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EU-Handelsstreit mit ChinaDie ersten Strafzölle kommen

Für chinesische E-Autos gelten in der Europäischen Union ab Freitag hohe Einfuhrgebühren. Obwohl Deutschland noch immer zu bremsen versucht.

Das wird teuer: Chinesische E-Autos werden im Hafen von Taicang im Osten der Volksrepublik für den Export bereit gemacht Foto: Imago/Cfoto

Brüssel taz | Die EU-Kommission macht Ernst: Wie angedroht sollen ab Freitag, den 5. Juli, die neuen Strafzölle auf E-Autos aus China greifen. Die Verhandlungen mit Peking hätten bisher kein Ergebnis gebracht, hieß es in der Brüsseler Behörde. Deshalb würden die Sonderzölle, die bis zu 38 Prozent betragen können, wie geplant eingeführt.

Die Einnahmen aus den China-Zöllen sollen zunächst auf ein Sperrkonto fließen, teilte die Kommission auf Nachfrage der taz mit. Bei einer späteren Einigung könnten sie rückerstattet werden. Allerdings sieht es danach bisher nicht aus. Die Chinesen versuchen offenbar, in den Gesprächen mit den europäischen Vertretern auf andere Themen abzulenken.

EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis hatte die Zölle bereits Mitte Juni angekündigt. Der Grund lautet: Chinesische E-Autos würden vom Staat subventioniert, was den Wettbewerb verzerre und der europäischen Industrie schade. Wegen deutscher Bedenken wurde Peking noch eine Schonfrist bis zum 4. Juli eingeräumt. Die läuft nun ab.

Das letzte Wort ist jedoch noch nicht gesprochen, die Verhandlungen gehen weiter. Erst Anfang November sollen die Strafzölle endgültig verhängt werden – wenn die EU-Staaten zustimmen. Doch die sind in dieser Frage gespalten. Während Frankreich für einen harten Kurs gegen Peking plädiert, steht Deutschland weiter auf der Bremse.

Olaf Scholz will Zölle für beide Seiten

Vor wenigen Tagen hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einen Kompromissvorschlag gemacht, berichtet das Handelsblatt: Einen Zoll von 15 Prozent, sowohl für E-Autos, die aus China exportiert werden, als auch für europäische Autoexporte. Die EU-Kommission hält davon nichts. Das sei ein alter Hut, ließ die Behörde verlauten.

Auch die Idee, Strafzölle erst ab einer bestimmten Exportquote zu verhängen, würde nicht weiterhelfen. Dies sei nicht mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbar. Grundsätzlich gelte, dass ein Kompromiss in Brüssel ausgehandelt werden muss, weil allein die Kommission für Handel zuständig ist.

In der deutschen Hauptstadt lassen sich Regierungsmitglieder davon nicht beeindrucken. So warnte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) vor einem Handelskrieg mit China. „Das kann sich niemand wünschen“, sagte er Ende Juni. Die Zölle schränkten den Wettbewerb ein, wodurch die Preise für E-Autos hierzulande zu steigen drohten. Ebenfalls Ende Juni war Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Peking gereist. Habeck äußerte sich weniger kritisch über die Zölle und begrüßte, dass die chinesische Führung Gespräche mit der EU aufgenommen hat.

Die Initiative zu den Verhandlungen ging schon zuvor von Dombrovskis aus – und nicht erst von Habeck, wie dieser glauben machen wollte. Die deutsche Haltung zu China sei oft unverständlich, klagt die Kommission. Sie sei zu sehr von den Interessen der Industrie geprägt.

VDA vehement gegen Strafzölle

Die deutschen Autohersteller gehen seit Wochen auf die Barrikaden. Am Mittwoch hat der Verband der Automobilindustrie (VDA) seinen Widerstand noch einmal bekräftigt. „Die Anti-Subventionszölle würden Elektrofahrzeuge auf dem europäischen Markt verteuern oder dafür sorgen, dass sie gar nicht erst auf den Markt kommen.“ Betroffen seien auch Autos von deutschen Herstellern. Wichtige Rohstoffe und Batterien aus China könnten teurer werden.

Die Industrie hat auch keine Sorge, dass chinesische E-Autos den europäischen Markt überschwemmen. Deren Anteil am gesamten Pkw-Markt dürfe sich bis 2030 bei etwa 5 bis 10 Prozent einpendeln, schätzt der VDA. 2023 hätten die deutschen Hersteller etwa zehnmal so viele E-Autos in China verkauft wie chinesische Produzenten in Deutschland.

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8 Kommentare

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  • Die Chinesen rächen sich bereits: Gestern Abend wollte ich Kleinelektronik (Tattomaschine) bei Ailibaba & Co kaufen. Alle Preise sind nurmehr in türkischer Lira ausgewiesen. Und egal, welche langjährige Seite - auf Italienisch, Spanisch, Englisch - man auch immer aufruft, die Auszeichnung ist nur noch für die Türkei, "in deine Region kann leider nicht geliefert werden". Bitter, so sieht ein Handelskrieg aus. Ich bin mal gespannt, wie viele Jahrzehnte ich warten muss, bis es bei uns Tattoomaschinen aus Rumänien gibt.

