piwik no script img

BKA will WhatsApp ausspähenSie können es einfach nicht

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Die Innenminister wollen die Überwachung von Messengern erlauben. Das ist schon längst möglich – gelingt dem Bundeskriminalamt aber nicht.

Ruhig weiter tippen – das BKA dürfte zwar mitlesen, kann es aber nicht Foto: dpa

S ie fühlten sich wie Helden. Am Mittwoch beschlossen die Innenminister von Bund und Ländern, dass endlich auch Messenger-Dienste wie WhatsApp überwacht werden sollen – damit es bei Chats keine „rechtsfreien Räume“ mehr gibt, wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte. De facto war das aber nur eine Performance von Entschlossenheit.

In Zeiten fast wöchentlicher islamistischer Anschläge ist es ja durchaus legitim, wenn die Sicherheitsbehörden in begründeten Fällen auf solche Kommunikation zugreifen wollen. Immerhin bekommen die oft schnell radikalisierten Attentäter immer wieder Anleitung und Anfeuerung von IS-Hinterleuten aus Syrien oder dem Irak. Kommuniziert wird verschlüsselt, zum Beispiel über WhatsApp.

Technisch geht es bei der Überwachung von Messengern um eine sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ). Sie zielt auf verschlüsselte Kommunikation, die nicht wie üblich auf dem Übertragungsweg überwacht werden kann. Deshalb muss die Polizei vor der Verschlüsselung zugreifen – im Telefon oder im Computer, also an der Quelle. Die Quellen-TKÜ mittels Spionagesoftware (Trojaner) soll zur Strafverfolgung künftig immer dann möglich sein, wenn auch bisher Telefonate oder E-Mails überwacht werden durften.

Das will der Bundestag noch im Juni beschließen. Eine entsprechende Formulierungshilfe, die in ein laufendes Gesetzgebungsverfahren zur Strafprozessordnung eingebracht werden soll, hat Justizminister Heiko Maas (SPD) bereits vorgelegt.

Auf dem Messenger-Auge blind

Insofern haben die Innenminister jetzt nur von der Tribüne aus Beifall geklatscht – und den falschen Eindruck erweckt, dass damit die Terrorabwehr verbessert wird. Das aber ist Quatsch. Denn zur Terrorabwehr hat das Bundeskriminalamt schon seit 2009 die Befugnis zur Quellen-TKÜ.

Dass das BKA keine Terroristen-Messenger überwacht, liegt also nicht daran, dass es das nicht darf. Das BKA kann es einfach nicht. Darüber sprachen die Innenminister natürlich nicht so gern. Aber BKA-Vizepräsident Peter Henzler hat es auf dem letzten Anwaltstag Ende Mai ganz deutlich gesagt: „Wenn es um Messenger geht, sind wir blind und taub. Wir können sie nicht überwachen.“

Die Innenminister haben von der Tribüne aus Beifall geklatscht – und den falschen Eindruck erweckt, dass damit die Terrorabwehr ­verbessert wird

Die Innenminister loben also die rechtliche Einführung einer Maßnahme zur Strafverfolgung, die das BKA trotz jahrelanger Erlaubnis noch nicht einmal zur Terrorabwehr nutzen kann. Das beeindruckt nur Beobachter, die sich ausschließlich für symbolische Politik interessieren.

Neben den speziellen Problemen mit Messenger-Diensten hat das BKA auch noch keine Spähsoftware, die auf Mobiltelefonen funktioniert und die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zum Datenschutz erfüllt. Selbst bei Telefonaten ist die Quellen-TKÜ bisher auf Skype-Gespräche beschränkt, die mit Windows-betriebenen PCs und Laptops geführt werden.

Behörden wollen illegal kaufen

Nicht zuletzt besteht das Problem, einen solchen Trojaner auf das entsprechende Gerät aufzuspielen. Einbrüche in die Wohnung sind nicht erlaubt. Möglich ist die Zusendung manipulierter E-Mail-Anhänge oder die heimliche Manipulation des Geräts bei einer Fahrzeugkontrolle oder am Zoll.

