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Die Rentiere der Samen leiden, weil die natur­belassenen Wälder in Schweden schrumpfen Foto: Mélanie Wenger/Inland

Abholzung von Urwäldern in SchwedenBis zum letzten Baum

Schweden vermarktet sich als nachhaltiges Land, dabei werden dort die letzten Urwälder Europas zerstört. Auch wegen unseres Verpackungswahns.

Von Katharina Finke aus Schweden

D ie Luft ist klar. Vögel zwitschern, Heidelbeeren wachsen am Boden zwischen knorrigen Bäumen. Vor einem Stamm, der sehr dick ist, kniet Sebastian Kirppu. „Diese Fichte ist mehrere hundert Jahre alt“, sagt er. Kirppu ist Waldbiologe. Aus seiner khaki-grünen Jacke zieht er eine kleine Lupe mit integriertem Licht. Damit möchte er den Baum genauer inspizieren.

„Die Urwälder in Schweden haben eine besondere Artenvielfalt“, sagt er. Mit 26 Millionen Hektar bedecken Wälder 70 Prozent des skandinavischen Landes. Kirppu, 50 Jahre alt, durchstreift sie ständig, vor allem die Urwälder in den Läns, den Provinzen. Seine Mission: Er will klarmachen, dass viele den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen.

„Bäume gibt es zwar noch viele“, sagt er. „Aber sie sind kein Wald mehr, sondern eine Plantage – maximal sind es noch Nutzwälder.“ Die Bäume werden für die Industrie herangezogen, die Flächen, auf denen sie wachsen, bieten keine Artenvielfalt mehr. „Sie sind dann anfälliger für Feuer und Borkenkäfer“, sagt Kirppu.

Die Forstwirtschaft setzt auf Kahlschlag

Im Gegensatz zu richtigen Wäldern, deren Ökosysteme Schutzmechanismen haben, die von ihrer Biodiversität leben. Für solche Wälder braucht es viele unterschiedliche Baumarten, und vor allem auch richtig alte Bäume. Diese identifiziert Kirppu bei seinen regelmäßigen Bestandsaufnahmen. Dabei ist es ihm sehr wichtig, den Wald genau so zu verlassen, wie er ihn vorfindet. Was bedeutet, dass er jedes einzelne Blatt oder Holzstück, dass er hochgehoben hat, wieder an seinen Ursprungsplatz zurücklegt.

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In Schweden werden viele Bäume allerdings im ersten Zehntel ihres Lebenszyklus gefällt. Eine Kiefer etwa mit 100 Jahren, obwohl sie 1.000 Jahre alt werden kann. „Das ist fatal“, sagt ­Kirppu, „denn je älter ein Baum wird, desto mehr Artenvielfalt entsteht.“ Zudem kann ein älterer Baum mehr Kohlenstoff absorbieren. Intakte Wälder fungieren besonders gut als Kohlenstoffsenken, indem sie Kohlendioxid der Atmosphäre entziehen und den Kohlenstoff in der Biomasse und im Boden des Waldes speichern, erklärt Kirppu.

Für den europäischen Markt

Schweden ist weltweit der viertgrößte Exporteur von Holzprodukten. Und mit 12 Millionen Tonnen ist das skandinavische Land auch Europas größter Zellstoffproduzent. Zellstoff ist ein wichtiger Rohstoff für die Papier- und Pappherstellung.

Hauptabnehmer der schwedischen Holzprodukte sind die anderen europäischen Länder. In diese wird 57 Prozent der schwedischen Zellstoffproduktion und 67 Prozent der schwedischen Papierproduktion exportiert.

Obwohl Deutschland selbst einer der größten Produzenten von Holz ist, ist es trotzdem auf Importe angewiesen und bekommt von Schweden zum Beispiel ein Fünftel dessen gesamter Papierexporte. Insgesamt werden über 80 Prozent der schwedischen Zellstoff-, Papier- und Schnittholzproduktion exportiert.

Dass die Wälder auf Borneo und im Amazonasgebiet bedroht sind, ist vielen Menschen bewusst. Aber wie stark der Waldverlust in Skandinavien ist, vor allem in Schweden, wissen nur wenige. 60 Prozent der schwedischen Wälder sind seit den 1950er Jahren bereits abgeholzt worden. Und die schwedische Forstwirtschaft setzt weiter auf Kahlschlag: Mehr als 300.000 Hektar, verteilt über das ganze Land, werden nach Angaben der schwedischen Forstindustrie jährlich kahlgeschlagen.

