Aufarbeitung des Mordes an Walter Lübcke: Schwarz-grüne Arroganz
Der U-Ausschuss zum Lübcke-Mord endet. Die Koalition verwehrte sich klaren Botschaften gegen Rechts. Davon zeugt der Abschlussbericht.
D rei Jahre lang, in mehr als 50 Sitzungen, haben die 17 Parlamentarier des Lübcke-Ausschusses in Hessen zu klären versucht, wie es zum ersten Mord an einem demokratisch gewählten Politiker durch einen rechtsextremistischen Gewalttäter nach 1945 kommen konnte.
Weshalb konnte der vorbestrafte, als „brandgefährlich“ eingestufte Stephan Ernst vom Radar der Sicherheitsbehörden verschwinden? Wieso konnte Markus H., sein rechtsextremer Waffenlieferant, legal Waffen besitzen? Weshalb gingen Polizei und Staatsanwaltschaft zunächst von einem Täter aus dem persönlichen Umfeld des Opfers aus?
Selbst die Regierungsparteien CDU und Grüne, die mit Innenminister Peter Beuth, CDU, den politisch Verantwortlichen für Polizei und Verfassungsschutz in Hessen stellen, räumen ein, dass Entscheidungen der Behörden „fehlerhaft“ gewesen seien.
Doch gleichwohl haben CDU und Grüne am Ende der Ausschussarbeit das erwartete gemeinsame Signal gegen rechte Gewalt verweigert. Aus taktischen Gründen hatte die CDU den gewählten Berichterstatter, den SPD-Mann Gerald Kummer, ausgebremst.
Die Grünen haben dieses unwürdige Spiel mitgespielt. Schwarz-Grün hat sich nicht, wie es geboten gewesen wäre, am Entwurf des Berichterstatters abgearbeitet, sondern mit Mehrheit einen eigenen Text durchgedrückt.
Lübckes Plädoyer fehlt im Abschlussbericht
Am Anfang der Ausschussarbeit stand das Versprechen, gemeinsam das Menschenmögliche gegen rechte Gewalt zu unternehmen, gemeinsam. Der SPD-Abgeordnete Kummer hatte seinem Entwurf das mutige Bekenntnis von Walter Lübcke zu einer menschenfreundlichen Asylpolitik vorangestellt, das seinen späteren Mörder gegen ihn aufgebracht hatte. In dem mit Mehrheit durchgedrückten Abschlussbericht fehlt dieses Zitat. CDU und Grüne haben stattdessen ihrem Text ein Zitat des Ex-Innenministers und CDU-Ministerpräsidenten Volker Bouffier vorangestellt.
Schwarz-Grün liefert damit ein beredtes Beispiel für die Arroganz der Macht – wahrlich ein Tiefpunkt parlamentarischer Arbeit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt