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Erneut ist das Bundesverfassungsgericht tätig geworden mit der begründeten Forderung zur "Nachbesserung".
In (schlechter?) Erinnerung:
spiegel.de 2012❗
"Karlsruhe erklärt Wahlrecht für verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht fordert deutliche Korrekturen am deutschen Wahlrecht. Die bisherige Fassung ist laut Karlsruher Urteil verfassungswidrig, sie erlaubt etwa zu viele Überhangmandate. Nun muss das Parlament noch vor der Bundestagswahl im Herbst 2013 eine Neuregelung finden."
Immerhin wurde etwas vorgelegt, aber die BundesbürgerInnen sehen im Vergleich mit anderen Vorhaben und fiskalischen Eingriffen schon auch selbst die Unterschiede, speziell bei den persönlich wirksamen Fristen.
Rätselhaft bleibt das Verhalten der FDP, die das Urteil des Bundesverfassungsgerichts als großen Erfolg der Koalition feiert, obwohl die vorläufige Beibehaltung der 5%-Hürde sie (derzeit) in größte Lebensgefahr bringt.
Doch die Gedanken in dieser Partei sind unergründlich. Eigentlich müsste ich mich daran gewöhnt haben.
An alle die einen anderen Wert als 5 haben wollen, welcher wäre denn der ihre und wieso?
An die Weimarer Zeiten wurde schon erinnert.
Die derzeitige Ampel zeigt doch schon jetzt die Schwierigkeiten auf, die durch eine in Regierungsverantwortung stehende Splitterpartei, die erst mitbestimmt und abstimmt, um dann national wie international in letzter Sekunde öffentlichkeitswirksam doch dagegen zu sein, dass Bild der Politik im Inland und Deutschlands in der Welt prägt.
Jetzt stelle man sich das Bild mit einer 2%-Partei als viertem Koalitionspartner vor.
Da schon Lindner, Geiwitz und Wissing nicht gerade die Leuchttürme deutscher Politik darstellen, was derzeit so schwer nicht wäre, stelle ich mir gerade die abgedrehten Wünsche der Vertreter der 2%-Partei vor.
Mich fröstelt.
Bayerische Stimmen wogen mehr als anderswo abgegebene Stimmen, der Grundsatz der Erfolgswertgleichheit der Stimmen war verletzt und die Abweichung mit sieben Prozent nicht banal. Bei einer Reduzierung der Gesamtgröße des BT gibt es auch weniger Abgeordnete aus Bayern, wenngleich die Absicherung über die Landesliste den bekannten ProtagonistInnen vielleicht ihren Einfluss und ihre Pfründe weiter sichern können wird, falls die regionale Volkspartei nicht die entsprechenden Direktmandate gewinnen kann. Die Großkopferten werden wir mit ihrem "Klatschen-Gequatsche" weiter hören können.
Aus 2021, n. der letzten BT-Wahl (735 MdB) mit Rekord an Überhang:
"Sieben Prozent drüber
Wobei dank der drei ausgleichslosen Überhangmandate, die ja CSU-Mandate sind, die Christsozialen im Bundestag überrepräsentiert sind – laut Behnke mit sieben Prozent gemessen an ihrem Zweitstimmenergebnis. Er glaubt daher, dass das bei der anstehenden Verhandlung des Wahlrechts vor dem Bundesverfassungsgericht eine Rolle spielen wird. „Hier liegt ein deutlicher Verstoß gegen die Erfolgswertgleichheit der Stimmen vor. Das kann zu einem Problem in Karlsruhe werden“, sagt der Wahlrechtsexperte."
Quelle: tagesspiegel.de
Der "bis dahin faire" Gesetzesentwurf wurde kurz vor Schluss verschärft, weil die Union, obwohl wissend dass sie diesmal nicht auf der Regierungsbank sitzt, jede Kooperation verweigert hat. Kann Union machen, muss aber Konsequenzen haben wenn langfristig die Möglichkeit lagerübergreifender Reformen erhalten bleiben soll.
Eine hohe Hürde zwingt wiederum Parteien, bereits intern Kompromisse auszuloten und zu schmieden. Die hat somit auch Vorteile und spart später Arbeit. Wenn sich alle Parteien so aufführen wie gerade die Lindner-FDP, dann gnade uns das Spagettimonster!