Trotzdem gibt es weiterhin viele Bäume in Schweden. Denn das Forstwirtschaftskonzept funktioniert so: Kahlschlag, dann vertikutieren und neue Baumsämlinge aus Baumschulen einpflanzen. Für jeden aus dem natürlichen Ökosystem herausgeholten Baum werden zwei bis drei neue Nutzpflanzen eingesetzt.

Nicht irgendein Wald

Viveka Beckeman ist Generaldirektorin von Skogs Industrierna. Der Verband vertritt die Mehrheit der schwedischen Forstwirtschaftsunternehmen und will nach eigenen Angaben „die stärkere Nutzung von Forstprodukten fördern und den grünen Wandel ermöglichen“. Beckeman, eine hagere Frau mit kurzen blonden Haaren, gibt sich im Videogespräch überzeugt: „Das schwedische Forstmodell ist nachhaltig, weil es den Anbau klimafreundlicher Produkte und die Verbesserung der Artenvielfalt ausbalanciert.“

Holz sei bestens geeignet für eine „fossilfreie Wirtschaft“, weil es ein Baustoff sei, der für seine Herstellung keiner fossilen Brennstoffe bedarf. Der Slogan des schwedischen Forstindustrieverbandes lautet deshalb: „More Forest = More climate benefit“ – mehr Wald bedeute einen größeren Nutzen fürs Klima.

Die verfügbaren Daten widersprechen den PR-Slogans des Verbands aber. Wenn die Abholzung in Schweden mit der derzeitigen Rate so weitergeht, werden laut einer Gruppe von unabhängigen Ex­per­t:in­nen die letzten europäischen Urwälder bis zum Jahr 2070 ganz verschwunden sein. Zudem ist die Nettospeicherung von Kohlenstoffdioxid laut einem Bericht der schwedischen Umweltschutzbehörde 2021 „erheblich zurückgegangen“.

Schwedens Forstwirtschaft bedroht die biologische Vielfalt in Europa!

Greta Thunberg, Klimaaktivistin

Hauptursache dafür, so der Bericht der Behörde, sind „das rückläufige Wachstum des Waldes und die hohen Abholzungsmengen der vergangenen Jahre“. Die Autoren befürchten, dass „der starke Rückgang der CO2-Nettospeicherung daher dazu führen könnte, dass es für Schweden schwer werden könnte, die gemeinsamen EU-Klimaziele einzuhalten.“

„Wir leben hier“

Die schwedische Regierung lud Mitte Mai vergangenen Jahres, als sie den EU-Ratsvorsitz inne hatte, alle EU-Forstdirektoren nach Skellefteå im Nordosten Schwedens ein. Medien durften nicht dabei sein. Ebenso wenig wie 60 Nichtregierungsorganisationen, 260 For­sche­r:in­nen und Greta Thunberg, die das zum Anlass nahmen, um vor Ort mit einem internationalem Appell zu warnen: „Schwedens Forstwirtschaft bedroht die biologische Vielfalt in Europa!“

Sie forderten einen sofortigen Abholzungsstopp in Wäldern mit besonderem Naturwert, zudem sollten abgeholzte Wälder im Einklang mit den EU-Richtlinien und dem UN-Übereinkommen zur biologischen Vielfalt wiederhergestellt werden. Und vor allem sollten größere Teile der noch unberührten Urwälder geschützt werden. Derzeit stehen lediglich 6 Prozent der schwedischen Wälder unter Schutz.

Was es bedeutet, wenn zu wenig Wald geschützt wird, weiß Brita-Stina Sjaggo. Sie gehört zu dem letzten indigenen Volk Europas: den Samen. „Was die Leute Natur nennen, ist unser Zuhause“, sagt sie. „Wir leben hier das ganze Jahr.“

Die Samin Brita-Stina Sjaggo ist Rentierhirtin im Norden Schwedens Foto: Mélanie Wenger/Inland

Sjaggo ist Rentierhirtin. Sie möchte uns zeigen, was die Forstwirtschaft von schwedischen Urwäldern übrig lässt – in der Nähe des nordschwedischen Jokkmokk nördlich des Polarkreises. Sjaggo trägt eine pinke Outdoorhose, Wanderschuhe und eine blaue Samen-Mütze. Zusammen mit ihren beiden Kindern läuft sie mit uns durch einen mehreren Hektar großen Kahlschlag.

