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UN-ZukunftsgipfelUpdate verfügbar

Ein Pakt für die Zukunft, beschlossen von den Vereinten Nationen, soll allen Menschen ein gutes Leben ermöglichen. Doch die Industrieländer bremsen.

Der Globale Norden hat bei finanziellen Zusagen vielfach versagt Foto: Mika Schmidt/imago

Krieg in Gaza, im Sudan und in der Ukraine, explodierende Pager, die Situation von Frauen in Afghanistan, die Gewalt in Haiti – die Umstände des UN-Zukunftsgipfels könnten sehr viel besser sein. Derzeit gelingt es den Vereinten Nationen kaum, angesichts von Kriegsverbrechen und geopolitischen Spannungen für grundlegende Menschenrechte einzustehen. Mit dem Gipfel will die UN sich fit für die Zukunft machen.

Am Ende sollen die 193 Mitgliedstaaten den „Pakt für die Zukunft“ verabschieden. Er soll den Weg für Reformen der UN, etwa des Sicherheitsrats und der internationalen Finanzarchitektur weisen, um die Umsetzung der Agenda 2030 zu beschleunigen, also der 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) für ein gutes Leben und den Schutz des Planeten. Mit der Agenda 2030 haben sich die Vereinten Nationen hohe Ziele im Kampf gegen Armut, Hunger und andere soziale Probleme gesetzt.

Doch die Umsetzung stockt, nur 17 Prozent der SDGs sind auf dem richtigen Weg. Ein paar Fortschritte gibt es dennoch: Kindersterblichkeit und HIV-Infektionen sind im Durchschnitt gesunken, und der Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen hat sich global etwas verbessert. Viele Entwicklungsländer kritisieren jedoch, dass sie die Entwicklungsziele nicht finanzieren können, während sie es mit multiplen Krisen aufnehmen müssen.

Bislang, also bei der Agenda 2030, ging es um das „Was“, sagt UN-Generalsekretär António Guterres, beim Pakt für die Zukunft aber um das „Wie“. Für die Umsetzung der Agenda 2030 brauche es reformierte Institutionen. „Die heutigen Institutionen entsprechen der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie haben sich als völlig untauglich erwiesen, um den Herausforderungen von heute und insbesondere den Herausforderungen der Entwicklungsländer gerecht zu werden.“ Zum 75. Geburtstag der Vereinten Nationen vor vier Jahren begann Guterres daher mit der Planung für ein „System Update“.

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Worum geht es im Pakt für die Zukunft?

Mit der Verhandlungsführung wurden Namibia und Deutschland beauftragt, die im Januar einen ersten Entwurf vorlegten. Aus ursprünglich 20 Seiten wurden 200 Seiten Änderungsanträge, die jetzt wieder auf etwa 30 Seiten gekürzt wurden. Hinzugekommen sind viele Formulierungen, die Spielraum lassen: „freiwillig“ und „wenn es möglich ist“ oder „bemühen“ wollen sich die Staaten.

Der Pakt ist in fünf Abschnitte unterteilt: nachhaltige Entwicklung, Frieden und Sicherheit, Wissenschaft und digitale Zusammenarbeit, Jugend sowie Transformation von globaler Regierungsführung. Im letzten Punkt geht es um Reformen im Sicherheitsrat und der internationalen Finanzarchitektur.

Formuliert sind Aktionen, die nicht verpflichtend sind, sie zeigen aber, welche Stellschrauben es für die Entwicklungsfinanzierung gibt. Und auch wenn die Trennlinie längst nicht so scharf ist, es weder einen homogenen Globalen Norden noch Süden gibt, lassen sich die Ungleichheiten entlang der Kolonialvergangenheit deutlich erkennen.

Wird der Sicherheitsrat neu aufgestellt?

Seit mehr als sechzig Jahren verhandeln Staaten über eine Reform des Sicherheitsrats, der am deutlichsten den Zustand der Welt bei Gründung der UN 1945 widerspiegelt. Die ständigen Vertreter USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China legen mit ihrem Vetorecht regelmäßig den Rat und damit internationales Recht lahm. Die Länder haben bereits angekündigt, davon auch in Zukunft nicht abrücken zu wollen.

