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Detonationen im LibanonTausende Verletzte durch Pager

Bei mysteriösen Explosionen von Funkempfängern im Libanon wurden offenbar tausende Menschen verletzt. Der Angriff wird Israel zugeschrieben.

Durch die Explosionen der Pager wurden Hunderte verletzt, und einige Menschen getötet Foto: Mohamed Azakir/reuters

Berlin taz | Es sind Videos, die an einen Agententhriller erinnern: In der libanesischen Hauptstadt Beirut sind am Dienstagnachmittag wohl viele Mitglieder der Schiiten-Miliz Hisbollah verletzt worden, als die Akkus ihrer Pager-Geräte explodierten. Nach Angaben der libanesischen Zeitung L’Orient Today sollen es über zweitausend sein, vor allem in den südlichen Vorstädten der Hauptstadt, im Süden des Landes und in der Bekaa-Ebene sind viele Männer betroffen. In diesem Gebiet ist die Hisbollah besonders stark vertreten.

So zeigt etwa eine Aufnahme einer Überwachungskamera eines Shops den Moment der Explosion: An der Kasse steht ein Mann, plötzlich gibt es eine kleinere Explosion, und er sackt in sich zusammen auf den Boden, die Kassiererin springt auf und bringt sich in Sicherheit. Weitere Videos zeigen mögliche Betroffene mit blutigen Verletzungen, etwa an der Hüfte. Viele Menschen tragen Handys oder andere Kleingeräte in den Hosentaschen, die Position der Verletzungen scheint damit übereinzustimmen.

Nach Angaben des libanesischen Roten Kreuzes sind alleine vonseiten der Rettungsorganisation über 30 Krankenwägen im Einsatz. Fünfzig weitere seien in Alarmbereitschaft versetzt worden. Laut Berichten des katarischen TV-Senders AlJazeera soll in einem Krankenhaus in Beirut bereits der Platz ausgehen, um die vielen Verletzten zu behandeln. Nach Angaben libanesischer Telegram-Kanäle sind vor allem im Süden des Landes die Krankenhäuser überfüllt. Mehrere Spitale sollen die Bürgerinnen und Bürger des Libanon mittlerweile außerdem aufgefordert haben, Blut zu spenden. Nach lokalen Angaben sind vor allem in Südbeirut auch am frühen Dienstagabend noch permanent die Sirenen der Krankenwägen zu hören.

Iranischer Botschafter unter den Verletzten

Mindestens acht Menschen sollen bisher durch die Pager-Attacke getötet worden sein. Nach Angaben einer libanesischen Quelle der taz soll unter den Toten auch der Sohn von Ali Ammar, ein Abgeordneter der Hisbollah im libanesischen Parlament sein. Ein weiteres Politmitglied der Hisbollah soll ebenso betroffen sein. Das berichtet auch die israelische Online-Zeitung The Times of Israel. Nach deren Angaben soll unter den Toten außerdem ein neunjähriges Mädchen in der Bekaa-Ebene sein.

Desweiteren befindet sich unter den Verletzten der Botschafter der Islamischen Republik Iran im Libanon, Mojtaba Amani. Er war im Besitz einer der explodierten Pager, nach Angaben der iranischen Botschaft soll sein Zustand allerdings nicht kritisch sein.

Das Gesundheitsministerium des Libanons forderte seine Bürgerinnen und Bürger auf, sich von „kabellosen Kommunikationsgeräten“ fernzuhalten. Es erklärte weiter, für die Kosten der Behandlungen der Verletzten aufzukommen, und hielt Angestellte im Medizinbereich Tätige an, sich sofort an ihre Arbeitsstätten zu begeben.

Dutzende libanesische Telegram-Kanäle, Instagram-Accounts sowie Medien gaben an, dass Israel hinter den zeitgleichen Detonationen stehe. Auch die Nachrichtenagentur AFP gab an, eine der Hisbollah nahestehende Quelle habe ihr berichtet, dass Israel hinter den Explosionen stecke. Die US-Agentur Reuters nannte den Vorfall die „bislang größte Sicherheitslücke“ seit dem 7. Oktober. Israel äußerte sich bis Redaktionsschluss nicht.

