piwik no script img

+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++Kyjiw weitet Kontrolle in Kursk aus

Die strategisch wichtige Stadt Pokrowsk im ostukrainischen Donbass wird evakuiert. Moskau verhängt derweil weitere Sanktionen gegen US-Bürger.

Bilder, die man in den vergangenen beiden Jahren sonst nur aus der Ukraine kannte: Ein beschädigtes Wohngebäude im russischen Kursk Foto: ap

Ukrainisches Militär nimmt weitere Gebiete ein Kursk ein

Die ukrainischen Streitkräfte haben bei ihrer Invasion im russischen Gebiet Kursk nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj weitere Gebiete unter ihre Kontrolle genommen. Es gehe um Flächen an der Grenze zur Ukraine, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Details nannte der Staatschef nicht. Er sagte aber auch, dass sich die Anzahl russischer Kriegsgefangenen für einen weiteren möglichen Austausch erhöht habe.

„Danke Soldaten! Das ist das, was uns hilft, unsere Leute nach Hause zurückzuholen aus russischer Gefangenschaft“, sagte Selenskyj. Zuletzt hatte es vorige Woche einen Gefangenenaustausch gegeben. Die ukrainischen Truppen waren am 6. August in Russland einmarschiert.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Russland führte indes im Gebiet Kursk in der Stadt Kurtschatow, wo das Atomkraftwerk steht, Zugangsbeschränkungen ein. Demnach wurden Kontrollposten auf den Straßen eingerichtet. Auch der Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), Rafael Grossi, hatte sich bei einem Besuch im AKW Kursk am Dienstag besorgt gezeigt, dass der Meiler Schäden nehmen könnte durch Beschuss im Zuge der Kämpfe. Er warnte vor der Gefahr eines atomaren Zwischenfalls.

Nach Darstellung Selenskyjs verhindert die Kursk-Offensive, dass Russland den ohnehin hohen Druck auf die ostukrainische Region Donezk noch weiter erhöhen kann, weil es sich auf die Verteidigung auf seinem Gebiet konzentrieren muss. Der Druck im Gebiet Donezk sinkt demnach aber bisher nicht. (dpa)

Schwierige Lage in Pokrowsk

In der Stadt Pokrowsk, einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt im Donbass, wird die Lage für die ukrainischen Truppen zusehends schwieriger. Die wichtigsten russischen Anstrengungen und die größten Kräfte seien genau dort konzentriert, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Die Menschen in Pokrowsk sind zur Flucht aufgerufen. Die Behörden haben angesichts des drohenden Vormarsches der russischen Truppen die Evakuierung der Stadt angeordnet. Demnach sind noch 38.000 Menschen in der Stadt, darunter 1.900 Kinder. Der Chef der Donezker Militärverwaltung, Wadym Filaschkin, teilte mit, dass von Montag an in Pokrowsk alle Banken schließen. Dann funktionierten nur noch Geldautomaten.

Für Russland gilt die Einnahme der Stadt als nächstes Etappenziel in dem seit mehr als zweieinhalb Jahren andauernden Angriffskrieg gegen die Ukraine. Ein Hauptziel Moskaus ist es, das bisher größtenteils besetzte Gebiet Donezk komplett unter russische Kontrolle zu bringen. Die russischen Truppen hatten in der Ostukraine zuletzt immer wieder Ortschaften eingenommen. (dpa)

Drohnenangriffe in der Nacht

In der Nacht zu Donnerstag haben Russlands Streitkräfte nach eigenen Angaben mehrere ukrainische Drohnenangriffe abgewehrt. In der Grenzregion Brjansk seien unbemannte Fluggeräte abgeschossen worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf den Gouverneur des Gebiets. Verletzt wurde demnach niemand, Schäden habe es auch nicht gegeben.

Zudem habe das russische Militär einen ukrainischen Angriff auf Sewastopol im Süden der von Moskau annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim abgewehrt. Zwei Drohnen seien über dem Meer abgeschossen worden, teilte der Gouverneur Michail Raswosschajew laut Tass mit. Zivile Einrichtungen in der Hafenstadt seien dabei nicht beschädigt worden.

Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte unterdessen mit, Artillerieeinheiten hätten ein ukrainisches Drohnen-Kontrollzentrum samt Startvorrichtung und Soldaten des Feindes ausgeschaltet. Zum Ort des Geschehens wurden keine Angaben gemacht. (dpa)

Moskau verhängt weitere Sanktionen

Das russische Außenministerium hat persönliche Sanktionen gegen 92 US-Bürger verhängt. Auf der Liste stehen Journalisten der Washington Post, der New York Times, des Wall Street Journal und des Guardian. In einer Erklärung heißt es, dies sei eine Reaktion auf „den russophoben Kurs der Joe-Biden-Regierung mit dem erklärten Ziel, „Moskau eine strategische Niederlage zuzufügen“. Nach Angaben des Ministeriums sind Journalisten „an der Produktion und Verbreitung von „Fakes“ über Russland und die russischen Streitkräfte beteiligt sowie an der propagandistischen „Vertuschung“ des von Washington entfesselten „Hybridkrieges“.

