Robert Habeck wirbt für Wärmepumpen: Auf Pumpentour
Weil der Absatz von Wärmepumpen sinkt, sind Jobs und Energiewende in Gefahr. Wirtschaftsminister Robert Habeck will mit Vorurteilen aufräumen.
Grimmig schaut Klaus Scholz den vielen Leuten hinterher, die im Haus seiner Nachbarin Roswitha Mende verschwinden. „Sie sind bei den Falschen“, ruft der 84-Jährige. „Hier sind noch neun Nachbarn, die machen das nicht mit.“ Die Presseleute und örtlichen Politiker hören ihn nicht.
Sie eilen dem grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach, der sich in der beschaulichen Wohnsiedlung im niedersächsischen Laatzen über Roswitha Mendes neue Wärmepumpe und Solaranlage informiert. Für Klaus Scholz wäre der Einbau dieser Geräte nichts. „Ich sehe gar nicht ein, dass ich das mit 84 Jahren mache“, sagt er trotzig. „Und die anderen hier auch nicht.“
Mit den Nachbarn von Roswitha Mende spricht Habeck an diesem Tag Mitte August nicht. Dabei ist er nach Laatzen gekommen, um die Vorurteile gegen Wärmepumpen auszuräumen. „Es sind viele falsche Informationen im Umlauf“, sagt er immer wieder. Drei Tage nimmt sich der Minister Zeit für die Werbetour.
Gas- und Ölheizungen beschleunigen die Erderhitzung. Sollen die Klimaziele erreicht werden, müssen sie ersetzt werden. Das soll vor allem durch mehr Fernwärme und – wo das nicht möglich ist – mithilfe von mit Strom betriebenen Wärmepumpen geschehen. In vielen anderen Ländern hat dieser Prozess namens Wärmewende längst begonnen.
Die Wärmepumpe schlechtgeredet
In Norwegen etwa heizen schon 60 Prozent der Haushalte mit einer Wärmepumpe, in Schweden 40 Prozent. Doch in Deutschland sind es sehr wenige. Vorherige Bundesregierungen haben versäumt, das Umsatteln einzuleiten. Die Ampel hatte sich vorgenommen, es nachzuholen.
Doch das dafür gedachte Heizungsgesetz von Habeck und Bundesbauministerin Klara Geywitz löste einen Sturm der Empörung aus. Der Kampagne der Springer-Medien gegen „Habecks Heizungshammer“ schlossen sich CDU und AfD an, flankiert ausgerechnet von der mitregierenden FDP. Habeck wolle funktionierende Heizungen aus Kellern reißen lassen, wurde fälschlicherweise behauptet.
Und die Wärmepumpe schlechtgeredet: Sie funktioniere nur in voll sanierten und gedämmten Häusern, nur mit Fußbodenheizung, sei laut und viel zu teuer. Das sind die gängigen Vorurteile, die Habeck auf seiner Tour ausräumen will. Ob in Laatzen bei Roswitha Mende, in einem Einfamilienhaus in Bremen oder in einem Mehrfamilienhaus in Hannover – überall trifft Habeck Leute, die glücklich und zufrieden sind mit ihrer neuen klimafreundlichen Heizung. Schaut her, es funktioniert, ist die Botschaft.
Klaus Scholz in Laatzen erreicht Habeck mit seiner Mission nicht. Am Geld liegt es nicht, sagt Scholz. Wenn er wollte, könnte er sich das auch leisten, sagt er. Aber er will nicht.
Roswitha Mende kennt die Skepsis ihrer Nachbarn. Doch das schmälert ihre Begeisterung für die Wärmepumpe und Solaranlage nicht. Auf der Terrasse ihres Hauses stehend, zeigt die Mittsiebzigerin Habeck, wie einfach ihre Anlage über ein Tablet zu bedienen ist.
