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Benachteiligung bei der Ehe für alleMenschenrecht auf Muttersein

Kommentar von Stella Lueneberg

Queere Mütter müssen in Deutschland immer noch um Anerkennung kämpfen. Das Abstammungsgesetz sollte endlich reformiert werden.

Eine Bank im Regierungsviertel in Regenbogenfarben Foto: Andreas Arnold/dpa

D ie GroKo hat die Ehe für alle beschlossen – die Ampel löst ihr Versprechen, das Abstammungsrecht zu ändern, nicht ein. Dass zwei Mütter ins Geburtenregister für ihr Kind eingetragen werden, bleibt Zukunftsmusik. Damit werden lesbische Paare weiterhin diskriminiert: Nur die leibliche Mutter wird anerkannt. Die nicht gebärende Partnerin bekommt keinen rechtlichen Elternstatus. Frauen, die als zweite Mutter eingetragen werden wollen, können das nur über die Stiefkindadoption erreichen.

Das ist ein oft sehr aufwendiges und für die Frauen zuweilen erniedrigendes Prozedere. Ein Mann hingegen ist automatisch der rechtliche Vater eines Kindes, wenn er die Rolle anerkannt hat oder zum Zeitpunkt der Geburt mit der Frau verheiratet war. Sprich: Väter müssen nur nicken, Mütter müssen gebären, um sich die Elternschaft zu verdienen. Wie anachronistisch. Ein lesbisches Paar zog deshalb gegen die Bundesregierung vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Vergeblich.

Sie sehen ihr Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt. Die beiden Klägerinnen waren bereits vor das Kölner Familiengericht gezogen und hatten schließlich eine erfolglose Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Nun landeten sie bei der höheren Instanz, dem EGMR, das wiederum lesbische Paare als nicht für vergleichbar mit heterosexuellen Paaren betrachtet und an der bisherigen Regelung festhalten will. Einziger Weg zur Elternschaft bleibt für die Frauen die Adoption.

Die rechtliche Beziehung zwischen Eltern und Kind ungeachtet der biologischen Abstammung anzuerkennen, solange es sich um einen Mann und eine Frau handelt, sie aber nicht anzuerkennen, wenn es um zwei Frauen geht, ist nichts anderes als Diskriminierung. Elternsein war schon immer mehr als Genetik. Das Geschlecht der Eltern sollte keine Rolle spielen. Mit gutem Grund hielt die Ampel deshalb eine Reform des veralteten Gesetzes im Koalitionsvertrag fest. Wenn Kinder in die Ehe zweier Frauen geboren werden, sollten automatisch beide als Mütter anerkannt werden. Noch ist Zeit, das Versprechen einzulösen.

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Arbeitet für das innenpolitische Ressort der taz. Studierte im Master "Politics, Economics and Philosophy" in Hamburg und in London. War Redakteurin beim ZEIT Studienführer. Schreibt für die taz besonders gerne über Proteste und Petitionen.
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15 Kommentare

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  • Wer die Familie bildet und die Sorgearbeit leistet (bzw. zu leisten bereit ist) soll als Eltern gelten. Was nützt es einem Kind, wenn es (wie jetzt) von vorne herein in eine Situation geboren wird, die denen von Scheidungskindern gleicht.



    Die Annahme, dass biologische Erzeuger per se die Eignung und damit das Vorrecht hätten, diese Rolle einzunehmen, ist eine kulturelle Erfindung. Sie ist objektiv nicht haltbar.

    • @mats:

      "Die Annahme, dass biologische Erzeuger per se die Eignung und damit das Vorrecht hätten, diese Rolle einzunehmen, ist eine kulturelle Erfindung. Sie ist objektiv nicht haltbar."

      Diese angebliche "kulturelle Erfindung" gab es schon bei den Affen und ist damit Älter als das Feuermachen oder das Rad. Diese "kulturelle Erfindung" findet man auch bei den meisten Tieren vor, die Brutpflege betreiben.

