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Bitte an den Pariser Klimagipfel denken2015 muss sich wiederholen!

2015 war nicht nur das Jahr seltener deutscher Barmherzigkeit. Es wurden „Paris“ und die Entwicklungsziele der UN beschlossen.

Paris im Dezember 2015 während der Klimakonferenz Foto: Michel Euler/picture alliance

S o etwas gibt es sonst nur in Hollywood: einen Thriller mit Happy End. Das war für mich der 12. Dezember 2015. Ich saß im vollgepackten Plenum der Pariser Klimakonferenz zum Weltklima-Abkommen. Der Saal brummte vor Nervosität und Anspannung, Hektik, Menschengruppen, Geflüster, ratlose Gesichter. Dann knallte der Konferenzpräsident Laurent Fabius den Hammer auf den Tisch: „It is so decided!“ Riesenjubel, neben mir sprang ein sonst eher cooler US-Diplomat auf, streckte die Arme in die Luft, umarmte mich und schrie: „Yes! Yes, he did it, man!“

Für mich könnte das in Endlosschleife immer wieder laufen. Aber nicht für Armin Laschet. Nicht für Julia Klöckner. Nicht für Thomas Strobl und viele andere ChristdemokratInnen. Sie sagen: „2015 darf sich nicht wiederholen!“ Und meinen selbstverständlich die ungeordnete Einwanderung von knapp einer Million flüchtender Menschen nach Deutschland, den seltenen Fall offizieller deutscher Barmherzigkeit. Schon klar: Ausnahmezustand, Kontrollverlust, Stärkung der AfD und Schwächung der EU-Solidarität sind für eine Regierung nicht wünschenswert. Aber was gar nicht geht: „2015“ als Chiffre für Chaos und Bedrohung zu verwenden.

Denn wenn das irgendwie was werden soll mit der Rettung der Welt, muss sich „2015“ wiederholen. Und zwar dauernd und ausdauernd. Denn „2015“ steht nicht nur für das Pariser Abkommen. Sondern auch für die „nachhaltigen Entwicklungsziele“ (SDG), die sich die UN-Staaten damals versprochen haben: das Recht auf Nahrung, Bildung, Gesundheitsversorgung, Sicherheit, saubere Umwelt und Gerechtigkeit. Die SDG stehen vor allem dafür, dass wir hier die „Entwicklungsländer“ sind, die teilen und eine neue Lebensweise finden müssen.

In diesem Jahr ist bei vielen der Groschen gefallen

„2015“ bedeutet auch, dass bei vielen der Groschen gefallen ist: dass VW und andere Autobauer sich im „Dieselskandal“ einen Harnstoff um Gesetze und Gesundheit scherten. Dass die Finanzwelt um ihre fossilen Geschäfte fürchtet, Gewerkschaften merken, dass es „keine Jobs auf einem toten Planeten“ gibt und der Papst Klimaschutz und Hilfe für die Ausgebeuteten zum Glaubensbekenntnis macht.

All das ist 2015. Davon brauchen wir mehr, nicht weniger: Gerechtigkeit statt Abschottung, Solidarität statt „Das Boot ist voll“. Denn nur dann haben wir eine Chance, dass der berühmteste Satz einer CDU-Kanzlerin von 2015 Realität wird: „Wir schaffen das!“

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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4 Kommentare

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  • Als am 22. Juni 1633 Galileo Galilei in einem Dominikanerkloster, nicht unweit der Basilika Santa Maria sopra Minerva, vor einem Tribunal des Vatikanischen Klerus, seiner Theorie über die Planetenbewegungen abschwören musste (weil die Domscholaster ihn sonst einen Kopf kürzer gemacht hätten) war das Befinden der genannten Träger der Meinungshoheit ähnlich wie heute.



    Ein Naturkundler, Physiker wie Galilei war nicht gefragt. Zum Weiteren hatten jene Würdenträger, die nichts ernsthaftes zur Materie zuzugeben im Stande waren, die Meinungshoheit und waren eifrig, dem perfiden Unglauben die Stirn zu bieten.



    Sogleich beginnt der Kenner der menschlichen Natur zu verstehen; ein Muster zeichnet sich ab. Erkennen wir's..? Bleib mir weg mit der Physik, ist's doch besser im Beliebigen irgendetwas zu mutmaßen, als mit der unseligen Physik, Mathematik gar, in den Kern der Wahrheit selbst vordringen zu wollen. Und wie unsere Klerikalen damals, oder noch weiter zurück, die Schamenen, Druiden und Medizinmänner, die alle was zum Wetter beizutragen hatten, hat sich insoweit bis heute nichts geändert.



    Na, ein paar gute Beiträge gibts dann doch, etwa hier:



    www.youtube.com/watch?v=8r3g4iHYyrc

  • Richtig! So wichtig die Berichterstattung rund um Afghanistan ist: Mir geht in den letzten Tagen immer wieder der Artikel von Frau Neubauer und Frau Reemtsma zu dem katastrophalen IPCC-Klimabericht hier in der taz durch den Kopf.

    Am Ende des vierten Absatzes steht da nämlich, geschrieben vor knapp zwei Wochen: "Und nach ein paar Tagen passiert etwas anderes in der Welt, man wendet sich ab und der Bericht verschwindet in der Masse erschreckender Erkenntnisse." taz.de/IPCC-Klimabericht/!5788184/

    1,5 Grad sind weiterhin möglich! Aber eben nur, wenn wir uns verdammt anstrengen und die Politiker*innen unter Druck setzen. Wir müssen aus Afghanistan lernen, keine Frage. Aber wenn wir dabei vergessen, aus dem Klimabericht zu lernen, wird es in Zukunft noch sehr viel mehr Bürgerkriege geben als jetzt schon.

  • Schön zusammengefasst, Herr Pötter, nur leider, leider, leider



    sehr REALITÄTSFREMD

  • Ich meine mich an Berichte und den Vortrag eines an den Verhandlungen teilnehmenden GEOMAR Experten zu erinnern, die/der darauf hinwiesen, dass zum Ende Verhandlungen einige Industrienationen auf die Hinzufügung eines Punkt 4(?) "nachhaltige Entwicklungsziele" gedrängt haben, ohne den sie das Pariser Abkommen nicht unterzeichnet hätten.



    Und wenn ich mich richtig erinnere, wurde dieser Punkt mitnichten im Interesse er Entwicklungs- und Schwellenländer dort hineingeschrieben. Vielmehr hält er den Industrienationen die Tür offen, ihre Politik und Produktion beizubehalten, eben damit diese "nachhaltigen Entwicklungsziele" erreicht werden können, zu denen die ärmeren Staaten selbst nicht in der Lage sind.



    Aber es ist sicher leicht herauszufinden, ob mich meine Erinnerung trübt.