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Autorinnen fordern Handeln wegen BelarusGeiseln im Hybridkrieg

Jelinek, Müller, Alexijewitsch, Tokarczuk: Vier Literatur­nobelpreisträgerinnen appellieren, alles zu tun, um die Krise an der Grenze zu Belarus zu lösen.

Geflüchtete auf der belarussischen Seite der Grenze zu Polen Foto: reuters

Die Nachrichten von der polnischen Grenze zu Belarus, der Außengrenze der EU, sind furchtbar, die Bilder von Bewaffneten, die Migranten zurückstoßen, empörend. In dieser Lage wenden sich die Schriftstellerinnen Swetlana Alexijewitsch, Elfriede Jelinek, Herta Müller und Olga Tokarczuk, allesamt Literatur­nobelpreisträgerinnen, an Charles Michel, den Präsidenten des Europäischen Rates, David Sassoli, den Präsidenten des Europäischen Parlaments, sowie an die Mitglieder des Europäischen Parlaments. Die Autorinnen schreiben:

„Die polnische Regierung hat im Grenzstreifen zwischen Polen und Belarus den Ausnahmezustand verhängt, aufgrund dessen sie den Ärzten und Sanitätern die Hilfeleistung für die Kranken und Sterbenden in der Grenzzone verweigert und den Medien den Zugang zur sich dort abspielenden Tragödie versperrt. Jedoch geben schon die inkompletten, bruchstückhaften Informationen einen Einblick in das gigantische Ausmaß der humanitären Katastrophe, die sich an der Grenze der Europäischen Union ereignet. Wir wissen, dass dort Menschen der erbarmungslosen Prozedur von Pushbacks unterzogen und dem Hunger, der Erschöpfung und der Unterkühlung in den ­Sümpfen ausgesetzt werden.

Belarussische, von Lukaschenkos Regime kontrollierte Reisebüros versprechen Verzweifelten, gegen hohe Bezahlung ins Gebiet der EU zu gelangen. Auf diese Weise nach Minsk gelockte Menschen werden mit organisierten Transporten in den Wald an die Grenze gebracht. Von dort treibt man sie mit Gewalt nach Polen, die polnische Grenzwache treibt sie ebenfalls mit Gewalt nach Belarus zurück. In den schlimmsten Fällen endet es tödlich. Manche Verstorbene kennen wir mit Namen, andere sterben namenlos.

Als Bürgerinnen und Einwohnerinnen der EU wenden wir uns an die demokratisch gewählten Vertreter Europas: Lasst uns unseren Blick nicht von der Tragödie abwenden!

Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass Menschen in diesem Hybridkrieg als Geiseln benutzt werden. Diese teuflischen Praktiken werden als Beispiele für die moderne Variante der Grausamkeit in die Geschichte eingehen.

Die Basis der Solidarität

Die Europäische Union ist für uns vor allem eine grenzüberschreitende moralische Gemeinschaft, basierend auf den Regeln zwischenmenschlicher Solidarität. Wir verstehen, dass es nicht einfach ist, mit dem Ansturm der Verzweiflung auf die Grenzen Europas klarzukommen. Jedoch passt das, was wir an diesen Grenzen zulassen, nicht zu unseren fundamentalen europäischen Werten.“

Nach dieser Analysen appellieren die vier Autorinnen an die EU-Parlamentarier, „diese humanitäre Krise möglichst schnell und effektiv zu lösen, die Beschlüsse der Genfer Flüchtlingskonvention einzuhalten und insbesondere allen den Zugang zum Asylverfahren zu gewähren, die darum bitten und an der östlichen EU-Grenze festgehalten werden“. Die Autorinnen „fordern eine breit angelegte diplomatische Initiative in den Ländern des Nahen Ostens, um dem irreführenden Narrativ des belarussischen Regimes entgegenzuwirken“. Sie rufen dazu auf, „die Hilfsorganisatio­nen, die medizinische und juristische Hilfe leisten könnten, in das Grenzgebiet hineinzulassen“, und „fordern, dass den akkreditierten Journalisten und Medien der Zugang zum Gebiet des Ausnahmezustandes gewährt wird“.

Die vier Nobelpreisträgerinnen schließen mit den Worten: „Wir fühlen uns schmerzhaft ratlos – zu wissen bedeutet, sich des Bösen, das sich gerade ereignet, bewusst zu sein. Dem Wissen sollte das Handeln folgen.“ Das ist tatsächlich ein sehr schmerzhaftes „sollte“.

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7 Kommentare

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  • Dies ist mehr oder weniger die gleiche Situation wie im Mittelmeer:



    Geflüchtete werden aus einer erträglichen Situation (z.B. Türkei) in ein Land gelockt, in dem es ihnen absehbar sehr viel schlechter gehen wird und wie sie deshalb nicht bleiben können. Dann werden sie in Lebensgefahr gebracht, um das Land wieder zu verlassen.

