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Baden-Württembergs Beamte blockenLandespolizei boykottiert Studie

Baden-Württembergs Beamte werden nicht an der bundesweiten Polizeistudie teilnehmen. Eine alternative Untersuchung soll Ergebnisse bringen.

Welche Einstellung steckt unter der Mütze? Die Polizei in Baden-Württemberg will es nicht verraten Foto: Arnulf Hettrich/imago

Karlsruhe taz | Weiter irritierende Nachrichten von der Polizei in Baden-Württemberg. Gerade hatte die Staatsanwaltschaft wegen sexueller Nötigung Anklage gegen den früheren Polizeiinspekteur der Polizei Andreas Renner erhoben. Jetzt erteilt der Personalrat der Beamten der bundesweiten Studie zu “Motivation, Einstellungen und Gewalt im Alltag von Polizeibeamten“ (Megavo) eine Abfuhr.

„Leider ist es den Verantwortlichen der Studie nicht gelungen, die Vorbehalte unserer Personalvertretungen gegen den Frage-Katalog und die Auswertemethodik der Studie auszuräumen“, sagte Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz. Nach langen Gesprächen sei die Absage nun endgültig. Baden-Württemberg ist damit neben Hamburg das einzige Bundesland, das sich der Studie verweigert. Die Untersuchung läuft schon seit zwei Jahren, noch dieses Jahr sollen erste Ergebnisse veröffentlicht werden.

Initiiert worden war das Vorhaben vom früheren Innenminister Horst Seehofer, durchgeführt wird es von der Deutschen Hochschule der Polizei Münster. Mit der Studie soll die politische Einstellung und Motivation der Beamtinnen und Beamten untersucht werden, aber auch die berufliche Belastung. Die Teilnahme an der Studie ist freiwillig. Über die Studie hatte es eine lange Debatte gegeben. der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatten sich mehrfach für die Teilnahme der Beamten ausgesprochen.

Über die Gründe für die Verweigerung hüllt sich der Personalrat der baden-württembergischen Polizei seit Monaten in schweigen. Die Ablehnung scheint aber Teil einer Blockadepolitik gegenüber Reformbestrebungen in der Landespolizei zu sein. Der Personalratsvorsitzende Ralf Kusterer übt sich seit langem in harscher Kritik am Innenminister Thomas Strobl. Küster forderte Strobl im Zusammenhang mit der Affäre um den Polizeiinspekteur Renner früh zum Rücktritt auf.

Zudem gilt Kusterer, der auch Landesvorsitzender von Reiner Wendts umstrittener Deutschen Polizeigewerkschaft ist, als Kritiker der Kennzeichnungspflicht für Beamtinnen und Beamten, die die Regierung Kretschmann beschlossen hat. Auch machte er Front gegen den Aufbau einer Antidiskriminierungsstelle für Bürger gegenüber Behörden nach Berliner Vorbild.

Nach der Absage des Personalrats setzt das Innenministerium jetzt auf eine eigene Studie, die derzeit von der Landespolizeihochschule Villingen-Schwenningen in Form einer Langzeitbefragung von Auszubildenden der Polizei durchgeführt wird. Auch hier sollen Fragen zum Selbstverständnis und zur Belastung der Beamten untersucht werden. Jetzt will Polizeipräsidentin Hinz überprüfen ob die laufende Studie gegebenenfalls ergänzt und ausgeweitet werden kann, „um eine fundierte Alternative zur Megavo-Studie erhalten“.

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7 Kommentare

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  • Schon befremdlich wenn, Behördenleiter*innen Reformen und Forschung bei der Polizei blockieren (können). Und die Politik kann das nicht erzwingen? Ernsthaft?

  • Es heißt doch immer "wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu befürchten". Wenn es aber einiges zu befürchten gibt, dann ist es durchaus "normal", Untersuchungen bestmöglich zu verhindern. Das gilt nicht nur in der Politik und in der Wirtschaft, sondern ebenso innerhalb Polizei.

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    Nun also auch Baden-Württemberg.



    Wir wissen, dass es Probleme mit der rechtsstaatlichen Einstellung innerhalb der Polizei von Berlin gibt.



    Wir wissen aber nicht, wie groß die sind; ob es Einzelfälle oder systemische Defizite sind.



    Wir wissen, dass ... in Hamburger gibt ....



    Dto. in NRW.



    Dto. in Hessen.



    Dto. in Sachsen. Wobei dort nicht nur die Polizei betroffen ist



    Dt. in Bayern. Wobei da die Probleme von der Politik und der herrschenden Staatspartei ausgehen, die den Staat mehr als Rechts-Staat denn als Rechtsstaat versteht.



    Und nun also auch BW.



    Und wo noch?

  • Für mich sieht es so aus, als ob da eine unheilige Allianz geschmiedet worden wäre.

    Denn ein Personalrat hat ja sehr viel weniger Rechte und Möglichkeiten als ein Betriebsrat.

    Und wenn man hier jetzt mit Krokodilstränen dem Personalrat nachgibt könnte es ja durchaus daran liegen, dass man selber auf diese Weise gesichtswahrend aus der Sache rauskommt.

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    Kann man den Fragenkatalog und Auswertungsmethodik offen legen?

    Das würde vielleicht den Verdacht der einseitigen Ausrichtung der Studie entkräften und die Polizisten überzeugen?

  • Da haben wohl die Beamten in Baden-Württemberg und Hamburg Angst das rauskommen kann was nicht sein darf.

    • @pablo:

      Sie haben Recht, wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu befürchten.