Die Diskussion ums Grundmandat lenkt doch von einem wichtig unerfreulichen Ergebnis der Reform ab: die Nachrangigkeit des Direktmandats gegenüber dem Listenmandat. Ein Sieg bei den Erststimmen im Wahlkreis führt künftig nur noch ins Parlament wenn die Partei, der sich der Kandidat angeschlossen hat mit dem Zweitstimmenergebnis eine genügend große Zahl an Mandaten errungen hat um den Sieger zu platzieren, M.a.W. : 1) parteilose Kandidaten sind künftig komplett ausgeschlossen 2) die Parteien bestimmen über die Listenplatzierungen noch stärker über die personelle Zusammensetzung des Parlaments. Das Verfassungsgericht fand das verfassungskonform mit der Begründung , dass mit der Erststimme gewählte Abgeordnete nicht der Delegierte des Wahlkreises, sondern Abgeordnete des ganzen Volkes sind. "Parteienwirtschaft" ist ein Synonym für Poltikverdrossenheit, "Postengeschacher" die Steigerungsform. Ich möchte einen Menschen wählen, der weiß, dass er sein Mandat mir verdankt und nicht einer Organisation, der gegenüber er sich wohl verhält. Wir haben jetzt 100 Abgeordnete weniger, aber auch ein erhebliches Weniger an Wählerwillen im Parlament.3 Grundmandate sind ein Nebenschauplatz.
Die allereinzigst wahre Lösung ist die flexible Prozenthürde zur Vermeidung gesetzesautomatismusbedingter Ignorierung wesentlicher Teile des Wählerwillens (also ein fPhzVgabIwTdWw-Gesetz :-)
Die 5%-Hürde führt in Zeiten der Popularität vieler kleinerer Gruppierungen zur Ungültigmachung des Wählerwillens von manchmal 12% oder mehr. Würde in Zukunft so ein signifikanter Prozentsatz der abgegebenen gültigen Wählerstimmen wegen 5%-Hürde unter den Tisch fallen, wäre der Bundestag nicht mehr annähernd repräsentativ besetzt, die "repräsentative Demokratie" folglich ad absurdum geführt. Der neue Automatismus muss heißen, dass in solchem Falle die 5% für das aktuelle Wahlergebnis auf eine 4%-Hürde ermäßigt wird! Bleibt dadurch der Anteil nicht berücksichtigter gültiger Stimmen trotzdem noch über 10%, muss automatisch die 5%-Hürde für das vorliegende Wahlergebnis auf 3% ermäßigt werden! So und nicht anders geht's gerecht! Wetten?
Nein zur Streichung der 5% Klausel , ich finde man Staaten , wie Israel sehen , wie kleine Parteien zum Zünglein ander Waage werden und überproportionalen Einfluss gewinnen.im übrigen reicht mir jetzt schon die Dreier Koalition , da kann Mann doch nicht von stringenten Regierungshandeln mehr sprechen.ich möchte das sich was in der Gesellschaft bewegt, nicht das jede Kleinstpartei auch noch ihre Partikularinteressen (siehe Tierschutz- oder Graue ) ihr Forum findet.
Das Wahlrecht bedarf m.E. ohnehin einer Reform. Man könnte die 5%-Hürde automatisch aussetzen, wenn dadurch bei einer konkreten Wahl im Ergebnis ein bestimmter Prozentsatz an Wählervoten völlig außen vor bleibt.
Dann könnte z.B. ersatzweise eine 2%-Hürde gelten oder so. Das wäre m.E. eine elegante und unkomplizierte Lösung. Wie ich woanders lese, hat das BVerfG selbst auf die Möglichkeit einer derartigen Lösung verwiesen.
Die von Karl Theurer angeregte Variante ist auch nicht ganz neu. Sie wäre auszählungstechnisch und von der Gestaltung des Stimmzettels her aber etwas komplizierter.
Gute Analyse der Autorin. Auch die Senkung der 5%-Hürde wäre zu begrüßen. Weniger wegen der CSU, die ohnehin nur als eigene Bundespartei auftritt, weil sie dadurch mehr Staatsgeld abgreifen kann. Aber die Hürde für neue Parteien ist bei 5% viel zu hoch.
Richtig ist die Forderung, die 5%-Klausel abzusenken, das gebietet eigentlich die Demokratie - bei der letzten Bundestagswahl sind ihretwegen an die 8% der Stimmen unter den Tisch gefallen, bei den hessischen Landtagswahlen sogar über 12% das geht einfach nicht. Wie die Europawahl gezeigt hat, differenziert sich das Wahlverhalten zusehends aus, dem muss das Wahlrecht auch einmal Rechnung tragen.
