BSW beknatscht sich in Hamburg: Aufruhr in der Kaderpartei
Fast harmonisch verläuft eine BSW-Veranstaltung am Donnerstag in Hamburg. Doch es brodelt: Zwei Hamburger Mitglieder wollen gegen die Parteisatzung klagen.
Und auch De Masi, der einst für die Hamburger Linken EU- und Bundestagsabgeordneter war, bekam bei seinem Heimspiel hörbare Zustimmung entgegengebracht beim Versuch, das BSW von der AfD abzugrenzen. „Wir setzen uns für Meinungsfreiheit ein, auch wenn mir die Meinung nicht passt“, erklärte er den Kontrast des BSW zur AfD.
Doch ob das mit der Meinungsfreiheit auch parteiintern so stimmt? Norbert Weber wollte sich die Diskussion jedenfalls nicht ansehen, obwohl der Hamburger schon seit bald einem Jahr eines der gerade einmal knapp 30 BSW-Mitglieder in Hamburg ist. „Was hier seit einigen Monaten abgeht, hat mit innerparteilicher Demokratie nichts zu tun“, sagte Weber am Donnerstagnachmittag der taz.
Am Tag zuvor hatten Weber und weitere Hamburger BSWler:innen eigenmächtig und ohne Absprache mit dem Bundesvorstand einen lokalen BSW-Verband in den Hamburger Bezirken Mitte und Nord gegründet – obwohl es noch nicht mal einen übergeordneten Hamburger Landesverband gibt. „Aus Protest“, wie Weber betont. Mehr noch: Am Freitag wollen Weber und sein Parteikollege Dejan Lazić gegen die Satzung der Partei vor ein Zivilgericht ziehen. Über die Vorgänge berichtete zuerst T-online.
Klage über demokratisches Defizit
Ihrer Ansicht nach verstößt die BSW-Satzung gegen das Parteienrecht. Über die Aufnahme von neuen Mitgliedern „entscheidet grundsätzlich der Bundesvorstand“, hat das BSW beschlossen. Das sei ein demokratisches Defizit. „Ich fand diese Praxis von Anfang an gruselig“, sagt Weber, der früher in der Linken aktiv war.
In anderen Parteien entscheiden die untergliederten regionalen Kreis- oder Landesverbände eigenständig über die Mitgliederaufnahmen. Über Monate hinweg hätten Weber und Lazic intern auf eine Änderung gedrängt, seien jedoch abgeblockt worden. Auch der Gang vor die parteiinternen Schiedsgerichte sei erfolglos geblieben.
Am Rande der Wagenknecht-Veranstaltung wiegelt Metin Kaya, nach seinem Wechsel von der Linken BSW-Abgeordneter in der Hamburger Bürgerschaft, den Streit herunter. Die Partei wolle sinnvollerweise behutsam wachsen und es seien ja nur wenige BSW-Mitglieder, die nun querschießen würden. Die Gründung des Landesverbands Ende kommender Woche gehe seinen geregelten Gang. Auch eine Sprecherin der Bundespartei widersprach am Donnerstagabend dem Vorwurf, die BSW-Satzung verstoße gegen geltendes Gesetz.
Die Gründung des Hamburger Landesverbands jedenfalls kommt für das BSW auf den letzten Drücker: Am 2. März wird in Hamburg die Bürgerschaft gewählt, das BSW muss bis Weihnachten einen Landesverband gegründet, eine Landeswahlliste erstellt und diese beim Wahlleiter eingereicht haben.
Lange gab es in Hamburg Spekulationen, ob das BSW hier überhaupt antreten wolle – in den Umfragen kratzt die Partei an der 5-Prozent-Hürde -, aber der stellvertretende Bundesvorsitzende Amid Rabieh erklärte Mitte November, dass das BSW antreten wolle. Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sind aktuell die letzten Bundesländer ohne einen BSW-Landesverband.
Kritik an Migrationspolitik des BSW
Ob die Gründung eines untergeordneten Bezirksverbands von Mittwoch Bestand hat, kann allerdings bezweifelt werden. „Landesverbände und nachgeordnete Gebietsverbände können mit Zustimmung des Parteivorstands gebildet werden“, heißt es in der Satzung des BSW.
Für Weber ist das Formelle daran nicht allzu wichtig. Als „Notgemeinschaft“ sieht Weber den kleinen Bezirksverband. „Denn so wie es jetzt abläuft, kann es nicht weitergehen.“ Dazu gehört aus Webers Sicht auch die zunehmend migrationskritischere Ausrichtung des BSW. „Da hat sich in den vergangenen Monaten einiges in eine falsche Richtung bewegt.“
An der Gründungsveranstaltung kommende Woche will Weber dennoch teilnehmen, auch wenn er kaum an einen Wandel glaubt. „Wir sind ziemlich unglücklich.“ Ob der Linken-Abspaltungspartei BSW also schon die erste Abspaltung bevorsteht?
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