Rentiere brauchen Flechten

Nach einer Weile legt sie ein Rentierfell auf den Boden, gießt ihren Kindern etwas Wasser in Holzbecher und gibt jedem ein Stück Suovvasm, geräuchertes Rentierfleisch. Alles selbst gemacht. Dann bittet sie uns, sich mit ihr umzuschauen. „Die Forstunternehmen haben die Landschaft völlig verändert: Wälder und Böden wurden zerstört“, sagt die 40-Jährige. „Und neue, aus dem Ausland importierte Bäume wurden gepflanzt.“

Unter den veränderten Wäldern leiden auch die Rentiere der Samen. Denn sie brauchen die Urwälder, um zu überleben. „Normalerweise hilft im Winter der Geruch von Flechten den Rentieren, sie unter dem Schnee zu finden“, erklärt Sjaggo. Aber Flechten wachsen vor allem in Urwäldern. Und da es von denen immer weniger gibt – sie schrumpfen gerade auch in vielen Teilen von Sápmi, dem Siedlungsgebiet der Samen, das sich über Norwegen, Schweden, Finnland und Russland erstreckt –, wird es für die Rentiere immer schwieriger, etwas zu fressen zu finden. „Wenn selbst Rentiere, die sich seit der Eiszeit an diese Landschaft angepasst haben, hier nicht mehr überleben können, wer dann?“, fragt Sjaggo.

Die Vereinten Nationen haben Schweden mehrfach kritisiert, weil es die völkerrechtlichen Regeln zum Schutz der Rechte von Indigenen nicht einhält. Der Europarat hat dies in einem Bericht ebenfalls kritisiert. In diesem heißt es unter anderem, dass das samische Volk keinen ausreichenden Einfluss auf Entscheidungen der schwedischen Behörden über die Ausbeutung traditioneller samischer Gebiete hat.

Schweden hat darauf reagiert, indem es für das internationale Zertifizierungssystem für nachhaltige Waldwirtschaft, die FSC-Zertifizierung, zusätzlich eingeführt hat, dass die Forstunternehmen sich auch mit den Samen zusammensetzen sollen, um deren Rechte zu berücksichtigen. Das machen sie in der Regel auch. Aber den Samen hilft das nicht wirklich, wie Sjaggo berichtet. „Sie posten Bilder mit uns, aber halten sich nicht an das, was wir mit ihnen vereinbart haben.“

Onlineshopping ließ die Nachfrage steigen

Den Forstunternehmen gehe es nur um den Profit, sagt Sjaggo. Die Samen würden immer als Problem wahrgenommen. Sjaggo versteht diesen Konflikt nicht. Den Samen ginge es – anders als den Forstunternehmen – nicht darum, etwas zu besitzen. Sie wollten die Urwälder erhalten, um dort mit ihren Rentieren leben zu können: „In der samischen Sprache gibt es kein Wort für Besitz, Krieg oder Kampf.“

Es geht auch um Freiheit. Die von der schwedischen Forstbehörde aber anders verstanden wird als von den Samen. „Schwedische Forstpolitik wird oft unter dem Motto ‚Freiheit in Verantwortung‘ zusammengefasst“, schreibt sie. „Mit ‚Freiheit‘ ist gemeint, dass die Waldschutzgesetzgebung relativ wenige regelnde und verbindliche Regeln enthält.“ Das ist aber für die Ver­brau­che­r:in­nen am Ende verwirrend. Das sieht man unter anderem bei der FSC-Zertifizierung. Sie variiert von Land zu Land. So stammt FSC-zertifiziertes Holz aus Schweden häufig auch aus Wäldern mit hohem Schutzwert. „Die FSC-Standards in Schweden sind zu vage“, befand eine neue Studie der Zertifizierungsorganisation FSC-International. „Sie ermöglichen es sogar, in Wäldern mit Arten, die auf der roten Liste stehen, zu fällen – und dies mit FSC zu zertifizieren.“

Wenn eine Waldbesitzerin in Schweden etwas fällen lassen will, muss sie eine Fällanfrage an die Forstbehörde schicken. Innerhalb der nächsten sechs Wochen kann jeder dagegen Einspruch einlegen. Die Forstbehörde hat dann sechs Wochen Zeit, den Einspruch und die Anfrage zu überprüfen. Im Jahr werden rund 60.000 Fällanfragen gestellt. Lediglich ein Prozent davon hat die Forstbehörde nach eigenen Angaben überprüft.

