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Prognostizierte WirtschaftsschwächePopulismus macht ärmer

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Die Wirtschaft geht zurück, prophezeien Forschungsinstitute. Das liegt vor allem an extremen Parteien.

VW: zu spät auf neue Produkte gesetzt Foto: Hendrik Schmidt/dpa

D ie Bundesregierung ist an manchem schuld, an vielem aber auch nicht. Letzteres gilt zum guten Teil für die aktuelle Wirtschaftsschwäche. In diesem Jahr werde die deutsche Wirtschaftsleistung wohl leicht zurückgehen, erklären die Forschungsinstitute.

Einen Anteil daran haben globale Umbrüche. Ökonominnen und Ökonomen nennen das „Strukturwandel“. Unternehmen können nicht einfach damit weitermachen, ihre früher erfolgreichen Produkte zu verkaufen, sondern sie müssen sich etwas Neues überlegen. Beim Chemieunternehmen BASF oder beim Autokonzern VW schlägt sich das jetzt in geringeren Gewinnen nieder. Dahinter steht auch, dass das Wachstum weltweit lahmt, Russland die Ukraine angegriffen hat, die Umstellung auf Klimaneutralität überall teuer ist und die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen. Hierzulande lässt der technische Fortschritt nach und die Investitionen gehen zurück.

Um dem entgegenzuarbeiten, müssen die Unternehmen wieder produktiver werden und mehr investieren. Aber wie erreicht man das? Das Hü und Hott der Bundesregierung trägt sicher nicht dazu dabei. Die Wirtschaftsinstitute aber geben eine klare Empfehlung: Es muss „stabile Rahmenbedingungen“ geben. Konkret hieße das, den europäischen Weg zur Klimaneutralität fortzusetzen, fossile Energie mit dem Kohlendioxidpreis zu verteuern, erneuerbare Energie durch massiven Ausbau zu verbilligen. Wenn das klar ist und vor allem klar bleibt, wissen die Firmen, was kommt, worauf sie sich einstellen können. Sie werden dann in diese Richtung investieren und damit ihre Produktivität steigern.

In diesem Sinne enthält das Gutachten auch eine implizite Warnung vor den Parteien AfD und BSW, die die Klimapolitik ablehnen. Zitat: „Für den Zeitraum 1900 bis 2020 zeigt sich, dass das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner 15 Jahre nach dem Antritt populistischer Regierungen um etwa 10 Prozent unter dem sonst möglichen Niveau liegt.“ Hartrechte und rechtslinke Rückwärtsparteien machen uns ärmer.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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13 Kommentare

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  • Der Populismus, den viele Politiker verbreiten, besteht sehr oft aus dem Schüren von Angst.



    Und die meiste Angst haben die, die bisher dermaßen obszön abgesahnt haben, denn zu viel ist noch lange nicht genug.

  • Ich bin 77 Jahre alt und habe (bisher) gut gelebt als 'Kind' eines 'Wirtschaftswunders', das -wie wir heute konstatieren müssen- mit dem Raubbau und Verschwendung von Ressourcen, das uns in eine Klimakatastrophe geführt hat und mit ökonomischen Massnahmen kaum noch in den Griff zu bekommen ist. Wenn ich heute als Angehöriger einer Mittelschicht und inzwischen (Un-) Ruheständler bilanzieren muss, dass ich mir die anstehenden zum Klimaschutz notwendigen Veränderungen aber nicht leisten kann -mir gibt keine Bank einen Kredit für die 60 Millionen, die eine Umrüstung auf Solar und Wärmepunpe unseres Hauses kostet- , dann muss ich bilanzieren, dass ich, aber auch meine Mitmenschen, denen es ähnlich geht, über unsere Verhältnisse gelebt haben. Das festzustellen und zu erklären, wie die Binnennachfrage zu einer notwendigen Konjunkturverbesserung erhöht werden könnte, wäre eine entscheidende Frage eines ökonomischen Gutachtens gewesen, schließlich soll alles 'Wirtschaften' letztlich doch dem Kunden, einem imaginären Verbraucher diesen, dessen Bedürfnisse eigentlich jegliches Handeln bestimmen sollten. Wenn Politik hier -uneinsichtig- versagt, funktioniert das Ganze nicht mehr.

    • @Dietmar Rauter:

      Wenn schon die Umrüstung der Heizung 60 Millionen kostet, vielleicht Haus und Ländereien verkaufen und in was kleineres energetisch moderneres ziehen und die restlichen Millionen ökologisch korrekt anlegen.

  • "den europäischen Weg zur Klimaneutralität fortzusetzen,....Sie werden dann in diese Richtung investieren und damit ihre Produktivität steigern."



    das ist einerseits richtig, andererseits geht es am Problem vorbei. Denn die zu zugrundeliegende Voraussetzung dafür ist ein Klima in dem Investition lohnt. Wenn die Nachfrage aber einbricht, lohnt auch kein Umbau zur Klimaneutralität. Das funktioniert nur, wenn zu erwarten ist, dass die Nachfrage nicht sinkt, genau das passiert aber gerade.