Diskutiert wird eine Erweiterung des Sicherheitsrats – und das hat durchaus Chancen. Zuletzt gelang das 1965. Im Abschlussdokument verpflichten sich die Staaten, dass Entwicklungsländer besser repräsentiert werden sollen, und dass über die Einschränkungen des Vetos diskutiert werde. Die USA hatten im Vorfeld des Gipfels angekündigt, sich für zwei Sitze für afrikanische Länder und einen für Kleinstaaten einzusetzen.

Werden globale Steuern eingeführt?

Die Ausarbeitung einer UN-Steuerkonvention wird im Zukunftspakt begrüßt. Dagegen hatte sich vor allem die USA gestellt, die globale Übereinkommen zu Steuern weiterhin in der Organisation der Industriestaaten (OECD) verorten will. Einige Entwicklungsländer, allen voran afrikanische Länder, argumentieren, dass sie dort nur wenig Einfluss haben und daher nicht profitieren. Allein die afrikanischen Länder verlieren jährlich etwa 90 Milliarden US-Dollar durch illegale Steuervermeidung. Für den Zukunftspakt geht es um Regeln für die Besteuerung multinationaler und digitaler Unternehmen, und um Transparenz über relevante Daten von Unternehmen. Auch für die Besteuerung von Superreichen wollen die Staaten „Optionen erkunden“.

Was könnte sich finanzpolitisch noch ändern?

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Viele Entwicklungsländer sind hoch verschuldet. Sie müssen meist hohe Zinsen zahlen. Rund 1,3 Milliarden Dollar täglich zahlen Entwicklungsländer an Schuldendienste. Die IWF-Rettungspakete zwingen außerdem zu einer Sparpolitik, die oft Zulasten der Ärmsten der Bevölkerung geht. Die „Initiative für ein Verfahren für verschuldete Staaten“ der G20 ist bislang gescheitert.

Nur vier verschuldete Staaten haben den Prozess überhaupt begonnen. Laut Zukunftspakt soll das Verfahren „verbessert“ werden. Einige Akteure fordern seit zehn Jahren einen Rahmen für Staatsinsolvenzverfahren, die von der UN selbst ausgerichtet werden. Um günstige Finanzierung zu schaffen, könnten die Sonderziehungsrechte (SZR) des IWF viel mehr genutzt werden.

Diese Art Krisen-Währung erschafft der IWF aus dem Nichts und verteilt sie gemessen an der Wirtschaftskraft der Länder. Deutschland erhielt etwa zum Höhepunkt der Pandemie so viel wie ganz Afrika, umgerechnet rund 30 Milliarden Euro. Die Länder des Globalen Nordens hatten bereits zugesagt, über 100 Milliarden SZRs an Entwicklungsländer umzuverteilen – geschehen ist das nicht.

Der Zukunftspakt erinnert nun daran und bittet Länder, „denen es möglich ist“, die Umverteilung umzusetzen. Einige Ökonomen meinen, SZR sollen zum Hauptinstrument für die Finanzierung von IWF-Programmen werden. Ausgezahlt an regionale Entwicklungsbanken könnten diese Finanzierungen zunehmend in Landeswährung bereitgestellt werden, um das Währungsrisiko der Empfängerländer – also eine Abwertung wegen Wechselkursschwankungen – zu verringern.

Die Staaten bekennen sich außerdem dazu, dass es, angelehnt an die Idee „Beyond GDP“, eine Wohlstandsmessung über das Bruttoinlandsprodukt hinaus benötigt. Auch dazu soll eine Expertengruppe Vorschläge erarbeiten.

Wo steht Deutschland?

Für Deutschland war es wichtig, eine Einigung Zukunftspakt zu erzielen – auch im Hinblick auf die eigene Zukunft in der UN. Nächstes Jahr will Deutschland die Präsidentschaft der UN-Generalversammlung übernehmen, die Bundesrepublik kandidiert zudem für einen nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat. Bei Details blockiert Deutschland aber durchaus. Es setzte sich immer wieder gegen eine Aufhebung von Strafzinsen an hoch verschuldete Länder ein und blockt die Umverteilung der SZR.

Deutschland war zunächst gegen eine UN Steuerkonvention, enthielt sich aber zuletzt. Es trägt auch die informelle Vereinbarung mit, wonach die Spitzen von IWF und Weltbank jeweils von Europäerinnen und Amerikanern besetzt werden. Auf der anderen Seite treibt Deutschland unter Führung des Bundesentwicklungsministeriums die Weltbankreform voran, um das Volumen für Klima- und Entwicklungsfinanzierung zu erhöhen.

