Koalitionen mit Sahra Wagenknecht: Danke, Friedrich Merz

Der CDU-Chef ist bereit, mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht auf Landesebene zu koalieren. Damit bricht er endlich das Eis für neue Regierungsbündnisse.

Merz und Wagenknecht stehen sich am Wahlabend gegenüber in der Elefantenrunde

Noch weit ent­fernt:­ Merz und Wagenknecht am Wahlabend in der Elefantenrunde in Berlin Foto: Kay Nietfeld/dpa

Friedrich Merz wird vermutlich ungern gemeinsam mit einem Linken in einem Kommentar erwischt, aber heute muss es sein: Denn ihm und Bodo Ramelow gebührt Dank. Der CDU-Vorsitzende hat seine Aussage über Koalitionen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zurückgenommen und schließt diese auf Landesebene nicht mehr aus. Und Ramelow hat auf dem Panter Forum der taz in Erfurt freundlich darauf hingewiesen, dass er, anders als Wagenknecht, nie SED-Mitglied war.

Auch wenn sie verschiedene Ziele verfolgen, zeigen die Aussagen zusammen betrachtet, dass endlich Bewegung in die Parteienlandschaft kommt.

Es ist richtig, dass Ramelow darauf verweist, wie absurd es ist, dass die Union eine Koalition mit ihm, dem Landesvater, ausschließt, aber nicht mit dem BSW. Es geht nicht um SED-Vergangenheit, auf die sich die Union gern beruft. Es geht um Weltanschauung: Die Linke ist eine linke Partei, das BSW nicht. Natürlich hat die Union mit Letzterer mehr Gemeinsamkeiten.

BSW verändert Parteienlandschaft

Mit Merz’ Aussage ist ein Anfang gemacht, und der Sommer ist noch jung: Die Thüringer wissen längst, dass es keinen guten Grund gibt, eine Koalition mit Ramelow auszuschließen. Bis zum Herbst dürfte das auch der Rest der Republik begreifen, vielleicht sogar das Adenauer-Haus. Und dann könnte die einzige intakte Brandmauer der Union, die zur Linken, fallen. Es wäre ein unabsichtliches Abschiedsgeschenk von Sahra Wagenknecht an ihre alte Partei.

Aber auch über Thüringen und die CDU hinaus ist es gut, dass mit dem BSW neue Koalitionen möglich werden. Eine weitere rot-rot-grüne Minderheitsregierung, heimlich toleriert durch die Union, das ist in Thüringen nicht nur rechnerisch keine Option. Eine solche Koalition aller Parteien gegen die AfD würde mittelfristig Björn Höcke stärken. Und auch im Bund braucht es Alternativen zur Ampel und der großen Koalition.

In Thüringen könnte das BSW womöglich noch vor der CDU landen. Langsam wird den Parteien bewusst, dass das BSW nicht nur eine Alternative zur Linken ist. Sie hat das Potenzial, die Parteienlandschaft zu verändern.

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Kersten Augustin leitet das innenpolitische Ressort der taz. Geboren 1988 in Hamburg. Er studierte in Berlin, Jerusalem und Ramallah und wurde an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München ausgebildet. 2015 wurde er Redakteur der taz.am wochenende. 2022 wurde er stellvertretender Ressortleiter der neu gegründeten wochentaz und leitete das Politikteam der Wochenzeitung. In der wochentaz schreibt er die Kolumne „Materie“. Seine Recherchen wurden mit dem Otto-Brenner-Preis, dem Langem Atem und dem Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichnet.

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