Rund um die Uhr fahren Lkws und Züge voll beladen mit Holz durch Schweden. Nur ein Bruchteil der Bäume wird dabei für Möbel oder ähnliche Produkte genutzt. Der ganz überwiegende Teil, etwa 80 Prozent, landet in Papierfabriken und wird dort zu Zellstoff, Papier und Pappe verarbeitet. Denn die Nachfrage danach ist – nicht zuletzt durch das Onlineshopping zu Pandemiezeiten – stark gestiegen.

„Durch Karton getötet“

Für alle Papierverpackungen, die in Kontakt mit Essen kommen, stirbt ein neuer Baum – das bestätigt das Thünen-Institut bei Hamburg. Für vieles andere auch. Nicht recyceltes Toilettenpapier besteht aus frisch abgeholzten Bäumen, ebenso wie Küchenrolle oder Zeitschriften. Durch diese Produkte gelangt immer wieder neues Kohlendioxid in die Atmosphäre – das befeuert die Klimakrise, statt sie zu bekämpfen.

Wir versuchen, ein Interview mit einer der großen holzverarbeitenden Firmen zu bekommen. Nach monatelangem Nachhaken bekommen wir einen Termin, der im letzten Moment aber wieder abgesagt wird.

Der Wald­biologe Sebastian Kirppu untersucht die schwedischen Urwälder sehr genau Foto: Mélanie Wenger

Dann bekommen wir Kontakt zu einem ehemaligen Mitarbeiter, der in der Öffentlichkeit aber anonym bleiben will. Er erzählt uns, dass er wie alle anderen Angestellten eine strenge Verschwiegenheitsklausel unterzeichnen sollte. Als er anfing, die Nachhaltigkeit des Unternehmens infrage zu stellen, bekam er Probleme. „Sie haben Wälder mit hoher Biodiversität kahlgeschlagen“, sagt er. „Ich konnte nicht damit umgehen.“ Am Ende hat er gekündigt.

Dieser Artikel ist mit Unterstützung des Journalismfund Europe entstanden.

Er zeigt uns Muster von hochwertigen Verpackungen, die von seinem ehemaligen Arbeitgeber hergestellt werden. „Für die kann nicht jeder Baum genommen werden, weil es festes Material sein muss“, sagt er. Nicht alle Papier- und Zellstoffhersteller fassen das Betriebsgeheimnis eng. Einige zeigen ihre Produkte auf ihrer Internetseite, andere hat Greenpeace Schweden in einem jüngst veröffentlichen Bericht „Killed by Cardboard“ – „Durch Karton getötet“ aufgelistet. Alle großen Player im Verpackungsgeschäft sind mit dabei: vom Einzelhandel mit Aldi Nord oder dm-Drogeriemarkt über den Onlinehandel mit Amazon oder Zalando bis hin zu Konsumverpackungen von Apple, Philipp Morris und Nestlé.

„Wenn Menschen in Deutschland und dem Rest Europas Produkte, die aus schwedischem Holz gemacht sind, boykottieren würden, könnte sich etwas ändern“, meint der Waldbiologe Sebastian Kirppu. Er ist immer wieder mit jungen Menschen in den Urwäldern Südschwedens unterwegs, um sie für bedrohte Arten und die Natur zu begeistern. Er verbleibt mit einer Frage: „Wir wollen unseren Kindern eine bessere Zukunft ermöglichen, aber was für eine Zukunft ist das, wenn wir die letzten Urwälder Europas abholzen?“

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24 Kommentare

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  • Moderation , Moderator

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  • Warum sollte es den schwedischen Wäldern anders gehen wie unseren? In Schweden gibt es bestimmt auch Konzerne mit Raffgeiern an der Spitze die "Weil der Markt es regeln wird" alles bis zum letzten ausbeuten.

  • Plantagen mit Vollfällung sind zwar immer noch besser als Autobahnen und Parkplätze, aber wir sollten in uns gehen, welche Pappe wir wirklich brauchen.



    Papier für die taz verstehe ich noch, :) aber drei getrennte A-Pakete am selben Tag für die Nachbarin schon weniger.

  • "Zudem ist die Nettospeicherung von Kohlenstoffdioxid laut einem Bericht der schwedischen Umweltschutzbehörde 2021 „erheblich zurückgegangen“."