Ansonsten ein Erfolg der Ampel, das scheinbar grenzenlose Wachstum des Parlaments endlich mal etwas eingehegt zu haben - die langjährigen Klagen darüber schienen immer etwas wirkungslos, jetzt zeigt sich, dass da auch die Profiteure mal drangehen können.
Das Ergebnis ist ein demokratischer Kompromiss, und das ist gut so.
Bleibt die 5% Hürde bestehen, berichten alle von den Nachteilen, die drinstecken.
Wird die 5% Hürde abgesenkt, berichten dann alle von den Nachteilen, die drinstecken.
Finde den Fehler!
Um zu vermeiden, dass Stimmen verloren gehen, sollte man eine Ersatzstimme für die Zweit-Stimme einführen. Ich hätte somit die Möglichkeit neben der Erst-Stimme für den Direktkandidaten, der Zweit-Stimme für die von mir favorisierte Partei noch eine Dritt-Stimme für eine weitere Partei zu geben.
Diese Drittstimme käme zum Zuge, wenn die Partei, der ich meine Zweit-Stimme gegeben habe, nicht über die 5-%-Hürde kommt. Nach den bisherigen Spielregeln würde nämlich meine Zweit-Stimme wertlos und verfallen. Mit der Dritt-Stimme könnte meine Stimme dann doch zählen, auch wenn es für mich nicht mehr meiner Idealvorstellung entspricht.
Die Prozenthürde würde dann nicht mehr diese Rolle spielen wie bisher und es würden auch nicht mehr so viele Stimmen „ohne Wert“ bleiben.
@Karl Theurer Dann müssten Sie nach bekanntgabe der amtlichen Wahlergebnisse jeden Wahlzettel noch einmal anfassen und prüfen, ob die Drittstimme genutzt werden soll oder nicht.
Um dann am Ende dieses Tages die wirklichen amtlichen Wahlergebnisse auszugeben.
Und dann schafft es eine der Parteien doch über die Hürde.
Dann müssen Sie jeden Wahlzettel nochmal prüfen, um zu prüfen, ob dann nicht andere Drittstimmen wieder zurückgezählt werden müssen. Wodurch vielleicht eine andere Partei doch wieder nicht über der Hürde liegt.
Das Spiel mag endlich sein und wäre bei digitaler Abstimmung ganz einfach auszuwerten.
Aber wir haben keine digitale Abstimmung. Da sitzen in jeder Runde Hunderte Freiwillige, die das zählen müssen.
@Karl Theurer Und wenn die 3. Stimme auch nicht im Bundestag die 5% Hürde schafft?
Ne also eine 3. Stimme fände ich nicht gut, da sie so einer Person mehr Einfluss zubilligt.
Man muss sich schon vorher informieren und dann kann man auch bewusst wählen ob man die Gefahr eingehen will, dass die Wahlstimme verfällt…
Die Linke wird wegen ihrer unsäglichen Unterstützung des putinschen Angriffskrieges sowieso rausfliegen.
- Schade, dass die CSU jetzt nicht auch rausfliegt !
@Gerald Stolten Und das BSW wird wegen der massiven Unterstützung Putins gewählt.
@Gerald Stolten Wenn die Linke rausfliegt, so wird es unter anderem an ihrer nebelhaften Unklarheit in der Frage von Krieg und Frieden liegen. Die Linke hat ihre vormals klare Position aus konfusen opportunistischen Erwägungen aufgegeben.
Wenn dafür das BSW anstelle der Linken reinkommt, dann liegt es auch an dessen entschiedener Klarheit in dieser Frage.
Dabei unterstützen weder die Linke noch das BSW die russische Kriegspartei. Sie unterstützen aber auch nicht die eigene Kriegspartei.
@Gerald Stolten Können Sie diese "Unterstützung" anhand von Quellen belegen? Oder ist das so eine gefühlte Wahrheit?
Na immerhin endlich weg mit der CSU!
@Herbert Eisenbeiß Das Urteil nicht verstanden?
@Herbert Eisenbeiß Nee, gerade nicht.
Die Grundmandatsklausel bleibt doch aktiv.
@Herbert Eisenbeiß Urteil nicht verstanden? Das wird wohl nicht passieren.
@Herbert Eisenbeiß ???