  • Am Beispiel China wird die Endlichkeit der Wachstumskapitalismus deutlich: Die Globalisten glaubten in China mit seinen Milliarden an Menschen einen neuen Markt für neue Profite finden zu können und kamen mit ihrer auf Automaten und Robotereinsatz beruhenden Produktivität ins gelobte Land und hofften auf einen großen Binnenmarkt und billigere Produktion für den ganzen Erdball. Nun müssen sie feststellen: Ohne einen Einsatz von Arbeitskräften, die in der Lage wären, sich auch ihre Produkte leisten zu können, fehlen ihnen die erhofften Kunden, die Binnenachfrage fehlt einfach (genauso für die vielen neuen Wohnungen, die jetzt leer stehen). Noch schlimmer: Weil sie auch die Arbeitsplätze auf den hiesigen Märkten abgebaut haben, werden sie ihre Produkte auch in den so wichtigen Heimatmärkten nicht mehr los, überall fehlt es an Binnennachfrage, die selbst Zölle ja nicht ankurbeln könnten. Wer soll den ganzen Kram (Ramsch/LIDL oder Qualität) denn noch kaufen können und das in alternden Heimatmärkten ? Die neue Wirtschaftsordnung muss -umgekehrt- ausgehen von einem 'Recht auf Arbeit' und Teilhabe am Wohlstand und nur so viel produzieren lassen, wie wirklich gebraucht wird: WENIGER!

  • Tja, es ist schon ironisch: da will die EU mehr Elektroautos auf den Straßen, aber europäische Hersteller stellen nur überteuerte, dicke Brummer her.

    Dann kommen die Chinesen mit Macht auf den Markt, die bezahlbare Karren liefern, die also dem Ziel der EU dienlich sind.

    Und dann ist das der EU auch wieder nicht Recht; die belohnt lieber das Versagen der eigenen Autobauer, und nimmt diese in Schutz.

  • Noch ein Hinweispunkt, dass wir besser nicht Verbrennerautos durch E-Autos ersetzen, sondern einfach wieder die Infrastruktur für Fuß, Rad, Bahn, Bus wiederaufbauen, um möglichst viele Autos rasch obsolet zu machen.



    Denn auch E-Autos müssen CO2-aufwändig hergestellt werden, sie brauchen dickere Kabel unter den Straßen, ...



    Am einfachsten gehen wir da zeitig in den schrittweisen Entzug, den wir bei russischem Gas ja auch mal halbwegs hinbekommen haben.

  • Es ist schon der Wahnsinn. Bei einem 5% bis 10% Anteil an chinesischen eAutos so einen Handelskrieg zu provozieren. Die EU sollte langsam aufhören den USA bedingslos zu folgen. Ob sie das auch noch machen wenn wieder Donald an der Macht ist?

    • @Ernie:

      Den USA kann und wird das konkret egal sein, das ist eine europäische Entscheidung, unseren aktuellen "Steinkohlebergbau" Auto noch länger am Leben zu halten.



      Dafür gibt es Pros und Contras.



      Den Chinesen oder Russen zu folgen ist jedenfalls sicher _nicht das Gelbe vom Kaviar.

      • @Janix:

        Nee, den USA ist so etwas eben leider nicht egal. Wenn die EU nicht den Strafzöllen der Amis folgen, dann reduzieren auch die den Handel mit uns. Und wenn Trump kommt, passiert das auch so. Man muss weder den Chinesen noch den Russen folgen. Aber die Rohstoffe aus Russland sind nun mal günstiger als die aus den USA. Und die Waren aus China ebenso. Zumal es eben auch Waren aus China gibt, die gibt es sonst kaum auf der Welt. BMW, Mercedes, Tesla + VW produzieren in China Elektroautos auch für den europäischen Markt. Und wir belegen jetzt die mit Strafzöllen. Tolle Idee ...

        • @Ernie:

          Dass wir bei Sanktionen gegen Angriffskrieger möglichst geschlossen mit den USA handeln: klar.



          Hätte Putin nicht auf 2014 noch einen draufgesetzt, wäre es anders. Putin ist aber in völlig fremdem Land unterwegs: selbst schuld.

          Den USA kann es egal sein, ob die Chinesen in den EU-Markt drücken. Sie schützten da ihren eigenen gegen Dumping.



          Das ist das Verständliche: Die VR China dumpt, allein schon mit dem Wechselkurs und noch mehr mit Zuschüssen etc.

          Ich sehe das nochmal anders, da wir die Zahl der Autos ohnehin halbieren werden, oder wir haben eine Kosten-, Netzausbau- und Öko-Krise.

          China hat die Autounternehmen angefüttert, das deutsche Wissen über die abgezogen. Jetzt darf da gerne Schluss sein, auch wenn greinende Manager den Jahresbonus verlieren.