Kampf gegen die AfD: Mit allen demokratischen Mitteln
Die AfD gehört verboten. Doch die Politik zögert. Wir müssen uns über die dringenden Probleme verständigen, statt Antworten Extremisten zu überlassen.
S olange Nazis zur demokratischen Wahl zugelassen werden, werden Nazis auch demokratisch gewählt. Das Toleranzparadoxon, das dem österreichisch-britischen Philosophen Karl Popper (1902 – 1994) zugeschrieben wird, macht deutlich, dass die uneingeschränkte Toleranz in die Intoleranz mündet. Karl Popper musste es wissen. Er verlor sage und schreibe sechzehn Familienmitglieder im Holocaust.
Nach den jüngsten Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen herrscht Schockstarre. Die Ampel-Parteien haben deutlich Federn, vielmehr Wähler:innen gelassen, und nicht mal die naivsten Milchmädchenrechnungen können die mathematische Realität ändern. Die AfD im Thüringer Landtag verfügt nunmehr über die Sperrminorität.
Allerdings verfügt die Bundesrepublik über ein grundgesetzliches Gegengift: Art. 21, Abs. 2 GG.: „Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.“
Die Tatsache, dass die AfD offiziell vom Verfassungsschutz beobachtet wird, sollte eigentlich eine Steilvorlage sein. Björn Höcke, wegen Verbreitung von SA-Parolen mehrfach verurteilt, darf sogar öffentlich als „Nazi“ bezeichnet werden. Doch Beschimpfungen alleine schaffen keine Abhilfe.
geboren 1961 im Schatten der Freiheitsstatue, Berlinerin mit afroamerikanischen Wurzeln, Kolumnistin, Kabarettistin, Keynote-Rednerin und Juristin (Juris Dr., US). Ihr Buch „Race Relations: Essays über Rassismus“, erschienen 2022 im GrünerSinn-Verlag, reüssiert als lyrischer Leitfaden zum Antirassismus und liefert Hintergründe zu den bis heute anhaltenden Diskriminierungen.
German Angst vorm AfD-Verbot
Ein Verbot hätte zur Folge, dass die AfD ihre bestehenden Strukturen aufgeben müsste und somit ihre organisatorische Basis einbüßen würde. Aber die demokratischen Parteien reagieren zögerlich. Warum?
Die Antwort: German Angst. Denn der Gang nach Karlsruhe könnte nach hinten losgehen. Und ohnehin würde ein Verbotsverfahren dazu führen, die völkisch nationalistische Partei in ihrer Märtyrerrolle umso mehr zu legitimieren. Letzteres ist wiederum längst geschehen. „Fast schon verboten gut“, so prangt die Schrift auf einem AfD-Wahlplakat, das Höcke mit Sonnenbrille und der frechen Aura eines von Tiktok bestätigten Rockstars abbildet. Die Demokratie wird verhöhnt.
Wir müssen uns über bestehende Probleme verständigen
Weil ein Verbotsverfahren sich aber, selbst wenn es käme, in die Länge ziehen würde, müssen mittelfristige Ziele im Kampf gegen den Rechtsextremismus verfolgt werden. Also wieder auf die Barrikaden gehen?
Jein. Demos gegen rechts verkümmern oft zu Events und überbieten sich eher im Wettstreit über Teilnehmerzahlen als um inhaltliche Ansätze. Auch die Betroffenheitsvideos, die von BIPoC-Influencer:innen gepostet werden, sind wenig hilfreich. Sogleich fordern sie die weiße Dominanzgesellschaft dazu auf, über den „biodeutschen“ Rassismus zu reflektieren. Sorry, aber so reichen sie die heiße „Kartoffel“ einfach nur weiter. Die Antipathien, die es innerhalb migrantischer Gemeinschaften gibt, wie Antisemitismus, Misogynie und Queerfeindlichkeit, müssen endlich wahrgenommen und bekämpft werden.
Wir müssen handeln, nicht hadern. Im Alltag brauchen wir mehr Dialog. Gerne hitzig, aber historisch fundiert und nicht hysterisch. Das Ziel ist nicht die vollständige Übereinstimmung, sondern die gemeinsame Wahrnehmung dringender Probleme. Die Suche nach deren Lösung darf nicht den Extremist:innen überlassen werden.
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