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Berichte über vorbereitetes Ampel-AusSPD wirft FDP „politischen Betrug“ vor

Laut Medien sollen sich die Freidemokraten seit September akribisch auf ein Ende der Ampel vorbereitet haben. Im Willy-Brandt-Haus ist man darüber schwer erbost und fordert eine Entschuldigung vom Ex-Partner.

Kann Christian Lindner (l.) sich überhaupt entschuldigen? In der SPD geht man nicht erst davon aus Foto: Christoph Soeder/dpa

Berlin dpa/rtr | SPD-Chefin Saskia Esken hat mit Empörung auf Medienberichte reagiert, wonach die FDP sich seit Ende September auf ein Ende der Ampel-Koalition vorbereitet haben soll. „Der Schaden, der der Vertrauenswürdigkeit von Politik zugefügt wurde, ist nicht zu ermessen“, sagte Esken beim Landesparteitag der baden-württembergischen SPD in Offenburg. Wenn man nun erkennen müsse, wie gezielt diese Situation herbeigeführt worden sei, setze das ein großes Fragezeichen hinter die Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit von Politik. „Christian Lindner und seine FDP haben sich mit diesem Schmierentheater auf Kosten des Landes als politische Kraft disqualifiziert“, fügte Esken hinzu.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch wirft dem ehemaligen Koalitionspartner „politischen Betrug“ vor und fordert eine Entschuldigung. „Von Christian Lindner erwarte ich nicht, dass er die Größe hat, sich bei den Menschen zu entschuldigen. Aber wenn in der FDP noch jemand einen Funken Ehre hat, dann wäre jetzt der Moment, dies in aller Demut zu tun“, sagte Miersch der Deutschen Presse-Agentur.

Laut Recherchen der Zeit soll sich die FDP akribisch auf ein Ende der Ampel-Koalition vorbereitet haben. In mehreren Treffen seien verschiedene Szenarien durchgespielt worden. Teilgenommen hätten unter anderen die damaligen FDP-Minister. Die Zeit beruft sich auf Schilderungen mehrerer Personen, die mit den Vorgängen vertraut seien. Zudem habe die Redaktion Dokumente eingesehen, die in diesen Wochen entstanden seien.

Bei einem Koalitionsausschuss am Abend des 6. November kam es schließlich zum Bruch, als Bundeskanzler Scholz seinen Finanzminister Lindner entließ. Die FDP-Minister Marco Buschmann (Justiz) und Bettina Stark-Watzinger (Bildung und Forschung) traten daraufhin zurück. Der FDP-Minister Volker Wissing (Verkehr und Digitales) erklärte am folgenden Morgen, er bleibe im Amt und verlasse die FDP.

In einer Zeit, in der es um die Stabilisierung unserer Wirtschaft, sichere Arbeitsplätze und die Bewältigung internationaler Krisen gehe, habe die FDP „scheinbar ein Drehbuch geschrieben“, das auf „die Zerstörung der Regierungsarbeit“ abgezielt habe, sagte Miersch der dpa. „Das ist nicht nur verantwortungslos, sondern markiert einen Tiefpunkt unserer politischen Kultur.“

Wer Wochen und Monate lang öffentlich den Dialog propagiere und hinter den Kulissen eine Inszenierung vorbereite, der verspiele nicht nur das Vertrauen der Partner, sondern auch das der Bürgerinnen und Bürger.

FDP lässt die Berichterstattung unkommentiert

Derweil lässt die FDP die Berichterstattung der Zeit unkommentiert. „Wir äußern uns nicht zu internen Sitzungen“, erklärte ein FDP-Sprecher am Samstag auf Anfrage. Er erklärte, seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 zum Haushalt habe es immer wieder und in verschiedenen Runden eine Bewertung der Regierungsbeteiligung gegeben. „Selbstverständlich wurden immer wieder Szenarien erwogen und Stimmungsbilder eingeholt.“ Am Ende habe es zwei Optionen gegeben, die Lindner Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Gespräch am 3. November vorgeschlagen habe: „eine Einigung auf eine Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik oder die geordnete Beendigung der Koalition durch den gemeinsamen Weg zu Neuwahlen“. „Das Ergebnis ist bekannt“, erklärte der Sprecher.