    Es dürfte sich um einen vorübergehenden Effekt handeln, sofern wieder aufgeforstet wird bzw. die abgeholzten Flächen der Naturverjüngung überlassen werden.



    Nach [1], Figure 1 liegt das Maximum der CO2-Aufnahme im Bereich zehn- bis dreißigjähriger Wälder.



    [1] www.researchgate.n...n-sinks-Nature.pdf

  • Um mal vor der eigenen Haustür zu kehren: Auch hierzulande wird von Vielen (auch von einigen grünen Entscheidungsträgern) geglaubt, man müsse möglichst viel Holz nutzen, um dem Klimawandel zu begegnen (also mit Holz heizen, mit Holz bauen, wodurch ja dann ja CO2 langfristig gebunden wird). Niemand kann tatsächlich sagen, wo das Holz denn herkommen soll, ohne langfristig unserer Wälder zu zerstören. In Schweden und Finnland ist das schon lange auf die Spitze getrieben worden. Die ach so schöne Natur dort (Bullerbü eben) droht nun, da die Regierungen beider Länder sich um den großflächigen Schutz drücken, bald Geschichte zu sein.

  • Alter Schwede, wenn die da oben und wir hier unten so weitermachen bleibt aber bald auch gar nichts mehr vom Mythos des sanften sozialdemokratischen Volkswohlheimmodells für alle übrig.

    • @vieldenker:

      Das ist jetzt eher der Einzug der individuellen neoliberalen Gewinnmaximierung. Druck zum sozialen Verhalten à la 1950er dort hätte solche Fälle/-ungen wohl noch in den Griff bekommen - wobei, werfen wir einen Blick auf Hinweise Peter Wohllebens aktuell.

  • Wie sieht es denn in Deutschland aus?

    (Noch) relativ gesunde Buchenbestände werden so weit gelichtet, daß zwischen den Bäumen z.T. ein Abstand von 15 m (!) ist. Die Folge, die Sonne brennt direkt auf die Stämme, erhitzt die darunterliegenden Leitgefäße und bringt noch mehr Bäume zum Absterben (bestes Beispiel, Siebenmühlental in Heidelberg, das vor einigen Jahren zur Stadt des Waldes gekrönt wurde, hahaha, mit Grüner Mehrheit im Stadtrat wohlgemerkt).

    Anderswo werden (relativ) gesunde Mischbestände flächig abgeholzt, während nebendran kranke Fichtenmonokulturen stehen gelassen werden (natürlich alles immer nur zum Schutz des Waldes, des Verkehrs oder wider den Klimawandel, man ist da nie um eine Ausrede verlegen, wenn es gilt flächig abzuholzen, auch 30m entfernt von jedem kleinen Waldweg)(so geschehen beispielsweise in Dossenheim, Bergstraße, nach Aussage Dritter wieder mit dem Placet der Grünen Stadträte).

  • Danke für diesen erschreckenden Bericht!



    Auch wenn tägliche Hiobsbotschaften nicht eben willkommen sind, spornt es an, bewusster Einzukaufen.



    Seit meiner Schulzeit, in der der Gebrauch von Recycling papier in Form von Heften normal war, ist dies mittlerweile zu einem Nischenprodukt geworden.



    In den letzten Jahren sind derartige Angebote aus den verbliebenen Bürobedarfsläden nahezu verschwunden.



    Die Rede ist von ungebleichten Papierrecycling



    Produkten, die selbst Auf Nachfrage schwer zu erhalten sind.



    Im Internet (HAHA!) lässt sich natürlich einiges Bestellen, doch, wie zu Lesen ist, macht das aus Umweltschutzgründen eben keinen Sinn.



    Die derzeitige Mähr von der besseren Klimabilanz des Onlinehandels muss um den Umweltaspekt erweitert werden.



    Wir sollten aufhören, die Tatsachen nach unseren Bequemlichkeiten zu verbiegen.



    Es ist skandalös, dass für ein Wegwerfprodukt wie Karton derartige Umweltverbrechen begangen werden.



    Konsequenz kann nur lauten, nur noch Recycling Papier zu kaufen und die offenbar zweischneidigen Ökosiegel auch links liegen zu lassen.

