Autopolitik von Verkehrsminister Scheuer: Lobbyisten sind keine Gestalter

Der Bundesverkehrsminister setzt auf den Einsatz synthetischer Kraftstoffe. Damit hat er der Autobranche wieder mal keinen Gefallen getan.

Verkehrsminister Andreas Scheuer sitzt alleine auf einem blauen Stuhl im Bundestag

Fordert Einsatz synthetischer Kraftstoffe in Verbrennungsmotoren: Verkehrsminister Andreas Scheuer Foto: Christian Spicker/imago

Vielleicht ist ja der Ressortzuschnitt das Problem. Ausgerechnet diejenigen Mi­nis­te­r:in­nen der Bundesregierung, die sich als oberste Repräsentanten der Wirtschaftszweige begreifen, für deren gesetzlichen Rahmen sie zuständig sind, haben den Branchen in den vergangenen Jahren geschadet.

Das gilt für Agrarministerin Julia Klöckner (CDU), die sich als Lobbyistin für Agrar-, Chemie- und Nahrungsmittelkonzerne versteht, es aber versäumt, deren Geschäftsgrundlage zu sichern: fruchtbare Böden, sauberes Wasser, genetische Vielfalt bei Nutztieren und -pflanzen. Ganz offensichtlich sind die Unternehmen damit überfordert und brauchen die Vorgaben einer vorausschauenden, klugen Politik. Das Problem teilt Klöckner mit Andreas Scheuer (CSU), der das Amt des Verkehrsministers als das eines schnittigen Markenbotschafters der deutschen Automobilindustrie begreift. Dabei unterlässt er es, den Unternehmen einen Rahmen zu setzen, der sie fit macht für den Wandel zu Elektromobilität, autonomem Fahren und innovativen Dienstleistungen.

Mit dem Interview des CSU-Ministers in der Welt, in dem er den Fortbestand des Verbrennungsmotors mit synthetischen Kraftstoffen fordert, hat er der Autobranche wieder mal keinen Gefallen getan. Natürlich fordern ihre Manager und Lobbyisten landauf, landab genau das: Synthetische Kraftstoffe fördern, um die in Deutschland erfundene und perfektionierte Technik als weltweiten Verkaufsschlager zu erhalten.

Aber Hunderttausende von Arbeitsplätzen in einer Industrie zu retten, die weltweit auf dem Rückzug ist, das mag verständliches Wunschdenken stolzer Ingenieure sein, die mit dem Verbrennungsmotor sozialisiert wurden. Dass der Verkehrsminister ihnen nach dem Mund redet und keine klaren Ansagen macht – dass synthetische Kraftstoffe in Autos zu ineffizient und teuer sind, um gegen Elektromobilität zu bestehen –, ist fahrlässig.

Ein Vorschlag: Künftig denken Mi­nis­te­r:in­nen für Mobilität und Landnutzung die Themen neu. Und schützen damit nicht nur Klima- und Artenvielfalt, sondern auch den Wirtschaftsstandort Deutschland.

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Jahrgang 72, schreibt über Rohstoffthemen, Chemie und gerne auch den Wald. (Mit-)Autorin verschiedener Bücher, zuletzt eine Stoffgeschichte über Seltene Erden.

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