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Beschwerde beim PresseratLobbycontrol kritisiert Berichterstattung der Welt

Schlagzeilen des Springer-Blatts zu Geheimverträgen zwischen EU und Umweltverbänden hätten „einen Skandal inszeniert, wo keiner war“.

Hier wird die Zeitung produziert: der Axel-Springer-Verlag in Berlin Foto: dpa

Berlin taz | Wegen „teils falscher, teils stark irreführenden Berichterstattung“ über die Finanzierung von Umweltverbänden hat der Verein Lobbycontrol Beschwerde gegen Welt und Welt am Sonntag beim Deutschen Presserat eingelegt.

Hintergrund sind mehrere Artikel, in denen die Springer-Zeitungen behaupteten, die EU-Kommission habe für Fördergelder an Umweltverbände Lobbyarbeit von diesen verlangt. Damit haben die Medien aus Sicht von Lobby Control gegen den Pressekodex zur Pflicht zur Wahrhaftigkeit, zur Sorgfalt und zur Richtigstellung verstoßen.

Im April hatte die Welt getitelt: „EU-Kommission spannte Umweltverbände für Lobbyarbeit ein“. Zwei Monate später veröffentlichte sie einen Artikel, aus dem hervorging, der Zeitung würden „geheime“ Verträge zwischen der Kommission und den Verbänden vorliegen. Letztere sollten laut Welt dafür bezahlt worden seien, gegen Unternehmen zu klagen und Kampagnen zu organisieren.

Die erhobenen Vorwürfe wurden von zahlreichen Medien, wie zum Beispiel der ARD-Tagesschau, aufgegriffen. Daraufhin wies unter anderem die SZ darauf hin, dass sowohl die EU-Kommission als auch die Umweltverbände die Behauptungen dementiert hätten. Die irreführende Berichterstattung habe den betroffenen Verbänden großen Schaden zugefügt, so Lobbycontrol.

Der Verein sagt, dass weder die Verträge geheim noch die Umweltorganisationen von der EU-Kommission beeinflusst worden seien. Sie arbeiteten unabhängig und für einen demokratischen Ausgleich der Lobbymacht von Unternehmen. „Die Kommission macht die Vergabe europäischer Gelder nicht davon abhängig, ob die geförderten Organisation im Einzelnen immer mit der Kommission übereinstimmen“, sagt Nina Katzemich von Lobbycontrol.

Gelder für Verbände fördern Demokratie

Sie sagte zur taz, auch aus Sicht der Kommission fördere die Bereitstellung der Gelder die Demokratie. Die Welt habe sich nach Meinung von Lobbycontrol an der Diffamierung von Umweltverbänden beteiligt. Angeführt worden sei die Kampagne von Monika Hohlmeier (CSU). Zudem könne sich die Öffentlichkeit über die Existenz der Verträge auf der Webseite des Förderprogramms der EU-Kommission transparent informieren – auch darüber, wie viel Geld welche Organisation erhalten hätten.

Eine Sprecherin der Welt wies gegenüber der taz die „erhobenen Vorwürfe der Irreführung und Falschberichterstattung zurück. Die journalistischen Standards der Welt wurden im Rahmen der Recherche und Berichterstattung eingehalten“.

Bei einem Verstoß gegen den Pressekodex kann der Deutsche Presserat gegen die jeweilige Redaktion eine öffentliche Rüge aussprechen. Diese ist nicht schön für das betroffene Medium, hat allerdings keine direkten juristischen Folgen. Für die Durchsetzung von Rechtsansprüchen wie Gegendarstellung oder Schadensersatz ist das Selbstkontrollgremium der deutschen Medien nicht zuständig.

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15 Kommentare

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  • Lügen & Fake-News mit der Pressefreiheit begründen oder was denkt sich Springer ?



    Wenn man sich die Hetzerei bei den Kommentaren der Welt Leser - sich zwischendurch einmal reinzieht, um zu sehen wie die Indoktrination weiter Teile der Bevölkerung schon durch die Springerpesse fortgeschritten ist, könnte man 🤑

    • @Alex_der_Wunderer:

      Na ja, also wenn man sich die Kommentare der Taz-Leser anschaut (nicht nur zwischendurch, sondern regelmäßig), sind die ja auch nicht ganz frei von "Hetzerei". Eine seriöse Leserzuschriftenkultur gibt es leider immer weniger. online kann man halt schön schnell mal seinem Zorn freien Lauf lassen. "Springer" und "Merz" sind hier die Trigger-Begriffe, bei der Welt halt "Grüne" und "NGO". Immer schön, sich in der eigenen Blase auszukotzen und niemals auf die Idee zu kommen, der andere könnte vielleicht, unter Umständen, möglichweise wenigstens ein bisschen Recht haben. Wo kämen wir denn da hin!