Nach Darstellung Lindners habe Scholz ihn in der Sitzung ultimativ aufgefordert, die Schuldenbremse zu lockern. Dies habe er abgelehnt, woraufhin ihn der Kanzler gefeuert habe.

Der Deutsche Bundestag soll nun am 16. Dezember über die Vertrauensfrage des Kanzlers entscheiden, danach soll es am 23. Februar vorgezogene Neuwahlen geben. Auch die Süddeutsche Zeitung berichtete unter Berufung auf „Eingeweihte“ über Pläne der FDP, die Koalition zu beenden.

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35 Kommentare

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  • Lindners Strategie war stets "klar wie Kloßbrühe" - schon vor der letzten Bundestagswahl. Immer war eine schwarzgeld Koalition sein Ziel - wie in alten Zeiten. Nach der Bundestagswahl war das zwar nicht sofort möglich, aber da war ja die Methode Lambsdorff. Den Sprung galt nunmehr vorzubereiten. Genau darum ließ er die Verhandlungen mit Union und Günen über die Bildung eines Jamaika-Bündnisses platzen. Er koalierte lieber mit SPD und Grünen und trimmte dann die FDP auf Blockade und Opposition in der Regierung. Wieso SPD und insbesondere die Grünen das durchsichtige Spiel der FDP nicht gleich durchschauten, bleibt rätselhaft. Schon das merkwürdige Pausentelefonat, das Lindner während der vertraulichen Koalitionsverhandlungen mit Oliver Blume, dem damaligen Chef von Porsche, führte, hätte alle Alarmglocken läuten lassen müssen. Aber man fürchtete wohl zu recht bei der SPD die Rückkehr der Post-Groko-Schwäche und bei den Grünen das weitere Dahinschmelzen des inzwischen nur noch mäßigen Zuspruchs. Jetzt oder nie war also die Devise.



    Aber der schlaue Lindner hat sich verzockt. Schwarzgelb ist ferner den je.

  • Wenn man/frau in einem Team zusammenarbeitet, erwarte ich Ehrlichkeit und Offenheit. Bei einer Regierungskoalition geht es um die Verantwortung für die BürgerInnen des Landes. Wer da Positionspapiere mit dem Namen "D-Day " und "Torpedo" verfasst, der ist wohl kaum an echter Zusammenarbeit zum Wohle des Landes interessiert.



    Ich bin recht überrascht, wie Viele, auch in der kommune, das anders betrachten. DA möchte ich nicht arbeiten, wo die es tun und mit Menschen, die eine derart unkollegiale Einstellung haben, gäbe es für mich keine Zusammenarbeit.



    Scholz Reaktion war völlig richtig.



    Die Tatsache, dass die langgehegten Pläne der FDP letztlich durch die schnelle Reaktion des Kanzlers durchkreuzt wurden, geschieht Lindner ganz recht.



    Vor diesem neuen Hintergrund ist Lindners Auftritt nach der Entlassung neu zu bewerten.



    Er und ungeschickterweise auch einige Medien, behauptete, der Kanzler habe das Vorgehen geplant. Dass hingegen er ein Drehbuch geschrieben hat, lässt Rückschlüsse auf seine Persönlichkeit zu.



    Lindner kann, nach seiner Rede, wohl kaum noch als "ehrlicher Politiker " oder Jemand, mit dem man/frau " vertrauensvoll zusammenarbeitet" bezeichnet werden.

  • Dieses Verhalten kommt einen doch bekannt vor ( da war doch noch was mit Lambsdorff ). Wer hätte gedacht das diese Partei die keine Moral kennt, sondern nur Machtgeilheit um jeden Preis, selbst wenn man die eigene Mutter dafür verkaufen muss, diesen Weg geht! Die FDP erinnert mich an die USA und den Vietnamkrieg, nach dem Motto mehr vom falschen führt bestimmt zum Sieg, wie verblendet muss man sein trotz Rauswurf aus mehreren Landtagen, das mehr Opposition in der Regierung zum Umdenken beim Wähler führen wird, so kann man nur denken wenn man geistig verkümmert, Kritik resistent und nicht auf der Höhe ist, und in einer völlig verkorksten Blase voller machtgeilen Ignoranten und Ja-Sager steckt. Deswegen wer jetzt die Schuld trägt oder nicht, das überlasse ich der Taz und der Kommentarspalte und in der Zukunft den Historikern.