Die CSU schafft doch mit Leichtigkeit die Grundmandatsklausel von 3 Mandaten. Letzte Wahl waren es 45 Wahlkreise die sie geholt haben.
Die CSU wird immer im Bundestag bleiben und das ist gut so, sie ist eine Regionale Größe und repräsentiert mehr Menschen als manche Partei die in ganz Deutschland antritt.
Zersplittertes Parlament a la Weimarer Republik braucht niemand. Dann lieber die Grundmandatsklausel behalten.
Über Queere, die sich mit der Zivilbevölkerung im Gazastreifen solidarisieren, ergießt sich Häme. Doch jede Person sollte ihre Meinung äußern dürfen.
Wahlrecht-Urteil vom Verfassungsgericht: Abspeckkur mit Korrekturbedarf
Dass im Bundestag künftig rund einhundert Abgeordnete weniger sitzen, ist ein großer Verdienst der Ampel. Reformbedarf bleibt beim Wahlrecht dennoch.
Über einhundert Stühle können aussortiert werden, wenn im Bundestag nur noch 630 Abgeordnete sitzen werden Foto: Florian Gaertner/photothek/imago
Kaum war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wahlrechtsreform öffentlich, riefen CSU-Chef Markus Söder und andere Politiker der Union lautstark: „Schon wieder eine Klatsche für die Ampel!“ Das aber stimmt nur zum Teil – und auch nur zu einem kleinen. Im Kern hat Karlsruhe die Reform, die die Ampelfraktionen im März 2023 im Bundestag beschlossen haben, bestätigt. Und das ist gut so.
Damit haben SPD, Grüne und FDP es nach mehr als zehn Jahren folgenloser Diskussion endlich geschafft, die Größe des beständig anwachsenden Bundestags wirksam zu begrenzen. Und damit gezeigt, dass das Parlament in der Lage ist, sich selbst zu reformieren. Das ist ein großes Verdienst. Das im Übrigen nur möglich war, weil die CSU derzeit auf der Oppositionsbank sitzt. Die Christsozialen haben jahrelang mit der CDU im Schlepptau jede Reform blockiert, weil sie von der alten Regelung enorm profitierten.
Gut ist aber auch, dass die Richter*innen in Karlsruhe das neue Wahlgesetz der Ampel in einem wichtigen Punkt korrigieren: Die Streichung der sogenannten Grundmandatsklausel bei gleichzeitiger Geltung der Fünfprozenthürde erklärten sie für verfassungswidrig; jener Klausel also, nach der Parteien auch dann in den Bundestag einziehen, wenn sie zwar weniger als fünf Prozent der Stimmen erhalten, aber mindestens drei Direktmandate holen. Die Ampelparteien wollten die Klausel ursprünglich beibehalten.
Erst eine Woche vor Beschlussfassung im Bundestag wurde sie Hals über Kopf gestrichen. Damit schien sich der bis dahin verhältnismäßig faire Gesetzentwurf gegen die politische Konkurrenz zu richten. Das ist ein berechtigter Vorwurf, zumal das Wahlrecht mit einfacher Mehrheit allein der Ampel beschlossen worden war. Die Linke hatte es schließlich nur mithilfe ihrer Direktmandate 2021 wieder in den Bundestag geschafft, auch für die CSU, die bundesweit gerechnet knapp über fünf Prozent lag, hätte es künftig eng werden können.
Fünfprozenthürde sollte gesenkt werden
Für die nächste Bundestagswahl wird nun wohl die Grundmandatsklausel noch einmal gelten. Dass sich die Ampel so kurz vor der Wahl an eine Reform der Reform macht, ist eher unwahrscheinlich. Danach aber wird dies Aufgabe einer neuen Regierung sein. Wünschenswert wäre dabei zweierlei: dass die Union, die dieser vermutlich angehören wird, anders als angekündigt nicht versucht, die gesamte Reform wieder zu kippen.
Das Wahlrecht darf nicht zum Spielball von Regierungsmehrheiten werden. Und zweitens: dass bei der vom Gericht vorgeschriebenen Veränderung nicht die Grundmandatsklausel bleibt, sondern die Fünfprozenthürde abgesenkt wird. Weniger Stimmen würden verloren gehen, die Repräsentanz im Bundestag würde also erhöht. Und die Aussicht, mit Erfolg auch für kleinere Parteien zu votieren, könnte ein neuer Anreiz sein, sich an Wahlen überhaupt zu beteiligen.
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Kommentar von
Sabine am Orde
Innenpolitik
Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.
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