Laut des russischen Dienstes der BBC hätten mehrere Journalisten auf der Liste über den Krieg in der Ukraine berichtet. Unter ihnen sei der NYT-Journalist Mark Santora, der einen Bericht aus Torezk in der Region Donezk veröffentlicht habe. (taz)

Zusätzliche Militärhilfe für die Ukraine

Bei einer Sitzung des Nato-Ukraine-Rats ist der Ukraine zusätzliche Unterstützung im Abwehrkampf gegen Russland in Aussicht gestellt worden. „Nach dem jüngsten russischen Angriff haben Alliierten heute bekräftigt, dass sie ihre militärische Hilfe für die Ukraine verstärken“, erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg im Anschluss an die Beratungen. Man müsse der Ukraine weiterhin die Ausrüstung und Munition bereitstellen, die sie benötige, um sich gegen die russische Invasion zu verteidigen. Das Treffen am Mittwochnachmittag fand auf Botschafterebene statt und wurde auf Antrag der Ukraine von Stoltenberg einberufen.

Zu möglichen neuen konkreten Hilfszusagen gab es zunächst keine Angaben. Ein Teil der Sitzungsteilnehmer habe die Aufhebung aller Beschränkungen für den Gebrauch westlicher Waffen gegen Russland gefordert, hieß es von Diplomaten. Dabei sei auch betont worden, dass das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung auch Angriffe innerhalb Russlands umfasse. (dpa)

🐾 Ukrainische Literatur: Wunderlinge im Heu

Der ukrainische Autor Hryhir Tjutjunnyk hatte es in der Sowjetunion schwer. Nun erscheinen seine naturlyrischen Erzählungen auf Deutsch. Kulturautorin Katharina Granzin erzählt von seinem Werk.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • "Nach Darstellung Selenskyjs verhindert die Kursk-Offensive, dass Russland den ohnehin hohen Druck auf die ostukrainische Region Donezk noch weiter erhöhen kann, weil es sich auf die Verteidigung auf seinem Gebiet konzentrieren muss. Der Druck im Gebiet Donezk sinkt demnach aber bisher nicht."

    Vielleicht sollte Herr Selenskyj mal darüber nachdenken, ob die Truppen, die ein paar Dörfer in einem winzigen Zipfel Russlands besetzt halten, nicht nötiger im Donbass gebraucht werden. Die russische Führung scheint jedenfalls nicht bereit zu sein, den Druck im Donbass zu verringern, um die ukrainischen Truppen aus Kursk zu vertreiben. Hat man offensichtlich auf später verschoben...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Warum schaut keiner nach? Durch Sudscha verläuft eine Eisenbahnlinie von Moskau nach Belgorod.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Russland dünkt andere frontabschnitte aus. Das haben sie schon für die kharkiv Offensive gemacht. Frage ist halt wie lange Russland das machen kann bevor irgendwo anders die Front kollabiert.

      • @Machiavelli:

        Irgendwelche Belege für diese Behauptungen?

        Die "Ausdünnung" müsste ja spürbar sein. Und natürlich müsste es ukrainische Reserven geben, die sie ausnutzen können.

        Russland kann für die Kämpfe in Kursk Soldaten aus dem inneren des Landes heranziehen. Putins Versprechen, nach der "Teilmobilmachung" keine weiteren Wehrpflichtigen mehr in die Ukraine zu schicken, gilt natürlich nicht für unbestritten russisches Territorium.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Ich stimme Ihnen zu.



          Soweit ich weiß wurde bei der einzigen bisherigen Teilmobilmachung kaum Menschen aus der Mittelschicht aus den russischen Großstädten eingezogen in denen ca 2/3 der Russen leben. Russland hat also durchaus noch viel Personal. Natürlich könnte eine weitere Mobilisierung Probleme mit sich bringen.



          So könnte es zb sein, dass Hausfrauen zur Arbeit in Betrieben mobilisiert werden müssten usw.



          Aber die Personalsituation der Ukraine und Russland lassen sich doch nicht ansatzweise vergleichen.

  • Ein kleiner Hinweis an alle "Pazifisten" und "Moderaten", die sich so gern in ihrer moralischen Überlegenheit sonnen:



    Wer Kriegsverbrechen Einhalt gebieten will, muss Kriegsverbrechern Einhalt gebieten.