  • Egal, wer wie viel Schuld an den Differenzen in der Ampel hatte- Herr Scholz hat maximal unsouveraen reagiert, in dem er Herrn Lindner gegenüber öffentlich persönlich geworden ist.



    Das disqualifiziert ihn als Führungsperson.

  • "... fordert eine Entschuldigung. "



    Oh, da is' er jetzt aber schwer beleidigt, nicht ?

    Was kann denn der Wähler fordern weil ihn die SPD so dermaßen an der Nase herumgeführt hat dass sich die Balken biegen ?

  • „Politischer Betrug“ klingt aber bei jedem Verständnis für den Frust bei der SPD ein bisschen hysterisch. Die SPD gibt sich als gutgläubige, rechtschaffende Ehefrau , die von dem windigen , unehrlichen, schamlosen Porschefahrer hinters Licht geführt und der Unschuld beraubt wurde….

    • @Ward Ed:

      Wahlkampf halt. Es wurde behauptet, Scholz habe Lindner nach dem Wahrheitsgehalt von Zeitungsberichten über Ausstiegsabsichten der FDP gefragt und von Lindner die Antwort erhalten, nein, sie verhandelten weiter über den Haushalt. Falls es so war, braucht man das nicht prickelnd finden.

      • @dtx:

        Es geht Scholz ja auch nichts an, was innerhalb der Partei der FDP diskutiert wird. Deshalb wird es auch Parteiintern genannt.

        Und grade Scholz sollte sich da zurückhalten, der seine Art und Positionen der Politik nicht erklärt. Und Scholz ist tatsächlich qua Amt Rechenschafts- und Auskunftspflichtig über die Beweggründe seiner Politik.

        Die SPD sollte wirklich ein paar Gänge zurückschalten, das gezetere wirkt eher abstoßend.

    • @Ward Ed:

      Nun, ich denke, jede der Ampelparteien (die anderen vermutlich auch) dürften sich Gedanken für die Szenarien bei einem Ampelbruch gemacht haben. Alles andere wäre keine seriöse Politik. Da kann die SPD rumheulen wie sie will; sollten sie keine Pläne für ein solches Szenario hatten, spricht dies eher gegen die SPD.

  • Und wer hat jetzt eigentlich die Koalition beendet?

    • @Frauke Z:

      Nehmen wir mal an, Sie würden Ihren Chef mit kalkuliert intolerablem Verhalten zwingen, Sie rauszuwerfen. Dann kriegen Sie erstmal kein Arbeitslosengeld, auch wenn nicht Sie es waren, der gekündigt hat.

      Wäre Lindner in einem Unternehmen angestellter Geschäftsführer gewesen, würde er wegen unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten von den Eigentümern entlassen. Auch fristlos, so wie hier. Und spätestens bei dem 18-seitigen "Vorschlag" und nicht erst, wenn er anfängt, beim Springer-Verlag über die Bande zu spielen.

  • Was versteht man eigentlich unter Maulhelden ?

    Verstehen Volksvertreter unter regieren so ein Gebaren ?



    Meinen Volksvertreter so ihre Wähler respektvoll zu vertreten ?



    Die Ansprüche der Wähler, an ihre gewählten, repräsentativen Volksvertreter, liegen wohl etwas höher.



    Aber Sinn & Zweck der repräsentativen Demokratie - den Mächtigen ihre Macht und ihren Reichtum zu sichern, wird vollends entsprochen.



    Die direkte Demokratie wäre ja viel zu gewagt und könnte die bestehenden Machtverhältnisse, durch Mitbestimmung des Volkes, gefährden.



    Wer kann das schon wollen ?

  • Ich habe mir gestern nach einem Hinweis eines Kommentators mal das aktuelle Interview mit Volker Wissing bei Spiegel Online angesehen.

    Das war schon an sich sehr bemerkenswert.