Was ist Entwicklungsländern noch wichtig?

Für sie wäre mehr Mitspracherecht in allen Foren ein wichtiger Schritt. Gleiches gilt für den Teil der Zivilgesellschaft, der für Menschen eintritt, also Gewerkschaften, Wissenschaft oder Men­schen­recht­le­r*in­nen. Schließlich braucht es weitreichende Systemänderungen in Sachen Finanzen, die grundlegend auf die Ziele der Agenda 2030 ausgerichtet sind – also für ein gutes Leben für alle und den Schutz des Planeten. Mechanismen für die Umsetzung dieser Fragen gibt es auch im Zukunftspakt nicht. Die bräuchte es aber sehr dringend.

Wie realistisch ist die Umsetzung des Zukunftsplans?

Der Globale Norden hat bei finanziellen Zusagen vielfach versagt. Die Staaten sind weit davon entfernt, 0,7 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Die zugesagten jährlichen 100 Milliarden Dollar an Klimafinanzierung wurden nicht erreicht, 100 Milliarden Umverteilung SZRs auch nicht. All das wird auch im Zukunftspakt erwähnt. Dennoch ist der Globale Norden schneller darin, finanzielle Zusagen zu machen, als grundlegende Reformen anzugehen, die Machtverhältnisse ändern. Für eine gerechte Zukunft wären das aber die wichtigeren Stellschrauben.

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2 Kommentare

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  • Der globale Kapitalismus hat dafür gesorgt, dass wir mindestens 300 % mehr an Waren und Werten produzieren, als die Menschen eigentlich zum Überleben brauchen: Die klassische Überproduktionskrise eben, die Lage von Profite sich nicht mehr für neue Geschäfte einsetzen lassen und Aktien, Währungen und Immobilienwerte dahinschmelzen wie die Butter in der Sonne. Völlig verzweifelt suchen Anleger noch nach Börsenpapeiren in der Hoffnung, dass es Staaten gibt, die ebenso verzweifelt Lufthansa, VW oder eine Meyer-Werft noch zu halten versuchen, deshalb der 'Aufschwund' an den Börden, bevor der Crash kommt und jeder Glaube an ein Wachstum keine Nahrung mehr findet. Da sind die Länder des Südens noch in einem kleinen Vorteil, wenn sich eine Bevölkerung noch selbst ernähren kann. Wenn ALDI crasht, rnzsteht ein Chaos, weil die meisten keinen Schrebergarten hatten und auch nicht vorsorgen konnten. Neu beginnen geht nur in einer Wirtschaft, die nach dem Gemeinwohl organisiert wird und jedem ein Recht auf Arbeit, Teilhabe, Auskommen und Wohnen zugestanden wird in einem neuen 'Grundgesetz'. Mal sehen, wieviel Einsichtige da noch New York kommen....

  • "Viele Entwicklungsländer kritisieren jedoch, dass sie die Entwicklungsziele nicht finanzieren können, während sie es mit multiplen Krisen aufnehmen müssen."



    Das Problem ist einfach die Idee vieler dieser Länder die Entwicklung in wenigen Jahrzehnten zu vollziehen wofür wir hier in Europa Jahrhunderte gebraucht haben.



    Geld allein macht eben KEINEN Fortschritt - auch gesellschaftlich muss sich enorm viel tun und das geht nicht 'über Nacht'.



    Es hat bei uns Jahrhunderte gedauert, war zuweilen sehr blutig und auch oft von Rückschritten begleitet - zwei Schritte vor, einen zurück.



    Diesen langen Weg werden auch die Entwicklungsländer gehen müssen, Abkürzungen sehe ich keine - das sieht man ja an den Versuchen Demokratie zu exportieren in Irak oder Afghanistan oder oder oder



    Die bestehenden Rechtsordnungen wurden über den Haufen geworfen, Demokratie aufgezwungen - geklappt hats nirgends. Dafür Bürgerkriege und Terror.



    Erwachsen werden muss jeder selbst - das gilt für Menschen wie Staaten - wir können Hände reichen, aber den Weg müssen sie selbst gehen, mit allen Querelen die am Wegesrand lauern.