Der Angriff erfolgt nur kurz nachdem Israel bekannt gab, einen Angriff der Hisbollah-Miliz im Libanon auf ein ehemaliges Mitglied des israelischen Sicherheitsapparates verhindert zu haben. Der bisher Ungenannte hätte wohl von einem ferngezündeten Sprengsatz getötet werden sollen.

Weshalb die Hisbollah Pager nutzt

Nach Angaben des Militäranalysten Elijah Magnier gegenüber AlJazeera nutzt die Hisbollah die antiquiert wirkenden Geräte, um einem Abhören ihrer Kommunikation seitens Israel zuvorzukommen.

Es sei möglich, so Magnier, dass die Geräte bereits vor der Ausgabe an die Mitglieder der Hisbollah manipuliert worden sein könnten. Das bedeute wiederum, dass – so die Explosionen ein Werk des israelischen Geheimdienstes sein sollten – dieser Zugriff zu Lieferungen aus dem Iran an die Hisbollah gehabt habe. Das meiste Equipment, dass die Hisbollah nutze, werde vom Iran bereitgestellt.

Magnier stellt außerdem eine Möglichkeit vor, wie die Geräte zum Explodieren gebracht worden sein könnten: In dem Gerät sei wohl ein Sprengvorrichtung versteckt gewesen, die dann wahrscheinlich mittels Radiofrequenz zur Explosion gebracht wurde.

Dass die Explosionen ein Anzeichen einer möglichen Invasion des israelischen Militärs ist, befürchten nun viele Libanesinnen und Libanesen. Nach Angaben israelischer Medien treffen sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joaw Gallant mit Mitgliedern des Verteidigungsapparats in deren Hauptquartier in Tel Aviv in einem Notfallmeeting.

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19 Kommentare

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  • Man kann davon ausgehen, daß keine Sprengladung in den Pagern war sondern das der Akku zur Explosion gebracht wurde.

  • Die Qualität dieser Pager-Attacke erinnert an den Stuxnet-Angriff auf die iranischen Zentrifugen.

  • Da freuen sich die ParteigängerInnen, KriegsspielfreundInnen und Techniknerds sehr und fragen sich nicht, ob das, was da alles möglich ist, nicht irgendwann auch gegen sie eingesetzt werden kann. Irgendein vernetztes Gerät haben heute ja fast alle und auch in der kritischen Infrastruktur ist vieles vernetzt. Das wird bestimmt genial, wenn überall und jederzeit Smartphones, Computer, Fernseher, Autos usw. explodieren können.

  • Was man bisher weiß ist, dass diese Pager erst vor kurzem exklusiv für die Hisbollah beschafft wurden.



    Es ist durchaus möglich, dass der Mossad bei der Transaktion der Geräte seine Finger im Spiel hatte und die Geräte im Vorfeld entsprechend präparieren konnte.



    Dann wartet man, bis die Geräte verteilt werden und sendet einen zentralen Broadcast, der die Sprengung auslöst. Das ist Perfide, aber eben auch hoch effektiv, da die Geräte ausschließlich die Hisbollah benutzt und nicht an Zivilisten, Rettungskräfte oder ähnliche Personen ausgegeben wurden.

  • Nun, die Hizbollah ist eine international anerkannte Terrororganisation, die im Krieg mit Israel steht und ebenso wie die Hamas, Huthis und der Islamische Jihad als Proxy Irans arbeitet.

    Die Hizbollah hatte etwa zeitgleich mit der Hamas am 07. Oktober 23 Israel angegriffen. Also den Krieg erklärt.

    Der gesamte Norden Israels steht seitdem unter dem Beschuss von Tausenden von Raketen der Hizbollah, über 100.000 Menschen mussten die schönen Dörfer verlassen. Die gegenseitige Verwüstung wird enorm sein, wenn Israel versuchen sollte, die Grenzgebiete zu sichern. Aber es könnte noch schlimmer kommen: Iran arbeitet an seiner eigenen schiitischen Atombombe und hat Israel seine Auslöschung bis spätestens 2040 angekündigt. Die Bedrohung für Israel ist permanent.

