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Brandanschläge in BremenGegen den grünen Kapitalismus

Linksradikale haben in Bremen als Protest gegen grünen Kapitalismus Ladesäulen für E-Autos angezündet. Sie beziehen sich auf eine weltweite Kampagne.

Wer sein E-Auto hier lädt, fördert den grünen Kapitalismus, finden linksradikale Ak­ti­vis­t*in­nen Foto: Martin Schutt/dpa

Bremen taz | An gleich drei Orten in Bremen haben Linksradikale im Sommer offenbar Ladesäulen für E-Autos in Brand gesetzt. Das wurde jetzt bekannt. Zuerst hatte der Weser Kurier über die drei Anschläge berichtet, bei denen insgesamt fünf Ladesäulen beschädigt wurden. In einem Be­ken­ne­r*in­nen­schrei­ben, das schon im Juli auf der Plattform Tumulte.org veröffentlicht wurde, wenden sich die Ak­ti­vis­t*in­nen unter anderem gegen die „Fortsetzung der extraktivistischen Zerstörung der Erde“.

Unter Extraktivismus versteht man ein Wirtschaftsmodell, bei dem natürliche Ressourcen wie Bodenschätze, Pflanzen oder Tiere aus der Natur entnommen, genutzt und vermarktet werden.

Die Bremer Linksradikalen beziehen sich auf eine Kampagne, die seit Januar dazu auffordert, die „Infrastruktur des Kapitalismus“ anzugreifen und die „Illusion, der Klimawandel wäre technologisch zu stoppen“, kritisiert.

Laut dem Be­ken­ne­r*in­nen­schrei­ben haben die Ak­ti­vis­t*in­nen zunächst Mitte Juni im Bremer Stadtteil Huckelriede eine Schnellladestation auf einem Supermarktparkplatz mit Hilfe von Brandbeschleuniger in Brand gesetzt. Einen Monat später machten sie sich dann in der Bremer Neustadt ans Werk, wo sie ebenfalls eine Ladestation anzündeten.

Polizei ordnet Taten linksextremistischer Szene zu

Ein dritter Anschlag, der ebenfalls der Serie zugeordnet wird, ereignete sich Ende August in Bremen-Findorff. Hierfür liegt kein Be­ken­ne­r*innen­schrei­ben vor. Der Anschlag wird jedoch auch auf der Plattform Tumulte.org erwähnt. Bei dem Findorffer Anschlag wurden drei Ladesäulen beschädigt.

Die Bremer Polizei bestätigte der taz am Dienstag die Vorfälle. Ein Polizeisprecher spricht von einem „durchaus neuen Themenfeld“. Er teilte zudem mit, die Polizei ordne die Taten der „linksextremistischen Szene“ zu. Die Ermittlungen durch den Staatsschutz der Bremer Polizei dauern nach eigenen Angaben an.

In dem Be­ken­ne­r*in­nen­schrei­ben unter dem Titel „Von den Kosten der Energiewende“ weisen die Ak­ti­vis­t*in­nen darauf hin, wie für die „sogenannte Energiewende“ neue Rohstoffquellen und Minen für Lithium, Nickel und Gold erschlossen und neue Fabriken gebaut werden müssen, um unter anderem Batterien für E-Autos herzustellen. Sie kritisieren „Giga-Fabriken, die das Grundwasser ausbeuten“ und „neokoloniale Importstrategien“ für Wasserstoff aus Namibia und Chile.

„Der Wandel, hin zu einem grünen Kapitalismus, geht zwangsläufig mit einer Verschärfung der Ausbeutung von Mensch und Natur einher“, heißt es in dem Schreiben weiter. Unterzeichnet ist der Text mit der Parole „Switch Off! The system of destruction!“ – auf Deutsch bedeutet das: „Das System der Zerstörung abschalten“.

Diese Parole entstammt einem Aufruf aus dem Januar 2023, in dem Unbekannte unter diesem Titel zur Revolte aufrufen. Die In­itia­to­r*in­nen der Kampagne kritisieren, dass die „von den Herrschenden angebotenen Lösungen für die Auswirkungen der ökologischen Krise“ vor allem technologische sind und rufen dazu auf „das System nachhaltig anzugreifen“.

Anschläge auf Kabelschächte der Bahn und 15 Teslas

Auf einer gleichnamigen Internetseite werden Anschläge wie die aus Bremen gesammelt, die seit Januar in Deutschland und weltweit mit Bezug auf diese Parole stattgefunden haben.

So verübten im September Unbekannte mehrere Anschläge auf Kabelschächte der Bahn und brachten damit den Zugverkehr zwischen Hamburg und Berlin größtenteils zum Erliegen. In einem Be­ken­ne­r*in­nen­schrei­ben hieß es, die Anschläge hätten sich gegen „neokoloniale Ausbeutung und erdzerstörenden Extraktivismus“ gerichtet. Die taz berichtete.

Ebenfalls im September setzten mutmaßlich Linksradikale 15 Teslas in Frankfurt in Brand und bezogen sich damit unter anderem auf die Internationale Automobilausstellung, die kurz zuvor in München stattgefunden hatte. Sie kritisierten, dass „die notwendigen Rohstoffe der Akkus von Elektroautos wie Lithium und Kobalt“ in Lateinamerika und Afrika „unter miesen Bedingungen abgebaut werden“.

