis der Bürgerbefragung ist für die Ratsmitglieder zwar nicht rechtlich bindend. Immerhin aber ist der parteilose Bürgermeister von Grünheide, Arne Christiani, der Ansicht, dass es keine gute Idee ist, den Willen der 65 Prozent zu ignorieren. Ob er die Erweiterungspläne ganz kippen wird? Oder den Bebauungsplan neu auflegt? Bisher unklar.

Wald aus Protest gegen Tesla besetzt

Kurz nach der Bürgerbefragung haben Aktivist:innen, unterstützt von der Bürgerinitiative Grünheide, ein Waldstück besetzt, das dem Fabrikausbau zum Opfer fallen würde. Die Be­set­ze­r:in­nen vor Ort rechnen damit, dass der jetzige Bebauungsplan überarbeitet wird, aber nicht damit, dass die Politik Teslas Erweiterungsplänen eine Absage erteilt. Die mehr als 80 Ak­ti­vis­t:in­nen stellen sich mit Baumhäusern und „mit ihren Körpern“, wie sie sagen, gegen den expansiven Autobauer.

Für diese Form des zivilen Ungehorsams bekamen sie bisher Rückendeckung von den Be­woh­ne­r:in­nen der umliegenden Dörfer. Den Brandanschlag haben auch sie relativ schnell verurteilt. Das Beste, was sie aus der aktuellen Aufregung machen können, ist, die Aufmerksamkeit für ihren legitimen Protest zu nutzen.

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Nanja Boenisch
Redakteurin
Schreibt im Ressort Wirtschaft und Umwelt über Mobilität und Verkehrswende.
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15 Kommentare

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  • "Die Aufmerksamkeit für ihren legitimen Protest zu nutzen"? Genau das Gegenteil wird passieren. Der vorhandene Protest wird geschwächt und delegitimiert. Der eigentliche Feind des demokratischen Widerstands sind daher die selbstverliebten und vollkommen destruktiven terroristischen Aktionen.

  • Viele scheuen sich, von einem „Terroristischen Anschlag“ zu sprechen, weil dieser vermutlich von einer linken Organisation verübt wurde. Allerdings kann es den Betroffenen egal sein, ob „Rechte“ oder „Linke“ verantwortlich sind.



    Noch was. Die Bezeichnung „Bekennerschreiben“ ist meines Erachtens fehl am Platz. Denn man verbindet das unterschwellig mit „Bekennermut“, und dieses Wort ist doch positiv besetzt! Neulich las ich eine, wie ich finde, zutreffendere Bezeichnung: „Selbstbezichtigungsschreiben“.

  • Der weitere Konflikt, die Vulkangruppe hat für ihr Handeln keinerlei Mandat der Bevölkerung. Die Politiker die sich dazu äußern allerdings schon!

    Selbsternannte und Selbst ermächtigte Terrorisieren sind sie, sonst nichts! Solchen Leuten mit Repressalien zu drohen, damit habe ich keinerlei Probleme. Daran ist nichts schräg!

  • Ja, der Konflikt .. Den und andere wird es über kurz oder lang wohl hier eh immer weniger geben. Wahrscheinlich wird jetzt schon in der Tesla-Führung diskutiert, ob man dieses Werk tatsächlich noch weiter ausbauen oder nicht lieber gleich 100 km östlich nach Polen gehen sollte. Wie auch immer: Am Beunruhigendsten an der ganzen Geschichte finde ich eigentlich, mit welch geringem Aufwand man eine ganze Region lahmlegen kann.

  • Der Brandanschlag ist natürlich unverantwortlich. Aber genau so unverantwortlich ist es, eine Gigafactory zu betreiben, ohne sicherzustellen, dass es zwei unabhängige Stromversorgungen gibt. Oder die hauseigenen Pufferbatterien einzusetzten, um den Betrieb so lange aufrecht zu erhalten, dass man den Betrieb geordnet herunter fahren kann.



    Beides wäre vermutlich billiger gewesen.

  • Waren es wirklich "Linksradikale"?



    Könnten doch auch Rechte gewesen sein, die einfach Unruhe stiften wollen?



    Oder der Auftraggeber sitzt weiter im Osten? Dem ist doch alles zuzutrauen um unser Land zu destabilisieren.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @celcon52:

      Im Osten. Ganz im Osten. Nichts ist unmöglich.



      www.youtube.com/watch?v=tkIqeI0wZ7c

  • 1. Ein Stromausfall durch den Anschlag hätte durch N-1-Sicherheit des Netzes verhindert werden können und müssen. Das ist Schlamperei der Behörde und der Stromversorger.