    • @Carsten S.:

      Eine interessante Wahrnehmung. Ich habe eher das Gefühl, dass Pazifisten wie auch Moderate druchaus viel Verständis für die "Bellizisten" zeigen, da die gute Intention ja trotz allem abgenommen wird.

      "Wer Kriegsverbrechen Einhalt gebieten will, muss Kriegsverbrechern Einhalt gebieten."

      Natürlich! Und deswegen gab es ja durchaus Warnungen nach Butscha, dass noch zu viele weitere Kriegsverbrechen passieren werden, wenn man nicht schnell eine diplomatische Lösung findet. Leider hatten die warnenden Stimmen Recht (Stichwort Irpim).



      Die Historie zeigt, dass militärische Lösungsansätze nur Kriegsverbrechen stoppen können bzw zu Frieden führen können bei drückender militärischer Überlegenheit und einer totalen Niederlage der Gegenseite.



      Es mag sein, dass dieser Krieg wieder Erwarten eine Ausnahme darstellt, jedoch spricht sehr wenig dafür. Folglich kann eine gute Intention auch genau das Gegenteil vom Erwünschten bewirken.

  • Die Ukraine hat auch eine eigene ballistische Rakete erfolgreich getestet, demnächst werden also noch viel mehr ölllager und Raffinerien brennen. Es ist ja nicht nur Treibstoff der dann weg ist sondern auch die Lager Kapazitäten und Produktionskapazitäten. Immer weniger Einnahmen, immer mehr Kosten, früher oder später macht dann entweder der Haushalt oder die Währung schlapp.

    • @Machiavelli:

      Die Rakete wurde getestet. Es gibt keine Informationen darüber, wann sie in signifikanten Stückzahlen einsatzfähig ist und wie gut sie sich im Einsatz bewährt. Die technischen Daten sind auch geheim.

    • @Machiavelli:

      Der Haushalt ist doch jetzt schon schlapp. Ohne die massive, finanzielle des Westens wäre die Ukraine noch mehr am Tropf. Wenn man sich anschaut, welche Flächen mittlerweile US-Amerikanische Unternehmen haben, dann verkauft die Ukraine gerade ihr Tafelsilber.

      • @Ernie:

        Und es ist natürlich besser Russland einfach sein Territorium zu schenken und seine Bevölkerung von dort vertreiben zu lassen...?

        • @Waagschale:

          Aber ein weiter so wie bisher (bei dem vermutlich noch mehr Gebiete verloren gehen) ist eine gute Idee? Irgendwann wird man sich sowieso eingestehen müssen, dass ein primär militärischer Lösungsansatz nicht funktionieren wird. Warum nicht besser früher als später?

          • @Alexander Schulz:

            Und wenn Russland das einsieht wird die Ukraine sicher zu Verhandlungen bereit sein aber erstmal muss man noch viele russische Soldaten töten. Weil derzeit glaubt Putin das er den Krieg noch gewinnen kann.

            • @Machiavelli:

              "Viele russische Soldaten" töten hat noch nie in der Geschichte als Lösungsansatz funktioniert.



              Vermutlich spielen Sie auf Afghanistan an. Darf ich daran erinnern, dass im Afghanistan-Krieg Russland nur der zweite Verlierer war! Der große erste Verlierer war Afghanistan!

              • @Alexander Schulz:

                Russland bietet derzeit nur die kapitulation der Ukraine als verhabdlungsangebot an. Man hat Land gegen Frieden jetzt dreimal versucht, es funktioniert nicht.

                Und die Hosen für den Feind hochzutreiben funktioniert sehe gut. Und Afghanistan hatte keine patriotraketen. Deren Lieferungen führten ja auch angeblich zum atomkrieg, genau wie die gepard, F16, Leopard2 und die 5000 Helme. Russlands Rrssourcen sind endlich, unterstützt man die Ukraineumfangreich genug ehen sie zu Ende.

                Russland hat jetzt schon nicht genug Ausrüstung für seine Truppe, neue Mobilisierung würde nichts bringen außer die Wirtschaft weiter zu schwächen.

      • @Ernie:

        Worauf beziehen Sie sich denn? Dazu lässt sich nichts nichts an Informationen finden. Wer veranlasst diesen Land-Grab? Wie sieht es außerdem im Deutschland aus, wo große landwirtschaftliche Flächen von ausländischen Finanz-Investoren aus dem anglo-amerikanischen Raum aufgekauft werden, gerade in den östlichen Bundesländern? Verkauft Deutschland auch sein "Tafelsilber"?



        Nehmen Sie zur Kenntnis, dass im Kapitalismus es jedem wirtschaftlichen Akteur frei steht mit Grundstücken zu handeln, wie er möchte. Grundstücke in der Ukraine gehören zum größten Teil nicht dem Staat, sondern den Bürgern.

      • @Ernie:

        Die Rede ist von Russland, nicht der Ukraine.