    Nach diesem Artikel verstehe ich die Andeutungen bzw. ausweichenden Antworten von Wissing noch viel besser. Wissing ist mir dadurch geradezu sympathisch geworden. (Uups)

  • Jede Partei, die sich nicht seit einem Jahr auf das Ampel-Aus vorbereitet hat, hat einen schlechten Job gemacht.

    • @DiMa:

      Grundlegend semantisch missverstanden. Es geht hier nicht um passives, sondern aktives Vorbereiten. Der kleine, feine Unterschied, der ein Ding zu seinem Gegenteil macht.

  • Dass die FDP im Allgemeinen und Lindner im Besonderen nie in dieser „Fortschrittskoalition“ konstruktiv Politik zum Wohle der Gesellschaft machen wollten, war von vornherein klar.



    Dummerweise hatte Lindner aber mit seinem Spruch vom lieber gar nicht Regieren so viel Spott eingesammelt, dass er es sich nicht noch einmal erlauben konnte, den Unsinn zu wiederholen. Zugleich hat seine Partei ihren Wiedereinzug in den Bundestag nach vier Jahren Auszeit zu eng mit der Person des Parteichefs verbunden als dass man ihm ohne großartiges Wahldesaster einfach so die Tür weisen konnte.



    So musste man denn in dieser Regierung über all die Zeit hinweg marktradikal-ideologische Maximalforderungen stellen in der irrigen Hoffnung, dass Scholz und Habeck eher früher als später die Schnauze voll hätten von derlei Störfeuer.



    Da hatten sie aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn die marktradikale Ideologie hatte nun für SPD und Grüne in ihrer großen Mehrheit ihren Schrecken schon seit ca. 2002 endgültig verloren.



    Die FDP versuchte dennoch den Plan Lambsdorff ein zweites Mal nach 1982, und war irritiert, dass Scholz das durchschaute und nicht wie Schmidt damals milde reagierte.

  • Krokodilstränen. Der FDP hatte das Gewürge in der Ampel am meisten zugesetzt . 3 vergeigte Landtagswahlen und die 5 % Klausel. Wer ums Überleben kämpft, greift nach jedem Strohalm. Wenn sie keine Ausstiegsszenarien provisorisch entwickelt hätte, wäre das Dilentatismus pur gewesen. Ihr Kardinalfehler, sich überhaupt ins Ampelbett gelegt zu haben. Rätselhaft, was Atom-und Verbrenneraus oder das Heizungsgesetz mit liberaler DNA zu tun hat. Diese Fehlentscheidung muss sich Lindner rückblickend vorwerfen lassen.

    • @Schö51:

      Noch mal: Einfach die Wahlergebnisse von 2021 anschauen, nach anderen Mehrheiten suchen und erst, wenn Sie da was finden, weiterpoltern.

      • @dtx:

        Groko und Jamaika waren noch Alternativen.



        Die Ampel war keinesfalls Alternativlos…



        Bezeichnend das vor allem Scholz und Lindner sich zerstritten haben. Also Alternativen hätte es gegeben. Wie attraktiv die anderen Parteien die Konstellationen sehen, das ist eine andere Geschichte.

  • Politischer Betrug allein reicht nicht als Beschreibung. Es war Unredlichkeit gegenüber der Allgemeinheit, der Demokratie. Es war pure Selbstsucht, es war vorsätzliches Handeln, es war Verrat.

  • Notwendiger, als sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen, wäre



    Lösungen für aktuelle Herausforderungen aufzuzeigen, die fehlenden Milliarden im Haushalt durch viel zu optimistische Annahmen auf der Einnahmeseite ( negative Wirtschaftsentwicklung)



    und der Ausgabenseite ( Abnahme der Sozialausgaben durch Reduzierung der Anzahl der Bürgergeldempfänger). Und dabei



    auf Taschenspielertricks zuverzichten.

  • Ach dieser Christian, der kleine Wendehals.



    Erst Wehrdienstverweiderer - dann Reserveoffizier, erst Unternehmer - dann pleite, erst nicht regieren - dann Finanzminister.

    Vielleicht schafft seine FDP ja jetzt wieder drei Pünktchen.