      Denkt man Ihre Argumentation weiter, sollte es in Zukunft einen Elternführerschein geben und Kinder ungeeigneter biologischer Eltern würden dann an geeignete Eltern vergeben werden, die die Sorgearbeit gerne übernehmen.

      Im Übrigen, was passiert in Ihrem Fall, wenn es vor der Geburt Streit darüber gibt, wer die Sorgearbeit leisten möchte und dazu auch bereit ist.

      • @DiMa:

        Das mag für Mütter stimmen, aber nicht für Väter. Die Menschen haben Hunderttausende von Jahren in Sippen gelebt, da spielten männliche Erzeuger keine Rolle. Das ist bei unseren nächsten Verwandten im Tierreich ebenso.



        Dass ein Mann "mein Kind" sagt erscheint erst in Kulturen, in denen es individuelles Eigentum und damit so etwas wie Erbschaft gibt. Und damit beginnt dann auch der ganze männliche Wahnsinn an der Frau ...

        • @mats:

          Über die kulturelle Beziehung der Familienmitglieder untereinander, als die Menschen in Sippen gelebt haben, ist mangels Schrift nichts überliefert.

          Und auch das individuelle Eigentum ist älter als die Schrift selbst.Insoweit fehlt es an wissenschaftlichen Grundlagen für I

  • Klar ist es eine Diskriminierung.

    Aber eine, die rechtlich offensichtlich gut begründet ist

    Bei einem Mann besteht im Falle einer Ehe die Vaterschaftsvermutung als Voraussetzung.

    Bei einer Frau, die nicht die Gebärende ist, kann sie nicht bestehen.

    Dagegen lässt die Biologie die Annahme zu, dass im Falle einer automatisierten Eintragung als zweite Mutter die Rechte einer anderen Person verletzt werden.

    Eine Gesetzesänderung, wie die Autorin



    sie vorschlägt, würde vermutlich durch das Bundesverfassungsgericht gekippt werden.

    • @rero:

      Nun, das BVerfG hat ja dieses Jahr die legislative Option dreier rechtlicher Elternteile selbst ins Spiel gebracht. Bei vergangenen Vorstößen der FDP hierzu sprang die besorgte Vater-Mutter-Kind-Fraktion im Dreieck.

      • @mats:

        Das ist eine andere Variante.

  • Anachronistisch ist doch der Gedanke, dass ein Mann zum Vater wird, weil er mit der Mutter verheiratet ist. Zum Zeitpunkt der Schaffung der Regelung mochte das noch gute Gründe gehabt haben, nur gelten diese heute allesamt nicht mehr.

    Bei jeder Geburt sollte ein DNA-Test gemacht und die genetischen Eltern auch rechtliche Eltern werden. Diese sollten dann die Elternschaft - gerne auch bereits vor der Geburt - unwiderruflich an Dritte abtreten können.

    Das Recht des Kindes, seine genetischen Eltern zu kennen, wird dann nicht mehr durch eine vollkommen veraltete Regelung verschleiert und Personen - gleich welchen Geschlechts - können durch Samenspenden (später auch Eizellenspenden) oder Adoption rechtssicher Eltern werden.

    Wenn das Ampelaus jetzt eine Vertiefung der Fehler im Abstammungsrecht verhindert ist das umso besser. Nachfolgende Regierungen können sich dem dann annehmen.

  • "Frauen, die als zweite Mutter eingetragen werden wollen, können das nur über die Stiefkindadoption erreichen."



    Halte ich für logisch. Ein Kind wird nur von einer Mutter geboren.



    "Das ist ein oft sehr aufwendiges und für die Frauen zuweilen erniedrigendes Prozedere."



    Das ist ein anderer Punkt, über den man sich natürlich unterhalten kann oder muss.



    "...oder zum Zeitpunkt der Geburt mit der Frau verheiratet war. Sprich: Väter müssen nur nicken..."



