piwik no script img

Befragung von deutschen KatholikenMehrheit hält Kirche für weltfremd

Frauen als Priester zulassen, Homosexuelle anerkennen, Zölibat abschaffen: In vielen Aspekten haben deutsche Katholiken andere Überzeugungen als ihre Kirche.

Guckt in eine ganz andere Richtung: die Katholische Kirche in Form des Papstes. Foto: dpa

Berlin dpa | Vor der geplanten Familiensynode im Vatikan sieht eine Studie unter Katholiken eine große Kluft zwischen Glaubenslehre und persönlichen Überzeugungen in Sachen Ehe und Sexualität. Knapp 90 Prozent der fast 7900 Teilnehmer aus Deutschland sprachen sich dagegen aus, wiederverheiratete Geschiedene von der Kommunion auszuschließen. 70 Prozent wollen eine Anerkennung und Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Die nicht repräsentative Befragung einer Forschergruppe der Universität Münster in 42 Ländern wurde am Mittwoch in Berlin vorgestellt.

In Polen, Südeuropa und Brasilien sprach sich eine Mehrheit gegen die Anerkennung der Homosexuellen-Ehe aus. Zur Frage der Ehelosigkeit von Priestern wünschen sich in Deutschland 85 Prozent ein Wahlzölibat – ähnlich so viele wie in den meisten untersuchten Ländern mit Ausnahme von Polen und Südeuropa.

Selbst ein Viertel der deutschen Katholiken, die grundsätzlich für das Zölibat sind, befürwortet eine Wahlmöglichkeit für Priester. Eine deutliche Mehrheit (87 Prozent) ist in Deutschland auch für die Zulassung von Frauen zum Priesteramt. Trotz der Kritik: Knapp 80 Prozent der Teilnehmer an der Studie aus Deutschland gaben an, dass sie mehr als einmal im Monat in die Kirche gehen.

Unterschiedliche Wahrnehmungen gibt es laut Studie von der kirchlichen Eheberatung. In Deutschland nahmen nur 21 Prozent ein solches Angebot an, in Polen etwa waren es knapp doppelt so viele. Ob die Beratung wirkt, bleibt allerdings offen: Für die Mehrheit (60 Prozent) spielte der Beistand später keine Rolle.

Teilnehmer der Studie empfinden die Kirche nach Angaben der Autoren als „schwarz-weiß urteilend“ und weltfremd. Viele erkennen aber auch die Bemühungen von Papst Franziskus an, konkrete Lebens- und Glaubenserfahrungen in die Lehre und Theologie einfließen zu lassen.

Auf einen Fragenkatalog erhielten drei Forscher der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster rund 12 400 Antworten von Katholiken aus 42 Ländern, vor allem aus Deutschland, Polen und Brasilien. Sie orientierten sich dabei an einem Fragenkatalog, den Papst Franziskus zur Vorbereitung auf die Familiensynode im Herbst an die Bischöfe weltweit verschickt hatte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Religion ist immer weltfremd...

  • "...ähnlich so viele wie in den meisten untersuchten Ländern mit Ausnahme von Polen und Südeuropa." / "Unterschiedliche Wahrnehmungen gibt es laut Studie von der kirchlichen Eheberatung"...

     

    Auch bei der taz achtet man nicht mehr so genau auf sprachliche Korrektheit. Auch wenn es wohl eine dpa-Meldung ist (dpa ist sprachlich meist unter aller Sau), könnte man solches Gestammel ja auch mal eben korrigieren. Aber es fällt bei den Massen an Sprachmüll, die im Internet abgeladen werden, wohl schon gar nicht mehr auf ...

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Doktor B.:

      Nicht nur im Internet wird Müll abgeladen. Auch der Bildschirmtext der Rundfunkanstalten erweist sich nicht gerade als Hort der reinen Sprachkunst.

       

      Manchmal fragt sich der geneigte Zuschauer, welche Dequalifizierung jemand haben muss, um dort sein Unwesen treiben zu dürfen. Aber vielleicht ist es auch nur ein weiteres Kapitel des 'Peter-Prinzips'.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Wer oder was ist eine Kirche?

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Die Sesamstraßenerkennungsmelodieliedzeile "wer nicht fragt, bleibt dumm" bezieht sich eigentlich auf Kinder.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Chutriella:

        Aber nur eigentlich!