Möglich wäre auch die Ausnutzung von Software-Schwachstellen (Zero-Day-Exploits). Informationen darüber wollen Sicherheitsbehörden auf illegalen Märkten kaufen und für Überwachungszwecke nutzen – statt die Hersteller zu informieren und damit Nutzer vor Cyberkriminellen zu schützen. So etwas sollte, unabhängig von den Nutzungsmöglichkeiten, generell verboten werden.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Im Endeffekt will der Staat die Methoden der "Bösen" nutzen um eben diese auszuspionieren? Das ist eine riesige Logiklücke. Auch die "Terroristen" entwickeln sich weiter. Sobald der Staat ihr Hacker-Team zur Entschlüsselung von WhatsApp zusammengeschustert hat, gab es doch schon wieder 3-neue Wege wie man ungestört kommunizieren kann.

  • Ja - So Sindse - So Denkese - So Reddese - So Agierese!

    Die staatlichen Gefährder!

     

    "Sie fühlten sich wie Helden. Am Mittwoch beschlossen die Innenminister von Bund und Ländern, dass endlich auch Messenger-Dienste wie WhatsApp überwacht werden sollen – damit es bei Chats keine „rechtsfreien Räume“ mehr gibt, wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte. De facto war das aber nur eine Performance von Entschlossenheit.…"

     

    Kaum glaublich - aber leider nur zu wahr!

    IM FrozenThomas ist auch oberster Verfassungsminister! -

    Wahrer des Grundgesetzes! -

    Hat darauf seinen Amtseid geleistet! &

    Genau der -

     

    Redet sich hier um Kopf&Kragen!

    Ok. So dies überhaupt noch möglich ist!

    (Eher wohl alllang nicht mehr - wa!)

     

    Herr Minister - Ihre - "rechtsfreien Räume" -

    Gibt es - seit Geltung des Grundgesetzes post WK II in 'schland -

    Per Verfassung & Definitione nicht mehr - &

    Das - Nach Nazi-Deutschland - Endgültig! & - oh ja -

    Glücklicherweise für die Menschen in dieser -

    Demokratischen Republik des sozialen Rechtsstaats nicht mehr!

    Den Müttern&Vätern des Grundgesetzes sei Dank.

     

    ff - aber Hallo!

    • @Lowandorder:

      ff

       

      Sicher - Sie sind nicht der erste in der mehr als

      Gemischten Reihe Ihrer Vorgänger -

      Der nicht - gar ständig -

      Das Grundgesetz unterm Arm trägt.

      Klar - Schlimmer geht immer! & doch -

      Ehrlicherweise fällt mir trotz Otto I.

      Mielke auf Rädern & kleinBlindie Friedrichs kein Schlimmerer ein!

       

      Aber - ein IM Hermann Höcherl - der Namensgeber -

      war trotz allem - eher ein abgefeimt bajuwarisches

      Schlitzohr mit solider juristischer Kenne!

       

      Davon sind Sie - "das Glasauge schaute menschlicher!" - &

      sachlich suboptimal - meilenweit entfernt!

      Auch Ihr Niveau eines durchlauferhitzten Repetitorjuristen -

      Entschuldigt all das nicht!

      Ja wie wahr - auch hier wieder!

      "Politiker sind keine Juristen - auch wenn sie über zwei

      Staatsexamina verfügen!" hat hier - aber Hallo! -

      Bernhard Schlinck leider & zum xten Male recht!

      Ihre verfassungsverhöhnende Sprache Wie alles übrige - Ihr permanentes ÜberdieZäuneFressen - doch doch -

      Weist Sie vielmehr & hier erneut als

      Erstrangigen staatlichen Gefährder aus. Sie wollen erkennbar eine andere Republik!

      Genau - Das. Gilt es zu verhindern.

      So geht das.

       

      & nochens deshalb -

      Auf das "Sie können es einfach nicht"

      Würd ich mich schlicht nicht verlassen!

      Das wäre mit Verlaub naiv.

  • Vielleicht einfach mal Datenübergabeabkommen in die andere Richtung, USA -> Europa abschließen, bisher ist der Datenfluss leider eine Einbahnstraße, wenn ich an Bank- oder Reisedaten denke. Facebook und Dutzende Zweit- und Drittverwerter haben die Chatdaten sicher irgendwo, die machen das ja nicht aus Spaß.