    Dann hat er wieder mehr Zeit, seinen Porsche in Sylt zu polieren ... nicht alles ist schlecht Christian!

  • Selbstverständlich werden immer wieder Szenarien erwogen und Stimmungsbilder eingeholt. Das gehört zum Spiel der repräsentativen Demokratie, die auf Wahlen, dem Wettbewerb um die Zustimmung von WählerInnen, als 'Fest der Demokratie' setzt. Und bei durchschnittlich mindestens 3 Wahlen pro Jahr sind Parteien und PolitikerInnen im Dauerwahlkampf.

    Dass die WählerInnen, das 'Souverän', damit dennoch nur minimale Mitbestimmung üben kann, dafür sorgt schon die grundgesetzliche 'Unabhängigkeit der Abgeordneten'. Mit ihrer Stimmabgabe stimmen sie zu, für die nächsten 4 bis 5 Jahre regiert zu werden. Das nun ausgerechnet die Zuverlässigkeit des Durch-regiert-werdens als Qualitätsmerkmal gelungener Demokratie gelten soll, ist ein schlechter Witz. Jeder Streit in Regierungsparteien und jede Minderheitsregierung die zu mehr öffentliche Diskussionen führen, wäre ein Zugewinn an demokratischer Offenheit.

    • @Stoersender:

      Zitat: "Dass die WählerInnen, das 'Souverän', damit dennoch nur minimale Mitbestimmung üben kann, dafür sorgt schon die grundgesetzliche 'Unabhängigkeit der Abgeordneten'."

      und: "Das nun ausgerechnet die Zuverlässigkeit des Durch-regiert-werdens als Qualitätsmerkmal gelungener Demokratie gelten soll, ist ein schlechter Witz."

      Wäre jetzt nicht das Problem, wäre dieses Verfassungsgut annähernd das Papier wert, auf das es gedruckt wurde.



      Es wurde eben lange schon vor AfD-Zeiten zu oft erstmal geschaut, wer vorschlägt. Und dann nicht mehr, was. Auf allen Ebenen bis in die Stadtparlamente, nicht bloß im Bundestag. In so einer Kultur geht nichts mit Minderheiten, aber daran hat sich über Jahrzehnte kaum jemand gestört. Und jetzt sollen sich die Leute von einem Tag auf den anderen nicht mehr verhalten wie im Kindergarten?

      Außerdem gab es da noch "Alternativlosigkeiten" und zur Farce verkomme Expertenanhörungen. Lange vor Olaf. Man muß sich nur anschauen, wie oft Gesetze aus den Merkel-Kabinetten in Karlsruhe gescheitert sind. Würden die so verfaßt, daß der Adressat sie versteht, müßte auch der Abgeordnete wissen, was er tut.



      Ergo: Viele Argumente weniger für den Fraktionszwang.

  • „Wie viele Leute waren bei der angeblich erfundenen Mondlandung beteiligt?"



    Fragen Sie Loriot: www.dailymotion.com/video/x2xi4e3

  • Das wäre mit der Union und den Herren Merz und Kiesewetter wahrscheinlich genauso gelaufen:



    "CDU-Außenpolitiker Kiesewetter fordert Aussetzen der Schuldenbremse



    Der Ukraine-Krieg lasse sich "nur mit Schulden gewinnen", sagt der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter. Er fordert die Bundesregierung auf, die Schuldenbremse auszusetzen."



    Bei zeit.de in 5/24



    Mich wundert aber die Reaktion der Union auf den Vorgang, als ob sie das ganze Geschehen nicht uninformiert traf. Lindner hat nicht nur einen Karriere-Plan "B", er hat bestimmt auch einen doppelten Lobby-Boden.

  • Wieder ein schöner Beweis, daß die ganzen Verschwörungsmythen der Verschwörungsmystiker reine Phantasie sind: Wenn nicht mal eine Runde von ein paar FDP-Leuten es schaffen sich im geheimen über einen Koalitionsbruch zu verständigen. Wie viele Leute waren bei der angeblich erfundenen Mondlandung beteiligt?

  • Naja, die Komödie der empörten Verlassenen, welche die SPD jetzt aufführt ist maximal albern. Jeder Beobachter mit einem IQ höher als Raumtemperatur hat gemerkt, dass der Koalitionsbruch von beiden Seiten sehr gewollt war.