„Ich bin sehr stolz, wenn ich meinen Enkeln zeige, wie viel CO2 ich sparen kann“, sagt sie. Weil in ihrem Haus eine zweite Wohnung ist, hat sie für die Wärmepumpe einen Zuschuss von fast 25.000 Euro bekommen. Insgesamt hat die Heizung 41.500 Euro gekostet. Auch wenn eine Gasheizung billiger gewesen wäre – im langfristigen Betrieb wäre sie es nicht. „Ich habe ja auch Verantwortung dafür, dass meine Mieter die Nebenkosten zahlen können“, sagt die Seniorin. Denn Gas wird immer teurer werden.
Ihr Haus ist aus den 70er Jahren, die Fenster sind erneuert, eine Zwischendecke ist gedämmt, sonst ist es nicht saniert. Eine Fußbodenheizung gibt es auch nicht. „Das ist typisch für 90 Prozent der Fälle, die wir vorfinden“, sagt Marcell Stahl von der Firma 1KOMMA5°, die die Heizung eingebaut hat, bei dem Termin mit Habeck. Auch in dieser Ausgangslage sei der Einbau einer Wärmepumpe sinnvoll, sagt er.
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Solche Imagepflege ist offenbar nötig. Das Heizungsgesetz ist in Kraft, doch der Absatz der Wärmepumpen ist eingebrochen. 500.000 neue Wärmepumpen sollten in Deutschland ab 2024 jährlich eingebaut werden, das war Habecks Ziel. 2023 wurden noch mehr als 350.000 verkauft, doch dieses Jahr werden es wohl nur 200.000 sein.
Ein Grund für die Flaute ist die Krise am Bau. In vier von fünf Neubauten wird mittlerweile eine Wärmepumpe eingebaut – zieht die Baukonjunktur an, wird der Absatz steigen. Doch auch die Modernisierung von Gebäuden stockt. Beides zusammen ist schlecht für große Hersteller wie Vaillant, Viessmann, Bosch oder Stiebel Eltron. Anders als Windräder und Solaranlagen werden Wärmepumpen im großen Stil hierzulande gefertigt.
Vor dem Werk von Stiebel Eltron in Holzminden warten zwei Dutzend Demonstrierende mit IG-Metall-Fahnen auf den Minister. Viele Beschäftigte sind wegen der Absatzflaute seit Monaten in Kurzarbeit. Die Protestierenden sind schlecht auf Habeck zu sprechen. „Die Politik lässt das Werk und die Beschäftigten im Stich“, sagt Karoline Kleinschmidt von der örtlichen IG Metall. Ausgerechnet kurz vor dem Besuch des Ministers hat eine Zeitung gemeldet, dass bei Stiebel Eltron in Deutschland wegen der Wärmepumpenflaute bis zu 1.000 von rund 5.000 Stellen gestrichen werden sollen.
Karoline Kleinschmidt, IG Metall
Das Unternehmen will die Zahlen nicht bestätigen, aber dass „personelle Maßnahmen“ anstehen, schon. Die Beschäftigten wünschen sich die Unterstützung der Regierung. Aber vor Kurzem erst hat Habeck die Förderung der Energieberatung von 80 auf 50 Prozent gesenkt. Eine Energieberatung ist der Einstieg in die Anschaffung einer Wärmepumpe.
Auf der Fahrt nach Holzminden hat Habeck die Gewerkschaftssekretärin Kleinschmidt angerufen. Sie empfindet das als Wertschätzung. „Üblich ist das ja nicht“, sagt sie. Kurz nach seiner Ankunft in Holzminden geht der Minister zu den Demonstrant:innen. „Was Sie fordern, dazu müssen Sie mich nicht überreden, das nehme ich als Auftrag mit“, sagt er. Warum er die Förderung für die Energieberatung gesenkt habe, wollen die Leute wissen.
„Um die Förderung für die Wärmepumpen weiter durchhalten zu können“, erwidert Habeck. Das überzeugt die Beschäftigten nicht. Betriebsratsvorsitzende Elke Grimme ist verstimmt. Dass Habeck sich als Verbündeter der Beschäftigten sieht, kommt bei ihr nicht an. „Danke für gar nichts“, ruft sie, als Habeck im Werksgebäude verschwindet.
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