    Und ja, es ist doch schuld der Politik (nicht unbedingt der aktuellen Regierung, aber auch, da sie sich weigert Wirtschaftsimpuls in Form von Investitionen zu geben) hat die Politik die Schwächung des Binnenmarktes durch Hartz 4 als Lohnsenkungsinstrument umgesetzt und sehenden Auges die Exportfixierung vorangetrieben. Alles auf eine Karte, nun bricht das Ausland weg, die Folgen waren schon immer absehbar.



    Dagegen hilft kein Bürokratieabbau und auch kein Klimaumbau, solange rezessive Tendenzen herrschen.

  • Weder in den Landesregierungen, noch in der Bundesregierung saßen oder sitzen "populistische" Parteien.



    Es sei denn, diese Definition schließt auch CDU/CSU oder Grüne mit ein.

    Wir dürften als weder eine Rezession erlebt haben, noch erleben.



    Aber wir sind in einer. Das stimmt etwas nicht.

    Könnte es sein, dass die wirtschaftliche Unsicherheit, Not und Armut, als Folge von Politik, das Aufkommen und den Erfolg populistischer Parteien, hervorrufen?

    Was war wohl zuerst, die Folgen des 1. Weltkrieges und dann die Weltwirtschaftskrise, oder der Aufstieg von M in Italien und H in Deutschland.

    • @Octarine:

      Betrachtet man dann die Politik von H, so konnte diese nur in zwei Richtungen enden, Staatsbankrott oder Krieg. Ohne die Ausplünderung der Nachbarländer im Krieg wäre der Führerstaat kollabiert.

  • Vielleicht zieht wenigstens das bei einigen Wählern von Rechts-Extremisten, wenn es schon an Anstand fehlt (wobei in punkto Migration mit Ausnahme der - verschwindenden - Linken inzwischen alle etablierten Parteien aussehen wie "Tino-Björnd Weiland-Gaudel" aus dem Gesicht geschnitten...

  • > „Für den Zeitraum 1900 bis 2020 zeigt sich, dass das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner 15 Jahre nach dem Antritt populistischer Regierungen um etwa 10 Prozent unter dem sonst möglichen Niveau liegt.“

    Normalerweise wird ein Zitat stets mit einer Quelle versehen. Hier findet nicht einmal Google etwas. Vielleicht kann man das noch ergänzen.

  • Eine derartige populistische Einschätzung tut weh! Es ist in Deutschland modern geworden, die Verantwortung immer auf andere abzuschieben! Selbstkritik ist der Beginn, um dann etwas zu ändern!



    Es werden wieder nur Symptome erwähnt und nicht mit einer einzigen Silbe die Ursache!

    Wachstum ist unser Untergang! Die Lebensgrundlagen der Menschheit werden zerstört! Es gibt nicht ansatzweise die Ressourcen dafür, dass alle Menschen auf der Welt so verschwenderisch leben können, wie wir es tun! Unsere Gier und Verschwendung geht einher mit dem Töten von Menschen in ärmeren Ländern!

    Sind die sogenannten extremen Ränder wirklich das Problem! Nein - sie sind es nicht ansatzweise! Das riesige Problem ist die Mitte unserer Zivilgesellschaft! Genau sie hat nach dem 8.5.45, vor nunmehr 79 Jahren absolut gar nichts dafür getan, dass sich das damalige NIE WIEDER erfüllt hat! Gerade wir als Zivilgesellschaft sind verpflichtet gewesen und sind es immer noch, dass alle Menschen friedlich Nebeneinander und Miteinander leben können!

  • "Populismus macht ärmer

    Die Wirtschaft geht zurück, prophezeien Forschungsinstitute."

    Sic. Man frau denke da ersteinmal an gewisse steile Thesen der Grünen!

  • "Das Hü und Hott der Bundesregierung..." sehe ich als eine Hauptursache der Schwäche deutscher Unternehmen. Einige sind schon ins Ausland "geflüchtet", viele werden folgen. Man weiß einfach nicht mehr wo man dran ist. Da entstehen neue Offshore Windparks, aber die Genehmigungsverfahren für die Nord/Südtrassen lassen immer noch auch sich warten, da wurde von 400.000 neuen Wohnungen gesprochen, aber die Bauunternehmen gehen Mangels Auftragslage pleite.



    Der Korrektheit wegen: Die meisten Weichen wurden schon unter Merkel, im Besonderen durch Umweltschutzverhinderer Peter Altmeier falsch gestellt.



    So schaffen wir weder die Klimawende und die Wirtschaft fährt noch weiter in den Keller.

  • Um welche "Forschungsinstitute" handelt es sich denn hier? Und um welches "Gutachten"? Das müsste man doch wissen, um den Wert der Aussagen einordnen zu können. Warum so nebulös?

  • "Populismus macht ärmer."



    So ist es. Zur vertiefenden Lektüre empfehle ich: "The cost of populism. Evidence from history".



    cepr.org/voxeu/col...m-evidence-history