Auch Aktionen aus Frankreich, den USA oder Chile sind auf der Internetseite aufgelistet.

Mit ihrer Kritik am Extraktivismus sind die Ak­ti­vis­t*in­nen nicht alleine. So erklärte der Aktivist und Journalist Peter Emorinken-Donatus im August gegenüber der taz, wie die Klimakatastrophe mit Kolonialismus und Rassismus zusammenhänge und der koloniale Extraktivismus gegenüber dem Globalen Süden vor Jahrhunderten begonnen habe und noch immer andauere.

Auch im Zuge eines Gipfels zwischen der EU und Lateinamerikanischen Staaten im Juli wurde „grüner“ Extraktivismus kritisiert, der unter anderem in Argentinien zu ausgetrockneten Flüssen und verseuchten Böden führt.

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9 Kommentare

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  • Das darf natürlich nicht passieren, dass es der Kapitalismus ist, der gute Lösungen bietet. 🤪

  • Im Prinzip haben die schon recht damit dass vieles was uns heute als grün und nachhaltig angepriesen wird (Elektromobilität, Solarstrom, Windenergie, ...) tatsächlich einen andauernden enormen Ressourcenverbrauch bedingt, große Mengen an Sondermüll erzeugt, und damit alles andere als nachhaltig ist.

    Ich sehe bei diesen Linksradikalen aber (noch) kein Bekenntnis zu moderneren Technologien mit viel weniger Ressourcenverbrauch wie Kernenergie statt sogenannter "Erneuerbarer".

  • Ah ja. Das drängendste Problem ist nicht etwa der zunehmende Erfolg der AfD, es sind Ladesäulen. Wie so oft setzt ein Teil der Linken Prioritäten.

    • @Suryo:

      Das drängendste Problem DER WELT ist die Klimakrise. Es gibt keine CO2-neutrale oder umweltschonende Energieerzeugung. Der rasant steigende Abbau von Rohstoffen zur Energiegewinnung führt die Menschheit und unzählige andere Spezies mit Tempo 200 an die Wand. Regenwälder werden abgeholzt, Flüsse verseucht und Aktivisten ermordet. Im Kapitalismus kann sich das nicht ändern, denn sein Ziel ist Bereicherung durch ewiges Wirtschaftswachstum. Eine andere Wirtschaftsweise ist lebensnotwendig. Immer mehr Menschen begreifen das; selbst in den Medien wird es thematisiert. Die Kapitalisten müssen um ihr schönes System fürchten wie noch nie. Je mehr Katastrophen, desto mehr Gegenwind werden sie spüren. Daher freut es sie bestimmt, wenn rechte Schurken aller Parteien vom Klimawandel ablenken, indem sie "Asylanten!" brüllen. Es könnte ein Zusammenhang bestehen. So oder so haben wir nicht den Luxus, uns nur über eine Sauerei aufzuregen. Das muss alles gleichzeitig abgearbeitet werden.

      • @Patricia Winter:

        Mit der AfD an der Macht wird die Klimakrise garantiert NICHT bewältigt.

        • @Suryo:

          Wenn Sie denken, dass ich auf die AfD hoffe, muss ich mich wohl unverständlich ausgedrückt haben.

    • @Suryo:

      Dass das "Linke" waren und nicht einfach "Selbstdarsteller", ist eine Hypothese, die erst noch bestätigt werden muss.

      • @Ajuga:

        Ich kann die Verzweiflung der Täter nachempfinden und rechne durchaus damit, dass sie links sind. Ihre Methoden erzürnen die Falschen, aber die "Richtigen", die, die es zu erzürnen gilt, bringt nichts aus der Ruhe, geschweige denn aus dem Sattel. Die Hilflosigkeit angesichts einer völlig vermeidbaren Katastrophe, die sich in Zeitlupe vor unser aller Augen abspielt, bringt manche Leute zu Aktionen, die nicht zielführend sind. Aber was ist zielführend? Demonstrationen haben das Thema bekannt gemacht. Das Resultat: Die Politik verkündet Maßnahmen, die die Meinung der Bevölkerung um 180 Grad drehen! Ziviler Ungehorsam war die Reaktion darauf. Das Resultat: Die Medien verfluchen die Aktivisten, nicht diejenigen, die auf Koalitionsvertrag und Verfassungsgericht spucken und implizieren, es wäre OK, gewaltfreie Demonstranten zu misshandeln. Da bleibt nicht mehr viel. Ich schreibe mir die Finger wund, um die richtigen Leute zu trösten, und spare Energie wie blöd. Was besseres fällt mir nicht ein.

        • @Patricia Winter:

          Es ist zum Verzweifeln. Klimagipfel mit leeren Versprechungen, Regierungen, die ihre eigenen Gesetze nicht einhalten, Bürger, die zwar Klimaschutz wollen, aber nur, wenn es nichts kostet. Und nicht stört. Am liebsten noch ... anderswo.

          Aber auch nicht in jenen Ländern, die uns jetzt Rohstoffe liefern sollen, damit wir unser Wolkenkuckucksheim weiterbetreiben können.



          Das alles wird noch richtig heftig werden.