      • @Karl B:

        Also sind die Parolen von den Foristen in der Springerpresse nicht eher recht einseitig ? Fundierte, durch Sachkenntnis und Fachkenntnis geprägte und unterlegte Argumente zu den Themen der Artikel, nimmt man in den Foren in der Springerpresse ehrlich wenig wahr.

  • Der Skandal ist nicht, dass Springer falsch berichtet. Ich meine, das sollte doch mittlerweile Allgemeinwissen sein. Der Skandal ist, dass sogenannt «seriöse» Medien Meldungen aus dieser Küche unhinterfragt vervielfältigen.

  • EU Kommission und betroffene Verbände dementieren die Meldung, also ist natürlich nichts dran.

    PS:



    Jens Spahn dementiert alle Meldungen daß er irgendwas falsch gemacht hätte im Zusammenhang mit Masken.

  • Ich dachte "Lobbycontrol" steht für Kontrolle des arbeiterfeindlichen NGO-Komplexes und nicht für Kontrolle der Bevölkerung durch NGOs?

  • Der Artikel verlinkt die Ausführungen von Lobbycontrol. Darin heißt es: "Der Begriff und die Berichterstattung suggerieren, es gäbe geheime Verträge, von denen die Öffentlichkeit nichts wissen soll. Das ist grob irreführend: Die Öffentlichkeit kann sich über die Existenz der Verträge auf der Webseite des Förderprogramms der EU-Kommission transparent informieren – auch darüber, wie viel Geld welche Organisation erhält. Die Förderverträge mit allen Geldempfängern – von Umweltverbänden ebenso wie von Unternehmen – sind aber vertraulich, um interne Pläne und Strategien zu schützen." Also ist der Inhalt der Verträge zwar nicht "geheim", aber "vertraulich". Besonders groß ist er Unterschied nicht.

    Außerdem schreibt Lobbycontrol: "Umweltverbände bekommen Gelder von der EU-Kommission, um ein demokratisches Gegengewicht zur massiven Lobbymacht von Unternehmen zu ermöglichen." Ein Gegengewich" zur Lobbymacht von Unternehmen können die geförderten Umweltverbände aber nur dann bilden, wenn sie Forderungen stellen, die denen der Unternehmenslobbys inhaltlich widersprechen. Also fördert die EU-Kommission die Umweltverbände für bestimmte Inhalte. Und "demokratisch"? Wer hat die Verbände gewählt?

    • @Budzylein:

      Wer wählt denn die Lobbyisten aus Industrie, Wirtschaft & Kapital ?

  • Der Springer Verlag is schon ne ganze Weile auf dem Weg zu einem europäischen Fox Corp.



    Man müsste eigentlich sofort klagen und zwar so dass sich solche Berichterstattungen, die ja mit Kalkül geschehen, diesem Konzern finanziell wehtun. Die potenziellen Strafzahlungen gehen dann driekt an die verleumdeten NGOs.



    Bei Fox haben die USA das einfach laufen lassen. Nur einmal hat's geknallt, als T. Carlson die offensichtlich falsche Behauptung der fehlerhaften Wahlmaschinen weitergeplaudert hat... Fox giftet aber immernoch rum... wo das hinführt, kann man im "Land of the Free" bewundern...



    Springer an die Kette und die sollte kurz sein...!

  • Eine seriöse Berichterstattung aus dem Springerumfeld ist wohl eher die Ausnahme. Wenn da was hochgekocht wird, ist es dringend geboten die Quellen zu prüfen. Was das Umfeld der CxU betrifft ist das auch notwendig.

  • taz: *Die erhobenen Vorwürfe wurden von zahlreichen Medien, wie zum Beispiel der ARD-Tagesschau, aufgegriffen.*

    Was ist denn bei der ARD-Tagesschau los? Die ARD-Tagesschau sollte doch wohl langsam mal wissen, dass die 'WELT' die Schwester von 'BILD' ist, und man von solchen Springerblatt-"Zeitungen" - besonders als seriöse ARD-Nachrichtensendung - niemals etwas 'aufgreifen' sollte. Irreführung und Falschberichterstattung ist doch schließlich 'das tägliche Brot' der Springer-"Zeitungen".

  • Fake-News sind überall !

    Eine Schande, dass die Strauß-Tochter da mit drinhängt.



    Aber ein Wunder ? Wohl eher nicht ...

  • Tja. Springer ist jedenfalls konsistent. Schmuddel + 50er Jahre. Und muss natürlich seiner aktuellen Haupt-Zielgruppe, dem äußersten rechten Rand Rechnung tragen.