    Vielleicht steht Israel hinter der Sache mit den Pagern, vielleicht der Iran, die Dinger kommen ja von dort. Ein Leichtes kleine Sprengladungen einzubauen.

    Vorteil für Iran: facht den Krieg neu an.

    Eskalationen sind zu befürchten.

  • Nach der Hamas geht es jetzt wohl der islamistischen Terrorgruppe Hisbollah an den Kragen.

    Auch wenn sich der eine oder andere Forist irgendwie für diese Verbrecher erwärmen kann, ist diese Aktion ein Coup.

    Ich hoffe auf gutes Gelingen.

    Wer jetzt sagt, das ist ja schrecklich, der sollte mal ein paar Takte zu den Zielen der Hisbollah von sich geben.

    Eine Zwei-Staaten-Lösung wird es kaum sein.

    • @Jim Hawkins:

      Israel baut in Tausende von Pagern Sprengladungen ein?

      Pager, die vom Iran hergestellt und ohne Zwischenhändler an die Hizbollah geliefert werden?

      Explodierende Pager eskalieren die Lage in der Region.

      Exakt das was Iran will.

  • Einerseits: ich kann nicht anders als die kreative Idee und die technisch offenbar ziemlich perfekte Ausführung anzuerkennen, und es ist noch ein bisschen mehr als Anerkennung:krass. Taugt für Hollywood.



    Aberaberaber...es ist und bleibt Staatsterrorismus der übelsten Sorte - falls, !falls! sich herausstellt, dass es ein israelischer Geheimdienst war. Zugeben werden die Staatshacker es traditionell nicht.



    Sie werden sagen: es waren alles Hisbollah-pager. Und das ist eine gewagte eher propagandistische Behauptung - kontrollieren kann Israel nicht, wer mit welchem pager unterwegs ist.



    Und es wird sich zeigen, ob pager in Israel besser gegen hacking gesichert sind. Versuche, mit gleicher Münze zurück zu schlagen wird es geben.

  • Wenn Pager von Terroristen für die Übermittlung von Mordbefehlen verwendet werden, dann sollten genau die verwendeten Pager „ausgeschaltet“ werden, Tote darf es dabei aber nicht geben.

  • Clever... Man würde kaum glauben wollen, dass das funktioniert ;)

    • @PeterArt:

      Sie haben schon gelesen, dass auch ein 9-jähriges Mädchen getötet wurde? Clever und ein Smiley ist da wohl keine angemessene Reaktion, vor allem dann nicht, wenn man noch nicht weiß, wieviel Unschuldige verletzt und getötet wurden nur weil sie sich in der Nähe des eigentlichen Ziels aufgehalten haben.

    • @PeterArt:

      ja geniale Aktion, aber geht das auch mit Smartphones? Das sollte man mal klären...

      • @Mr.Brian:

        Das Brain schon abgestumpft? Ein neunjähriges Mädchen soll unter den Opfern sein. Wenn Israel dahintersteckt ist das Staatsterrorismus.

        • @Andreas J:

          Soll . . . .



          Ein neunjähriges Mädchen wird wohl keinen Pager, die ausschließlich für die Hisbollah angeschafft wurden, getragen haben.

        • @Andreas J:

          Kollateralschäden können bei militärischen Aktionen so gut wie nie ausgeschlossen werden.

          Beim Lesen einiger Kommentare hier im Forum bliebe Israel nichts als sich widerstandslos zu ergeben. Solche Forderungen zivile Opfer um jeden Preis vermeiden zu wollen sind leider völlig utopisch.

        • @Andreas J:

          Was macht ein 9 jähriges Mädchen mit dem Pager eines Terroristen?

  • Dann wieder zurück zu signalfeuern und brieftauben.

    • @MokkaMokka0815:

      Brieftauben ? Darf man daran erinnern, dass die letzte Pandemie angeblich mit Viren um die Welt lief, die auf chinesischen Flughunden ihre Heimat haben? Da lässt sich bestimmt auch etwas mit Brieftauben machen.

  • Ein normales elektronisches Gerät mit Akku kann man nicht per Software zum explodieren bringen. Akkus brennen, explodieren nicht www.youtube.com/watch?v=FfmrqWdm-mw