    Die SPD ist ja nur wütend, weil sie bereits am Abend bzw. am nächsten Tag aufgeflogen ist, weil die Rede von Pattex-Olaf zu geschliffen und seine erste gute Rede als Kanzler überhaupt war. Bei der FDP hat es jetzt eben noch 1,5 Wochen gedauert und es interessiert niemanden, weil jeder in den letzten 3,5 Jahren gemerkt hat, dass die FDP nicht in der Koalition sein will und nicht sein sollte.

  • Wahrlich keine Überraschung. Der erste Versuch, ein Papier außerhalb des eigenen Ressortbereiches, dafür mit Abkehr vom Koalitionsvertrag und allen Vereinbarungen, scheiterte an Scholz' Nichtreaktion. Dann mußte halt die Brechstange her, wobei das Timing der Abläufe den äußeren Anstrich von "Situationskomik" so offensichtlich ad absurdum führte. Dann noch Buschmanns Antwort bei Lanz, es habe bereits seit einem Jahr Diskussionen in der Partei gegeben.

    Fakt durfte doch sein, daß die Nummer nicht ohne wirklich festen Rückhalt passieren konnte, sonst hätten Partei und Fraktion ihm statt stehenden Ovationen doch die kalte Schulter geboten. Jetzt will Lindner wieder Finanzminister werden. Wer weiß, Merz schuldet ihm ja nun einen Gefallen, vielleicht bestellt der ihn auch ohne Mandat?

  • Scholz hat sich doch auch vorbereitet (diese Rede!) und die übrige SPD sicher auch. Wen überrascht denn da, dass die FDP das auch getan hat? Interessant wäre höchstens mal, wie das innerhalb der Grünen aussah.

  • Hat jemand von Lindner & Co. etwas anderes erwartet?

  • "Laut Recherchen der Zeit soll sich die FDP akribisch auf ein Ende der Ampel-Koalition vorbereitet haben." Also wenn das das Ergebnis einer akribischen Vorbereitung war, möchte man echt nicht wissen, wie ein überstürztes Ende der Koalition ausgesehen hätte.



    Einiges spricht aber auch für andere Szenarien. Hr. Scholz schien für seine "spontane" Wutrede ebenfalls recht gut präpariert gewesen zu sein.



    Und fraglich ist auch, inwieweit Hr. Scholz gegenüber Hr. Lindner verbal ausfällig geworden ist. Letzterer wirkte vor, während und nach der Entlassungszeremonie bei Präsi Hr. Steinmeier mental ziemlich angeschlagen, jedenfalls auch nicht vorbereitet im Sinne von Akribie oder mit allem rechnend.

    • @Vigoleis:

      Zitat: "Einiges spricht aber auch für andere Szenarien. Hr. Scholz schien für seine "spontane" Wutrede ebenfalls recht gut präpariert gewesen zu sein."

      Man hatte dem Scholz für jeden denkbaren Ausgang des Abends eine Rede geschrieben, insgesamt also drei.

  • Da gehört nicht viel Phantasie dazu, sich das vorzustellen. Dass es überhaupt irgendwelche Leute gibt, die bereit sind, dem Lindner auch nur einen Hosenknopf abzukaufen, finde ich eh schon spektakulär. Aber der Kommentar von Esken, dass der jetzt allein schuld sein soll an dem Verlust der Glaubwürdigkeit "der Politik", ist wieder mal ein Ausflug in eine spezielle Realität. Dem würde ich entgegnen: "Liebe Frau Esken, und führende Köpfe ALLER anderen Parteien: Ein jeder kehr' vor seiner Tür, da hat er Dreck genug dafür!" Der Vertrauensverlust bezüglich des politischen Personals in D hat nicht mit Lindner begonnen, sondern nur in dieser Figur kulminiert. Da hat die SPD mal ganz sicher ihren Teil aktiv dazu beigetragen.

    • @wheredallthegoodpeoplego:

      ... aber wie sich Lindner als verfolgte Unschuld mit Tränen im Augenwinkel dargestell hat - das war schon großes Kino -:)