    • @Philippo1000:

      FSC ist ja eh kein Ökosiegel. Ich stimme zu: Das Bewusstsein, dass man Recyclingpapier nutzt und kein weißes aus Frischholz, hat es zwar in die Behörden geschafft (von Arbeitsagentur bis Amtsgericht kriegt man Ungebleichtes), aber selbst die Biomarktkäuferinnen im Freundeskreis wischen sich Po und Nase skrupellos (ja!) mit Tempo, Hakle oder den Discounterbilligversionen und behaupten stets, dass FSC ja genüge und überhauptdie Weichheit und es sei ja nicht so schlimm... - wenn sie sich überhaupt drum scheren.

      Ich wäre inzwischen für gesetzliche Regelungen, dass für Klopapier, Küchenrollen und Papiertaschentücher grundsätzlich Altpapier zu verwenden ist zu 100%, ebenso als Druck-Kopier-Papier und für Verpackungen, Zeitschriften, Zeitungen, Werbezettel und "Dialogpost". Alles andere wird verboten.



      Und wahrscheinlich sind die dünnen Plastikfolien aus recyceltem Kunststoff ökologisch sinnvollere Verpackung als jedes Papier.

    • @Philippo1000:

      Ein Hebel, nicht der einzige.



      Und doch nage ich bei jedem Besuch im Post/Schreibwarenladen ein Stück, warum sie keine Recyclingumschläge haben.



      An Recycling-Drucker-Papier kommt man hingegen, an Klopapier und Taschentücher und Küchenrollen auch

    • @Philippo1000:

      FSC ist nicht zweischneidig sondern fast wertlos.

      Die Prüfer werden von den Unternehmen bezahlt.

      Bezahlt wird nur bei einer erfolgreicher Zertifizierung.

      Das ist ein gaz klarer Interessenskonflikt.

      In der ganzen Geschichte des FSC wurde noch nie ein Zertifikat wegen Verstößen dauerhaft entzogen, egal wie gravierend diese waren.

  • „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“ [Weissagung der Cree]

    Der Kampf gegen den umwelt- und klimaschädlichen Kapitalismus ist aussichtslos, denn es wird bis zum bitteren Ende der Menschheit so weitergehen. Die Cree konnten gegen die bösartige Raffgier des weißen Mannes, der zuerst ihre Büffel abgeschlachtet und ihnen dann das Land weggenommen hat, auch nichts machen. Die Gier nach immer mehr Wirtschaftswachstum, sowie ein skrupelloser Kapitalismus ('der die Natur mitsamt den Menschen auffrisst'), hat die Menschheit fest im Griff, und deshalb wird es höchstwahrscheinlich auch keine Zukunft für die Menschheit mehr geben.

    • @Ricky-13:

      So, wie der Mensch die Natur hinterlassen hat, wenn man davon noch reden kann, wird es auch keine Zukunft für den gesamten Planeten mehr geben.

      Früher war sicherlich der CO2-Gehalt höher und die Durchschnittstemperatur. Als die Dinos gelebt haben. Damals gab es aber kein Plastikmüll, an denen Tiere massenhaft verenden. Und damals gab es auch kein Geoengineering - sollte der Mensch tatsächlich diesen Schritt gehen.



      Und selbstverständlich gab es damals keine Monokulturen für Amazon-Verpackungen.

  • "..... Er zeigt uns Muster von hochwertigen Verpackungen, die von seinem ehemaligen Arbeitgeber hergestellt werden. „Für die kann nicht jeder Baum genommen werden, weil es festes Material sein muss“, sagt er. ...."



    Die Frage ist hier doch ob dieses "muss" Bestand haben muss, denn es handelt sich "nur" um Verpackungen, müssen die unbedingt so "hochwertig" sein? Manchmal hat man ohnehin das Gefühl die Verpackung war teurer als der Inhalt. Warum wird hier vom Gesetzgeber nicht mehr Recyling Pappe/Papier eingefordert?

  • Wie schaut es aus mit unseren Papiertüten aus dem Super- oder Biomarkt, die uns als ach so umweltfreundlich und alternativ verklickert werden?

    Ein gutes Gefühl ist da absolut unangebracht.

    Wirtschaftswoche: "Einwegtüten aus Papier schneiden Umweltexperten zufolge in Ökobilanzen nicht besser ab als konventionelle Plastiktüten. Im Gegenteil: „Sie brauchen für die Papiertüte sehr lange, sehr reißfeste Zellstofffasern. Zu deren Herstellung ist sehr viel Wasser und Energie nötig, es müssen viele Chemikalien eingesetzt werden“, erklärt der Diplom-Umweltwissenschaftler Fischer. Um dieselbe Reißfestigkeit wie eine Plastiktüte zu haben, sei für eine Papiertüte doppelt so viel Material nötig. „Was die Ressourcenverbräuche angeht, schneidet die Papiertüte schlechter ab als die Einwegplastiktüte. Es macht überhaupt keinen Sinn, wenn Plastiktüten durch Einwegpapiertüten ersetzt werden.“

    Der gute alte Leinenbeutel, leicht, waschbar, lange verwendet ist weiterhin noch das Beste. Immer dabei.