    2. Wir lernen daraus, dass nicht nur Naturkatastrophen, sondern auch Verbrechen eine ernste Gefahr für die Infrastruktur sein kann und höhere Resilenz nötig wird. Das kostet Geld, das dann für Soziales fehlt.



    3. Wir werden durch stationäre Kameras und Drohnen mehr Überwachung bekommen. Denn irgendwo ist immer kritische Infrastruktur in der Nähe. Wenn man "Heimatschutz" spricht, dann sind das Reservisten bzw. Feierabend- Soldaten, die militärisch, aber nicht wie die Polizei für den Rechtsstaat ausgebildet werden.

  • Die Sache mit Phosphor und Stickstoff ist nicht ohne Komik. Das Problem wäre nicht existent, würde das Personal gewisse Geschäfte vermehrt zu Hause erledigen. Nein liebe Umweltschützer, diese Elemente fallen beim Autobau nicht an.



    Warum sich die Wasserwerker mit diesem Nicht-Problem dicke tun, bleibt ihr Geheimnis.



    Als ich jung war, hat unser Opa diesen wertvollen Dünger aus der Grube unter dem Plumpsklo direkt im Garten ausgebracht. Mancher Hobbygärtner musste ihn kaufen. Z. B. Nitrophoska blau.

  • Deutschland versucht, 1 Strommast zu reparieren. Der Kapitalismus scheint angeschlagen.

  • Was soll denn das jetzt? So ein kleines Augenzwinkern, dass man sowas natürlich nicht machen kann, wegen der normalen Bevölkerung. Aber sonst schon? Finde ich erschreckend.

    • @vieldenker:

      Naja Musk ist ein Rechtsextremist der die Demokratie torpediert, Diktatoren unterstützt und Minderheiten mit seiner Hassplattform terrorisiert.

  • Die Tat als Beweis vermeintlicher linksradikaler Gewaltbereitschaft zu brandmarken und lautstark Repressionen anzudrohen, hilft doch auch nicht – und lenkt von den eigentlichen Konflikten rund um Tesla in Grünheide ab.

    Jetzt ist halt der Anschlag das Thema. Während das eine Konflikte sind, ist der Anschlag eine Straftat. Das ist jetzt relevant. Zu dem Thema Genehmigung ist doch schon alles gesagt: Von Gerichten. Das ist kein Konflikt mehr. Das mag einem nicht passen, ist aber in einem Rechtsstaat halt der Schlusspunkt. Bleibt die zu hohe Belastung des Abwassers… Ohne das relativieren zu wollen: es geht um



    Phosphor und Stickstoff und gefährdet nicht die Trinkwasserqualität. Das ist im Verhältnis zu dem Brandanschlag kaum der Rede wert. Die Personen, die sich für die Einhaltung der Grenzwerte einsetzen, können sich jetzt bedanken. Ihre Punkte sind jetzt im Hintergrund.

    • @Strolch:

      Seid wann bitte schadet Stickstoff nicht der trinkwasserqualität ?



      Die teslaplörre gelangt übrigens über den Vorfluter Erpe in die Spree, aus dessen Wasser das Trinkwasser für die Menschen in Berlin gewonnen wird. Die Erpe mündet zwar unterhalb der Brunnengallerie in die Spree, allerdings fließt das Wasser im Sommer gern rückwärts in der Spree. Die Tenside aus dem Klärwerk Münchhofe über die erpe in die Spree gelangt, kann man im Sommer sehr gut an der Badestelle Kameruner an der Spree, oberhalb der Erpemündung erschnuppern, so gut das einem die Badelust vergeht. Der Phosphor und Stickstoff von tesla wird da zu guten Teilen auch landen.



      Hier ein link zu Stickstoff und trinkwasser:



      www.umweltbundesam...n-des-grundwassers

    • @Strolch:

      Warum soll Phosphor und Stickstoff im Trinkwasser keine Probleme bereiten, wenn Grenzwerte überschritten werden?



      Es wird mit diesem Anschlag, aber gerne auch mit jedem anderen Ereignis vom eigentlichen Problem abgelenkt, um von der Willfährigkeit der Politik abzulenken.