Zukunftsängste von Jugendlichen: Klimaschutz statt Tiktok

Junge Menschen erhoffen sich vor allem ein radikales Umsteuern in der Klimapolitik. Die Ampel liefert ihr in dieser Hinsicht nichts.

Jugendliche laufen durch eine Fußgängerzone.

Viele der 14- bis 17-Jährigen in Deutschland fühlen sich von der Politik nicht mitgenommen Foto: Michael Gstettenbauer/imago

Deutschland muss sich dringend Sorgen um seine Zukunft machen. Die 14- bis 17-Jährigen haben veritable Ängste, wie ihre Welt in ein paar Jahren aussieht. Alle vier Jahre misst die Sinus-Jugendstudie, wie die junge Generation mit den Problemen ihrer Zeit umgeht. So verunsichert wie dieses Mal aber waren die Jugendlichen noch nie. Es ist ein Alarmzeichen, wenn großen Teilen einer Generation die Überzeugung abhandenkommt, dass es ihnen mal besser gehen wird als den Eltern. Als Gründe nennt die Studie die verschiedenen, sich überlagernden Krisen: Krieg, Klima, Spaltung. Doch diese Erklärung greift zu kurz.

Das erkennt man auch an den Ergebnissen der Europawahl. So wie die Jung­wäh­le­r:in­nen am Sonntag die Ampelparteien abgestraft haben, bleibt nur der Schluss, dass sie maximal frustriert sind über die selbsternannte Fortschrittskoalition. Das trifft vor allem auf diejenigen zu, die sich ein radikales Umsteuern in der Klimapolitik erhofft hatten. Bei all den Kompromissen, die die Grünen dort mitgetragen haben, kann ihr Absturz bei den 16- bis 24-Jährigen niemanden wundern.

Die Ampel hat zwar auch ein bisschen Politik für junge Menschen – Stichwort Cannabislegalisierung – gemacht. Welche Sorgen und Nöte sie tatsächlich haben, hat für diese Regierung (und die Opposition) leider keine Priorität. Man muss nur an die Pandemie, die prekäre Situation von Azubis und Studierenden oder den verbreiteten strukturellen Rassismus denken, der potenziell fast je­de:n zweiten Ju­gend­li­che:n betrifft.

Doch wo beginnen? Wer glaubt, er könne an die AfD verlorene Jung­wäh­le­r:in­nen mit Videos auf Tiktok zurückgewinnen, hat den Schuss nicht gehört. Die Parteien müssen sich schon mehr Mühe geben, sprich mehr zuhören und darauf aufbauende Politikangebote machen. Das gilt auch für die Schulen. Wer möchte, dass dort demokratische Werte „erlernt“ werden, sollte diese vorleben. Von echter Mitbestimmung sind die meisten Bildungsstätten aber weit entfernt. Wenn die Familie versagt und die Peer Group ins Radikale abdriftet, wo – wenn nicht in der Schule – ist die Demokratie noch zu retten?

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Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.

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