    Sehr guter und notweniger Artikel. Vielen Dank dafür.

    www.wiwo.de/techno...en/20839942-2.html

  • Was heißt "wegen unseres Verpackungswahns" ?



    Wenn die Schweden aus Habgier ihre Wälder abholzen, ist das nicht unsere Schuld.

    • @Don Geraldo:

      Ich glaube nicht, dass sich "uns" hier auf die Nation bezieht.

      Wir (d.h. alle Menschen) leben in einem global vernetzten Wirtschaftssystem. Nachfrage erzeugt i.d.R. die Stillung der Nachfrage. Und es sind auch deutsche Unternehmen, die sich nicht um die Umweltfolgen scheren, wenn sie eine Verpackung oder eine Logistikstrategie konzipieren. Das bedeutet Verpackungswahn.

      Außerdem sehen wir gerade, dass auch in Deutschland die Politik sich sehr schwer tut, die Ausbeutung einer Ressource in Deutschland ernsthaft zu beschränken, wenn die Nachfrage danach hoch ist (siehe aktuelle Diskussionen um Lithium, Erdgas, Braunkohle, Nahrungsmittel...). Das ist keine schwedische Eigenart.

    • @Don Geraldo:

      Doch wenn wir aus Gier, Geiz und Dummheit online einkaufen.

      Eine wahnsinnige, globale Orgie an Verpackungsmüll.

      Die Holzpreise sind in den letzten Jahren vor allem deshalb gestiegen. Viele Verlage bekamen kein Papier mehr.

      Amazon dankt.

      So die chinesischen Anbieter.

      • @shantivanille:

        Inzwischen stehen vor unserem Haus täglich mehrmals die Päckchenbeförderer.

        Unsere lieben Nachbarn horten inzwischen die Verpackungspappe vor der Türe, weil der Altpapiercontainer (ein großer!) immer voll ist.

        Aber ansonsten ist man/frau natürlich voll für den Kampf für Umwelt und Klima, am besten auf dem Elektroroller und mit dem Strom aus der Steckdose für das Handy, das immer an ist...

  • Nicht nur in Schweden, in ganz Skandinavien (hier Beispiel Norwegen: www.nrk.no/klima/x...skoger-1.16882378) werden alte Waelder kahlgeschlagen und Leute die diesem Tun entgegenwirken brutal angegangen...

  • Wissenschaft geht davon aus, das wenn weniger als 50% intakter wald auf der welt ist, das das klima kippt.



    Was tun?



    Endlich aufhören unkontrollierte freiheit und gleichzeitig inkompetente intransparente und wahllose kontrollen als lösung anzusehen - und sich endlich mal konsequent mit der wissenschaft und dem zusammenhang aller dinge auseinandersetzen!!!



    Dann ändert sich das konsumverhalten automatisch!

    Jede partei die das nicht tut, muss abgestraft werden.



    und da geht es ja nicht nur ums klima!!!



    Die ganze wahrheit ist maßgeblich für die besten entscheidungen und kontrollen!



    Die masse muss endlich verstehen, welche kraft in der wissenschaft und der GANZEN WAHRHEIT liegt, anstatt immer wieder halb gare entscheidungen zu treffen.

    deswegen müssen die medien - ja alle - noch mehr wissenschaft und die ganzheitliche kultur fördern, damit die allgemeine kultur es endlich in ihren grundfesten verankert!



    uns läuft die zeit weg!



    das gefühl sollte doch jeder kennen - übertragt es nicht auf die ganze erde, weil dann sind wir wirklich alle am ...

    • @Christian Will:

      Die Frage ist doch aber, was die Wahrheit ist

      Klimaschutz und Umweltschutz sind ja nicht die einzigen Bereiche, wo sich Wissenschaftler auch mal widersprechen.

      Die "ganze" Wahrheit ist noch viel schwieriger zu definieren.

      Kennen Sie auch nur einen Wissenschaftler, der die ganze Wahrheit kennt?