    Bzw. entsprechend Aufwand betreiben, wenn sie _nicht_ als Vater anerkannt werden wollen. So hat halt wie üblich alles seine zwei Seiten.



    "Die rechtliche Beziehung zwischen Eltern und Kind ungeachtet der biologischen Abstammung anzuerkennen, solange es sich um einen Mann und eine Frau handelt, sie aber nicht anzuerkennen, wenn es um zwei Frauen geht, ist nichts anderes als Diskriminierung. "



    Das ist beim Mann-Frau-Verhältnis eine vereinfachende Unterstellung, nämlich dass der Mann bei der Zeugung des Kindes beteiligt war. Wohingegen bei einem Frau-Frau-Verhältnis ziemlich sicher gesagt werden kann, dass neben der Mutter keine Frau bei der Zeugung beteiligt war. Mag sein, dass die Wissenschaft das irgendwann ändert, aber bislang ist das so.

  • Ganz neutral betrachtet, verstehe ich die Argumentation. Allerdings hapert es an einem Punkt:



    Der leibliche Vater bleibt immer der Vater, auch wenn die Ehe geschieden wird, oder die Partner sich trennen.



    Eine "nicht gebärende Partnerin" ist aber mit einem leiblichen Vater nicht vergleichbar. Was passiert denn, wenn die beiden Frauen sich trennen? Dann hat das Kind eine zweite Mutter, die keine leibliche Mutter ist.



    Und dann?

    • @Dirk Osygus:

      Es kommt am Ende darauf an, ob die Zwei-Elternschaft aufrecht erhalten bleibt oder nicht.

      Bei der Zwei-Elternschaft würde die verheiratete Mit-Mutter die rechtliche Stellung des biologischen Vaters vollständig verdrängen. Lassen sich dann die beiden Mütter scheiden, ändert dies nichts an ihrer rechtlichen Stellung zum Kind. Heiraten beide Mütter neu, hat das Kind halt zwei Stief-Mütter und weiterhin keinen Vater.

    • @Dirk Osygus:

      Dann heiratet die Mutter neu und das Kind bekommt eine Stiefmutter.

      Kenne ich als realen Fall.

      Den leiblichen Vater gibt es auch noch.

      Patchworkfamilien werden auch in der homosexuellen Variante nicht leichter.

  • Worauf bezieht sich der Begriff Abstammung im Wort Abstammungsgesetz?



    Das ist Biologie, mehr nicht.



    In Deutschland haben Kinder Anspruch darauf, ihre biologische Abstammung zu erfahren.

    Wen Kinder dann als Eltern erleben, in welcher Kombination, von wem sie geprägt werden, das ist eine andere Sache.

  • Dass in einer solchen Beziehung die Partnerin die rechtliche Position des biologischen Vaters einnehmen kann, sollte problemlos möglich sein.

    Aber im Geburtenregister müssen nach wie vor die biologischen Eltern des Kindes stehen. Das Recht des Kindes auf volle Information wiegt schwerer als der Eintrag irgendeiner x-beliebigen Person ohne jeden konkreten Bezug zum Vorgang. Und wenn diese Person nicht bekannt ist, oder nicht genannt werden will, dann bleibt der Eintrag an der Stelle eben leer.

    • @insLot:

      Es wäre ja möglich, beide einzutragen, also:



      - neben der leiblichen Mutter



      - den leiblichen Vater (z. B. Samenspender)



      - und die nicht-leibliche Mutter = Ehefrau der leiblichen Mutter



      Dann ist die Information fürs Kind später gegeben und das elterliche Sorgerecht ebenso. Wobei noch geklärt werden muss, ob der leibliche Vater als Elternteil mit Sorgerecht (und Unterhaltspflicht) gelten soll oder nicht. Und wer dies entscheidet. M. E. sollte die leibliche Mutter dies entscheiden.