Bei Protesten gegen Putins Vereidigung: Mehr als 1.000 Festnahmen
In Russland wird gegen eine weitere Amtszeit Putins demonstriert. Auch Oppositionsführer Alexej Nawalny wird dabei wieder einmal von der Polizei weggetragen.
Nawalny erschien ungehindert auf dem Puschkinplatz im Zentrum von Moskau. Dort waren nach Augenzeugenberichten mehrere Tausend meist junge Anhänger versammelt, die Polizei sprach von 1500 Menschen. Das Auftauchen Nawalnys endete aber wie bei mehreren Kundgebungen zuvor: Die Polizei zerrte ihn aus der Menge und führte ihn ab. Der Oppositionelle sagte in seinem Videokanal, er habe die Nacht auf Samstag in einer konspirativen Wohnung verbracht, um nicht schon vorher abgefangen zu werden.
Die Kundgebungen in etwa 90 russischen Städten richteten sich gegen Putins lange Herrschaft, gegen Korruption und Internetzensur in Russland. Nawalny wollte damit auch an Massendemos gegen Putins Amtseinführung 2012 anknüpfen. Damals war Putin in einem vereinbarten Ämtertausch mit Dmitri Medwedew wieder Staatschef geworden. Die Rochade verärgerte die Mittelschicht in den Großstädten, doch Putin zerschlug den Protest mit harten Strafen gegen die Organisatoren.
Die jetzigen Proteste fielen kleiner aus, sie mobilisierten auch weniger Teilnehmer als bei Nawalny-Demonstrationen vergangenes Jahr. Von der Präsidentenwahl im März war Nawalny (41) mit einer juristisch fragwürdigen Vorstrafe ferngehalten worden. Putin (65) siegte mit dem Rekordergebnis von fast 77 Prozent der Stimmen.
Besonders viele Festnahmen gab es nach Angaben von OVD-Info in Moskau (475), in Tscheljabinsk (163) und Jakutsk (74) in Sibrien. Vielerorts waren die Demonstrationen mit den Behörden abgestimmt. In Moskau erklärte die Stadtverwaltung den angekündigten Versammlungsort aber für gesperrt. Auf dem Schlossplatz in St. Petersburg wurde überraschend eine Probe für die Militärparade zum Tag des Sieges am 9. Mai anberaumt.
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