Migrationsdebatte nach Solingen: Klartext statt Scheinlösungen

Nach dem Attentat von Solingen setzen sich Populismus und entmenschlichende Sprache über Mi­gran­t*in­nen durch. Das hilft aber nicht gegen Islamismus.

Frank Walter Steinmeier und seine Frau legen einen Kranz mit Schleife nieder

Frank-Walter Steinmeier bei einer Kranzniederlegung für die Opfer der Messerattacke von Solingen Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

In der aktuellen Migrationsdebatte dominieren populistische Phrasen und rechtes Framing – nicht nur von der AfD. Das ist gefährlich, denn es verstellt den Blick auf die tatsächlichen Probleme und führt am Ende zu populistischer Symbolpolitik.

Friedrich Merz beschwört die „nationale Notlage“, die Union fordert eine „Asylwende“ und der bürokratisch anmutende Begriff „irreguläre Migration“ hat sich etabliert als Synonym für „zu viel Zuwanderung“.

Nebenbei rückt in den Hintergrund, was wirklich wichtig wäre: Extremismusprävention, Arbeitsmarktintegration und Unterstützung der aufnehmenden Kommunen.

Das wirkt: Bundespräsident Steinmeier führt bei einer Gedenkveranstaltung zum Messerangriff in Solingen zunächst aus, man dürfe sich jetzt nicht gegeneinander aufhetzen lassen, um dann doch die Forderung nach mehr Begrenzung von Migration zu äußern. Der Generalverdacht gegenüber Flüchtenden scheint in der deutschen Asyldebatte längst Common Sense zu sein.

Nebenbei rückt in den Hintergrund, was wirklich wichtig wäre: Extremismusprävention, Arbeitsmarktintegration und Unterstützung der aufnehmenden Kommunen. Populistische Phrasen rechts liegenzulassen, bedeutet nicht, die Probleme in der Migrationspolitik zu ignorieren. Im Gegenteil: Nur wenn benannt wird, worum es tatsächlich geht, kann es gelingen, zielsicher politische Maßnahmen zu finden.

Stattdessen überbieten sich Po­li­ti­ke­r*in­nen mit populistischen Forderungen – mit Erfolg, wie das Beispiel der Bezahlkarte zeigt. Mi­gra­ti­ons­ex­per­t*in­nen und Hilfsorganisationen hatten monatelang darauf hingewiesen, dass es keine Belege gibt für das Problem, das die Karten lösen sollen: Geldtransfers in Herkunftsländer. Trotzdem hat sich die Symbolpolitik durchgesetzt.

Wir brauchen dringend wieder eine sachliche Debatte, denn die letzten zehn Jahre haben gezeigt: Der AfD nach dem Mund zu reden, gewinnt keine Wäh­le­r*in­nen zurück – und die Probleme in der Migrationspolitik löst es auch nicht.

Auch Medien tragen dabei Verantwortung. Sie sollten das, was gerade passiert, als das benennen, was es ist: eine massive Diskursverschiebung, die Geflüchtete unter einen Generalverdacht stellt, und: ein Angriff auf das Recht auf Asyl.

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hat Arabistik und Politikwissenschaft in Leipzig und Journalismus in München studiert, Themen: Migration, Bildung, Einwanderungsgesellschaft

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