Aufkauf von Arztpraxen: Gesetz gegen „Heuschrecken“
Meldungen häufen sich, wonach Finanzinvestor:innen nach Arztpraxen greifen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach will dagegen nun vorgehen.

„Es gibt den fatalen Trend, dass Investoren medizinische Versorgungszentren mit unterschiedlichen Facharztpraxen aufkaufen, um sie anschließend mit maximalem Gewinn zu betreiben“, kritisierte der Minister. Im ersten Quartal 2023 werde er einen Gesetzentwurf vorlegen, „der den Einstieg dieser Heuschrecken in Arztpraxen unterbindet“.
In diesem Jahr hatten sich Meldungen gehäuft, dass Finanzinvestor:innen nach Arztpraxen griffen. Das ARD-Magazin „Panorama“ berichtete schon im April, dass Hunderte, „möglicherweise sogar Tausende Arztsitze“ aufgekauft worden seien. Besonders attraktiv für Investor:innen seien Augenarztpraxen.
Nach Einschätzung des GKV Spitzenverbands geht es den Investor:innen vor allem um die Kassenzulassungen und weniger um Räumlichkeiten. „Durch dieses System mit den hohen Kosten für den Kauf einer Kassenzulassung, werden junge Ärzte und Ärztinnen von der Übernahme einer Praxis eher abgeschreckt und finanzstarke Großinvestoren angelockt“, sagte ein Sprecher des Verbands am Montag. „Es wäre richtig, Zulassungen gezielt und kostenlos an Nachwuchsärztinnen und -ärzte zu vergeben, wo sie für die Versorgung der Menschen benötigt werden, statt dass Ärztinnen und Ärzte sie meistbietend verkaufen“, forderte der GKV-Sprecher.
Im Juni hatten die Gesundheitsminister der Länder den Bund gebeten, gesetzliche Regelungen zu prüfen, um den Einfluss von privaten Investoren bei der Gründung und dem Betrieb von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) einzuschränken. Gesundheitsexperten beklagen schon länger, dass Arztpraxen zunehmend von profitorientierten Unternehmen übernommen werden und so immer mehr Sitze niedergelassener Ärzt:innen in MVZs gebündelt werden.
Dem Bundesgesundheitsminister sind auch große Praxisketten ein Dorn im Auge. „Die Praxen müssen denen gehören, die dort tatsächlich arbeiten“, so Lauterbach. „Dann ist auch Schluss damit, dass ein Promi-Arzt seinen Namen für Dutzende Praxen hergibt, in denen junge Ärzte Hamsterradmedizin mit unnützen Behandlungen in schlechter Qualität betreiben, um absurde Profitziele zu erreichen.“
Generell hält Lauterbach im Gesundheitsbereich Renditen im zweistelligen Prozentbereich „nicht für vertretbar“: „Wenn Sie zehn Prozent Rendite oder mehr rausholen, dann ist das mit seriöser Medizin kaum möglich“, befand der Minister. Grundsätzlich müsse das „absurde Gewinn-Konzept“ im Gesundheitssystem geändert werden.
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