         

        Ich kenne zwei Gegenargumente (wahrscheinlich gibt es noch mehr): Erstens: das sokratische Fragen. Zweitens: es gibt auch große Kinder.

  • Ob die evang.-luth. Kirche allen Gläubigen das bieten kann, was ihnen an der katholischen Kirche nicht passt, wage ich zu bezweifeln. Die evang.-luth. Kirche kämpft seit Jahrzehnten mind. genauso stark gegen anhaltende Erosionserscheinungen an, wie ihr katholisches Gegenüber in D.

  • Dass die Meinung der Gläubigen im Stammland des Protestantismus nicht das Maß aller katholischen Dinge ist, überrascht hoffentlich niemanden.

     

    Zum Einen setzt die katholische Kirche in Sachen "Umfragenresistenz" Maßstäbe, an die kein Diktator oder sonstiges Regime dieser Welt herankommt. Zum Anderen gibt es eben außerhalb Deutschlands oder auch Europas viel mehr Länder, wo ihr unverdrossenes Festhalten an ihren Prinzipien weit mehr goutiert wird als die Hebung irgendwelcher Modernisierungspotenziale.

     

    Eventuell ist sie sogar selbst in Deutschland besser damit beraten, von ihren Gegnern als weltfremd, als von ihren Anhängern als beliebig empfunden zu werden. Viele suchen doch genau die Autorität, die ihnen sagt: "So ist es und nicht anders, komme was da wolle; und wer mir folgt, macht Alles richtig." - statt einem wabernden, die Gläubigen letztlich sich selbst überlassenden "Ja, wenn Ihr meint...".

  • Langfristig sehe ich da nur eine Lösung. Ein generelles Sexverbot für alle ungläubigen Katholiken. Die wenigen Gläubigen haben für sowas ohnehin keine Zeit und keine Lust oder sind mit Drogen schon bestens versorgt.

  • das wird ein harter Brocken für den Papst, bin gespannt wie er da raus kommt, Natürlich hat das, die oder der Zölibat nur auf dem Papier bestanden, wie sagte ein Kollege, die schwitzen es auch nicht aus !

  • Am ehesten wird man noch den Zölibat los - der ist ja wirklich bloß Verwaltungspraxis mit etwas Magisterium überzuckert. Die Orthodoxie macht vor, wie's gehen könnte - natürlich blieben die oberen Hierarchieebenen den Mönchspriestern vorbehalten, aber das Gros des seelsorgerischen Personals wäre frei davon.

    Frauen als Priester ist schwieriger, aber denkbar: schließlich baut die aktuelle Position mehr auf Paulusbriefen als auf überlieferte Aussagen des Messias.

    Für Homosexuelle hingegen wird kaum mehr als "don't ask, don't tell" drin sein. Da sitzt die Ablehnung zu tief in der Schrift - AT, NT, usw.

    Nun, man muß ja auch in Zukunft nicht mitmachen und vielleicht ist es ja gut, wenn sich die Kirche nicht nur in Blattgoldaufkommen und pünktlich beginnenden Veranstaltungen von den Grünen unterscheidet.

    • @Wurstprofessor:

      Das sehe ich ähnlich, die Ehelosigkeit in der Kirche war im Mittelalter ein wichtiges und gutes Instrument um die Entstehung von adelsähnlichen Erbhierarchien in der Kirche zu reduzieren, heute bleiben in meinen Augen nur noch einige Randaspekte die allerdings nicht mehr genug für eine derartige Einschränkung ins Gewicht fallen.

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    DER Zölibat. Nicht das.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @970 (Profil gelöscht):

      Zö|li|bat, das, Theol. der; -[e]s (lat. pflichtmäßige Ehelosigkeit aus religiösen Gründen, bes. bei kath. Geistlichen)

       

      © 2000 Dudenverlag

      • @849 (Profil gelöscht):

        das oder (Theologie:) der Zölibat; Genitiv: des Zölibat[e]s

        http://www.duden.de/rechtschreibung/Zoelibat

        • 9G
          970 (Profil gelöscht)
          @Marcus:

          Wieder was gelernt. Wusste ich wirklich nicht, danke.