     

    Dann braucht unsere Polizei auch nicht die Rechner der Bevölkerung zu hacken und dafür bei windigen Firmen Software und auf dem Schwarzmarkt Viren zu kaufen. Mal ganz abgesehen davon, dass juristisch anschließend nicht mehr zu klären ist, wie belastendes Material auf den Rechner kam. In was für einem Film bin ich eigentlich?

  • Naja - bislang ist das Hacken von Computern zur sogenannten Quellen-TKÜ (wobei es ja nicht nur die Quelle sondern auch das Ziel sein kann) nur in sehr schweren Fällen erlaubt. Künftig soll das Hacken aber generell erlaubt werden - auch bei kleineren Delikten.

    Das ist dann schon eine andere Dimension, die auch bzgl. ihrer Verfassungsmäßigkeit bedenklich sein dürfte. Schließlich darf auch nicht bei kleineren Vergehen in Wohnungen eingebrochen und Wanzen verlegt werden.

    Übrigens - rechtsfreie Räume sind das alles nicht. Rechtsfreie Räume sind allenfalls Steuerschlupflöcher, Diplomatenstatus etc. Um was es hier geht, sind abhörfreie Räume. Abhörfreie Räume sind auch nicht neu. Wir haben nicht überall Mikrofone und Kameras. Das Bundesverfassungsgericht hat auch entschieden, dass es der Staat hinnehmen muss, nicht alles abhören zu können.

    Das Argument des "going dark" ist auch daneben. Wie seriöse Studien ermittelt haben, kann ein im Vergleich zu früher deutlich größerer Teil der Kommunikation inzwischen abgefangen werden. Es geht also nicht darum, ein "going dark" zu verhindern. Es geht vielmehr darum, den totalen Abhörstaat zu errichten. Da wird dann alles komplett auf Vorrat aufgezeichnet. Noch sind wir da nicht ganz - wenn wir aber im aktuellen Tempo weitermachen, unsere Grundrechte über Bord zu werden, werden wir diesen Zustand in 5-10 Jahren erreicht haben. Davon konnte die Stasi nicht einmal träumen.

    • @Velofisch:

      Korrekt. So isset.

       

      (Ps& by the way - die Stasi dagegen

      Steinstein - sicher!

      Aber feines Lehrstück -;))((

      Abhören mittels Langröhrentechnik &

      Grenzeloses Kapital! Hatt ich mal!

       

      Ging so: Erfunden "bei Adolf" - & Osram

      Erfinderprämie - je 500 RM für 2 Nasen

      Stasi spähte ca 50.tsd Wohnungen allein im Ruhrpott aus!

      Erfinder "ging ein Licht auf" &

      Wollte was vom Tantiemenkuchen!

      Osram AG - "Patent hamer nich - Amis geklaut - Nienich einen Pfennig verdient!" - Kopfkratz/Denk/

      Konzernstruktur?? - Lösung! klar -

      Osram Patent AG!! - Nachfrage!

      "Ja die schonn - ja doch! Sicher dat!

      Sind ja nicht - Wir! usw usf " auch klar:

      Firmensitz - Caymans/Bahamas oder so

      Ergo - Neese! & Damals schon!!

      So geht das.

  • Was jemand (nicht) kann und was er darüber verbreitet, das sind zwei verschiedene Dinge.

  • Zunächst mal habe ich nichts dagegen, wenn wahrscheinliche Terroristen überwacht werden.

     

    Die Mittel, zu denen der Staat dazu greifen muß, sind allerdings dieselben, die auch Kriminelle verwenden: Zero Day Exploits in Betriebssystemen, virusinfizierte Mails etc. Damit verschwimmt der Unterschied zwischen Staat und Kriminellen.

     

    Wie meistens gilt: Wer genug kriminelle Energie hat, wird sich dagegen zur Wehr setzen können, alle anderen haben irgendwann Spähsoftware auf dem PC und es wird ein gigantischer Datenmüllberg erzeugt, der doch nicht wirklich zu unserem Schutz beiträgt.

     

    NSA, BND und Co. sind bereits heute technisch gut ausgerüstet und können dennoch einfache Attacken mit Alltagsgegenständen nicht verhindern. Auch die Legionen von Überwachungskameras in London oder Berlin können Angriffe ja offensichtlich nicht verhindern.

     

    Vielleicht ist Technik am Ende nicht der beste Weg, um Terror zu verhindern?

  • Die Hilflosigkeit ist frapierend.