Studie zu Welternährung: Kein Geld für gesundes Essen
Laut einer Untersuchung fehlt rund 3,1 Milliarden Menschen weltweit Geld für gesunde Ernährung. Die Lage ist dramatisch, warnt die NGO Misereor.
Berlin taz | Mehr als jedem Dritten weltweit – 3,1 Milliarden Menschen – fehlt das Geld für eine gesunde Ernährung. Das hat die Entwicklungsorganisation Misereor in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Georg-August-Universität Göttingen berechnet.
„Trotz einer wachsenden Weltwirtschaft ist die Ernährungsarmut dramatisch hoch“, sagte Lutz Depenbusch, Ernährungsexperte bei Misereor am Dienstag bei der Vorstellung der Studie. Menschen in Armut seien besonders stark von den Krisen der vergangenen Jahre betroffen, hätten aber nichts vom wachsenden Wohlstand, so Depenbusch.
Mit ihrer Untersuchung weisen die Autoren auch auf Lücken in den Berechnungen zu Armut der Weltbank hin, die als Grundlage etwa für die UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung dient. Nach aktuellem Stand leben 692 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze von 2,15 US-Dollar am Tag. Jonas Stehl von der Universität Göttingen findet die Grenze extremer Armut viel zu niedrig.
Mit 2,15 US-Dollar könnten sich Menschen keine gesunde Ernährung und die Befriedigung anderer minimaler Grundbedürfnisse leisten. Die Berechnung der Weltbank beruhe auf minimalen Kalorien, die kurzfristig zum Überleben reichen. „Aber langfristig benötigt der Körper weitere Nährstoffe“, so Stehl. Außerdem sei eine einzige Zahl für alle Länder der Welt wenig aussagekräftig.
Fast alle in Mosambik ernähren sich ungesund
Die Studie basiert auf den Berechnungen der US-amerikanischen Tufts-Universität und Daten von 2022. Die hat für jedes Land einen Korb erstellt mit den preiswertesten Lebensmitteln aus sechs verschiedenen Lebensmittelgruppen, die lokal verfügbar sind. Die Wissenschaftler von Misereor und der Universität Göttingen haben berechnet, wie viele Menschen in den jeweiligen Ländern sich diesen Korb leisten können und wie hoch die Ungleichheit ist.
Mosambik hat demnach weltweit die größte Ernährungsarmut. 94 Prozent der Bevölkerung können sich keine gesunde Ernährung leisten. Das Land ist hoch verschuldet, geplagt von Klimakatastrophen und bewaffneten Konflikten. Aber auch im vergleichsweise reichen Brasilien haben über die Hälfte der Menschen keinen Zugang zu gesundem Essen, obwohl das Land einer der größten Agrarexporteure ist. Unter Präsident Lula da Silva zeigten sich aber Verbesserungen, betonte Depenbusch: Das Schulessen sei ausgebaut und die Zusammenarbeit mit NGOs im Ernährungsrat verstärkt worden.
Neben der Unterstützung der lokalen Zivilgesellschaft und Bauernkooperativen müsse laut Misereor mehr ökologische Landwirtschaft gefördert und die lokale Produktion und Vermarktung gestärkt werden. „Länder müssen unabhängiger von Exporten werden, es muss eine bessere Regulierung von Konzernen geben“, sagte Depenbusch. Um finanzielle Spielräume für die Länder zu schaffen, befürwortet Misereor ein globales Steuerabkommen und faire Entschuldungsverfahren. Die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt für Entwicklungsgelder kritisierte Depenbuch als verantwortungslos.
Leser*innenkommentare
Troll Eulenspiegel
Nicht nur, dass es über 3 Milliarden verarmte Menschen gibt, die keinen Zugang zu gesundem Essen haben. Oder sich von Müll ernähren müssen.
Es gibt auch sehr viele Menschen der ersten und zweiten Welt, die von McDonalds und Co. gehirngewaschen wurden, und deren Supermärkte voll mit Lebensmitteln sind mit zu hohen Zucker-, Fett- und Salzgehalten.
Nicht einmal Okinawa ist mehr sicher.
Wir Menschen haben die moralische Verpflichtung, uns gesund zu ernähren und so lange wie möglich zu leben. Nur Veganer halten sich an die Moral.
Herma Huhn
@Troll Eulenspiegel Diese moralische Verpflichtung erklären Sie jetzt aber mal.
Welches Argument verpflichtet Menschen, ihre eigene Langlebigkeit zu fördern?
Und inwieweit ist ein Veganer automatisch moralischer als alle anderen? Pommes mit Ketchup ist ebenfalls vegan, aber alles andere als gesund. Und ein gesund lebender Veganer, der sein langes Leben mit täglichen Flugreisen feiert, ist in meinen Augen ebenfalls nicht sehr moralisch. Nicht mal nach Ihrer Definition, weil die Flugreisen seiner Gesundheit schaden.
Troll Eulenspiegel
@Herma Huhn Ganz einfach: Gesunde Ernährung ist ein Menschenrecht. Wer nach Menschenrechten lebt, der handelt im richtigen Maßstab.
Menschen sollten daher ein großes Interesse haben, diese Rechte auch umzusetzen.
Dass das leider in der Realität anders aussieht, weiß auch ich. Aber dann bedeutet es auch, wir haben nicht genug getan.
Und zu Veganern: Veganer wird man aus politischer Überzeugung. Diese sind gebildet und viele werden auch wissen, dass Flugreisen schädlich sind. Somit werden nur die allerwenigsten Veganer überhaupt fliegen - wenn, dann sind es medienpräsente.
Mopsfidel
Der Artikel hinterlässt eine zentrale Frage; wie definiert sich eine "gesunde Ernährung"? Wird hier eventuell eine (kalorisch) ausreichende Ernährung mit gesund verwechselt? Oder werden die beiden Vorgaben gleichgestellt?
Ernährungsphysologen sagen, dass sich ein Großteil in Deutschland ungesund ernährt (Quelle: www.aerztezeitung....lecht-252291.html). Und dies obwohl hierzulande ausreichend gesunde Lebensmittel zur Verfügung stehen würden.
Herma Huhn
@Mopsfidel Zitat aus der verlinkten Studienvorstellung:
WAS IST GESUNDE ERNÄHRUNG
Gesunde Ernährung ist kein Luxus, sondern ein
Menschenrecht. Mangelernährung hat schwer-
wiegende Folgen und behindert den gesamten
Lebensweg eines Menschen. Entscheidend für
die Versorgung mit lebenswichtigen Nährstof-
fen ist der regelmäßige Verzehr einer ausgewo-
genen Mischung verschiedener Lebensmittel-
gruppen. Laut der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) bedeutet das: viel Gemüse, Obst, Voll-
korn, Hülsenfrüchte, eine angemessene Menge
ungesättigter Fette und nur sehr geringe Men-
gen an Salz, Zucker und gesättigten Fetten. Zur
Berechnung der Kosten einer gesunden Ernäh-
rung haben Wissenschaftler*innen aus den na-
tionalen Ernährungsempfehlungen aller verfüg-
baren Länder einen Durchschnitt gebildet. Der
Welternährungsbericht der Vereinten Nationen
veröf