    Der Unterschied in Belarus ist, dass dort zumindest bisher deutlich weniger Menschen sterben als im Mittelmeer und noch weitaus weniger als bei der Flucht durch die Wüste nach Libyen. Von den Toten der Wüste hören wir nicht viel, obwohl es sehr viel mehr sind als im Meer.

  • Das Wort vom Hybridkrieg im Appell der vier Literaturnobelpreisträgerinnen Elfriede Jelinek, Herta Müller, Swetlana Alexijewitsch, Olga Tokarczuk verschleiert Ursache und Wirkung, denn es geht um Kriegsfolgen, warum jetzt Geflüchtete aus Afghanistan, Irak, Syrien, Jemen, Libyen, Sahelzone vom belarussisch abgewählten Präsidenten Alexander Lukaschenko zu fremdem Zweck über Flugroute von Istanbul eingeladen, in Belarus an polnischer Grenze vergeblich um Aufnahme in EU ersuchen, erstens, weil EU überall Grenzen dichtmacht, zweitens, weil UdSSR 1979-89, 2001-2021 USA, England u. a. kriegführende Länder, darunter einige aus der EU, Polen, Deutschland, Dänemark, Niedelande, Belgien, Frankreich, Griechenland, Portugal, Spanien, Italien in Afghanistan, ab 2003, 2011 ohne Deutschland im Irak, in Libyen, ab 2015 Deutschland, Russland in Syrien, dann Russland mit Wagner Söldnertruppe in Libyen, Sahelzone ihrer völkerrechtlichen Pflicht für Unterkunft, Versorgung in allen Lebensbereichen, medizinische Behandlung der Zivilbevölkerung noch zu in Corona Pandemie u. a. durch fluchtartig chaotischen Abzug aus Afghanistan Juli 2021 in organisierter Verantwortungslosigkeit weder vor Ort noch durch Aufnahme in ihren Ländern nachkommen und nun überrascht tun, weil Lukaschenko Lage für sich unverantwortlich zu nutzen sucht, die diese Länder geschaffen haben.

    Da wäre es sinnstiftend großen Ratschlags gewesen, wenn die nur noch geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrem Telefongespräch mit russischem Präsidenten Wladimir Putin 9.11.2021, diesen eingeladen hätte, dass sowohl Deutschland, Russland ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen als global kriegsführende Länder Geflüchtete, gemäß Genfer Flüchltingskonvention, aus bekriegten im Zerfall befindlichen Ländern vor Ort, vorrangig jene an belarussisch-polnischer Grenze, in Anrainerstaaten menschenwürdig versorgen oder selber ohne Verzug aufnehmen

    www.freitag.de/aut...r-taeter-als-opfer

  • Interessant, dass die autoren hier von einem Hybridkrieg sprechen.

    Bei der Formulierung "Als Bürgerinnen und Einwohnerinnen der EU wenden wir ..." wird allerdings leider deutlich, dass Frau Alexijewitsch wohl nur ihre Unterschrift runtersetzen durfte.

    Schade.

  • ...und das alles nur, weil Lukaschenko butthurt wegen Sanktionen war, weil er ein brutaler Diktator ist und sich Deals oder was anderes erhofft.

    Lukaschenko ist wirklich ein Kasper. Doch die EU spielt das Theater.

    Verdammt nochmal! Flüchtlinge aufnehmen! BEDINGUNGSLOS! Lukaschenko muss Wind aus den Segeln genommen werden und seine lächerlichen Erpressungen sollen ins Leere laufen.

    Wenn Erpressungen ins Leere laufen, dann läuft auch ein "Hybridkrieg" gegen die EU ins Leere. Die EU wird gestärkt aus diesem "Krieg" rausgehen, weil menschliche Werte maßgeblich waren. Doch stattdessen scheißt sich die EU in die Hosen...

  • Die Spielregeln von Diktaturen und radikalen Bewegungen sind konträr zu unseren Werten aber außerhalb unseres direkten und zeitnahen Einfluss. Dieser Schmerz, der ja von den Verursachern auch bewusst angestrebt wird, ist leider zu tragen, sofern man sich nicht diesen Mächten beugen wil.

  • RS
    Ria Sauter

    Wie soll denn eine Lösung aussehen?



    Es gibt viele kluge Köpfe, die Vorschläge machen könnten.



    Fordern kann jeder vieles, wenn er/sie/es nichts selbst dazu beitragen muss/ kann/ möchte.



    Lösungen sind gefragt.

  • Sehr gut!

    Es ist allerhöchste Eisenbahn, dass Prominente den Mund aufmachen und eine humanitäre Lösung dieser Katastrophe einfordern.