Attentat auf Donald Trump: Secret-Service-Chefin tritt zurück
Bei einer Anhörung im Kongress räumt die Direktorin des Secret Service „den schwerwiegendsten operativen Fehler“ seit dem Attentat auf Reagan ein.
Cheatle war am Montag bei einer Anhörung im Kongress von Abgeordneten scharf kritisiert worden, hatte zunächst aber nicht ihren Rücktritt angeboten. Am 13. Juli haben wir versagt“, sagte Kimberly Cheatle, die am Montag mehr als fünf Stunden vor einem Kongressausschuss Rede und Antwort stehen musste.
Cheatle ging sogar noch weiter und bezeichnete den Vorfall, bei dem Trump während einer Wahlkampfrede in Pennsylvania von einer Kugel am rechten Ohr gestreift wurde, als „den schwerwiegendsten operativen Fehler“ der Behörde seit dem Attentat auf den früheren US-Präsidenten Ronald Reagan im Jahr 1981.
Auch damals konnte ein Attentäter mehrere Schüsse auf den Präsidenten abfeuern, bevor er von Agenten gestoppt wurde. Reagan, der von einer Kugel getroffen wurde, überlebte nur dank einer Notoperation.
Auslöser für Verschwörungstheorien
Das Attentat auf Trump sorgte nicht nur für weltweites Entsetzen. Es war auch Auslöser für das Kursieren von Verschwörungstheorien und stellte die Kompetenzen des Secret Service und deren Agenten infrage.
Wie konnte es sein, dass ein 20 Jahre alter Schütze praktisch unbehelligt auf ein Dach klettern, sich dort in Position bringen und dann mehrere Schüsse abfeuern konnte, bevor er von Sicherheitskräften erschossen wurde?
Eine detaillierte Antwort auf diese Frage blieb Cheatle auch mehr als eine Woche nach dem Attentat schuldig. Sie erklärte immer wieder, dass ein Team von Secret-Service-Agenten den Veranstaltungsort im Vorfeld besucht und daraufhin, wie üblich, ein geeignetes Sicherheitskonzept erstellt hätte.
Laut diesem Konzept befand sich das Gebäude, auf dem sich der Schütze positionierte, außerhalb der eingerichteten Sicherheitszone. Dies erlaubte es dem Attentäter, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Eine Person wurde beim Anschlag getötet und zwei weitere schwer verletzt. Für die Abgeordneten des Ausschusses war diese Antwort allerdings alles andere als zufriedenstellend.
„Sie labern Scheiße“
Die republikanische Kongressabgeordnete Nancy Mace war nur eine von mehreren Politikern im Ausschuss, die während der Befragung die Fassung verlor. „Sie labern nur Scheiße“, sagte Mace, nachdem Cheatle erneut eine Frage nicht beantworten konnte oder wollte.
Diplomatischer kritisierte auch die Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez den Mangel an wirklichen Antworten. Dies sei schlichtweg inakzeptabel: „Seit dem Attentat auf einen ehemaligen US-Präsidenten sind zehn Tage vergangen. Unabhängig von der Partei muss es Antworten geben“, so die Abgeordnete aus New York.
Ein erster Untersuchungsbericht soll innerhalb von 60 Tagen vorliegen, erklärte Cheatle. Zu spät, nach dem Befinden der Abgeordneten, die während der kommenden etwas mehr als 100 Tage bis zur Wahl keine Wiederholung eines solchen Vorfalls sehen wollen.
Augenzeugenberichten und Videos in den sozialen Medien zufolge hatten etliche Besucher der Wahlkundgebung den Attentäter, Thomas Matthew Crooks, noch vor seiner Tat gesehen und dessen verdächtiges Verhalten an die Sicherheitskräfte vor Ort weitergeleitet. Warum trotzdem nichts unternommen wurde?
Ausweichende Antworten
Auch hierzu gab es von Cheatle nur eine ausweichende Antwort. Sie habe die Kommunikation noch nicht vollständig untersucht. Nur so viel: Wäre der Schütze als eine „reelle Gefahr“ eingestuft worden, so Cheatle, dann wäre die Kundgebung abgebrochen worden.
Während der Anhörung musste Cheatle auch Fragen über ihre persönlichen Qualifikationen beantworten, genauso wie über die ihrer weiblichen Agenten. In den rechten Medien wurden diese für die Fehler verantwortlich gemacht.
„Ich stelle die am besten qualifizierten Kandidaten ein“, sagte sie auf die Frage, ob sie Frauen nur einstelle, um eine bestimme Quote zu erreichen. Sie erklärte auch, dass sie über einen Rücktritt nicht nachdenken würde, da sie die beste Person sei, um den Secret Service in dieser Situation zu leiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation